Die heute um 14:30 deutscher Zeit gemeldete US-Inflation für den April ist mit 3,4 Prozent genauso wie erwartet ausgefallen. Die Änderungsrate gegenüber dem Vormonat lag mit 0,3 Prozent jedoch leicht unter den erwarteten 0,4 Prozent.

Nach den vermeldeten Zahlen ist die Wahrscheinlichkeit für die derzeitige Basisannahme, dass die US-Notenbank die Zinsen in diesem Jahr noch zweimal senken wird, leicht gestiegen. Die Kapitalmärkte fassten die Nachrichten entsprechend positiv auf und der Bitcoin-Kurs stieg in Reaktion deutlich von 62.500 auf über 64.500 US-Dollar.

Inflation keine Gefahr mehr?

Obwohl die jährliche Inflationsrate mit 3,4 Prozent unter dem Wert des Vormonats – 3,5 Prozent – liegt, bedeutet dies nicht, dass die Konsumgüter in den USA wieder günstiger werden. Denn gegenüber dem Vormonat sind die Preise weiter gestiegen, wenn auch leicht weniger stark als erwartet.

Noch liegt die Inflation in den USA deutlich über dem 2-%-Ziel, was den Märkten in den vergangenen Wochen und Monaten jedoch kaum Sorgen bereitete. Als gestern heißer als erwartete Erzeugerpreise vermeldet wurden, ließ das die Kapitalmärkte auch im Großen und Ganzen unbeeindruckt. Die Preise, die Hersteller für ihre Produkte verlangen, sind im Vergleich zum Vormonat um 0,5 Prozent gestiegen – erwartet waren nur 0,2 Prozent.

Trotz der für die US-Notenbank überraschend hartnäckigen Inflation und der deswegen seit Jahresanfang nach hinten verschobenen Zinssenkungen handeln die Aktienmärkte auf Allzeithochniveau. Die schwachen US-Arbeitsmarktdaten für den April stimmten die Märkte vor einigen Tagen bereits zuversichtlicher, dass trotz der sich noch deutlich über dem 2-%-Ziel befindlichen Inflation die Federal Reserve (Fed) bald die Zinsen senken wird.

Die Erwartung des Marktes widerspricht in dieser Hinsicht doch dem, was die Fed derzeit kommuniziert. Gestern signalisierte Fed-Chef Jerome Powell bei einer Veranstaltung der Foreign Bankers’ Association in Amsterdam, dass die Geldpolitik wohl länger restriktiv bleiben wird. Allerdings wiederholte Powell auch die Aussage von der Notenbanktagung aus dem April, dass eine Anhebung des Leitzinses nicht wahrscheinlich sei. Dafür stellte der Fed-Chef jedoch in Aussicht, dass die Zinsen länger auf dem derzeitigen Niveau von 5,25 bis 5,50 Prozent verharren könnten.  

Vielleicht erkennen die Märkte aber auch, dass im Angesicht der bald anstehenden US-Präsidentschaftswahlen die Fed die Finanzmärkte wohl nicht unter Druck bringen wird. Präsidentschaftskandidat Trump kündigte bereits an, dass er als Präsident Jerome Powell als Fed-Chef entlassen und die Notenbank umkrempeln werde. Während seiner Amtszeit kritisierte Trump den von ihm ernannten Fed-Chef häufig, unter anderem weil dieser laut ihm im Jahr 2018 die Zinsen nicht niedrig genug ansetzte. Entsprechend ist es vorstellbar, dass die US-Notenbank in diesem Jahr alles in ihrer Macht Stehende tut, um Präsident Biden den Rücken freizuhalten – alleine schon aus Eigeninteresse.

Da eine hohe Inflation jedoch auch nicht im Interesse der US-Bürger und der Biden-Administration ist, bleibt es spannend zu beobachten, ob es der Federal Reserve gelingt, die Inflationsrate weiter zurücklaufen zu lassen, ohne dabei die Wirtschaft und die Kapitalmärkte abzuwürgen. Ob dieses sogenannte "Soft Landing" gelingt und welche Schritte die Fed unternimmt, wenn die Inflation doch noch weiter an Fahrt aufnimmt, bleibt abzuwarten. Dass die Inflation jetzt leicht niedriger ausfällt als angenommen, macht aber erst einmal wieder mehr Hoffnung auf dieses “Goldlöckchenszenario”.

Ist Bitcoin ein Inflationsschutz?

Der Bitcoin-Kurs brach ein, als die Inflationsraten in den USA im Jahr 2022 durch die Decke gingen und die US-Notenbank daraufhin einen restriktiveren geldpolitischen Kurs einschlug. Die Tatsache, dass Bitcoin im Kurs fiel, als die Inflation hoch war, veranlasste einige Marktbeobachter dazu, dem Asset abzusprechen, ein Inflationsschutz zu sein.

Die positive Kursreaktion im Rahmen der leicht besser als erwarteten Inflationszahlen für den April zeigt, dass Bitcoin immer noch sehr sensibel auf Inflationsdaten reagiert – jedoch entgegen dem, was man eigentlich von einem Inflationsschutz erwarten würde. Grund dafür ist, dass Bitcoin wohl das Asset mit der stärksten Korrelation zu der globalen Liquidität ist und wenn eine lockere Geldpolitik der relevantesten Notenbank der Welt wahrscheinlicher wird, dann steigt entsprechend der Bitcoin-Kurs in Antizipation.

Obwohl der Bitcoin-Kurs es im Angesicht der hohen Inflationszahlen in den vergangenen Jahren schwer hatte, hat jeder, der Bitcoin im Jahr 2020 in Antizipation der Inflationswelle kaufte, den Kaufkraftverlust des Geldes mit seinem Bitcoin-Investment weit mehr als nur ausgeglichen. So gesehen stellt Bitcoin eben doch einen Schutz vor dem Kaufkraftverlust der staatlichen Währungen dar. Denn selbst bei einer Inflationsrate von 3,4 Prozent halbiert sich Wert der Währung in gerade einmal 21 Jahren.