Im Zuge der anhaltenden Proteste gegen die COVID19-Restriktionen in der kanadischen Hauptstadt Ottawa gab die Regierung des Landes nun bekannt, mit sofortiger Wirkung die Geldwäscherichtlinien und Gesetze gegen Terrorfinanzierung auszuweiten. Nachdem die Demonstranten Spenden aus aller Welt über die Crowdfunding-Plattform GoFundme erhielten und diese die Gelder auf Anraten der Behörden eingefroren hatte, wichen die Spender auf weniger kooperative Services und v.a. Bitcoin-Spenden aus. Aus diesem Grund sollen im Rahmen des kanadischen Notstandsgesetzes nun auch Crowdfunding-Plattformen und Kryptowährungen stärker reguliert werden. Die jeweiligen Service-Provider sind dazu angehalten dem Zentrum für die Analyse von Finanztransaktionen (FINTRAC) Bericht zu erstatten und die Behörden vor allen Dingen auf verdächtige Transaktionen mit hohem Volumen aufmerksam zu machen. Außerdem ermächtigen die neuen Maßnahmen die Regierung dazu, (Spenden-)Konten einzufrieren. Um das Ziel, die Auflösung der Demonstrationen, zu erreichen, sei es zum Teil erforderlich, die finanzielle Versorgung der Beteiligten zu unterbrechen, sagte Chrystia Freeland, die stellvertretende kanadische Premier- und Finanzministerin.

"Dies wird dazu beitragen, das Risiko zu mindern, dass diese Plattformen illegale Gelder erhalten, die Qualität und Quantität der von FINTRAC erhaltenen Informationen zu erhöhen und mehr Informationen zur Verfügung zu stellen, um die Ermittlungen der Strafverfolgungsbehörden zu diesen illegalen Blockaden zu unterstützen. [...] Ab heute kann eine Bank oder ein anderer Finanzdienstleister ein Konto ohne Gerichtsbeschluss sofort einfrieren oder sperren. Damit sind sie vor zivilrechtlicher Haftung für Maßnahmen geschützt, die in gutem Glauben ergriffen wurden."

- Chrystia Freeland, stellvertretende Premierministerin und Finanzministerin in Kanada

Quelle: CBC

Tatsächlich ist die Finanzierung der Proteste mittlerweile zu einem Selbstläufer für die Organisatoren geworden. Gerade im Nachgang der weltweiten Berichterstattung aufgrund des Einfrierens von Spendengeldern durch GoFundMe, hat die Spendenbereitschaft von Protestbefürwortern weiter zugenommen. Inzwischen wurden über verschiedene Kanäle bereits zweistellige Millionenbeträge eingesammelt. Allein über die auf Bitcoin basierende Crowdfunding-Plattform Tallycoin kamen mehr als 20 BTC an Spenden zusammen.

Geht die Regierung zu weit?

Für viele Gegner der nun bereits knapp zwei Wochen anhaltenden Blockade ist die Ausweitung des Notstandsgesetzes ein notwendiger Schritt, um die Eigendynamik des sogenannten Freedom Convoys einzudämmen. Befürworter der Blockade hingegen sehen die Maßnahmen der Behörden und den Vergleich der (im Grunde friedlichen) Protestanten mit Terroristen als einen deutlichen Schritt zu weit. Das Thema lediglich schwarz oder weiß zu betrachten ist dabei leider nicht so einfach.

Einerseits ist es natürlich legitim für persönliche und allgemeine Freiheiten und gegen gewisse Maßnahmen (wie z. B. Impfvorschriften für LKW-Fahrer) zu demonstrieren so fern die Unmutsbekundungen friedlich bleiben. Andererseits werden durch anhaltende Straßenblockaden auch rechtschaffende Bürgerinnen und Bürger wiederum in deren persönlichen Freiheiten eingeschränkt und beispielsweise am Weg zur Arbeitsstelle gehindert, was für viele betroffene Kanadier einen Verdienstausfall mit sich bringt. Gleichwohl plant die Regierung in Ottawa auch das Einfrieren von Firmenkonten, wenn LKW-Fahrer einer Firma an den Protesten beteiligt sind. Dies könnte wiederum dazu führen, dass Angestellte, welche überhaupt nicht mit den Demonstrationen in Verbindung stehen, um ihr Gehalt und eventuell sogar um ihren Arbeitsplatz fürchten müssen. Vielen Beobachtern der Situation gehen die Ausrufung des nationalen Notstandes und die damit einhergehenden Maßnahmen jedoch einen deutlichen Schritt zu weit. Wie NTV berichtete, brachten mehrere Ministerpräsidenten nach Trudeaus Ankündigung ihren Widerstand gegen die Anwendung des Gesetzes zum Ausdruck.

In Anbetracht der relativ milden Omikron Verläufe, der hohen Impfquote (>80%) und der sehr stark sinkenden Inzidenzen im Land, wäre eine weitreichende Aufhebung der Corona-Restriktionen eventuell das bessere Mittel gewesen, um die Trucker und andere Protestbeteiligte zur Auflösung der Demonstrationen zu bewegen.

Quelle: Corona-in-Zahlen/Our World in Data

Dass die Regierung jedoch nicht diesen Weg, sondern den von noch weitreichenderen Restriktionen für die Bevölkerung und tiefgreifenden Befugnissen für die Behörden wählt, ist wiederum Wasser auf die Mühlen der Regierungs- und Maßnahmen-Kritiker.

Bitcoin als Mittel der Freiheit

Obwohl die Finanzministerin Freeland in ihrer Ansprache Kryptowährungen ebenfalls in das neue Maßnahmenpaket miteinbezog, ist es doch relativ fraglich, wie genau die kanadische Regierung plant, Spenden über das Bitcoin-Netzwerk zu unterbinden oder die entsprechenden Gelder einzufrieren. Lediglich die zentralisierten Services könnten durch Trudeau und Co. reguliert werden. Die dezentrale Bitcoin-Blockchain jedoch nicht.

Ganz egal, was man von den Protesten in Ottawa (und mittlerweile auch an vielen anderen Stellen im zweitgrößten Land der Erde) halten mag, dass eine Regierung mit Leichtigkeit sich selbst die Befugnisse einräumen kann, um (Spenden-) Gelder und ganze Firmenkonten einzufrieren, macht abermals deutlich, warum ein freies Geld wie Bitcoin durchaus einen Nutzen und damit einen Wert hat. Dies gilt nämlich nicht nur für diesen speziellen Fall in Kanada, sondern für regierungskritische Demonstranten weltweit, besonders in autoritär und diktatorisch geführten Staaten. Was selbst für die Regierung in einem demokratischen Land wie Kanada recht einfach möglich ist, ist für viele Regime dieser Welt noch um ein Vielfaches einfacher.

Um im digitalen Zeitalter die persönlichen und finanziellen Freiheitsrechte von Bürgerinnen und Bürgern zu schützen, braucht es ein regierungsunabhängiges, freies und unzensierbares digitales Geldsystem, wie eben das Bitcoin-Netzwerk.