Bereits in den vergangenen Monaten berichtete Blocktrainer.de über die Insolvenz der Lending-Plattform Celsius. Im Zuge des laufenden Verfahrens ist noch immer nicht abzusehen, wie die ganze Sache enden wird, klar ist jedoch, dass die Nutzer laut der Geschäftsbedingungen der Plattform im Falle einer Insolvenz den Anspruch auf die eingelegten Gelder verlieren.
„Für den Fall, dass Celsius Konkurs geht, in Liquidation gerät oder anderweitig nicht in der Lage ist, seine Verpflichtungen zurückzuzahlen, sind alle digitale Vermögenswerte, die im Earn-Service oder als Sicherheit im Rahmen des Borrow-Service verwendet werden, nicht erstattungsfähig. Betroffene haben möglicherweise keine Rechtsbehelfe oder Rechte im Kontext der Verpflichtungen von Celsius Ihnen gegenüber, abgesehen von Ihren Rechten als Gläubiger von Celsius nach geltendem Recht.“
AGB, Celsius
Es steht also außer Frage, dass viele Menschen einen Großteil oder sogar ihr gesamtes eingelegtes Kapital verlieren werden. Für die Betroffenen kommt es nun allerdings noch dicker! Aus dem kürzlich veröffentlichten Insolvenzantrag gehen nämlich nicht nur Erklärungen und Fallbeschreibungen zur Insolvenz hervor, sondern auch eigentlich private Nutzerdaten.
Veröffentlichung von Transaktionsdaten
Das 14532 (!) Seiten lange Dokument ist deswegen so lang, weil es eine Liste aller Kunden der Plattform enthält, inklusive Klarnamen und den Daten und Beträgen der jüngsten Transaktionen.
Detailliert ist aufgelistet welche Person zu welcher Zeit, aus welchem Grund, welche Menge an Coins in welchem Gegenwert in das Protokoll ein oder ausgezahlt hat.
Diese Daten sind nun für jedermann öffentlich einsehbar, was für die betroffenen Personen eine Katastrophe darstellt. Denn wie unter anderem der Twitter-User "henry" schreibt, ist es jetzt auf Basis dieser Transaktionsdaten möglich, auch die gesamte On-Chain Aktivität und Adressen der Celsius-Kunden herauszufinden.
"Es scheint, dass unter anderem jetzt auch jeder alle On-Chain-Aktivitäten und Adressen eines beliebigen Celsius-Nutzers veröffentlichen kann, indem er die Daten und genauen Beträge mit den Transaktionsdaten abgleicht."
henry, @hdvalence
Die Celsius Nutzer haben neben ihrem auf der Plattform eingesetzten Kapital also auch mehr oder minder ihre gesamte transaktionale Privatsphäre verloren.
Mehr als 15.000 Seiten zu durchsuchen, wird einiges an Zeit brauchen, jedoch kann man gespannt sein, welche prominenten Namen eventuell auf dieser Liste auftauchen könnten.
Ein pikantes Detail hat die Veröffentlichung tatsächlich bereits ans Licht gebracht.
Celsius CEO und CSO zahlten sich 17 Mio. USD aus!
Auf der Liste im Insolvenzantrag aufgeführt sind auch die Namen von Alexander Mashinsky, seines Zeichens der frühere CEO bei Celsius sowie Daniel Leo, der ehemalige CSO des Unternehmens. Aus den Transaktionsdaten geht hervor, dass sich die beiden Manager noch kurz bevor sie die Auszahlungen von der Plattform im Zuge der drohenden Insolvenz aussetzten, insgesamt knapp 17 Millionen US-Dollar auszahlten. Dass sich die Verantwortlichen aufgrund ihres Hintergrundwissens noch die Taschen vollmachten, während sie ihre Kunden mit einem möglichen Totalverlust zurückließen, wird sicherlich im Zuge des Insolvenzverfahrens weiter thematisiert werden.
Warnung vor Lending-Plattformen
Blocktrainer.de warnte in der Vergangenheit stets davor Celsius, aber auch andere Lending-Plattformen zu verwenden. Für ein paar mögliche zusätzliche Prozent Gewinn das Risiko einzugehen, seine gesamten eingesetzten Bitcoins (oder andere Kryptowährungen) zu verlieren, ist es in der Regel nicht wert. Dass das Risiko eines Totalverlusts besteht, war uns immer klar, dass das Ganze aber einen Rattenschwanz nach sich zieht, der, wie nun bekannt wurde, auch zum Verlust der eigenen Privatsphäre führen kann, hebt das Ganze auf eine weitere Ebene.
Der in der Bitcoin-Community immer und immer wieder vorgetragene Ausspruch "Not your Keys, Not your Bitcoin!" ist nicht nur eine leere Phrase. Es ist vielmehr ein Merksatz, den sich jeder Bitcoin- und Krypto-User zu Herzen nehmen sollte. Gebt eure Coins nicht in fremde Hände. Behaltet die Coins in eurer eigenen (Hardware-)Wallet. Nur so könnt ihr euch möglichst gut vor einem Totalverlust schützen.
Update 10. Oktober
Der Link zum Insolvenzantrag und somit der gesamten Liste wurde aufgrund des Datenschutzes zwar mittlerweile aus dem "Internet-Archiv" entfernt, jedoch hat sich jemand die Mühe gemacht und die Liste als Datenbank zur Verfügung gestellt. Über die Webseite celsiusnetworth.com kann nun mittels Eingabe des Vor- und Nachnamens nach den aus der Celsius-Pleite entstandenen Verlusten für diese Person suchen. Dies ist im Hinblick auf den Datenschutz eine große Katastrophe für die Betroffenen, da nun jedermann in wenigen Sekunden private Daten über einen in Erfahrung bringen kann.
Einige Personen wurden sogar öffentlich deswegen angegangen und an den Pranger gestellt, obwohl nicht mal eindeutig klar ist, ob es nicht eine andere Person mit dem gleichen Namen war. Da die Seite bereits aufgrund von Suchmaschinenoptimierung relativ hoch bei Google rankt, wird einem beim googlen eines Namens direkt die Höhe dessen Verlusts in den Suchergebnissen angezeigt. Ein Albtraum für alle, die auf der Liste stehen.