Kommt das Kryptoverbot?

Gestern berichtete die Nachrichtenagentur Reuters über einen Plan der russischen Zentralbank, Kryptowährungen beziehungsweise Krypto-Investments, zu verbieten. Begründet sein soll das Ganze in der zunehmenden Angst davor, dass Bitcoin und Co. Risiken für die russische Finanzstabilität aufkommen lassen.

Verantwortliche der Bank Rossii sollen -nicht genannten Quellen zu folge- bereits mit Marktteilnehmern und Experten über ein mögliches Verbot beraten. Und das, obwohl Kryptowährungen erst im Jahr 2020 offiziell einen legalen Status im größten Land der Erde erhielten.

Auch der russische Präsident Wladimir Putin äußerte sich erst kürzlich in einem Interview mit dem CNBC relativ positiv zum Kryptomarkt und sprach davon, dass es zwar noch zu früh sei, um Krypto-Werte für z.B. den internationalen Energiehandel einzusetzen, aber dass diese durchaus eine Daseinsberechtigung haben.

Ob tatsächlich bald Kryptowährungen in Russland verboten werden, ist also mehr als fraglich. Ein offizielles Statement seitens der russischen Regierung oder Zentralbank gibt es diesbezüglich nicht und "sources say" ("Quellen sagen"), wie es im Reuters Bericht heißt, ist uns dann doch etwas zu wage.

Droht Russland der SWIFT-Ausschluss?

Unterdessen erklärte das Branchenmagazin Wirtschaftswoche, dass Russland aufgrund der anhaltenden politischen Provokationen an der Grenze zur Ukraine, kurz vor dem Ausschluss aus dem SWIFT-System stehen könnte. Der Westen droht bereits seit längerem mit harten Sanktionen und die Ausgrenzung aus dem Finanzsystem wäre somit eine logische Konsequenz. Über das internationale Zahlungsverkehrsnetz SWIFT wickeln mehr als 11.000 Banken aus über 200 Staaten einen gesicherten Nachrichten- und Zahlungsverkehr ab.

Sollte sich dies bewahrheiten und Russland dadurch de facto vom Außenhandel mit dem Westen ausgeschlossen werden, könnte dies dazu führen, dass die Regierung in Moskau die Verbotspläne noch einmal überdenkt (sofern es diese überhaupt gibt). Ähnliches hatten wir in der Vergangenheit bereits im Iran gesehen, welcher nach der Abkopplung von SWIFT und einem Dollar-Verbot seitens der USA etwa die Hälfte der Ölexporteinnahmen und ein Drittel des Außenhandels einbüßen mussten. Die islamische Republik am Persischen Golf machte sich daraufhin den Bitcoin zunutze, um weiterhin Außenhandel betreiben zu können. Dazu subventionierte die iranische Regierung das Bitcoin-Mining und erhob darauf eine Art Steuer beziehungsweise Abgabe an die Zentralbank, damit diese damit Handel betreiben kann. Ein SWIFT-Ausschluss würde Russland vermutlich hart treffen.

Wladimir Putin warnte bereits im CNBC Interview davor, dass die USA ihre Währung als Sanktionsmittel verwenden, da dies zur Folge hat, dass die sanktionierten Länder auf andere Währungen ausweichen und die Position des US-Dollars als Weltreservewährung untergraben wird. Russland hat darum bereits damit begonnen, den US-Dollar Anteil der eigenen Reserven zu reduzieren.

Alternative für Russland?

Dass Russland plötzlich den Bitcoin für den Außenhandel einsetzen würde, ist sehr unwahrscheinlich und nur schwer vorstellbar. Aus Angst vor einem derartigen Ausschluss-Szenario begannen die Russen bereits vor einigen Jahren damit eine SWIFT-Alternative aufzubauen, welche jedoch mehr schlecht als recht funktioniert und mit knapp 400 teilnehmenden und hauptsächlich inländischen Banken nicht einmal ansatzweise an die "Society for Worldwide Interbank Financial Telecommunication", wie SWIFT ausgeschrieben heißt, herankommt.

Wahrscheinlicher wäre, dass sich Russland mit China zusammentut, da die Volksrepublik im Reich der Mitte einerseits ebenfalls eine kleine SWIFT-Alternative betreibt und andererseits der Renmimbi das Potenzial hat, den US-Dollar langfristig als Weltreservewährung abzulösen. Wenn Russland am chinesischen SWIFT-System (CIPS) teilnehmen sollte, wäre zumindest der wichtige Außenhandel mit der Wirtschaftsmacht China gesichert.

Für den Westen und die gesamte Welt könnten Verwerfungen mit den Russen fatale Folgen haben. Sollte es tatsächlich so kommen, dass es zu einem derartigen eurasischen Bündnis zwischen China und Russland kommt, brächte dies vermutlich eine Spaltung der Weltwirtschaft mit sich und eine Art "Finanzweltkrieg" könnte entstehen.

In einer Welt, in der Bitcoin bereits die Weltreservewährung wäre, hätten wir dieses Problem zwar nicht (schließlich ist Bitcoin frei und nicht zensierbar), aber leider sind wir an diesem Punkt noch nicht angelangt. Eine Verwendung von BTC durch Russland und China ist, wie bereits erwähnt, auch mehr als unwahrscheinlich, vor allem, weil beide Länder bereits stark an einer eigenen digitalen Währung, dem E-Rubel beziehungsweise E-Yuan arbeiten. Da sowohl China als auch Russland aber ein großes Interesse daran haben, auch westliche Länder an die jeweiligen digitalen Währungssysteme anzuschließen, wird es wohl noch viel diplomatisches Geschick brauchen, um die derzeit angespannte Situation lösen zu können.