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Seit dem 3. Oktober läuft in New York unter der Leitung des Richters Lewis Kaplan der Prozess gegen den ehemaligen CEO von der bankrotten Kryptobörse FTX, Samuel Bankman-Fried (SBF). Nachdem die Jury-Mitglieder ausgewählt, die Eröffnungs-Statements gehalten und erste Zeugen befragt wurden, muss sich seit Dienstag die ehemalige Freundin und Geschäftspartnerin von SBF, Caroline Ellison, den Fragen der Staatsanwaltschaft stellen. Dabei hat sie schwere Vorwürfe gegen SBF erhoben.

Die Zeugin Ellison

Caroline Ellison war nicht nur eine Zeit lang die Freundin von SBF, sondern auch ehemalige CEO von dem Kryptohandelsunternehmen und Hedgefonds von FTX Alameda Research. Seit diesem Dienstag sagt sie als wichtigste Zeugin in dem Prozess gegen den ehemaligen FTX-CEO aus.

Wie auch einige andere hochrangige Mitarbeiter von Alameda und FTX hatte sie nach dem Bankrott der Börse bereits im Dezember 2022 ihre Schuld zugegeben und mit dem FBI und der Staatsanwaltschaft kooperiert. Vor Gericht bekannte sie sich nun erneut schuldig, mehrere Milliarden US-Dollar von FTX-Kunden veruntreut und sie unter anderem für Investments verwendet zu haben. Dabei betonte sie, dass SBF sie angewiesen hatte, diese „Straftaten“ zu begehen. Es soll sich dabei um insgesamt 14 Milliarden US-Dollar an Kundengeldern gehandelt haben, mit denen nicht nur Handelsverluste bei Alameda ausgeglichen, sondern auch FTX-Manager bezahlt, risikoreiche Wetten abgeschlossen und politische Spenden getätigt wurden. Neben ihrem Gehalt von 200.000 US-Dollar pro Jahr, erhielt Ellison im Jahr 2021 einen Bonus von 20 Millionen US-Dollar. SBF selbst hatte anscheinend sehr ambitionierte Pläne, seinen Einfluss und seine Macht auszudehnen. So plante er zum Beispiel den Kauf von Snapchat und sah eine Chance, dass er US-Präsident werden könnte.

Als im November 2022 sowohl Alameda als auch FTX Insolvenz anmelden mussten, fehlten circa zehn Milliarden US-Dollar. Ellison gibt während der Befragung an, dass SBF sie beauftragt hatte, Bilanzen von Alameda zu fälschen und irreführende Tweets abzusetzen, mit denen sie Investoren beruhigen und FTX-Kunden davon abhalten wollte, die Gelder von FTX abzuziehen. Anhand von verschiedenen Nachrichten, Tweets und anderen Dokumenten beschreibt Ellison, dass sie die ganze Zeit eigentlich kein gutes Gefühl dabei hatte. Sie gibt ihre Fehler zu und bezeichnet sie als „Straftaten“, jedoch nicht ohne SBF als Strippenzieher zu bezeichnen. 

Es wurde zwar probiert, Gelder für die Rückzahlungen aufzutreiben, jedoch reichten diese Versuche nicht aus. Dies sollte zum Beispiel durch Anleihenverkäufe an den saudischen Prinzen oder durch den Verkauf von BTC geschehen, die veräußert werden sollten, sobald die Preismarke von 20.000 US-Dollar überschritten wurde. Einige Medien ordnen das als eine zusätzliche, absichtliche Preismanipulation von Bitcoin ein. Doch vermutlich ging es dabei hauptsächlich darum, die BTC nicht unter dem bestimmten Wert zu verkaufen, da es sich sonst nicht rentiert hätte.

Weitere Kronzeugen

Bereits letzte Woche begann die Befragung eines anderen wichtigen Zeugen, dessen Aussagen sich mit den Schilderungen von Ellison decken. Es handelt sich dabei um Gary Wang, den Mitbegründer von Alameda und FTX. Er hatte durch die Manipulation des FTX-Kreditsystems bis zu 65 Milliarden US-Dollar für Alameda beschafft, was von SBF autorisiert wurde. Durch die Implementierung eines speziellen Codes erhielt Alameda enorme Vorteile, indem dem Unternehmen exklusiv gestattet wurde, sich derartige große Summen von FTX zu leihen. Diese Gelder stammten letztlich auch zum Teil aus den FTX-Kundengeldern und wurden unter anderem zum Trading verwendet. Wang selbst hatte 200 Millionen US-Dollar von Alameda als Lohnzahlungen erhalten. Währenddessen hatte SBF wiederholt öffentliche Aussagen getroffen, dass die FTX-Kundengelder sicher wären und sie nicht von Alameda verwendet würden, was sich letztlich als eine betrügerische Falschaussage herausstellte.

Ein weiterer wichtiger Zeuge, der noch befragt wird, ist der Mitbegründer von FTX Nishad Singh. Er hatte im Juli 2019 den erwähnten Code hinzugefügt. Genauso wie Ellison und Wang war Singh bei vielen wichtigen Entscheidungen beteiligt und gehörte zum inneren Kreis von SBF, der die Investoren und FTX-Kunden wissentlich betrogen haben soll. Genauso wie Wang und Ellison hatte auch Singh sich bereits schuldig bekannt und kooperiert mit den Behörden und der Staatsanwaltschaft. Diese drei Zeugen sagen im Sinne der Staatsanwaltschaft aus, um SBF schwer zu belasten und ihre eigenen Strafen abzumildern.

SBF hatte sich in allen Anklagepunkten als nicht schuldig bekannt. Wie die Verteidigungsstrategie der SBF-Anwälte bei dem Verhör von Caroline Ellison aussieht, wird sich heute zeigen. Man kann jedoch bereits jetzt schon sagen, dass sich die Situation für Sam Bankman-Fried immer mehr zuspitzen könnte – ihm drohen bis zu 115 Jahren Haft.