Am 1. August 2017 fand die wohl bekannteste "Hard Fork" in der Geschichte des Bitcoin-Netzwerks statt – und zwar die Aufspaltung in Bitcoin (BTC) und Bitcoin Cash (BCH). Wir wollen in diesem Beitrag auf die Ereignisse blicken, die zu der Spaltung des Netzwerks und damit auch der Community geführt haben.

Ausgangssituation

Nachdem sich damals gezeigt hatte, dass Bitcoin funktioniert, begannen die Entwickler darüber nachzudenken, wie Bitcoin in zehn oder 20 Jahren aussehen könnte. Ein limitierender Faktor war die Blockgröße von einem Megabyte. Dieses Limit ermöglichte es nur ca. vier Transaktionen pro Sekunde auf der Bitcoin Blockchain abzuwickeln. Viele Bitcoin-Nutzer empfanden dies für ein globales Geldnetzwerk als ungenügend. 

Schließlich bildeten sich zwei Gruppen. Die erste Gruppe bestand aus den sogenannten „Small Blockern“. Diese wollten die Blockgröße auch weiterhin auf 1 MB begrenzen. Für sie stand mehr der Grundgedanke von Bitcoin im Vordergrund: ein zensurresistentes und dezentrales Geld. Eine Erhöhung der Blockgröße hätte ihrer Ansicht nach zu einer Zentralisierung der Nodes geführt und damit auch zu einer Zentralisierung des Netzwerks.

Auf der anderen Seite bildete sich die zweite Gruppe, die „Big Blocker“. Für sie stand mehr die Zahlungsfunktionalität von Bitcoin im Vordergrund. Ihrer Ansicht nach sollte Bitcoin so schnell wie möglich das globale Zahlungsnetzwerk werden. Ein entscheidender Unterschied zwischen den Small und Big Blockern war der eigene Zeithorizont. Die Small Blocker sahen Bitcoin über einen Zeitraum von mindestens 20 Jahren. Sie glaubten, dass zukünftig andere Lösungen gefunden werden, um die Blockchain zu skalieren. Big Blocker dagegen wollten so schnell wie möglich Bitcoin als die globale Währung des Internets etablieren. Auch auf Kosten der Dezentralisierung.

Bitcoin XT

Die erste Idee die Blockgröße von Bitcoin zu vergrößern war Bitcoin XT. Dabei sollte die Blockgröße zuerst von 1 MB auf 8 MB erhöht und schließlich alle zwei Jahre verdoppelt werden, bis sie im Jahr 2036 8 GB erreicht. Da diese Änderung aber mit dem Protokoll von Bitcoin Core (="das echte Bitcoin") inkompatibel war, kam es zu einer Hard Fork der Bitcoin-Blockchain. Zentrale Personen hinter dem Projekt waren damals Mike Hearn und Gavin Andresen. Vor allem Andresen war damals ein sehr bekanntes Gesicht in der Community und galt als einer der führenden Entwickler, nachdem Satoshi verschwunden ist. 

Ein Konfliktpunkt über die ganze Zeit hinweg war das plötzliche Verschwinden von Satoshi. Er ließ die Frage offen, wie das Skalierungsproblem von Bitcoin gelöst werden soll. Zwar waren sich Satoshi und insbesondere auch Hal Finney der Problematik schon früh bewusst, aber dennoch ergriff Satoshi nicht für eine der beiden Seiten Partei. 

Bitcoin selbst kann nicht so skalieren, dass jede einzelne Finanztransaktion auf der Welt an jeden übertragen und in die Blockchain aufgenommen werden könnte. Es muss eine zweite Ebene von Zahlungssystemen geben, die leichter und effizienter ist. 
Hal Finney im Jahr 2010

In den ersten beiden Jahren machte Satoshi viele Aussagen, die von beiden Seiten im Nachhinein benutzt wurden, um die eigene Meinung zu bekräftigen. Eine wirkliche Position vertrat Satoshi aber nicht. Eine frühere E-Mail lässt erahnen, wieso sich Satoshi hier zurückgehalten hat. 

Bitcoin wurde entwickelt, um vor dem Einfluss charismatischer Führer geschützt zu sein, auch wenn der Name Gavin Andresen, Barack Obama oder Satoshi Nakamoto lautet. Ein Großteil muss einer Änderung zustimmen und das ohne Zwang oder unter Druck gesetzt zu werden.
Satoshi Nakamoto

SegWit als Kompromiss

Der Programmierer Pieter Wuille fand schließlich mit Segregated Witness (SegWit) eine Lösung, die Skalierung von Bitcoin zu erhöhen, ohne eine Hard Fork der Blockchain zu erzwingen. SegWit konnte als ein Kompromiss zwischen den Big Blockern und Small Blockern verstanden werden. Für viele war damals aber die technische Umsetzung von SegWit zu kompliziert. Wuille sah hier auch die Möglichkeit auf seiner Erfindung neue Zahlungsschichten wie das Lightning-Netzwerk zu bauen. Die Bereitschaft der Big Blocker war aber nicht besonders groß. Mike Hearn bezeichnete schließlich Bitcoin als ein gescheitertes Projekt und verkaufte seine BTC. Ebenso trat er von seiner Position bei Bitcoin XT zurück. Er wurde von Jihan Wu, Co-Founder von Bitmain, ersetzt. Bitmain ist ein chinesisches Unternehmen, das ASIC-Chips für das Bitcoin-Mining entwickelt. Gleichzeitig verwaltet Bitmain bis heute BTC.com und Antpool, zwei der weltweit größten Mining Pools.

Bitcoin Classic

Als sich immer mehr zeigte, dass sich Bitcoin XT nicht durchsetzen wird, starteten Wu und Andresen im Jahr 2016 das Projekt Bitcoin Classic. Unterstützt wurde Bitcoin Classic wie auch schon Bitcoin XT von der Big-Blocker-Community, aber jetzt auch von großen Unternehmen wie Coinbase. Zu dieser Zeit trat das erste Mal der heute als "Faketoshi" bekannte Dr. Craig Wright auf und behauptete, dass er Satoshi Nakamoto sei. Andresen verteidigte Wright und behauptet ebenfalls, dass dieser Satoshi sei. Wright wurde jedoch des Öfteren nachweislich der Lüge überführt und konnte nie beweisen, Satoshi Nakamoto zu sein. Vielmehr kann vermutet werden, dass Andresen Wright auf der Bühne als Satoshi präsentiert hat, um seine eigene Big-Block-Agenda zu stützen. Erst im Rechtsstreit zwischen Wright und den Erben seines ehemaligen Geschäftspartners David Kleiman äußerte Andresen seine Zweifel, dass Wright wirklich Satoshi sei. 

Der damalige DAO-Hack bei Ethereum beendete auch den Glauben vieler Big Blocker, dass Bitcoin Classic einfach Bitcoin Core übernehmen könne. Aus dem Ethereum-Hack gingen zwei eigenständige Ethereum Versionen hervor: Ethereum und Ethereum Classic. Genau das Gleiche würde dann auch bei Bitcoin passieren. Bitcoin würde Bitcoin Core bleiben und Bitcoin Classic bleibt Bitcoin Classic. Mit der Zeit verlor Bitcoin Classic immer mehr an Relevanz. Aber die Big Blocker hatten schon das nächste Projekt parat.

Bitcoin Unlimited

Bitcoin Unlimited war der nächste Versuch der Big Blocker Bitcoin Core als die führende Kryptowährung abzulösen. Neben der Anhebung der Blockgröße wurden auch noch andere technische Details von Bitcoin abgewandelt. Die Vorgehensweise war dieses Mal aber um einiges aggressiver. Jihan Wu und Gavin Andresen schlossen es nicht aus, dass sie versuchen werden, Bitcoin Core anzugreifen, indem sie leere Blöcke minen. Dies hätte dazu geführt, dass keine weiteren Transaktionen im Bitcoin Core Netzwerk verarbeitet worden wären. Vor allem Wu hätte als Co-Founder von Bitmain durchaus die Ressourcen gehabt, solch einen Angriff zu planen.

Es ist möglicherweise nicht nötig [Bitcoin Core] anzugreifen. Aber ein Angriff stellt immer eine Option dar.
Jihan Wu 

Wu und Andresen waren sich allerdings sicher, dass sich Bitcoin Unlimited auch auf dem freien Markt gegen Bitcoin Core durchsetzen wird. Sie täuschten sich aber. Bitcoin Unlimited erreichte an seinem Höchststand gerade einmal 20 % der Marktkapitalisierung von Bitcoin Core. Auch hier gingen die Small Blocker als Gewinner hervor.

New York Agreement

Am 22. Mai 2017 fand das sogenannte New York Agreement statt. Bis heute ist das Ereignis der Hauptgrund, wieso Bitcoiner sehr skeptisch gegenüber Treffen einflussreicher Personen hinter verschlossenen Türen, wie es etwa bei dem Mining Council der Fall ist. Beim New York Agreement kamen viele einflussreiche Entitäten wie zum Beispiel Coinbase oder Grayscale, aber auch Vertreter der größten Mining-Pools von Bitcoin Core zusammen.

Bei der Versammlung wollte man sich auf eine andere Version von SegWit einigen. Statt der Implementierung von SegWit nach der Idee von Wuille wollten die Teilnehmer SegWit2x im Netzwerk durchsetzen. Der Unterschied von SegWit2 zu SegWit bestand darin, dass es sechs Monate nach der Implementierung von SegWit zu einer Hard Fork kommen sollte, die die Blockgröße auf 2 MB erhöht hätte.

Die Small Blocker waren damit jedoch nicht einverstanden. Sie fühlten sich verraten. Während vor allem Big Blocker auf dieser Bitcoin-Core-Versammlung vertreten waren, waren Personen aus der Small-Blocker-Community nicht eingeladen. Das öffnete den Raum für Spekulationen. Wieso wurden bei einer Veranstaltung, bei der es um die Weiterentwicklung von Bitcoin Core ging, nur Big Blocker eingeladen?

Das New York Agreement stellt den Höhepunkt des Konflikts zwischen den Big Blockern und Small Blockern dar. Noch heute werden Unternehmen wie Coinbase von der Bitcoin Community dafür geächtet, in ihrem Namen Bitcoin verraten zu haben. Auch sprach die ganze Versammlung gegen die Grundprinzipien von Bitcoin. Während Bitcoin ein Netzwerk ist, in dem jeder Teilnehmer gleichberechtigt ist, war das New York Agreement eine Top-Down-Veranstaltung. Eine privilegierte kleine Gruppe von einflussreichen Personen wollte über die Zukunft von Bitcoin entscheiden. Doch die Small Blocker verteidigten sich.

UASF

Nach Bitcoin Unlimited kam es zu einem Umdenken bei den Entwicklern von Bitcoin Core. Kann den Minern wirklich vertraut werden? Viele Mining-Pools weigerten sich zu diesem Zeitpunkt noch immer, das SegWit-Update zu unterstützen und waren Lösungen, die eine Erhöhung der Blockgröße bedeutet hätten, auch nicht abgeneigt. So kam es zur Androhung einer sogenannten User Activated Soft Fork (UASF).

Diese war eine Möglichkeit auch ohne die Zustimmung der Miner SegWit zu implementieren und aktivieren. Jeder Netzwerkteilnehmer, der eine Fullnode besaß, konnte sich nun für SegWit positionieren. Sobald eine Mehrheit der Nodes für SegWit stimmen, würden keine Blöcke mehr von Minern angenommen, die sich gegen SegWit stellten. Dies hätte enorme finanzielle Verluste für die Miner bedeuten können. Sie wären dadurch sozusagen von den Fullnodes gezwungen worden, SegWit-Transaktionen zu bestätigen.

Miner knicken ein

Der SegWit2x-Vorschlag hatte zwar Mitte 2017 eine Unterstützung von mehr als 80 % der Rechenleistung des Netzwerks, jedoch blieb die Umsetzung weiterhin umstritten. Die Miner fürchteten, dass die Nodebetreiber ihre Drohungen mit der UASF umsetzen und keine Blöcke von Minern annehmen werden, die SegWit2x unterstützen. Schließlich gaben die Miner nach. Ende Juli 2017 gab Bitmain seine Unterstützung für SegWit bekannt. Dies konnte als ein Eingestehen der Niederlage von Jihan Wu gesehen werden, der schon seit Jahren die Big Blocker unterstützt hat. Am 8. November 2017 wurde die Niederlage offiziell. In einer E-Mail an die Unterstützer von SegWit2X wurde bekannt geben, dass das New York Agreement offiziell gescheitert ist.

Bitcoin Cash

Der Bitcoin-Unternehmer Roger Ver gab damals bekannt, dass er im Falle des Scheiterns des New York Agreements alle seine Ressourcen der Kryptowährung Bitcoin Cash zur Verfügung stellt. Diese ging als ein Hard Fork von Bitcoin Core hervor – mit einer Blockgröße von 8 MB. Viele enttäuschte Teilnehmer des New York Agreements wechselten ebenfalls zu Bitcoin Cash. Bis heute kann Bitcoin Cash, wie alle anderen Hard Forks von Bitcoin, nicht an den Erfolg von Bitcoin Core anknüpfen.

Zusammenfassung

Das New York Agreement und die darauffolgende Hard Fork und Aufspaltung in BTC und BCH war ein wichtiges Ereignis in der Geschichte von Bitcoin. Es stellt den Gipfel des Konflikts zwischen Big und Small Blockern dar, der schon seit 2013 im Gange war. Die Situation rund um den angedrohten UASF hat gezeigt, wer wirklich die Macht im Bitcoin-Netzwerk hat. Wenn es darauf ankommt, sind die Nodebetreiber die entscheidende Instanz. Miner sichern zwar das Netzwerk ab, sind aber letztendlich eher als Dienstleister für das Netzwerk zu betrachten. Auch darf nicht vergessen werden, wer damals welche Rolle gespielt hat. Viele große Namen, die noch immer im Bitcoin-Bereich tätig sind, haben zu dieser Zeit aktiv gegen BTC und den Bitcoin-Ethos gearbeitet. Für Bitcoin war die Situation damals aber viel gefährlicher, als es im Nachhinein wirkt. 80 % der Miner unterstützten das Netzwerk nicht mehr und niemand wusste, wie es mit Bitcoin Core weitergeht. Allerdings hat die Situation auch gezeigt, welchen Gefahren das Bitcoin-Netzwerk und die Community im Ernstfall standhalten können.

Wenn dich die komplette Story von damals im Detail interessiert, können wir das Buch "The Blocksize War" empfehlen, das bisher allerdings nur auf Englisch verfügbar ist.

Bisher nur in Englisch

Cover Blocksize War

The Blocksize War

Eine umfassende Aufarbeitung der Bitcoin-Geschichte zwischen 2013 und 2017. Wer Bitcoin und die Debatte um die Erhöhung der Blockgröße genauer verstehen will, sollte dieses tolle Werk unbedingt lesen! Leider bisher nur in Englisch verfügbar.

Eine deutsche Version ist bereits in Arbeit und soll im Frühjahr 2025 erscheinen.

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