Heute Mittag gab die Bank of England (BoE) bekannt, bis zum 14. Oktober britische Staatsanleihen auf dem Sekundärmarkt unbegrenzt aufzukaufen. Damit rückt die Zentralbank von ihrer bisherigen Strategie zur Inflationsbekämpfung ab und lockert die monetären Zügel. Auch für die Entwicklung des Bitcoin-Preises könnte dies positive Folgen haben.

Geldpolitik der Fed setzt westliche Zentralbanken unter Druck

Im Zuge der anhaltenden Inflation hob die amerikanische Zentralbank (Fed) die Zinsen im Laufe des Jahres entschlossen an. Derzeit liegt der Leitzins in den USA zwischen 3% und 3,25%. Der Vorsitzende der Fed, Jerome Powell, bekräftigte, dass die Fed weiter die Zinsen anheben wird, um das Inflationsziel von 2% zu erreichen.

Diese restriktive Geldpolitik der Fed setzt die Märkte unter Druck. Das Halten von Dollar wird für die Investoren immer attraktiver und sie stoßen risikoreichere Anlagen ab. Zusätzlich sorgen die unsicheren wirtschaftlichen Aussichten anderer Währungsräume ebenfalls für Flucht in den Dollar.

Dies macht sich auf dem Währungsmarkt bemerkbar. Investoren begannen vermehrt ihre Währungen gegen den Dollar einzutauschen und setzten damit die Wechselkurse unter Druck. Westliche Währungen wie der Euro, der Yen oder auch das Pfund verloren in diesem Jahr deutlich an Wert gegenüber dem US-Dollar. Das britische Pfund geriet dabei besonders unter Druck. Am Montag verlor die britische Währung innerhalb von einer Stunde 3,64% gemessen an der Leitwährung.

Der Yen (rot), der Euro (grün) und das Pfund (blau) verloren bis 23% gegenüber dem Dollar in diesem Jahr. Quelle: Tradingview

Das Problem von Großbritannien

Der Verfall an den Währungsmärkten setzt die inländischen Anleihenmärkte unter Druck. Investoren verkaufen ihre Staatsanleihen und flüchten in den aufwertenden US-Dollar. In den letzten Tagen kam besonders der britische Anleihenmarkt unter Druck und die Renditen der Anleihen stiegen signifikant an. Die Rendite der 10-jährigen Staatsanleihen von Großbritannien lag Anfang dieses Jahres noch bei 0,9%. Derzeit liegt sie bei 4,21%.

Für die britische Regierung wird damit die Neubeschaffung von Kapital immer kostspieliger. Vor allem hoch verschuldete Staaten sind aber von diesem neuen Kapital zur Refinanzierung ihrer Schulden abhängig. Seit der letzten Finanzkrise treten deshalb oft die Zentralbanken als Kreditgeber letzter Instanz auf und kaufen die Anleihen der Regierung auf dem Sekundärmarkt. Dieser Mechanismus wird als Quantitivate Easing (QE) bezeichnet.

Im Zuge der monetären Straffung zur Bekämpfung der Inflation stellte die BoE ihr QE-Programm ein. Ab Oktober wollte die BoE sogar Staatsanleihen verkaufen und damit Liquidität aus den Märkten nehmen. Nun entschloss sich die BoE dagegen und startet sogar ein neues QE-Programm.

Die Rendite der 10-Jahres Staatsanleihe von Großbritannien seit Jahresbeginn. Quelle: Tradingview

Die Bank of England interveniert

Aufgrund des massiven Anstiegs der Renditen der Staatsanleihen sah sich die Bank of England gezwungen von ihrer ursprünglichen Position abzukehren und kündigte heute Mittag an, ab dem 28. September langfristige Staatsanleihen auf dem Sekundärmarkt aufkaufen zu wollen. Ein neues QE-Programm:

„Die Bank wird ab dem 28. September vorübergehend britische Staatsanleihen mit langer Laufzeit kaufen. Der Zweck dieser Käufe wird darin bestehen, geordnete Marktbedingungen wiederherzustellen. Die Käufe werden in jedem Umfang durchgeführt, der erforderlich ist, um dieses Ergebnis zu erzielen.“

Bank of England

Die Bank of England kauft britische Staatsanleihen und senkt damit die Zinsen von diesen. Kurz nach der Ankündigung fielen bereits die Renditen der zehnjährigen Staatsanleihen von 4,5% auf 4,2%.

Bis zum 14. Oktober möchte die BoE unbegrenzt langfristige Staatsanleihen aufkaufen. Pro Operation sollen Staatsanleihen im Wert von 5 Milliarden Pfund gekauft werden. Es kann erwartet werden, dass die Bank of England eine unbegrenzte Anzahl von Staatsanleihen bis zum 14. Oktober aufkaufen wird, bis die Renditen wieder in einem nachhaltigen Bereich liegen. Gleichzeitig bekräftigte die BoE aber ihr Ziel, die Zinsen weiter anzuheben und die Inflation langfristig auf 2% senken zu wollen.

Die Bitcoiner hatten Recht

Schon seit der ersten Zinserhöhung durch die Fed wurde diskutiert, wie lange die Zentralbanken die monetäre Straffung durchhalten werden. Im derzeitigen Geldsystem ist die Schaffung von neuem Geld direkt mit der Entstehung von Schulden gepaart. Die Staaten sind zur Refinanzierung ihrer Schulden auf die Ausweitung der Geldmenge angewiesen. Steigt die Geldmenge, steigt auch der Verschuldungsgrad innerhalb einer Wirtschaft. In Großbritannien stieg nur in den letzten 15 Jahren die Staatsschulden im Vergleich zum Bruttoinlandsprodukt von 35% auf 95% an.

Aus diesem Grund dürfen langfristig die Zinsen auf Staatsanleihen nicht zu hoch ausfallen. Die Bitcoin-Community rätselte deshalb schon länger darüber, wann die Zentralbanken umschwenken und die monetäre Lockerung wieder beginnt. Letzte Woche begann die Bank of Japan aktiv in den Währungsmarkt einzugreifen, um den japanischen Yen zu stabilisieren. Das QE-Programm der Bank of England ist das nächste Zeichen, dass die monetäre Straffung ihr Limit erreicht hat. Die BoE versucht zwar, mit Zinserhöhungen noch die Inflation zu bekämpfen, allerdings ist das neue QE-Programm ein klares Indiz dafür, dass die Zentralbanken nur bis zu einem gewissen Punkt die monetären Zügel anziehen können.

Weitere Zentralbanken könnten der Bank of England folgen. Die EZB stellte bereits ihr Anti-Krisen Programm (TPI) vor, mit welchem einem Anstieg der Renditen von südeuropäischen Anleihen entgegengewirkt werden sollen. Sollten diese Schritte nicht ausreichen, wären weitere Maßnahmen denkbar. Auch die angespannte Lage auf den Energiemärkten könnte die EZB zu einer Kursänderung zwingen.

Dagegen wird die Fed vermutlich die letzte Zentralbank sein, welche von ihrem aggressiven Kurs abrücken muss. In den USA ist derzeit nämlich noch eine stark straffende Geldpolitik (QT) an der Tagesordnung. Die Kontrolle über die Weltreservewährung gibt der Fed einen größeren wirtschaftlichen Spielraum für ihre monetären Entscheidungen.

Die Schuldenlast Großbritanniens stieg in den letzten 15 Jahren von 35% auf 95% der Wirtschaftsleistung an. Quelle: Tradingeconomics

Folgen für den Bitcoin-Preis

Die geldpolitische Lockerung ist ein positives Zeichen für die zukünftige Entwicklung des Bitcoin-Kurses. Über die letzten 12 Monate konnte beobachtet werden, dass der Bitcoinpreis mit der Geldmenge korreliert. Die Anleihenkäufe der Bank of England werden unvermeidlich die Geldmenge ausweiten, weshalb zu erwarten ist, dass die Entscheidung der BoE ein bullisches Signal für den Bitcoin Kurs sein wird, zumindest im Vergleich zum britischen Pfund.

Der wirkliche Befreiungsschlag für den Bitcoin-Preis wird dann die Rückkehr der Fed zu ihrer expansiven Geldpolitik sein. Zwar unternimmt die Fed derzeit noch alles, die Inflation zu senken, allerdings steigt der Druck auf sie immer weiter. Die aggressive Herangehensweise der Fed könnte zu weiteren Turbulenzen auf dem Währungsmarkt führen und immer mehr Zentralbanken zwingen, interventionistische Maßnahmen gegen den US-Dollar einzuleiten. Es ist noch zu früh von einem Währungskrieg zu sprechen, allerdings können erste Tendenzen beobachtet werden. Ein zu starker US-Dollar ist auch nicht unbedingt förderlich für die US-Unternehmen, da die Umsätze die sie im Ausland einnehmen in US-Dollar gemessen stark zurückgehen.

Bitcoin als der einzig nachweisbar begrenzte Vermögenswert könnte zunächst von der zusätzlichen Liquidität durch die Zentralbanken profitieren. Im Gegensatz zu den anderen Vermögenswerten löst aber der Bitcoin zugleich langfristig die Probleme des derzeitigen Fiat-Systems. Das Hauptproblem des Fiat-Standards besteht in der Geldschöpfung aus dem Nichts. Bitcoin funktioniert nach anderen Regeln. Neue Bitcoins entstehen nicht durch Kredite, sondern durch die Miner, die einen Arbeitsaufwand erbringen müssen. Deshalb wären interventionistische Maßnahmen durch Zentralbanken mit Bitcoin als Geld nicht möglich.