In einem heute in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) erschienenen Artikel, mit dem Titel "So war der Bitcoin nicht gedacht", beschreibt die Redakteurin Sarah Huemer die sich wandelnde Rolle von Bitcoin im Laufe der Jahre. Sie beleuchtet die Diskrepanz zwischen der ursprünglichen Vision der sogenannten Cypherpunks von Bitcoin als dezentralisiertem Zahlungsmittel und seiner aktuellen Position im Finanzsystem. Während Huemer und einige andere Menschen der Meinung sind, dass Bitcoin von seinem ursprünglichen Ziel abgewichen ist, argumentieren andere, wie etwa der Microstrategy Gründer, Michael Saylor, dass diese Evolution notwendig war, um eine breitere Akzeptanz und Integration in das globale Finanzsystem zu erreichen.

Grundsätzlich ist Huemers Haltung und Ansicht in Zeiten von Bitcoin-ETFs und der Integration in PayPal, Square und andere Dienstleister definitiv nachvollziehbar. Wir möchten an dieser Stelle stichpunktartig einige Gedanken dazu mitteilen:

  • Mainstream-Akzeptanz: Damit Bitcoin wirklich revolutionär sein kann, muss es von der breiten Masse gekannt und akzeptiert werden. Dies erfordert gegebenenfalls Kompromisse und Anpassungen, um die Technologie und das alternative Geld für den Durchschnittsverbraucher zugänglicher zu machen.
  • Revolution durch die Hintertür. Erst vor wenigen Tagen berichtete Blocktrainer.de über einige Aussagen des Microstrategy-Gründers, Michael Saylor, der erklärte, warum es zielführender ist, Bitcoin nicht frontal gegen das bestehende Finanzsystem antreten zu lassen, sondern unauffällig in dieses integriert. "Wenn Bitcoin ein souveränes Geld werden soll, muss es sich in jeden Winkel der Erde ausbreiten. Um sich in jeden Winkel der Erde auszubreiten, kann man nicht einfach durch das Tor stürmen und nach Krypto-Anarchie schreien. Square- und Paypal-Integrationen müssen nicht das Endspiel sein, aber sie werden uns helfen, dorthin zu gelangen", sagte der bekannte Bitcoin-Advokat.
  • Pragmatismus vs. Idealismus: Darüber, ob es besser ist, das Thema pragmatisch oder ideologisch anzugehen, scheiden sich die Geister. Während es von Vorteil sein kann, den starren Fokus von der ursprünglichen Vision zu lösen und diese den aktuellen Begebenheiten anzupassen, ist es dennoch stets wichtig zu reflektieren und sich auf die Wurzeln von Bitcoin und der Cypherpunk-Bewegung zu besinnen.
  • Das trojanische Pferd: Oft wird Bitcoin auch als trojanisches Pferd der Freiheit bezeichnet, das in das bestehende Finanzsystem eingeführt wird und dieses von innen heraus umkrempelt.
  • Wer hat die Macht? Das Argument, dass die Finanzelite nun die Macht über Bitcoin an sich reißen wird, ist nur bedingt nachvollziehbar. Bitcoin ist so gestaltet, dass es im Hinblick auf die Kontrolle egal ist, wie viele BTC jemand besitzt. Keine einzelne Entität (oder wenige Entitäten) kann Bitcoin in seinem Wesen beeinflussen.
  • Währung vs. Asset: Die ursprüngliche Vision war immer, dass Bitcoin eine freie, dezentrale, globale Währung wird. Derzeit wird es jedoch eher als Asset, also Vermögenswert, betrachtet. Ob BTC für immer in dieser Rolle bleibt, oder es nur ein Zwischenschritt auf dem Weg zum ursprünglichen Ziel ist, wird die Zeit zeigen müssen.
  • Langfristige Vision: Es ist wichtig, den langfristigen Horizont von Bitcoin zu betrachten. Auch wenn es gegebenenfalls momentane Abweichungen von der ursprünglichen Vision gibt, könnte die Technologie immer noch in Richtung einer dezentralisierten Zukunft steuern, in der sie sowohl als Vermögenswert als auch als Zahlungsmittel dient.

Obwohl es nur schwierig nachvollziehbar ist, dass Bitcoin in Zeiten von Futures, ETFs und Co. noch immer seiner ursprünglichen Vision treu ist. Doch trotz der Assimilation an das bestehende Finanzsystem sind die Ideen und Ideale in weiten Teilen der Community noch nicht gänzlich verloren. Es steht außer Frage, dass die Reise von Bitcoin noch lange nicht vorbei ist und uns noch viele Überraschungen bevorstehen. Das trojanische Pferd der Freiheit steht vor den Toren der Wall Street und Zentralbanken. Wenn es hineingelassen wird, kann sich sein ganzes Potenzial von innen heraus entfalten.