Das legendäre Interview, in dem sich Friedrich August Hayek nach einem Geld wie Bitcoin sehnte, wird heute 40 Jahre alt. Der Wirtschaftsnobelpreisträger machte in dem Gespräch auf die Missstände von staatlich monopolisierten Währungen aufmerksam und setzte sich für die Denationalisierung beziehungsweise Entstaatlichung von Geld ein. Aus diesem Interview entstammen einige oft in der Bitcoin-Community zitierte Aussagen. Manche Bitcoiner gehen sogar davon aus, dass Bitcoin-Erfinder Satoshi Nakamoto Standpunkte wie die von Hayek inspirierten.

Der Einfluss von Hayek

Friedrich August Hayek ist neben Ludwig von Mises einer der einflussreichsten Vertreter der Österreichischen Schule der Nationalökonomie, die sich für eine freie Marktwirtschaft starkmacht. Der gebürtige Österreicher zählt zudem zu den wichtigsten Denkern des Libertarismus im 20. Jahrhundert. Hayek hat mit seinen Arbeiten dazu, wie Preise Informationen übertragen und die Wirtschaft steuern, einen großen Beitrag zur Ökonomie geleistet.

Zehn Jahre vor dem bekannten Interview erhielt Hayek zusammen mit Gunnar Myrdal den Alfred-Nobel-Gedächtnispreis für Wirtschaftswissenschaften für die tiefgründigen Analysen der wechselseitigen Abhängigkeit von wirtschaftlichen, sozialen und institutionellen Verhältnissen. Der Ökonom verstarb im Jahr 1992 mit einem Alter von 92 Jahren.

Das legendäre Interview

Wettbewerb um Geld

Das heute 40 Jahre alt gewordene Interview macht deutlich, dass sich das aktuell vorherrschende Geldsystem nicht erst seit der Erfindung von Bitcoin konkreter Kritik ausgesetzt sieht. Zu Beginn des Interviews erklärte Hayek, dass Regierungen die Weiterentwicklung von Geld aufhalten und unser Geld mit der Zeit sogar eher schlechter geworden ist.

Die Regierungen sagen, dass es sich nicht weiter entwickeln darf. Und was wir seither für eine Entwicklung haben, sind staatliche Eingriffe, die meistens falsch sind, meistens ein Missbrauch von Geld. Und ich bin zu der Position gekommen, zu fragen, ob die Geldpolitik jemals etwas Gutes getan hat. Ich glaube nicht. Ich denke, dass sie nur Schaden angerichtet hat und deshalb plädiere ich jetzt für das, was ich die Entstaatlichung des Geldes nenne.
F.A. Hayek

Dem Wirtschaftsnobelpreisträger war bei Geld generell wichtig, dass die Menge stabil ist, jedoch war er sich sicher, dass die Menschen dies durch eine anständige Geldpolitik nie hinbekommen würden.

Das Schlimmste, was passieren könnte, wäre, wenn die Menschheit jemals die Menge des Geldes vergessen würde. [...] Es ist wahr, dass das Preisniveau durch die Geldmenge bestimmt wird, aber wir wissen nie, was die Geldmenge in diesem Sinne überhaupt ist.
F.A. Hayek

Hayek teilte somit nicht die Theorie von heutigen Mainstream-Ökonomen, dass “ein bisschen Inflation” gut sein würde. Diese Ansicht kritisierte er in dem Interview an John Maynard Keynes, dem Ökonom, auf dem die heutige Wirtschaftslehre, die staatliche Markteingriffe versucht zu rechtfertigen, fußt.

[Keynes] hatte die Illusion, dass ein wenig Inflation gut ist. Zu viel aber nicht. Er war einer der klügsten Männer, die ich kannte, aber ein wirklich kompetenter Wirtschaftswissenschaftler war er nicht.
F.A. Hayek

Die wohl wichtigste Überschneidung der Ökonomen der Österreichischen Schule und der Bitcoin-Befürworter ist, dass sie einen freien Wettbewerb für Geld wollen. Dieser würde dazu führen, dass sich wie in jedem anderen Markt auch das beste Gut – in diesem Fall das beste Geld – durchsetzen würde. Das Geld, das dabei vermutlich als Sieger hervorgehen würde, wäre ein knappes und entsprechend wertstabiles Geld, das auch wichtige Eigenschaften wie eine gute Transportierbarkeit, Teilbarkeit etc. mit sich bringt.

Seit Jahrhunderten gibt der Staat vor, welches Geld die Bürger benutzen und annehmen müssen. So sind die Menschen in aller Regel gezwungen, Steuern in der staatlichen Währung entrichten. Dadurch schaffen Regierungen eine Nachfrage nach ihrem sonst wertlosen Fiatgeld, das sie in Kooperation mit der Zentralbank beliebig drucken können, um den staatlichen Einfluss und Handlungsspielraum zu erweitern. Gleichzeitig belegen Staaten Alternativen meist mit Steuern oder verbieten sie gar komplett, um sie unattraktiv als Zahlungsmittel zu machen.

Angesprochen darauf, wie sich ein freier Geldwettbewerb etablieren könnte, antwortete Hayek, dass “Regierungen das niemals erlauben werden”. Auch die Banken, prognostizierte Hayek, werden sich niemals dafür einsetzen, da sie mittlerweile von Zentralbanken als Kreditgeber der letzten Instanz abhängig sind. Der Österreicher plädierte entsprechend für eine Art Umweg, um ein freies Geld zu implementieren.

Der Geldvorschlag von Hayek

Eine Rückkehr zum Goldstandard hielt Hayek für unsinnig beziehungsweise unmöglich. Entsprechend präsentierte der damals 84-Jährige einen unkonventionellen Vorschlag.

Obwohl ich also mit den Goldstandard-Leuten sympathisiere, glaube ich nicht, dass dies ein möglicher Weg ist. Ich denke, dass auf lange Sicht nur ein viel radikalerer Vorschlag machbar sein wird.
F.A. Hayek

Da Geld zu der Zeit des Interviews schon durch Kreditkarten etc. arbiträr war, schlug der Österreicher eine Art Kassenbuch respektive “List of Accounts” als Alternative vor. Die Begründung dahinter war, dass die Regierungen die Menschen schwer davon abhalten kann, einen Account in “irgendetwas” zu eröffnen. Hayeks Vorstellung war, dass ein großer Rohstoffhändler diesen Ledger initial führen könnte, den dann mit der Zeit alle aufgrund von Netzwerkeffekten und einem hohen Vertrauen adoptieren würden.

Ich denke also, wir können das bestehende Geld und die bestehenden Banken vergessen und allmählich ein Kontensystem einführen, welches das staatliche Geld ablösen wird.
F.A. Hayek

Der Interviewer James U. Blanchard III sagte daraufhin scherzhaft, dass diese Geldeinheit eines Tages als “der Hayek” bekannt sein wird. Hayek selbst sprach jedoch vom “Solid” (en. solid = stabil, fest). 

Auch wenn Hayek unpräzise darin war, wie das perfekte Geld beziehungsweise Kassenbuch seiner Meinung nach genau aussehen sollte, beschrieb er in etwa das, was Satoshi Nakamoto mit Bitcoin erfunden hatte. Bitcoin ist ein freies Geld mit einer fixen Geldmenge, das nicht manipulierbar ist. Es ist das einzige dezentrale “Kassenbuch”, das bereits starke Netzwerkeffekte hat und ein großes Vertrauen genießt.

Seine Vorstellung dabei, wie sich dieses Geld trotz des erwartbaren Gegenwinds der Regierungen durchsetzen könnte, trifft ebenfalls auf die Dynamiken bei Bitcoin zu. Bitcoin ist so konzipiert, dass es niemand stoppen kann und das hat die 15 Jahre alte Geschichte von Satoshi Nakamotos Kreation auch schon mehrmals gezeigt. Bitcoin ist sozusagen die friedliche Revolution gegen das aktuelle Geldsystem und dabei unaufhaltbar. 

Ich glaube nicht, dass wir jemals wieder ein gutes Geld haben werden, bevor wir die Sache nicht aus den Händen der Regierung nehmen. Das heißt, wir können es nicht gewaltsam aus den Händen der Regierung nehmen, alles, was wir tun können, ist durch einige raffinierte Umwege etwas einzuführen, das sie nicht aufhalten können.
F.A. Hayek