Heute vor 15 Jahren, am 22. Mai 2010, fand die wohl legendärste Bitcoin-Transaktion aller Zeiten statt. Denn es war der erste, öffentlich bekannte Tausch von Bitcoin gegen ein Gut aus der Realwelt.
Im Nachhinein betrachtet war diese Transaktion aber auch der teuerste Pizzakauf in der Weltgeschichte. Die Tatsache, dass jemand zwei Pizzen für 10.000 BTC gekauft hat, macht die Geschichte in Anbetracht des heutigen Wechselkurses der Kryptowährung noch immer zu einem Dauerbrenner.
Für die Bitcoin-Community ist dieser Tag jedoch mehr als nur eine witzige Geschichte, die man sich immer wieder gerne erzählt. Der legendäre Pizzakauf markiert nämlich einen wichtigen Schritt im Aufstieg von Bitcoin als Geld.
Das Angebot: 10.000 BTC für 2 Pizzen
Im Mai 2010 hätte sich Laszlo Hanyecz, ein amerikanischer Programmierer aus Jacksonville, Florida, wohl kaum vorstellen können, dass er mit seinem simplen Angebot im Bitcoin-Forum in die Geschichte eingehen wird.
Ich zahle 10.000 Bitcoins für ein paar Pizzen … vielleicht zwei große, damit ich noch etwas für den nächsten Tag übrig habe. Ich mag es, übrig gebliebene Pizza zu haben, um später noch daran zu knabbern. Man kann die Pizza selbst machen und zu mir nach Hause bringen oder sie für mich bei einem Lieferdienst bestellen, aber was mir vorschwebt, ist, Essen im Tausch gegen Bitcoins geliefert zu bekommen, welches ich nicht selbst bestellen oder zubereiten muss. So wie wenn man eine „Frühstücksplatte“ in einem Hotel oder so bestellt, sie bringen einem einfach etwas zu essen und man ist glücklich! Ich mag Zwiebeln, Paprika, Wurst, Champignons, Tomaten, Peperoni usw., einfach Standardzeugs, kein komischer Fischbelag oder so etwas. Ich mag auch normale Käsepizzen, die vielleicht billiger zuzubereiten oder anderweitig zu erwerben sind. Wenn du interessiert bist, lass es mich bitte wissen und wir können einen Deal aushandeln. Danke! Laszlo
Laszlo Hanyecz, 18.05.2010
Diese Nachricht schrieb Hanyecz bereits am 18. Mai 2010. Es dauerte also ganze vier Tage, bis sich jemand zu diesem Handel einließ. Laszlo hatte zwischenzeitlich sogar Sorge, dass die von ihm gebotene Bitcoin-Menge nicht hoch genug sei. Am 21.05. schrieb er hinterher:
Also niemand möchte mir Pizza besorgen? Ist die Menge an Bitcoins, die ich biete, vielleicht nicht hoch genug?
Laszlo Hanyecz, 21.05.2010
In der heutigen Zeit würde es wahrscheinlich nicht einmal Sekunden dauern, bis sich jemand finden würde, der zwei Pizzen für 10.000 BTC verkaufen würde.
Verkäufer gefunden
Am 22.05.2010 war es schließlich so weit. Der damals 19-jährige Student Jeremy Sturdivant, im Netz mit dem Usernamen „jercos“ unterwegs, erklärte sich bereit, die 10.000 BTC als Bezahlung für die Pizzen anzunehmen.
Die beiden nahmen über den Internet Relay Chat (IRC) Kontakt miteinander auf, um die Transaktion abzuwickeln. Einige Stunden später vermeldete Hanyecz voller Freude im Bitcoin-Forum:
Ich wollte nur berichten, dass ich erfolgreich 10.000 Bitcoins gegen Pizzen getauscht habe. Danke jercos!
Laszlo Hanyecz, 22.05.2010
Als Beweis hing er außerdem einige Bilder der gelieferten Pizzen an seine Nachricht an.
Die teuersten Pizzen der Welt?
Damals, im Mai 2010, waren die 10.000 BTC in etwa 40 US-Dollar wert. Heute, 15 Jahre später, sind es mehr als 1 Milliarde US-Dollar.
Wieso Hanyecz seine Bitcoin überhaupt für Pizza hergeben wollte, erklärte er in einer Nachricht vor der ersten erfolgreichen Transaktion: „Ich denke nur, es wäre interessant, wenn ich sagen könnte, dass ich für Pizza mit Bitcoins bezahlt habe“, schrieb er am 21. Mai 2025.
Ein Fakt, der vielen Leuten jedoch nicht bekannt ist, ist, dass es tatsächlich nicht bei dem einmaligen Tauch von zwei Pizzen gegen 10.000 BTC blieb. Hanyecz wollte diese Transaktion nämlich mehrfach wiederholen.
Dies ist ein übrigens unbefristetes Angebot … Ich werde jederzeit 10.000 BTC für zwei dieser Pizzen tauschen, solange ich die Mittel habe (ich habe normalerweise viel). Wenn jemand daran interessiert ist, lasst es mich bitte wissen. Der Tausch ist für jeden, der es macht, günstig, weil die zwei Pizzen insgesamt nur etwa 25 Dollar kosten, vielleicht 30, wenn man dem Typen ein nettes Trinkgeld gibt. Wenn man mir die extra großen Pizzen oder so besorgt, kann ich noch ein paar Bitcoins dazugeben, lasst es mich einfach wissen und wir werden eine Lösung finden.
Laszlo Hanyecz, 12.06.2010
In den darauffolgenden Wochen sollte Hanyecz noch viele weitere Pizzen zu diesen Konditionen erwerben. Da im Laufe dieser Zeit jedoch die Hashrate für das Mining im Netzwerk deutlich anstieg und es somit schwieriger wurde, als Einzelperson zu Hause am Rechner hunderte oder gar tausende Coins täglich zu schürfen, gingen Hanyecz irgendwann die Bitcoin aus, um diese Deals weiter finanzieren zu können. Außerdem waren 10.000 BTC im August 2010 bereits 600 US-Dollar wert, was die Pizzen auch damals schon sehr teuer machte.
Nun, ich habe nicht erwartet, dass das so populär wird, aber ich kann es mir nicht wirklich leisten, weiterzumachen, da ich nicht mehr tausende von Coins pro Tag generieren kann. Danke an alle, die mir schon Pizza gekauft haben, aber ich halte mich vorerst damit zurück, noch mehr solcher Deals zu machen.
Laszlo Hanyecz, 04.08.2010
Auch damals wurde sich schon im Bitcoin-Forum darüber lustig gemacht, dass Hanyecz wohl viel zu viel für die Pizzen bezahlt habe, da 10.000 BTC zu der Zeit bereits mehr als 2.000 US-Dollar wert waren. Ebendarum sind viele Menschen der Meinung, dass sich Laszlo Hanyecz mittlerweile wahrscheinlich grün und blau ärgert, wenn er daran denkt, wie viel Geld er damals gewissermaßen „verschenkt“ hat.
Tatsächlich bestätigte er seitdem jedoch in mehreren Interviews, dass er sich keineswegs darüber ärgern würde. Er ist froh, ein Teil der Bitcoin-Geschichte geworden zu sein. Immerhin hat er ja dazu beigetragen, die Nutzung von Bitcoin voranzutreiben.
Was mit den 10.000 BTC passiert ist
Eine Frage, die sich bei der Geschichte aufdrängt, ist, was der Empfänger der Bitcoin, der Student Jeremy Sturdivant, mit den 10.000 BTC getan hat. Ist er heutzutage Multimillionär und genießt sein Leben im Luxus?
Tatsächlich hat der damals 19-Jährige, ein leidenschaftlicher Gamer, die Bitcoin in Computerspiele im Wert von rund 400 US-Dollar investiert.
Aber auch er sagte in einem Interview, dass er es keineswegs bereuen würde. Er wusste, laut eigenen Aussagen, auch damals schon zu einem gewissen Grad, dass er gerade dabei ist, Teil eines Präzedenzfalls zu sein und Geschichte zu schreiben. Er ist überzeugt, dass Bitcoin als Geld genutzt werden sollte und das Ganze nur durch Aktionen wie diese überhaupt einen Wert bekommen kann.
Bitcoin als Währung ist dazu gedacht, ausgegeben zu werden. Diese 10.000 BTC kamen ziemlich schnell zurück in die Wirtschaft [...]. Natürlich wird es immer Leute geben, die Coins horten und versuchen, reich zu werden und ein paar Leute sind auch ziemlich reich geworden, aber sie wären nicht so reich geworden, wenn das wirtschaftliche Wachstum es nicht erlaubt hätte. Insofern bewegen sich meine Bitcoin-Bestände in der Regel in Hunderten oder Tausenden von US-Dollar, einfach weil ich sie ähnlich wie ein Girokonto benutze, um Geschäfte sowohl online als auch offline zu tätigen, wenn ich die Gelegenheit dazu habe.
Jeremey Sturdivant
Was Hanyecz und Sturdivant heute machen
Weder Hanyecz noch Sturdivant leben heute in Saus und Braus. Beide führen unseren Recherchen zufolge ein bodenständiges Leben als Angestellte. Der letzte bekannte Job des Pizzakäufers Laszlo Hanyecz war der als Programmierer bei einem Hersteller für Rucksäcke, der im Übrigen dank seines berühmten Mitarbeiters damals sogar Bitcoin akzeptierte. Was er heute macht und ob er noch immer bei der Firma angestellt ist, ist allerdings nicht ganz klar, da er abseits der Öffentlichkeit lebt.
Jeremy Sturdivant arbeitete zeitweise in Kalifornien bei einem Hersteller für Rundfunkequipment in der Produktentwicklung. Ob er dort auch heute noch beschäftigt ist, darüber gibt es ebenfalls keine genaueren Informationen.
Erster Tausch von BTC gegen ein Gut?
Heute im Übrigen ist man sich unschlüssig darüber, ob am 22. Mai 2010 tatsächlich zum ersten Mal Bitcoin gegen ein Gut getauscht wurde.
Bereits am 24. Januar 2010 – einige Monate vor der Transaktion von Laszlo Hanyecz – postete der User „Sabunir“ eine Anfrage in das Bitcoin-Forum. Darin bot er ein von ihm erstelltes Bild für 500 BTC (damals insgesamt etwa 1 US-Dollar wert) an.
Hallo zusammen. Ich habe beschlossen, Bitcoin auszuprobieren. Als Test möchte ich sehen, ob ich mit dem Verkauf eines Bildes 1 US-Dollar verdienen kann. Demnach sollten 500 Bitcoins ungefähr einem Dollar entsprechen (nach PayPal-Gebühren), richtig? […] Um das Bild zu bekommen, schick mir bitte die Coins und sende mir dann eine Private Nachricht, in der du die Zeit angibst, zu der du sie gesendet hast. Ich werde dir dann auf deine private Nachricht mit einem Link zu dem Bild antworten.
Sabunir, 24.01.2010
Obwohl aus dem weiteren Verlauf des Threads nicht hervorgeht, ob der Verkauf tatsächlich zustande kam, weist die von Sabunir verlinkte Bitcoin-Adresse am 24. Februar 2010 eine Transaktion über 500 BTC auf, die nahelegt, dass er das Bild verkauft hat. Dies ist jedoch nicht mit eindeutiger Sicherheit zu sagen.
Außerdem ist eine Bilddatei kein Realweltgut, so wie es eine Pizza ist. Die Bedeutung des „Bitcoin Pizza Day“ beziehungsweise der Aktion von Laszlo Hanyecz würde es ohnehin nicht wirklich schmälern, wenn zuvor bereits etwas gegen Bitcoin verkauft wurde.