In den vergangenen Tagen kam es innerhalb der Bitcoin-Community immer wieder zu Diskussionen über eine mögliche Zentralisierung des Mining-Markts. Der Mining-Pool Foundry USA, welcher besonders die nordamerikanischen Miner vertritt, konnte in den vergangenen Monaten seinen Marktanteil signifikant ausbauen. Einige befürchten deshalb sogar eine mögliche 51%-Attacke auf das Bitcoin-Netzwerk. Wieso dieses Szenario allerdings unrealistisch ist, soll dieser Beitrag zeigen.

Das Wichtigste in Kürze:

  • Mining-Pools sind Zusammenschlüsse aus einzelnen Entitäten, die ihre Rechenleistung bündeln.
  • Die Betreiber des Mining-Pools haben aufgrund ökonomischer Anreize kein Interesse daran, dem Netzwerk zu schaden.
  • Pool-Betreiber haben keine Macht. Sobald sie sich gegen den Willen der Pool-Teilnehmer stellen, können diese in wenigen Sekunden den Pool verlassen und wechseln.
  • Mining-Pools sind eher als Dienstleister zu verstehen.
  • Stratum V2 ist ein neues Mining-Protokoll, das die Dezentralität im Mining-Business verbessern soll.

Foundry USA baut Marktanteil weiter aus

Einige Miner schließen sich zu sogenannten Mining-Pools zusammen, was ihnen erlaubt ihre Rechenleistung zu bündeln. Damit steigt die Wahrscheinlichkeit, einen gültigen Block zu finden und die Blockbelohnung zu erhalten. Diese wird anschließend unter den Mitgliedern des Mining-Pools aufgeteilt, abhängig davon, wie viel Rechenleistung ein einzelnes Mitglied dem Pool zur Verfügung gestellt hat.

Aufgrund des billigen Stroms war bis zum Jahr 2021 die meiste Hashrate in China lokalisiert. Die chinesischen Miner favorisierten primär chinesische Mining-Pools. Im Jahr 2017 verwalteten die chinesischen Mining-Pools (z.B. AntPool und F2Pool) noch mehr als 50% der Hashrate des Bitcoin-Netzwerks. Als im Jahr 2021 die chinesische Regierung ein generelles Mining-Verbot aussprach, änderte sich die Situation.

Innerhalb weniger Monate zogen die Miner in regulierungsfreundliche Gebiete wie Nordamerika um. Inzwischen sind ungefähr 37,84% der Hashrate in den Vereinigten Staaten lokalisiert. Ähnlich wie die chinesischen Mining-Unternehmen bevorzugen auch die amerikanischen Mining-Unternehmen einen inländischen Mining-Pool. Mittlerweile beträgt der Marktanteil des größten amerikanischen Mining-Pools, Foundry USA, 39,5%. Der zweitgrößte und zugleich größte chinesische Mining-Pool, AntPool, verwaltet dagegen nur noch 15% der Hashrate.

Diese Dominanz von Foundry USA ist allerdings etwas Neues. Im September letzten Jahres betrug der Marktanteil des Pools lediglich 18%, bevor sich dieser innerhalb der letzten 5 Monate mehr als verdoppelte. Dieses enorme Wachstum dürfte die Bedenken in Teilen der Bitcoin-Community ausgelöst haben. Sollte das Wachstum anhalten, könnte der Mining-Pool schon bald mehr als die Hälfte der Hashrate verwalten und damit zu einer Gefahr für das Netzwerk werden, so die Überlegungen.

Foundry USA verwaltet inzwischen fast 40% der Rechenleistung. Quelle: BTC.com

Wie wahrscheinlich ist eine 51%-Attacke?

Um zu verstehen, wie wahrscheinlich eine 51%-Attacke wirklich ist, muss das Anreizsystem der Miner verstanden werden. Sollten die Pools als ein Zusammenschluss von Minern versuchen, einen ungültigen Block an die Blockchain anzufügen, würde dieser von dem Netzwerk (Fullnodes) abgelehnt werden und der Miner somit auf die entsprechende Blockbelohnung verzichten. Jeder Miner besitzt folglich einen wirtschaftlichen Anreiz, ehrlich zu handeln, um die Blockbelohnung zu erhalten. Nur auf diese Weise kann ein Miner langfristig seine Geschäftskosten decken.

Ferner sind sogenannte Double-Spending-Angriffe, bei denen bösartige Netzwerkteilnehmer mehrfach ihre Bitcoin ausgeben können, für Mining-Pools im Grunde nicht möglich. Um heimlich eine "falsche Blockchain" zu schürfen, müsste der Poolbetreiber diesen "offline" nehmen und die neue Kette zu einem späteren Zeitpunkt veröffentlichen, um die alte zu überschreiben. Allerdings würden dem Betreiber, wenn dieser offline geht, sofort die Teilnehmer im Pool abspringen und diesen wechseln. Da dies buchstäblich in nur wenigen Minuten erledigt ist, kann man konstatieren, dass Pool-Betreiber eigentlich keine Macht haben und vielmehr als Dienstleister zu verstehen sind.

Bösartige Miner im Allgemeinen würden ohnehin einen finanziellen Schaden erleiden, denn auch die Mining-Hardware, welche für den Angriff gekauft wurde, würde durch rasch den Großteil ihres Wertes verlieren. Aufgrund der enormen Kapitalkosten gibt es deshalb ökonomisch betrachtet keinen Anreiz für eine 51%-Attacke. Jeder Netzwerkteilnehmer würde einen finanziellen Schaden erleiden. Saifedean Ammous, der Autor des Bitcoin-Standards, erklärte dies bereits im Jahr 2017:

„Welche wirtschaftlichen Anreize gibt es gegen eine 51%-Attacke? Das letzte Mal, als ein Miner seine Hashrate absichtlich verwendet hat, um das Geld von Benutzern zu stehlen, gab es keine Antwort von der Community und dieser Miner (GHash.io) fuhr fort, die Mehrheit der Hashrate zu verwalten.“

David A. Harding

„Es würde das Vertrauen in das Netzwerk und den Wert von Bitcoin zerstören und die Investitionen der Miner verschwenden. Dies gilt insbesondere jetzt, da die Kosten für das Mining so enorm gestiegen sind.“

Saifedean Ammous

Lediglich ein Angreifer, welcher mit einem selbstzerstörerischen Motiv versucht das Netzwerk anzugreifen, könnte eine Bedrohung für das Netzwerk werden. Dieser Angriff wäre allerdings mit Unmengen an ökonomischen Ressourcen verbunden. Für Mining-Pools, ist dies allerdings unrealistisch, da nicht davon auszugehen ist, dass alle Pool-Teilnehmer dem Netzwerk schaden wollen. Eher im Gegenteil.

Ghash.io als ein Vorreiter

Für die oben genannte These von Ammous gab es bereits erste Bestätigungen. Im Jahr 2014 kontrollierte Ghash.io mehr als 50% der Hashrate. Die Miner des Pools hätten somit eine 51%-Attacke durchführen können. Schon damals verunsicherte diese Situation die Bitcoin-Community. Der bekannte Bitcoin-Entwickler Peter Todd verkaufte aus Sorge 50% seiner Bitcoin zu dieser Zeit.

Doch die wirtschaftlichen Anreize setzten sich durch. Ghash.io veröffentlichte eine Stellungnahme und forderte die Miner auf, den Pool zu verlassen, damit der Anteil des Pools unter 40% sinkt. Ein großer Vorteil der Bitcoin-Miner ist, wie weiter oben bereits erwähnt, ihre Flexibilität. Um einem Mining-Pool anzugehören, müssen die Miner lediglich die sogenannte Stratum-Adresse in die Mining-Software eingeben und eine Wallet für die Auszahlungen hinterlegen. Die Miner kamen der Bitte des Pool-Betreibers nach und wechselten in andere Pools. Ein Jahr später sank der Marktanteil von Ghash.io auf 2%.

Stratum V2 als eine Lösung

Die Bitcoin-Community ist sich dennoch der potenziellen Gefahren einer Zentralisierung der Mining-Pools bewusst, weshalb bereits an der Dezentralisierung gearbeitet wird. Das vielversprechendste Projekt ist Stratum V2, eine überarbeitete Version des aktuellen Mining-Protokolls, welches auf der Bitcoin Konferenz 2019 vorgestellt wurde.

Mit Stratum V2 können die Miner in einem Pool selbst entscheiden, welche Transaktionen in den Block aufgenommen werden sollen. Dies obliegt bisher noch den Pool-Betreibern und verringert damit die Abhängigkeit zu den Mining-Pools. Zwar liegt die Blockerzeugung immer noch in der Hand der Mining-Pools, allerdings wäre eine Adoption von Stratum V2 ein wichtiger Schritt zur Dezentralisierung der Mining-Pools.

Ein Unterstützer des Projekts ist Foundry USA selbst. Das Unternehmen wird als Partner auf der Website von Stratum V2 gelistet und spendete im vergangenen Jahr einen Bitcoin an die Entwickler des Open-Source-Projekts. Dieses Engagement zeigt, dass auch Foundry USA langfristig an einer Dezentralisierung des Mining-Markts interessiert ist.

Fazit

Die Marktdominanz von Foundry USA lässt sich aus der geografischen Verteilung der Miner ableiten. Die amerikanischen Mining-Unternehmen möchten ihre Hashrate an ein amerikanisches Unternehmen delegieren. Besonders Foundry USA, welches von der Digital Currency Group verwaltet wird, genießt großes Ansehen in der Mining-Industrie. Es ist daher unwahrscheinlich, dass Foundry USA ein böswilliger Akteur ist, welcher das Bitcoin-Netzwerk angreifen möchte.

Aber auch wenn Foundry USA kurzzeitig mehr als 51% der Hashrate verwalten sollte, wäre dies kein besorgniserregender Zustand. Die aufgeführten ökonomischen Anreize und die Flexibilität der Miner, würden dazu führen, dass die Miner den Pool wechseln werden. Auch ist zu erwarten, dass Foundry USA selbst diesen Prozess unterstützen würde, ähnlich wie es bereits bei Ghash.io beobachtet werden konnte. Mit der breiten Adoption von Stratum V2 könnte dieses Problem langfristig gelöst und die Pools dezentralisiert werden. Zusätzlich ist es ein gutes Zeichen für die Entwicklung des Mining-Markts, dass Unternehmen wie Foundry USA Stratum V2 unterstützen und unterstreicht damit, dass die Pool-Betreiber den ökonomischen Anreizen der Mining-Industrie folgen.

Roman hatte das Thema vor einigen Wochen auch bereits in einem Video aufgegriffen und erklärt. Wem eine Zusammenfassung per Video lieber ist, der wird auf dem Blocktrainer-YouTube Kanal fündig.