Bereits seit August 2018 als das Update BIP141 "Segregated Witness" (SegWit) im Bitcoin-Netzwerk aktiviert wurde, ist es möglich, dass BTC-Blöcke bis zu 4MB groß sind. Bisher war dieser Wert jedoch sehr theoretisch, da es relativ unwahrscheinlich ist, dass die Transaktionen (bis 1MB) und die Signaturdaten (bis zu 3 MB) so gewählt werden, dass der Block perfekt gefüllt ist. Mithilfe des neuen Ordinals-Protokolls, das derzeit die Community stark spaltet, war es nun einem Miner jedoch möglich, einen fast 4MB großen Bitcoin-Block und damit den größten respektive schwersten je dagewesenen zu schürfen. Bei näherer Betrachtung gibt es einige Dinge, die Kritiker der sogenannten "Inscriptions" als Angriff auf Bitcoin werten.

Lese-Tipp: NFTs auf Bitcoin? Ordinals-Protokoll spaltet die BTC-Community

Größter BTC-Block in der Geschichte

Mit einer Größe von 3,96MB und einem Gewicht von 3,99 aus insgesamt 4,00 möglichen Mega Weight units (MWU) ist der Block 774628 der größte jemals dagewesene. Den Großteil des Platzes im Block (nämlich 3,94 MWU) füllte, wie zu erwarten war, eine Ordinals-Inscription aus. Das damit verknüpfte Bild zeigte eine Parodie des beliebten "Magic Internet Wizards" und einen Link zur neu gegründeten "Taproot Wizards"-Community. Was auf den ersten Blick jedoch lustig erscheint, hat bei genauerem Hinsehen deutlich tiefgreifendere Bedeutungen für das Bitcoin-Netzwerk.

biggest Bitcoin Blocks
Bis dato war der größte Block nur knapp 2,8 MB groß.
Quelle: Blockchair.com
Dieses Bild hat den Großteil des Platzes eingenommen.
Quelle: Ordinals.com

Keine Transaktionsgebühren

Da die Transaktionsgebühr im Bitcoin-Netzwerk anhand der Größe respektive des Gewichts bestimmt wird, ist eigentlich davon auszugehen, dass die Inscription für das "Magic Internet JPEG" eine teure Angelegenheit gewesen wäre. Betrachtet man jedoch die tatsächlich bezahlte Gebühr, wird man wohl kurz große Augen machen.

Obwohl die niedrigste wählbare Gebühr eigentlich mindestens ein Satoshi pro virtuellem Byte (1 sat/vB) beträgt, wurde für das Bild ein Gebührensatz von 0,00 sat/vB bezahlt, was dazu führte, dass das Minting komplett kostenfrei war. Doch wie ist das möglich?

Zeichen gegen Zensur

Möglich wird das dadurch, dass der Miner bzw. Miningpool, der den Block schürft, auf die Gebühren verzichtet, weil er selbst ein Interesse daran hat, dass die Transaktion durchgeführt wird. Doch welche Implikationen hat dies, in diesem Zusammenhang? Nun ja, während einige NFT-Fans Ordinals regelrecht feiern, hat das neue Protokoll auch viel Unmut in der Bitcoin-Community ausgelöst. Einige Personen (u. a. bekannte Entwickler wie Adam Back oder Luke Dashjr) sprachen sich sogar dafür aus, die Ordinals zu stoppen oder gar zu zensieren. Dashjr bezeichnete Ordinals sogar als "Angriff auf Bitcoin". Dies wiederum führte dazu, dass hitzige Diskussionen darum entbrannten, ob diese Forderung in einem freien Netzwerk wie Bitcoin überhaupt legitim sei. Unter anderem die Community der "Taproot Wizards", die von dem bekannten Krypto-Influencer Udi Wertheimer mitgegründet wurde, ist auf der "pro Bitcoin-NFTs"-Seite und wollte mit der Aktion ein Zeichen gegen die Zensurwünsche setzen. Im Discord-Channel der Community schrieb er:

"Willkommen zu Hause, Zauberer!

Heute Abend wurde unser Ruf zum ersten Mal seit Epochen in der Geschichte der Zeit gehört. Für Jahrhunderte waren Zauberer in den Mempools unerwünscht. Ein uralter dunkler Zauber, der von den Hütern der Tore ausgesprochen wurde, hielt die Zauberer fern - der Fluch der Zensur.

Lange Zeit versuchten wir, die Pforten zu überwinden. Viele Zauberer gingen, aber niemand hörte je wieder von ihnen.

Bis heute.

Ein einzelner 4MB-Zauberer fand einen längst vergessenen Zauberspruch. Mit der Kraft von tausend Hashes umging er den Zensurfluch, überlistete die Hüter, überlistete den Code und schaffte es durch die Pforten.

Jetzt, wo sein Triumph über die gesamte Zeitspanne schallt, musst du dich entscheiden.

Wirst du dich den Wächtern anschließen und versuchen, den Fluch zurückzubringen?

Oder schließt du dich den Taproot-Wizards an und stürmst die Pforten?"

Udi Wertheimer

Kritik an Mining-Pool

Der Mining-Pool "Luxor Mining", der an der Aktion beteiligt war und den riesigen Block geschürft hatte, gab eine ähnliche Erklärung via Twitter ab:

"Letzte Nacht nutzte Luxor seine magische Energie und befreite einen alten Zauberer aus seinem kosmischen Käfig, in dem er viele Epochen lang gefangen war.

Aufmerksamen Beobachtern der Zeitachse ist vielleicht eine 4-MB-Anomalie aufgefallen, wie man sie noch nie gesehen hat.

Wird es weitere geben?…"

@LuxorTechTeam

"Seht, der Taproot Wizard, losgelöst und befreit von seinen Fesseln!

In seiner Allgegenwart ist er in den Herzen, Köpfen und auf den Festplatten von Bitcoin-Node-Betreibern auf der ganzen Welt präsent.

Er lässt sich nicht zensieren, er lässt sich nicht zum Schweigen bringen."

@LuxorTechTeam

Dass sich der Mining-Pool an der Aktion beteiligte, kam bei einigen Personen jedoch nicht gut an. Gerade weil es sich um einen Pool und nicht um einen selbständigen Miner handelte, sahen Kritiker ein Problem in der Aktion. Schließlich sei es der Job der Poolbetreiber, den höchstmöglichen Gewinn, für die Pool-Teilnehmer zu generieren. Das freiwillige Verzichten auf Transaktionsgebühren, nur um ein gewissermaßen Community-politisches Statement abzugeben, sollte ein seriöses Unternehmen nicht machen, so die Meinung.

"Ich bin mir sicher, die Miner, die eurem Pool angeschlossen sind, haben sich tierisch darüber gefreut, dass ihr nur 900k Sats Transaktionsgebühren eingenommen habt, nur um euren Standpunkt abzugeben."

Marty Bent via Twitter

"Hmmm… ich kann einfach die billigsten Transaktionen in den Block aufnehmen, den ich gemint habe, wenn ich will… aber warum? Ihr seid ein Pool. Und ihr verhindert absichtlich die Gewinne für ein Meme?
Zumindest macht ihr es mir sehr einfach zu entscheiden, dass ich mit euch nicht ins Geschäft kommen will…
"

Scoop via Twitter

Bereits kurze Zeit später meldete sich Ethan Vera von Luxor Mining zu Wort, der erklärte, dass die Auszahlungen an Poolteilnehmer durch den Block nur unwesentlich beeinträchtigt wurden, da diese ohnehin an einem Durchschnitt von 144 Blöcken bemessen werde. Nichtsdestotrotz bleibt ein gewisses "Geschmäckle" an der Aktion haften.

Links die Ansicht, wie der Block hätte aussehen sollen. Rechts das, was Luxor daraus gemacht hat.
Quelle: mempool.space

Fazit

Das Anliegen der Aktion, nämlich sich gegen Zensurbemühungen im Bitcoin-Netzwerk auszusprechen, ist natürlich grundsätzlich nachvollziehbar. Gleichwohl sollte und muss die Bitcoin-Community in ihrer Gesamtheit aufpassen, dass das wertvolle Netzwerk nicht Austragungsort von irgendwelchen neuen "MEME-Wars" wird. Dass Mining-Pools im Zweifelsfall nicht nur rational ökonomisch, ergo gewinnorientiert, handeln, sondern gegebenenfalls auch nach eigenen Interessen, hat dieser Fall ebenfalls deutlich gemacht.

Beide Seiten der Auseinandersetzung haben durchaus valide Argumente. Diejenigen, die der Meinung sind, dass die Inscriptions Teil des freien Bitcoin-Marktes sind und deswegen eine Daseinsberechtigung haben, aber auch die Gegenseite, die eine finanzielle Revolution wie das Bitcoin-Netzwerk nicht für bunte Bildchen verwenden möchte. Im Sinne aller Netzwerkteilnehmer bleibt aber nur zu hoffen, dass die Bitcoin-Blockchain nicht wieder zum Schauplatz für einen (belanglosen?) Krieg wird, der die Community spaltet und nur das Selbstwertgefühl einiger Egomanen pusht. So etwas hatten wir schon mehrfach. Zuletzt während des Blocksize-Wars vor einigen Jahren.