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Inflation und Energiekrise – Ändert die EZB ihre Richtung?

Am von

Am Samstag hielt die Europäische Zentralbank (EZB) eine Pressekonferenz zur Entwicklung des Energiemarktes. Isabel Schnabel, Mitglied des Direktoriums der EZB, gab einen Einblick über die anziehende Inflation in der Europäischen Union (EU). Überraschenderweise kündigte Schnabel weitere mögliche geldpolitische Straffungen gegen die hohen Energiepreise an.

Die grüne Inflation als eine Chance

Schnabel gab zu Beginn ihrer Rede einen kürzen Überblick über die Klimaziele der EU. Dabei stand das Pariser Klimaabkommen im Vordergrund. Zwischen den Jahren 2020 und 2030 sollen jährlich die Emissionen um 7,6% gesenkt werden. Zum Vergleich: als die Welt im Frühjahr 2020 quasi stillstand, nahmen die Emission um 5,8% ab.

Schnabel sieht die Preissteigerung auf dem Energiemarkt als eine Chance, die Klimaziele zu erreichen. Damit soll auch der Übergang zu erneuerbaren Energien gefördert werden. Aktuell befindet sich der Anteil der erneuerbaren Energien nur bei 20% innerhalb der EU. Bis 2030 soll dieser Anteil auf 40% steigen. Die grüne Inflation soll demnach den Wandel zu den erneuerbaren Energien beschleunigen.

Um dem Pariser Abkommen gerecht zu werden und den Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur auf 1,5 Grad Celsius über dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen, muss die Weltwirtschaft einen tiefgreifenden Wandel durchlaufen.

Isabel Schnabel

Der Übergang wird inflationär

Als Nächstes ging Schnabel auf die Risiken der grünen Inflation ein. Denn besonders die untere Bevölkerungsschicht ist von der Energiekrise betroffen. Die EZB fordert deshalb mehr Unterstützung vonseiten der Regierungen. Energiearmut sei eine ernsthafte Bedrohung für den Zusammenhalt unserer Gesellschaft, so Schnabel. Es gibt zwar einige Konzepte, wie die Einrichtung eines Sozialfonds, allerdings eine genaue Strategie legte Schnabel noch nicht vor.

Gleichwohl hat die derzeitige Inflation ein mögliches Aufwärtspotential. In der Vergangenheit erforderten Energieschocks, aufgrund ihrer kurzfristigen Natur, keine monetäre Aufmerksamkeit der Währungshüter. Dieses Mal könnte es aber anders kommen. Die EZB rechnet über einen längeren Zeitraum mit höheren Preisen an den Energiemärkten.

Zieht die EZB die Zügel an?

Das Auffallende an der Rede Schnabels war, dass ein Mitglied des Direktoriums offen über eine Änderung der Geldpolitik gesprochen hat. Sie legte zwei Szenarien offen, die zu einem geldpolitischen Wandel führen könnten. Wie genau dieser aussehen wird, beantwortete Isabel Schnabel leider nicht. Nachdem die EZB aber angekündigt hat, dass sie die Pandemie Notfall Anleiheankaufprogramme (PEPP) im Frühjahr beenden wird, hat sie nun nur noch wenig Spielraum. Eine potenzielle Zinserhöhung würde damit näher rücken.

Szenario eins sieht vor, dass die Energiepreise von den Prognosen der EZB abweichen werden. Die EZB benutzt die Futures Preise auf dem Terminmarkt für ihre Prognose. Für das Jahr 2022 sollen diese auf einem hohen Niveau bleiben, bevor sie dann nächstes Jahr wieder fallen. Sollte die Realität von der Prognose abweichen, sieht sich die EZB gezwungen weitere Schritte einzuleiten.

Futures Preise für Gas und Strom. Quelle: EZB

Das zweite Szenario hängt mehr mit den strukturellen Veränderungen des Energiemarktes zusammen. Mit den Energiepreisen wird sich auch die Industrie verlagern. Die EZB befürchtet, dass es zu einer Überhitzung dieser neuen Industrie kommen wird. Die steigende Nachfrage könnte zu einem langfristig erhöhten Verbraucherpreisindex führen. Denn die EZB rechnet damit, dass bis zum Jahr 2023 der Verbraucherpreisindex auf das ursprüngliche Niveau von 2% fallen wird. Sollten die Verbraucherpreise aber weiterhin über dem Wert von 2% liegen, wird die Zentralbank die geldpolitische Straffung verschärfen.

Prognose des Verbraucherpreisindexes. Quelle: EZB

Kritik an der EZB

Die EZB hat nun bestätigt, dass sie bereit ist, weitere geldpolitische Schritte einzuleiten, um die Inflation in den Griff zu bekommen. Die EZB wird ihr Anleiheankaufprogramm herunterfahren. Ob es wirklich zu einer Zinserhöhung kommen wird, ist aber dennoch fragwürdig. Die Länder Südeuropas mit hoher Schuldenlast verlassen sich auf die EZB mit ihrer ultralockeren Geldpolitik. Eine überstürzte Zinserhöhung dürfte besonders dem Vertrauen in diesen Ländern und dem Euro schaden.

Auch macht die EZB den Eindruck, den Versuch zu unternehmen, die derzeitige Inflation als etwas Positives darzustellen. Solange es kein Konzept gibt, wie die Phase der höheren Inflation überwunden werden soll, ist der einfache Bürger derjenige, der am stärksten davon betroffen ist. Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis die höheren Energiepreise an den Endverbraucher weitergegeben werden. Die EZB appelliert zwar an die Regierung, die Bürger zu unterstützen, ob aber mehr Staat wirklich die strukturellen Probleme beheben kann, bleibt fragwürdig.