Im ersten und zweiten Teil der Artikelserie haben wir gesehen, dass Staaten Münzverschlechterungen vorgenommen und in der jüngeren Vergangenheit immer häufiger ungedecktes Papiergeld eingeführt haben, um die Kriegskosten zu tragen.

Auch bei den großen Kriegen des vergangenen Jahrhunderts spielte die Ausweitung der Geldmenge eine entscheidende Rolle. Meist liegt das Augenmerk der Betrachter bei diesen Kriegen jedoch primär auf den ausgegebenen Kriegsanleihen, mit denen sich die kriegsführenden Staaten bei der Bevölkerung verschuldeten. Diese Finanzierungsart reichte gemeinsam mit Steuererhöhungen nur bei Weitem nicht aus, um die teuersten und zerstörerischsten Kriege der Menschheitsgeschichte zu bezahlen, die jeweils für Tote in zweistelliger Millionenhöhe gesorgt haben.

Dass es ein Fehlschluss ist, zu behaupten, dass die Weltkriege in dieser Form auch unter einem harten und freiem Geld möglich gewesen wären, soll dieser Teil der Artikelreihe aufzeigen. Für den Ersten Weltkrieg wurde nach einer langen Zeit des relativen Friedens und des Wohlstands der Goldstandard in den meisten Industrienationen aufgehoben. Auch während des Zweiten Weltkriegs hatte keine der kriegsführenden Nationen eine in Gold eintauschbare Währung. Die Zentralbanken haben sich primär auf die finanzielle Unterstützung des jeweiligen Krieges konzentriert – die Unabhängigkeit war faktisch aufgehoben.

Pax Britannica (1815 – 1914)

Nach den Napoleonischen Kriegen (1799 – 1815) kehrte die damalige Weltmacht Großbritannien zum Goldstandard zurück. Genauer gesagt begann zu dieser Zeit erst ein wirklicher Goldstandard auf der Insel, da vor den Kriegen auch immer Silber als Zahlungsmittel diente. Mit der Zeit folgten einige Länder diesem Beispiel. Eine Zeit der Stabilität und des relativen Friedens begann – zumindest in der westlichen Welt –, die gemeinhin als Pax Britannica (auf Deutsch: Britischer Frieden) bezeichnet wird. Es gab zwar noch Kriege in Europa, diese waren jedoch verhältnismäßig kurz.

Für den kurzen Deutsch-Französischen Krieg (1870 – 1871) wurde nicht auf die Ausgabe von ungedecktem Papiergeld zurückgegriffen. Deutschland gewann den Krieg und ließ die Reparationszahlungen durch Frankreich in Gold leisten. Das auf diesem Wege erhaltene Gold wurde die Grundlage für die goldgedeckte Deutsche Mark. Mit Deutschland auf einem Goldstandard setzte sich das Währungssystem so ziemlich in der gesamten westlichen Welt durch. Auch die USA kehrten Silber den Rücken zu und als 24 Jahre nach dem Amerikanischen Bürgerkrieg die Greenbacks wieder gegen Gold eingetauscht werden konnten, waren auch die Vereinigten Staaten faktisch auf einem Goldstandard. Der Goldpreis, gemessen in Silber, verdoppelte sich binnen drei Jahrzehnten.

Die Zeit des klassischen Goldstandards (1871 1914) war letztlich die Zeit der Hochindustrialisierung. Das Automobil, die Glühbirne, das Flugzeug und das Telefon wurden erfunden. Es war eine Periode mit ordentlichem Wirtschaftswachstum, steigenden Löhnen und einem Aktienmarkt mit einer überdurchschnittlich hohen inflationsbereinigten Rendite. Das alles, „obwohl“ Güterpreise die meiste Zeit fielen.

Erster Weltkrieg (1914 – 1918) und die Abkehr vom Goldstandard

Diese Zeit nahm mit dem Ersten Weltkrieg ihr Ende. Die meisten kriegsführenden Nationen hoben die Eintauschbarkeit der Währung in Gold auf. Aber auch Länder, die nicht direkt in den Krieg verwickelt waren, etwa Dänemark, nahmen ihn als Anlass, um selbst nicht mehr die Banknoten gegen das Edelmetall eintauschen zu müssen.

Großbritannien

Vor dem Ersten Weltkrieg war die Supermacht Großbritannien finanziell sehr stark aufgestellt: Die Staatsverschuldung war mit rund 30 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung verhältnismäßig niedrig und die Steuerlast für die Briten war gering. Für den Ersten Weltkrieg musste sich Großbritannien jedoch dann immens verschulden. Die Konvertibilität der Banknoten in Gold wurde aufgehoben und von 1914 bis 1919 haben sich die Staatsschulden mehr als verzehnfacht, was in einer Staatsverschuldung von über 150 Prozent mündete.

Die USA und Kanada haben den Briten große Kredite gewährt, die zum Teil auch nie beglichen wurden. Wichtig war aber auch die Kreditaufnahme bei der eigenen Bevölkerung mittels Kriegsanleihen. Für die Schuldpapiere wurde massivst geworben: Man sollte langfristig finanziell davon profitieren sowie natürlich dem Vaterland helfen.

Sir Gordon Narin, der damalige Chefkassierer der Bank of England, hatte eidesstattlich geschworen, dass die Öffentlichkeit alle Kriegsanleihen gekauft hatte. Wie sich nun aber etwa 100 Jahre später herausstellte, kaufte die Bevölkerung trotz der Propaganda nur weit weniger als ein Drittel der ersten Kriegsanleihen.

Am 23. November 1914 erschien in der Financial Times ein Artikel, in dem behauptet wurde, dass die Kriegsanleihen der britischen Regierung "überzeichnet" sein und die Anträge "in Strömen" kämen. Der Artikel beschrieb dies als ein "erstaunliches Ergebnis", das "beweist, wie stark die finanzielle Lage der britischen Nation ist". Wir freuen uns, nun klarstellen zu können, dass nichts von alledem wahr ist.
Financial Times (2017)

In Wirklichkeit kaufte die britische Zentralbank die restlichen Anleihen auf und versteckte dies gekonnt in der Bilanz. Die Kriegsanleihen führte die Bank of England unter der Rubrik "andere Wertpapiere" und nicht unter "Wertpapiere der Regierung".

Zu dieser Zeit arbeitete übrigens John Maynard Keynes im britischen Schatzamt. Keynes ist der Begründer des Keynesianismus, einer ökonomischen Denkschule, die besagt, dass Regierungen eine aktive Rolle in der Wirtschaftspolitik spielen sollten. Der Keynesianismus prägt die Ökonomie und die Rolle des Staates in dieser bis heute. Keynes bezeichnete den Trick in einer geheimen Mitteilung an das britische Finanzministerium aus dem Jahre 1915 als eine "meisterhafte Manipulation". Diese war maßgebend dafür, dass Großbritannien im Jahr 1917 für weitere Kriegsanleihen Investoren finden konnte.

Da die Zentralbank die Anleihen aufkaufte und der Goldstandard aufgehoben war, ist es kaum überraschend, dass in Großbritannien die Geldmenge Hand in Hand mit den Güterpreisen explodierte. Vor dem Krieg gab es noch eine leichte Deflation – zum Ende des Krieges Inflationsraten von weit über 20 Prozent.

Im Jahr 1925 kehrte Großbritannien zum Goldstandard zurück. Das Britische Pfund wurde zum selben Vorkriegs-Wechselkurs an den US-Dollar gekoppelt, der noch in Gold eintauschbar war. Da der offizielle Wechselkurs aber aufgrund der vorherigen Geldmengenausweitung zu hoch angesetzt war, also das Britische Pfund überbewertet war, mündete die Rückkehr zum Goldstandard in einer deflationären Wirtschaftskrise.

Frankreich

Das auf der Seite Großbritanniens kämpfende Frankreich verließ zu Kriegsbeginn den Goldstandard. In der Kriegsfinanzierung gibt es einige Parallelen zu Großbritannien, nur mit dem Unterschied, dass Frankreich stärker verschuldet war sowie die Kriegsausgaben schlechter durch Steuereinnahmen decken konnte. Entsprechend musste Frankreich mehr Geld drucken, wodurch die Inflation höher ausfiel – auch noch nach dem Krieg. Erst zehn Jahre nach dem Krieg kehrte Frankreich wieder zum Goldstandard zurück. Im Gegensatz zu Großbritannien wurde der Franc zu einem niedrigeren Kurs als vor dem Krieg an Gold gebunden – den Wertverlust gestand Frankreich sich ein.

[…] langfristige Schulden und fiskalische Ressourcen konnten nicht die Höhe der Ausgaben decken, die ein totaler Krieg von über vier Jahren Dauer erforderte. Die Differenz wurde durch Gelddrucken und kurzfristige Verschuldung – d. h. monetäre Mittel – ausgeglichen, was zu einer Inflation führte. […] So stiegen Geldmenge und Preise während des Krieges um das Vierfache und in der Nachkriegszeit um weitere 25 Prozent, was dazu führte, dass [Präsident] Poincaré den Franc 1928 auf 20 Prozent seines Vorkriegswertes in Gold stabilisierte.
Baubeau: "War Finance (France)"

USA

Reaktion auf die Bankenkrise im Jahr 1907, in der bereits von staatlicher Seite aus die Konvertibilität des US-Dollars in Gold ausgesetzt wurde. Während sie offiziell neutral blieben, unterstützten die USA in den ersten Kriegsjahren die Alliierten, insbesondere Frankreich und Großbritannien, in dem sie ihnen große Kredite gewährten. Die US-Wirtschaft profitierte durch den Krieg, da viel Gold aus Europa in die Staaten floss, womit mitunter Waffen und Munition gekauft wurden.

Im Jahr 1917 waren die Alliierten in einer schwierigen Lage und die USA entschieden sich dazu, selbst eine aktive Kriegspartei zu werden. Nicht zuletzt auch aus Sorge davor, dass die zuvor gewährten Kredite bei einer Niederlage der Alliierten nicht beglichen werden. Nach dem Kriegseintritt haben sich die monatlichen Staatsausgaben der USA weit mehr als verzwanzigfacht und die frisch gegründete Federal Reserve war zur Stelle:

Und als die Nation in den Krieg eintrat, widmete sich die Fed hauptsächlich der Unterstützung der Kriegsanstrengungen.
Federal Reserve History

Auch in den USA sollten die Kriegsanleihen (Liberty bonds & Victory bonds) eine große Rolle einnehmen. Die Federal Reserve bevorzugte Banken, die Kriegsanleihen kauften, indem sie ihnen Kredite zu besseren Konditionen gewährte. Auch gab es einen immensen sozialen Druck, die Anleihen zu kaufen. Nach der ersten Ausgabe haben die Kriegsanleihen direkt an Wert verloren – vermutlich weil viele diese nur gekauft haben, um ihren Patriotismus Ausdruck zu verleihen, aber nicht aus Überzeugung.

Mit den Anleihen konnten die USA einen beträchtlichen Teil der Kriegskosten stemmen. Weitere Mittel kamen durch Steuern, aber auch durch die Ausweitung der Geldmenge zusammen.

Der Großteil der Kriegsanstrengungen (58 Prozent) wurde also durch die Aufnahme von Krediten bei der Öffentlichkeit finanziert. Der Rest verteilte sich zu etwa gleichen Teilen auf Steuern (22 Prozent) und Geldschöpfung (20 Prozent).
Rockoff: "The U.S. Economy in World War 1"

Auch wenn der US-Dollar den Krieg über in Gold eintauschbar war, wurde zum Kriegseintritt ungedecktes Papiergeld, also Fiatgeld, zur Kriegsfinanzierung eingesetzt – begünstigt durch die Federal Reserve.

Als die Vereinigten Staaten in den Ersten Weltkrieg eintraten, verlagerte sich die Grundlage der Geldmengenausweitung von Gold auf Fiatgeld, da die neu geschaffene Federal Reserve einen erheblichen Teil der ausgegebenen Schulden monetarisierte. In dieser Hinsicht war der Inflationsdruck ähnlich groß wie der, der während des Bürgerkriegs durch die Ausgabe von Greenbacks erzeugt wurde. Am besten lässt sich die Expansion des Ersten Weltkriegs also als eine Kombination der beiden vorangegangenen langen Expansionen betrachten: als eine goldgedeckte Friedensexpansion von 1914 bis 1917, ähnlich der goldgedeckten Friedensexpansion der frühen 1850er-Jahre, und als eine "papiergedeckte" Kriegsexpansion von 1917 bis 1918, ähnlich der papiergedeckten Expansion des Bürgerkriegs.
Rockoff: "The U.S. Economy in World War 1"

In dem Zeitraum von 1915 bis 1920 verdoppelte sich die Geldmenge in den USA, was in einem Kaufkraftverlust des US-Dollars von knapp 50 Prozent mündete.

Das Ergebnis all dieser Machenschaften war eine beträchtliche Inflation, die während der meisten Zeit des Krieges zwischen 13 % und 20 % schwankte und damit über der Inflationsrate von 1 % lag, die im ersten Jahr der Fed verzeichnet wurde. Im Jahr 1920 konnte man mit einem Dollar etwa die Hälfte der Waren kaufen, die man 1914 kaufen konnte.
Koning: "How the Fed Helped Pay for World War I"

Deutschland

In Deutschland war die Situation rund um den Ersten Weltkrieg prekär. Die Ersparnisse Deutschlands hätten nur für zwei Tage Krieg gereicht und mit den Steuereinnahmen konnte nur ein noch kleinerer Teil der Kriegsausgaben gedeckt werden als in Großbritannien. Entsprechend musste Deutschland massivst Schulden aufnehmen. Da Deutschland aber weniger entwickelte Kapitalmärkte als Großbritannien hatte und keine ausländischen Kreditgeber fand, waren die Möglichkeiten begrenzt.

Die Bemühungen, Kredite bei der eigenen Bevölkerung aufzunehmen, waren groß – die Propaganda lief auf Höchsttouren:

Und wenn ein großer Zeppelin über London fliegt und eine schwere dicke Bombe abwirft auf die Londoner Bank […] oder wenn ein U-Boot einem feindlichen Munitionsdampfer eine Granate in den schwarzen Bauch jagt, […] dann schlägst du mit der Faust auf den Tisch und sprichst: Da habe ich mitgeholfen, Bomben und Granaten half ich bezahlen.
Flugblatt aus dem Jahr 1916

Neben dem moralischen zielte die Propaganda auch auf den finanziellen Aspekt ab. Die Anleihen wurden als die "beste Sparkasse" bezeichnet und mit den üppigen Reparationszahlungen aus dem Deutsch-Französischen Krieg im Hinterkopf ließen sich dann auch einige Bürger für dieses Investment gewinnen.

Obwohl die Propaganda in Deutschland Früchte trug, reichte das Geld der Bevölkerung bei Weitem nicht aus, um die hohen Kriegskosten zu tragen. Entsprechend musste die eigene Zentralbank als Kreditgeber auftreten – mit neu geschaffenem Geld. Die Verpflichtung der Reichsbank, jederzeit die Papiermark in die Goldmark einzutauschen, wurde bereits zum Kriegsbeginn ausgesetzt.

Bis 1917 wurde nur ein Viertel der Anleihen vom Markt gehalten; drei Viertel wurden von der Reichsbank gehalten [...]. Die Erklärung für die rasche Ausweitung der Geldbasis ist daher in der fehlenden Marktnachfrage nach den Anleihen zu suchen, die dazu führte, dass der größte Teil davon direkt bei der Reichsbank monetarisiert wurde.
Balderston: "War Finance and Inflation in Britain and Germany, 1914-1918"

Hyperinflation 1923

Die Kriegsfinanzierung Deutschlands war der Großbritanniens unterlegen: Es musste stärker auf Geldgedrucke zurückgegriffen werden, da die Kriegskosten durch einen deutlich geringeren Anteil an Steuern und Krediten getragen werden konnten. Die Geldmenge Deutschlands stieg entsprechend stärker an.

Denn Ende 1917 war die deutsche Geldbasis bereits fast 3,5-mal so hoch wie Ende 1913; in Großbritannien war sie weniger als doppelt so hoch. Die Geldmenge in Deutschland betrug Ende 1917 das 2,54-fache von dem, was sie Ende 1913 gewesen war; in Großbritannien betrug sie das 1,68-fache.

Balderston: "War Finance and Inflation in Britain and Germany, 1914-1918"

Der Grund, wieso sich die Inflation in Deutschland aber nach dem Krieg stark beschleunigte, während sie auf der Insel wieder abnahm, ist, dass die Geldmengenausweitung in Deutschland kein Ende fand. Deutschland musste nach dem Krieg sehr viel Geld auftreiben. Zum einen, um Reparationszahlungen, zu denen das besiegte Deutschland durch den Versailler Vertrag verpflichtet wurde, in Gold und Fremdwährungen zu zahlen. Zum anderen, um die Kredite zu begleichen sowie um Zahlungsverpflichtungen gegenüber der eigenen Bevölkerung, etwa Pensionen für Soldaten, nachzukommen.

Über 1800 Druckmaschinen laufen rund um die Uhr, um immer neues Spielgeld in den Markt zu drücken; fast 30.000 Menschen sind mit der Herstellung neuer Geldscheine beschäftigt.
Losse: “Milliarden fürs Brot”

Im Jahr 1921 nahm der Wertverlust der Papiermark weiter an Fahrt auf, als Deutschland begann Geld zu drucken, um Fremdwährungen zu kaufen, mit denen die Reparationszahlungen beglichen werden konnten. Wenige Monate später war die Papiermark quasi wertlos und da niemand mehr Währungen dagegen tauschen wollte, mussten Deutschland die Schulden gegenüber dem Ausland mit Rohstoffen wie Kohle weiter abbezahlen.

Anfang 1923 wurde dann noch das Ruhrgebiet von Frankreich und Belgien wegen fehlender Reparationszahlungen besetzt. Die Regierung drängte die Arbeiter zum Streik und versprach sie dennoch weiterzubezahlen – mit neu gedrucktem Geld.

Die Papiermark war letztlich so wenig wert, dass die Menschen in Bündeln rechneten, Geld zum Bezahlen in Schubkarren transportierten und die Wände damit tapezierten.

Zum Höchstpunkt der Hyperinflation verbot Deutschland den Besitz von Gold, Silber und Fremdwährungen. Es gab sogar Razzien in Geschäften, um die verbotenen Zahlungsmittel zu konfiszieren.

Deutschland war verarmt und die Menschen hungerten. Der Ausweg war eine Währungsreform: Deutschland führte die Rentenmark zu einem Eintauschkurs von einer Billion Papiermark zu einer Rentenmark ein. Zudem wurden die Notenpressen stillgelegt und die Kreditgewährung durch die Zentralbank an den Staat unterbunden.

Im Jahr 1926 wurde das Devisenhandelsverbot aufgehoben und erst im Jahr 1931 das Gold- und Silberverbot.

Es war also die deutsche Bevölkerung, die die Lasten und Schulden des Ersten Weltkriegs schließlich bezahlte. [...] Größter Profiteur war der Staat. Seine gesamten Kriegsschulden in Höhe von 154 Milliarden Mark beliefen sich, als am 15. November 1923 die neue Währung Rentenmark eingeführt wurde, auf gerade einmal 15,4 Pfennige.
Delveaux de Fenfee: "Die Hyperinflation von 1923"

Österreich

In Österreich war die Kriegsfinanzierung sowie die Folgen aus dieser ähnlich zum verbündeten Deutschland.

Im August 1914 wurden wesentliche Teile der Nationalbankstatuten aufgehoben, unter anderem die gesetzliche Mindestdeckung des Banknotenumlaufs durch Gold sowie die Klausel, die es der Nationalbank untersagte, dem Staat Kredite zu gewähren. Der Banknotenumlauf erhöhte sich von Mitte des Jahres 1914 bis zum Ende des Ersten Weltkrieges um das 12-fache.
Österreichische Nationalbank

Wie auch in Deutschland kam es in Österreich in den Nachkriegsjahren zu einer Hyperinflation, die durch eine Währungsreform beendet werden konnte. Die Güterpreise sind im Vergleich zum Vorkriegsniveau um mehr als das Zehntausendfache gestiegen.

Während die Hyperinflation die staatliche Schuldenlast reduzierte, bewirkte sie gleichzeitig die Verarmung der Inhaber der Kriegsanleihen und damit der Mittelschicht.
Österreichische Nationalbank

Zweiter Weltkrieg (1939 – 1945)

Nach den mitunter durchaus starken Inflationen des Ersten Weltkriegs mussten die kriegsführenden Staaten ein wenig einfallsreicher werden, um den Zweiten Weltkrieg zu finanzieren. Letztlich führte aber wieder nichts an einer starken Geldmengenausweitung vorbei. Da kam es auch gelegen, dass sich die USA, Deutschland, Österreich, Großbritannien, Frankreich etc. Anfang der 1930er-Jahre vom Goldstandard bereits verabschiedeten – offiziell als Reaktion auf die Große Depression. In den USA wurde deshalb auch bereits im Jahr 1933 der private Besitz von Gold im Wert von über 100 US-Dollar verboten. Die Bürger mussten ihr Gold zu einem Kurs von 20,67 US-Dollar je Feinunze bei staatlichen Annahmestellen abgeben.

Deutschland

Nach dem monetären Debakel rund um den Ersten Weltkrieg musste der deutsche Staat zur Finanzierung des Zweiten Weltkriegs besonders tief in die Trickkiste greifen. Kriegsanleihen wären von der Bevölkerung vermutlich kaum gezeichnet worden. Auch konnte nicht direkt einfach das nötige Geld gedruckt werden, weil die Hyperinflation aus den 1920er-Jahren den Deutschen noch im Gedächtnis war – eine sich abzeichnende hohe Inflation hätte sich vermutlich schnell durch eine Panik in der Bevölkerung selbst verstärkt.

Mit dem Beginn der NS-Zeit im Jahr 1933 begann Deutschland aufzurüsten. Die Mittel dafür beschaffte sich der Staat durch ein ausgeklügeltes Konzept:

Der Präsident der Reichsbank führte die sogenannten Mefo-Wechsel ein. Das waren quasi Checks von der Regierung, die innerhalb von fünf Jahren gegen Reichsmark eintauschbar sein sollten. Die Industrie akzeptierte diese Wechsel und setzte sie selbst für Zahlungen ein. Somit entwickelten sie sich zu einem Zahlungsmittel.

Zur Hochzeit waren 12 Milliarden Reichsmark an Mefo-Wechseln im Umlauf. Zusätzlich gab es auch noch Öffa-Wechsel, die das NS-Regime für staatliche Bauvorhaben und Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen einsetzte. Von den Öffa-Wechseln waren mehr als eine Milliarde Reichsmark im Umlauf.

Letztlich war die Einführung der Wechsel eine versteckte Staatsverschuldung, da sie nicht im Haushalt auftauchte. Mit der Metallurgische Forschungsgesellschaft m. b. H. (Mefo) und der Deutschen Gesellschaft für öffentliche Arbeiten AG (Öffa) gründete Deutschland dafür Scheinfirmen.

Die umlaufenden Wechsel blähten die Geldmenge zur Kriegsfinanzierung auf, während die offizielle Geldmenge vor Ausbruch des Krieges noch recht stabil gehalten wurde. Der Reichsfinanzminister bezeichnete die Wechsel in einem Brief an Adolf Hitler auch als Geldschöpfung.

Seit der Machtübernahme ist bewusst der Weg beschritten worden, die großen einmaligen Ausgaben der ersten Arbeitsbeschaffung und der Aufrüstung durch Aufnahme von Krediten zu finanzieren. Soweit sich dies nicht durch die normale Inanspruchnahme des Geld- und Kapitalmarktes, d.h. des jährlichen Zuwachses an Ersparnissen in Deutschland, ermöglichen ließ, erfolgte die Finanzierung durch Wechsel (Arbeits- und Mefowechsel), die bei der Reichsbank diskontiert werden, also durch Geldschöpfung.
Graf Schwerin von Krosigk

Die Deutschen mussten im Jahr 1936 ihr Gold bei der Reichsbank gegen Reichsmark eintauschen – Zuwiderhandlungen wurden unter die Todesstrafe gestellt. Im Jahr 1939, als der Krieg ausbrach, beschlagnahmte Deutschland zusätzlich noch die Edelmetalle gewerblicher Unternehmen. Zudem wurde die Reichsbank dann direkt Adolf Hitler unterstellt und er verpflichtete sie dazu, ihm jeden Kredit zu gewähren. So konnten dann auch die Wechsel eingetauscht werden, für die ansonsten das Geld gefehlt hätte. Eine Priorität war nichtsdestotrotz, dass die Reichsmark nicht zu sehr an Vertrauen verliert und somit die Inflation ausartet. Dafür zwang Hitler auch die Banken dazu, dem Staat Kredite zu gewähren. Hinzu kamen zum Kriegsbeginn noch Steuergutscheine (N.F.-Steuergutscheine) und kurzlaufende Staatsanleihen, mit denen die Regierung bezahlte.

Im Jahr 1941 rief das NS-Regime dann noch ein Sparprogramm, das Eiserne Sparen, ins Leben. Damit wurden Anreize für die Bürger geschaffen, einen Teil des Einkommens direkt auf ein Sparkonto zu transferieren, auf das man spätestens ein Jahr nach dem Krieg wieder zugreifen können sollte. Von dem Geld, das durch dieses Programm zusammenkam, schöpfte der Staat etwa 1,3 Milliarden Reichsmark direkt ab.

Diese ganzen Maßnahmen werden in Retrospektive als geräuschlose Kriegsfinanzierung bezeichnet. Die Inflation konnte das NS-Regime durch die Zwänge, dem Staat Geld zu leihen und den Anreizen, Geld zu sparen, also auch wenig zu konsumieren, ein Stück weit unterdrücken. Auch Preiskontrollen setzte Deutschland ein, um die Inflation zu verdecken. Dafür gab es einen Reichskommissar für die Preisbildung, der Geschäfte schließen oder Menschen ins Gefängnis stecken konnte, wenn sie seiner Auffassung nach die Preise zu stark angehoben haben. In dem Kontext des Zweiten Weltkriegs spricht man deshalb auch von einer verdeckten Inflation.

Trotz aller makaberen Tricks vervielfachte sich dann auch die offizielle Geldmenge während des Krieges und die Inflation zog an. Der Ausweg war letztlich eine Währungsreform – Deutschland führte die D-Mark ein.

Die Zentralbankgeldmenge (Bargeldumlauf plus Einlagen bei der Reichsbank) stieg bis 1945 auf das mehr als Siebenfache des Wertes von 1938. 
Jürgen Stark (EZB) 

Im Zweiten Weltkrieg wurde die Kriegsführung durch die Staatsverschuldung bei der Notenbank und eine damit einhergehende starke Geldmengenausweitung finanziert. Preisstopps, Lohnfestsetzungen, Rationierungen und Bezugsscheine verhinderten, dass die Inflation sichtbar wurde. Trotzdem mündete die massive Geldentwertung 1948 in eine Währungsreform, bei der die D-Mark eingeführt und im Verhältnis 1 zu 10 gegen Reichsmark eingetauscht wurde. Sparer und Besitzer von Geldvermögen sahen sich zu einem guten Teil enteignet. 
Bundesbank

USA

In den USA spielte die Federal Reserve wieder eine äußerst wichtige Rolle in der Kriegsfinanzierung. Steuereinnahmen haben natürlich nicht gereicht, obwohl die Einkommensteuer für diejenigen, die über 200.000 US-Dollar verdienten, zeitweise sogar 94 Prozent betrug. Die USA mussten sich verschulden. Zum einen durch Kriegsanleihen, für die selbstverständlich wieder ordentlich die Werbetrommel gerührt wurde. Für Käufer der Kriegsanleihen gab es Anreize, wie eintrittsfreie Tage in den Kinos. Besonders war, dass Kriegsanleihen (Stamps) auch ab 10 Dollar-Cents gekauft werden konnten. Bekannte Persönlichkeiten und sogar Bugs Bunny riefen öffentlich zum Kauf der Kriegsanleihen auf:

Trotz des Erfolges mit den Kriegsanleihen und trotz der starken Steuererhöhungen mussten sich die USA zum Großteil bei der eigenen Zentralbank verschulden.

Durch die Kriegsanstrengungen stieg die Verschuldung der USA im Verhältnis zum BIP von 40 % auf 110 %, wobei der größte Teil davon durch den Ankauf von Staatsanleihen durch die Fed finanziert wurde.
Atlanta Fed

Damit die USA nicht Unmengen an Zinsen auf den Schuldenberg zahlen mussten, setzte die Federal Reserve das erste Mal das geldpolitische Instrument der Yield Curve Control ein. Das heißt, die Fed kaufte so viele Staatsanleihen wie nötig, damit sich deren Zins auf dem gewünschten niedrigen Niveau einpendelt. Der Anteil an Staatsanleihen, die sich in den Händen der Bürger befanden, ging damit drastisch zurück. Mit der geldpolitischen Maßnahme begann die Fed etwa ein halbes Jahr nach dem Kriegseintritt der USA im Dezember 1941.

Um die Kosten des Krieges in einem vertretbaren Rahmen zu halten, bat das Finanzministerium die Federal Reserve, die Zinssätze niedrig zu halten. Die Zentralbanken erklärten sich bereit, Staatsanleihen zu einem Zinssatz von 0,375 % zu kaufen, was deutlich unter dem in Friedenszeiten üblichen Zinssatz von 2 bis 4 Prozent lag. Die Zinsbindung trat im Juli 1942 in Kraft und dauerte bis Juni 1947.
Federal Reserve History

Die Federal Reserve war so sehr mit der Kriegsfinanzierung beschäftigt, dass immer mehr Mitarbeiter für die geldpolitische Akrobatik eingestellt werden mussten.

Die zwölf Federal Reserve Banken und ihre 24 Zweigstellen spielten bei diesen Bemühungen eine bedeutende Rolle, und ihre Arbeit im Auftrag der Regierung wurde während des gesamten Krieges ausgeweitet. Im Jahr 1939 beschäftigten die Reserve Banken etwa 11.000 Personen. In den Jahren 1943 und 1944 erreichte die Zahl der Beschäftigten in den Reservebanken mit mehr als 24.000 einen Höchststand während des Krieges.
Federal Reserve History

Eine Verdopplung der Geldmenge sowie starke Inflationswellen waren letztlich die Konsequenz.

Andere Länder

Da die Kriegsfinanzierung im Endeffekt immer recht ähnlich ablief, sollte es an dieser Stelle reichen, nur kurz einen Blick auf ein paar der anderen Kriegsteilnehmer zu werfen.

In Großbritannien waren während des Krieges Inflationsraten von über 10 Prozent beobachtbar. In Frankreich war die Situation noch schlimmer: Während und unmittelbar nach dem Krieg lag die Inflation mitunter bei um die 50 Prozent.

Die Verbündeten von Deutschland hatten mit noch höheren Inflationsraten zu tun. In Japan lag die Inflation gegen Ende des Krieges bei etwa 40 bis 80 Prozent von Quartal zu Quartal. Österreich und Ungarn drifteten hingegen jeweils in eine Hyperinflation ab, wobei die in Ungarn noch schwerwiegender war.

Pax Americana (1945 – ?)

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde mit dem Bretton-Woods-System wieder eine Art Goldstandard eingeführt. Der US-Dollar war zu einem festen Wechselkurs in Gold eintauschbar (für ausländische Zentralbanken) und die anderen Länder knüpften ihre Währungen wiederum zu festen Wechselkursen an den US-Dollar. Zeitgleich begann erneut eine Zeit des relativen Friedens – zumindest im Westen –, die als Pax Americana (auf Deutsch: Amerikanischer Frieden) bezeichnet wird.

Zusammenfassung

Anhand der Weltkriege wird deutlich, dass obwohl die Kriegsfinanzierung immer einfallsreicher wurde, kein Weg an einer Geldmengenausweitung vorbeiführte, um die teuersten Kriege der Menschheitsgeschichte zu finanzieren. Die zahlreichen Tricks zielten vielmehr darauf ab, sich Mittel zu besorgen, ohne dass das Vertrauen in die wichtigste Waffe – die eigene Währung – vollends verloren geht.

Die Steuern ins Unermessliche zu erhöhen, Banken zu zwingen, dem Staat Geld zu geben, Bürger direkt zu enteignen und Menschen dazu zwingen, im Krieg zu kämpfen, hätte alles mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht gereicht, um solch tödliche Kriege möglich zu machen.

Deutlich durch die Weltkriege wird auch, dass Zentralbanken immer nur so lange "unabhängig" sind, bis die Bevölkerung zur Kriegsführung zusätzlich auch mittels Geldmengenausweitung durch die Hintertür enteignet werden muss.

Dass Kriege in aller Regel mit der Entwertung des Geldes respektive Inflation einhergehen und dass das auch für die beiden Weltkriege gilt, sollte die Artikelreihe nun bis hierher aufgezeigt haben.

Das alles heißt aber nicht, dass mit Bitcoin Kriege unmöglich wären. Auch wenn die Bitcoin-Menge nicht zentral aufgeblasen werden kann, könnte ein Staat theoretisch weiter Steuern einnehmen und die Bürger davon überzeugen, ihm ihre Satoshis zur Kriegsführung zu leihen.

Wie eine Welt mit Bitcoin als Geld tatsächlich am Ende aussehen könnte, ist quasi unmöglich zu prognostizieren, doch es liegt nahe, dass die Kriege zumindest um einiges "softer" ausfallen würden – dazu mehr im nächsten Teil der Artikelserie.

Vorschau

Bitcoin ist weit mehr als nur ein Geld, das nicht zentral ausgeweitet werden kann, um damit Kriege zu finanzieren. Bitcoin könnte auch die Art und Weise der Kriegsführung revolutionieren.

Was Bitcoin so bemerkenswert macht, ist, dass es ein nicht-tödliches Äquivalent zur Kriegsführung geschaffen zu haben scheint, das die gleichen komplexen, sich entwickelnden Vorteile der traditionellen Kriegsführung erzielt, indem es genau das gleiche soziale Protokoll des physischen Machtwettbewerbs nutzt […], aber es entfernt die Masse in diesen Machtwettbewerben und tauscht sie mit Energie aus, wodurch die Fähigkeit zu Verletzungen von Menschen und innerartlichem Brudermord eliminiert wird.
Lowery: "Softwar"