Gestern hat die deutsche Bundesregierung einen neuen Gesetzentwurf vorgelegt, welcher auf die Regulierung und Förderung der digitalen Transformation des Finanzsektors abzielt. Dieses Finanzmarktdigitalisierungsgesetz (FinmadiG) ist Teil der Bemühungen, den Finanzmarkt an die Herausforderungen der Digitalisierung anzupassen. Der Entwurf wirft jedoch auch Fragen hinsichtlich seiner Umsetzung und Auswirkungen auf.

Umsetzung Europäischer Vorgaben

Der Gesetzentwurf beinhaltet die Umsetzung mehrerer EU-Verordnungen in nationales Recht, darunter die Verordnung über Märkte für Kryptowerte (MiCA) und die Verordnung zur "digitalen operationalen Resilienz" im Finanzsektor (DORA). Dies beinhaltet unter anderem die Einführung eines neuen Kryptomärkteaufsichtsgesetzes (KMAG), das speziell zur Regulierung von Kryptowerten und zur Erfüllung der Anforderungen der EU konzipiert ist. Zudem werden Anpassungen im Geldwäschegesetz (GwG) vorgenommen, um die EU-Vorgaben, insbesondere hinsichtlich der Transfers von Kryptowerten, zu erfüllen. Darüber hinaus sind punktuelle Anpassungen in verschiedenen anderen Fachgesetzen notwendig, um die "digitale operationale Resilienz" zu gewährleisten. Die Anpassungen betreffen vor allem die Zuständigkeiten und Aufsichtsbefugnisse der jeweiligen Aufsichtsbehörden.

Digitale Finanzdienstleistungen sind integraler Bestandteil einer zukunftsgerichteten und wettbewerbsfähigen Wirtschaft. Mit dem Einsatz innovativer Technologien, wie der Distributed Ledger Technologie, können Effizienzen gesteigert
und Kosten reduziert werden. Zur Stärkung des Vertrauens in neue digitale Finanzinfrastrukturen müssen gleichzeitig Maßnahmen getroffen werden, um die digitale Resilienz zu erhöhen und neuen Geldwäscherisiken entgegenzuwirken. Dies
dient auch der Integrität und Stabilität des Finanzsystems. Hierzu bedarf es in einem europäischen Binnenmarkt einheitlicher Lösungen. Die Europäische Kommission hat deswegen 2020 eine Strategie für ein digitales Finanzwesen vorgelegt. Ziel dieser Strategie ist es insbesondere, Europas Wettbewerbsfähigkeit und Innovationen im Finanzsektor zu fördern.

Auszug aus dem Gesetzentwurf

Kerninhalte des FinmadiG

Ein wesentlicher Bestandteil des Gesetzentwurfs ist der Zulassungsvorbehalt für das öffentliche Angebot bestimmter Kryptowerte und Krypto-Dienstleistungen. Dies bedeutet, dass vor dem Anbieten bestimmter Kryptowährungen, aber auch Dienstleistungen eine Genehmigung eingeholt werden muss, wodurch eine höhere Kontrolle und Sicherheit für die Anleger gewährleistet werden soll.

Zusätzlich zu den Zulassungsvorbehalten legt der Gesetzentwurf strenge Transparenz- und Offenlegungspflichten fest. Diese Regelungen zielen darauf ab, potenziellen Investoren umfassende Informationen über die angebotenen Kryptowerte und die Bedingungen ihrer Zulassung zum Handel zur Verfügung zu stellen. Durch diese Offenlegungspflichten sollen Anleger in die Lage versetzt werden, fundierte Entscheidungen zu treffen und das Risiko von Fehlinvestitionen zu minimieren.

Ein weiterer zentraler Punkt des Gesetzes betrifft den Schutz der Inhaber von Kryptowährungen und der Kunden von Krypto-Dienstleistungen. Hierbei geht es darum, die Rechte und das Vermögen der Anleger zu sichern. Dies umfasst unter anderem Maßnahmen, die sicherstellen, dass die Anbieter von Krypto-Dienstleistungen verantwortungsvoll und im besten Interesse ihrer Kunden handeln.

Schließlich befasst sich der Gesetzentwurf mit der Regulierung von Insiderinformationen im Kryptomarkt. Es werden Vorgaben zur Offenlegung von Insiderinformationen festgelegt, sowie Maßnahmen zur Verhinderung von Insidergeschäften und der unrechtmäßigen Offenlegung von Insiderinformationen. Diese Regelungen sollen faire Marktbedingungen schaffen und Marktmanipulationen verhindern, indem sie sicherstellen, dass alle Marktteilnehmer auf Grundlage gleicher Informationen handeln.

Komplexität und Bürokratie

Das Finanzmarktdigitalisierungsgesetz führt zu einer deutlichen Zunahme der Komplexität und bürokratischen Anforderungen im deutschen Finanzsektor, was sich nicht nur in der Arbeitsbelastung, sondern auch in finanziellen Mehrkosten niederschlägt. Der Gesetzentwurf sieht einen jährlichen Erfüllungsaufwand von rund 605.000 Euro für die Wirtschaft vor, was eine erhebliche finanzielle Belastung für die betroffenen Unternehmen darstellt. Ein Großteil dieser Kosten entfällt auf Bürokratiekosten aus Informationspflichten, die durch die neuen Regelungen entstehen.

Die Einführung umfangreicher Zulassungs- und Offenlegungspflichten für Kryptowerte und Krypto-Dienstleistungen erfordert von den Finanzinstituten eine Anpassung ihrer internen Prozesse und Systeme. Diese Anpassungen sind nicht nur zeitintensiv, sondern verursachen auch direkte Kosten, beispielsweise durch die Notwendigkeit, zusätzliche Compliance- und IT-Ressourcen bereitzustellen. Die Überwachung und Durchsetzung der Vorgaben zur Verhinderung von Insidergeschäften und unrechtmäßiger Offenlegung von Insiderinformationen erfordern ebenfalls zusätzliche Investitionen in Compliance-Strukturen und Risikomanagementsysteme.

Für kleinere Finanzinstitute und Start-ups im FinTech-Bereich sind diese zusätzlichen Anforderungen besonders belastend. Sie stehen vor der Herausforderung, die erforderlichen Anpassungen mit begrenzten Ressourcen umzusetzen, was ihre Wettbewerbsfähigkeit gegenüber größeren, etablierten Finanzinstituten potenziell beeinträchtigt. Diese ungleiche Belastung könnte zu einer Marktkonsolidierung führen, bei der kleinere Akteure vom Markt verdrängt werden.

Auch für die Regulierungsbehörden entstehen durch die Umsetzung des FinmadiG zusätzliche Kosten. Sie müssen die Einhaltung der neuen Vorschriften schließlich überwachen und die notwendigen Rahmenbedingungen schaffen. Dazu gehören die Entwicklung und Implementierung von Überwachungssystemen, die Schulung von Personal und die Bereitstellung von Ressourcen zur Unterstützung der regulierten Unternehmen. Der Gesetzentwurf sieht für die Verwaltung eine Änderung des jährlichen Erfüllungsaufwands um rund 372.000 Euro vor, wobei der größte Teil dieser Kosten auf den Bund entfällt.

Bedenken bezüglich Innovation und Datenschutz

Des Weiteren könnte die strenge Regulierung die Innovationsfähigkeit im Bereich der digitalen Finanzdienstleistungen einschränken. Während der Schutz der Verbraucher und die Stabilität des Finanzsystems wichtig sind, ist es ebenso entscheidend, einen Rahmen zu schaffen, der Innovationen nicht behindert, sondern fördert.

Die erhöhten Anforderungen an die Übermittlung von Informationen bei Kryptotransaktionen werfen zudem Fragen hinsichtlich Datenschutz und Sicherheit auf. Es ist unerlässlich, dass diese Anforderungen nicht zu einer übermäßigen Überwachung oder Einschränkung der Privatsphäre führen.

Ausblick - Keine Alternative

Es ist natürlich klar, dass sich Deutschland rein rechtlich gesehen, den EU-Gesetzen anpassen muss, wobei der Spielraum für nationale Abweichungen äußerst begrenzt ist. Dies stellt die Bundesregierung im Übrigen im Gesetzentwurf auch selbst klar:

Mit dem Finanzmarktdigitalisierungsgesetz werden Durchführungsbestimmungen zu den Verordnungen (EU) 2023/1114, (EU) 2023/1113 und (EU) 2022/2554 getroffen und die Richtlinie (EU) 2022/2556 in nationales Recht umgesetzt. Eine Nichtumsetzung oder ein Verzicht auf Durchführungsbestimmungen kommt nicht in Betracht.

Auszug aus dem Gesetzentwurf

Diese Konformität mit den EU-Vorgaben führt dennoch zu einer erheblichen Zunahme an bürokratischer Komplexität und stellt insbesondere kleinere Firmen und Start-ups vor große Herausforderungen. Die Kritik richtet sich vor allem darauf, dass das Gesetz zwar auf die Harmonisierung mit europäischen Standards abzielt, dabei jedoch die spezifischen Bedürfnisse und Dynamiken des Kryptomarktes komplett vernachlässigt. Die strenge Ausrichtung an EU-Vorgaben wird mit ziemlicher Sicherheit die Innovationsfähigkeit und Wettbewerbsposition Deutschlands im Hinblick auf Bitcoin oder eben den gesamten Krypto-Sektor stark beeinträchtigen.