Grayscale Unlocking steht bevor
In den vergangenen Tagen gab es immer wieder Gerüchte bezüglich des sogenannten "Grayscale Unlockings", bei dem das Unternehmen angeblich bis zu 16.000 BTC auf den Markt werfen könnte. Einige Menschen sehen hier eine Möglichkeit, dass mit dem Unlocking ein weiterer Preissturz von Bitcoin ausgelöst werden kann. Leider werden hier oft nicht alle relevanten Details des Marktereignisses berücksichtigt. Was genau dieses "Unlocking" ist, wieso Grayscale nicht den gesamten Markt zum Einstürzen bringen kann und wieso das Unlocking sich positiv auf den Bitcoin auswirken kann, sehen wir uns in diesem Artikel an.
Grayscale Investmentfonds
Der Grayscale Investmentfonds ermöglicht Investoren den Kauf von Grayscale Bitcoin Anteilen (GBTC) und bietet diesen damit einen einfachen Einstieg in die Welt von Bitcoin. Grayscale hinterlegt für die Anteile ihrer Kunden reelle Bitcoins und verwaltet diese. Für viele institutionelle Investoren ist der Besitz von Bitcoin mit hohen regulatorischen Hürden verbunden und Grayscale übernimmt diese in gewisser Weise für besagte Investoren. Letztes Jahr hat das Interesse an GBTC-Anteilen aus dem traditionellen Finanzbereich maßgeblich zu dem starken Anstieg von Bitcoin beigetragen. Bis Mitte Februar verwaltete Grayscale mehr als 650.000 Bitcoins. Das Interesse aus den traditionellen Märkten war da.
Die Nachfrage nach den GBTC-Anteilen war sogar so groß, dass sie zu einem Premium Preis verkauft wurden. Das bedeutet, dass der Preis von GBTC höher war als die zugrunde liegende Anlageklasse Bitcoin. Ein Premium entstand hier, weil die Investoren davon ausgingen, dass der Preis von Bitcoin auch in Zukunft steigen wird. Am 21. Dezember letzten Jahres erreichte das Premium einen Höchststand von +40%. Die Investoren gerieten, nachdem Bitcoin sein Allzeithoch durchbrochen hat, in Panik den weiteren Anstieg von Bitcoin verpassen zu können ("FOMO").
Seit Ende Februar hat sich aber das Blatt gewendet. Die Nachfrage stagnierte. Das kann auf den sehr starken Preisanstieg von Bitcoin zurückgeführt werden. Bitcoin stieg von 9000 US-Dollar Mitte des letzten Jahres auf 58.000 US-Dollar im Februar. Die Investoren nahmen ein paar Chips vom Tisch und fuhren ihre Gewinne ein. Hier muss das erste Missverständnis im Zusammenhang mit der GBTC-Anteile geklärt werden. Wenn Investoren GBTC verkaufen, führt das nicht dazu, dass Grayscale ihre Bitcoin Bestände automatisch reduziert. Grayscale fordert eine Gebühr von 2% für das Management der Bitcoin Bestände. Diese 2% werden mit den verwalteten Bitcoins der Kunden verrechnet. Das kann auch der obigen Grafik entnommen werden. Seit Mitte Februar nehmen die Bestände leicht ab, was auf die Managementgebühr zurückzuführen ist.
Durch die verschwindende Nachfrage an GBTC ist auch das Premium verschwunden, bis es dann Anfang März sogar negativ war. Hier spricht man nun von einem Rabatt. Vor knapp sechs Monaten betrug das Premium 40% und zurzeit haben wir einen Rabatt von 12%. Das ist eine Differenz von 52%.
Grayscale Locking
Aufgrund von Regularien seitens der amerikanischen Börsenaufsichtsbehörde (SEC) verpflichtet sich jeder Käufer von GBTC, dass er seine Anteile für mindestens sechs Monate halten muss. Erst dann kann er seine GBTC wieder verkaufen. Am 17. Januar wurde der Bitcoin Bestand von Grayscale um mehr als 16.000 Bitcoins ausgeweitet. Das war eine Rekordmenge für Grayscale. Nachdem die sechsmonatige Haltefrist nun bald vorüber ist, können die Besitzer der GBTC-Anteile diese verkaufen. Dieser Prozess wird "Unlocking" genannt. Am 17. Juli wird demnach das größte Unlocking in der Geschichte von Grayscale stattfinden.
Vor allem bei Twitter und YouTube findet man hier falsche Informationen zu den Auswirkungen des Unlockings. Die Annahme ist, dass ein Verkauf der GBTC-Anteile gleichzeitig zu einem Verkauf der Bitcoin von Grayscale führt. Wie bereits weiter oben beschrieben, ist das jedoch grundlegend falsch. Grayscale muss (und wird voraussichtlich) keine Bitcoin aus ihren Beständen verkaufen. Auch haben bereits in der Vergangenheit größere Unlockings zu keinem Preissturz geführt. Wir wollen uns nun etwas genauer ansehen, wieso das Unlocking gar eine positive Auswirkungen auf den Bitcoin-Preis haben könnte.
Die wirklichen Folgen des Unlockings
Um die Folgen des Unlockings zu verstehen, muss der Handel der GBTC-Anteile genauer unter die Lupe genommen werden. Da die Beschreibung des Prozesses und der möglichen Folgen schnell kompliziert werden können, versuchen wir es an dieser Stelle so einfach wie möglich darzustellen. Vielleicht ist die Komplexität auch der Grund, weshalb in den letzten Tagen so viele falsche Nachrichten zu dieser Thematik erschienen sind. Es fehlt das Verständnis wie institutionelle Investoren wirklich denken und handeln.
Das Premium hat bis zum Februar einen starken Anreiz für viele Investoren gesetzt, Bitcoin zu kaufen. Sie kauften selber Bitcoin und baten Grayscale um die Aufbewahrung ihrer Bitcoins. Im Gegenzug erhielten sie logischerweise GBTC-Anteile. Diese bekommen sie aber nicht zu dem üblichen Marktpreis, sondern zu dem Net Asset Value (NAV). Der NAV ist der Nettowert einer Anlageklasse. Liegt der NAV bei 40 US-Dollar und für ein GBTC-Anteil ist ein Premium von 10% angesetzt, so ist der Preis für ein GBTC-Anteil bei 44 US-Dollar. Der Investor kauft nun GBTC nicht zu seinem normalen Marktpreis von 44 US-Dollar, sondern er bekommt diesen für 40 US-Dollar.
Gleichzeitig "shorten" nun die Investoren die Bitcoin Futures über Leerverkäufe. Damit sichern die Investoren ihre GBTC-Position gegen Preisrisiken von BTC ab. Das Ziel des Handels ist es schließlich über das Premium der GBTC-Anteile einen Gewinn zu realisieren. Ein Preisrückgang von Bitcoin wäre hier für die Investoren nicht hilfreich. Nach 6 Monaten wird der Investor, wenn das Premium noch im positiven Bereich ist, seine GBTC-Anteile auf dem offenen Markt verkaufen und einen Gewinn einfahren. Gleichzeitig wird er seine Bitcoin Short Positionen schließen, weil er sie nicht mehr braucht. Dafür braucht der Investor aber reelle Bitcoins. Wollen die Investoren also am 17. Juli wirklich ihre GBTC-Anteile verkaufen, müssten sie dafür aber auch BTC kaufen, um ihre Short Positionen schließen zu können. Das wäre ein bullisches Ereignis und würde den Kaufdruck auf BTC erhöhen.
Sehen wir uns aber auch noch die andere Seiten an. Was passiert, wenn GBTC zu einem negativen Premium gehandelt wird und neue Teilnehmer in den Markt kommen? Kurzzeitig handelt es sich hierbei um eine bärische Marktstruktur. Aufgrund des NAV werden nun mehr Leute GBTC-Anteile kaufen und nicht direkt "echte" Bitcoin. Es gibt einen starken Anreiz eher GBTC zu kaufen als BTC. Die Bitcoin Bestände von Grayscale werden stagnieren. Genau das sehen wir auch zurzeit. Allerdings wird der Rabatt von allein wieder fallen, je mehr Investoren GBTC kaufen werden. Sobald das Premium wieder positiv ist, wird sich das Spiel wieder umdrehen.
Fazit
Die Absicht des Artikels war es, aufzuzeigen, dass das Grayscale Unlocking um einiges komplexer ist als viele glauben. Die Annahme, dass am 17. Juli mehr als 16.000 Bitcoins auf den Markt geworfen werden, ist mehr als falsch. Würden die Investoren ihre GBTC-Anteile verkaufen, hätte dies zur Folge, dass die Short Positionen geschlossen werden und der Kaufdruck auf BTC würde steigen. Das Premium ist nun aber seit längerem negativ. Die wahrscheinlichste Theorie ist, dass am 17. Juli nichts passieren wird genau wie bei vergangenen Unlockings. Das Interesse nach Bitcoin im finanziellen Sektor ist in den letzten Wochen gesunken. Auch das inzwischen negative Premium spricht dafür und der Bitcoin Bestand von Grayscale ist seit mehreren Monaten konstant.