Nachdem am 10. Januar dieses Jahres Bitcoin-Spot-ETFs in den USA zugelassen und gleich am nächsten Tag handelbar wurden, ist das von vielen erwartete Kursfeuerwerk vorerst ausgeblieben. Am ersten Handelstag schnellte der Kurs nach der Markteröffnung zwar kurz auf 49.000 US-Dollar hoch, um anschließend dann aber in eine Korrektur von etwa 15 % überzugehen. Waren die Bitcoin-ETFs also ein Flop und die Nachfrage nach den lange ersehnten Anlagevehikeln doch niedriger als erwartet?
Die Zahlen zu den ersten Handelstagen
Nach den 4,6 Milliarden US-Dollar an Handelsvolumen am ersten Tag, hat sich das gehandelte Volumen alleine am vergangenen Freitag noch bei über 2,5 Milliarden US-Dollar bewegt. In den ersten sechs Handelstagen wurde Bitcoin insgesamt im Wert von 16,6 Milliarden US-Dollar über die Produkte bewegt.
Obwohl ein hohes Handelsvolumen positiv zu werten ist, weil dies zu mehr Liquidität und dadurch zu niedrigeren Spreads führt, bedeutet es jedoch nicht zwingend, dass das Kaufinteresse überwiegt und Markteilnehmer sich in Scharen auf das Anlagevehikel stürzen. Ausschlaggebender sind dafür die Zuflüsse der ETFs - aber auch die können sich sehen lassen.
Nach nur vier Börsenhandelstagen hat der ETF von BlackRock (IBIT) bereits die Marke von einer Milliarde US-Dollar geknackt - der von Fidelity (FBTC) erreichte dies am Folgetag. Das macht IBIT und FBTC in dieser Hinsicht zu den dritt- beziehungsweise viertbesten ETF-Launches aller Zeiten. Auf Platz 1 liegt der Launch des Bitcoin-Futures-ETFs 2021 mit zwei und der des Gold-ETFs 2004 mit 3 Tagen bis zum Erreichen dieses Zuflussvolumens. Dieser Vergleich ist jedoch nicht ganz fair, da Letztere im Gegensatz zu den Bitcoin-Spot-ETFs zum ersten Handelszeitpunkt konkurrenzlos waren. Zählt man die Zuflüsse der Bitcoin-Spot-ETFs zusammen, so hatten diese nach drei Tagen fast so viel Kapital eingesammelt wie der Gold- und Bitcoin-Futures-ETF im selben Zeitraum kombiniert.
Gemeinsam halten BlackRock und Fidelity, die mit Vanguard die Top 3 der größten Vermögensverwalter der Welt ausmachen, nach sechs Handelstagen mehr als 2,6 Milliarden US-Dollar an Bitcoin im Auftrag ihrer Kunden. Lässt man den ETF von Grayscale (GBTC) außen vor, der von einem rund 620.000 Bitcoin schweren geschlossenen Trust in einen ETF umgewandelt wurde, so haben die restlichen Spot-ETFs knapp 4 Milliarden US-Dollar an Kapital eingesammelt. Insgesamt, mit GBTC, liegen jetzt knapp 27 Milliarden US-Dollar beziehungsweise knapp 650.000 Bitcoin in US-amerikanischen Spot-ETFs. Bitcoin belegt damit hinter Gold und vor Silber den zweiten Platz der Rohstoffe, mit dem meisten ETF-Anlagevolumen in den USA.
Voller Erfolg, aber GBTC bremst den Kurs aus
Was das Bild jedoch ein wenig eintrübt, ist, dass aus dem ETF von Grayscale Bitcoin abfließen. In den letzten fünf der sechs Handelstage waren es jeweils rund 500 Millionen US-Dollar an BTC. Das schmälert den Netto-Zufluss bisher auf rund 1,2 Milliarden US-Dollar, was aber immer noch als ein voller Erfolg zu werten ist.
Der ETF-Launch gehört zu den 0,1 % der besten Launches jemals.
Eric Balchunas, ETF-Experte von Bloomberg
In jeder Hinsicht war es ein voller Erfolg, in jeder Hinsicht. In Handelsvolumen und in Zuflüssen. [...] Wir haben aber wahrscheinlich alle die Abflüsse von GBTC unterschätzt.
Mark Yusko, Gründer, CEO und CIO von Morgan Greek Capital
Dass Kapital aus GBTC abfließt, ist zum einen durch die vergleichsweise hohe Verwaltungsgebühr zu erklären. Während andere Vermögensverwalter bei ihren Produkten im Mittel eher bei 0,25 % Gebühren liegen und vorerst zum Teil auch gar keine verlangen, nimmt sich Grayscale satte 1,5 % des Anlagevolumens für sich selbst raus – auf ein Jahr gerechnet, aber anteilig täglich fällig. Aus den europäischen und kanadischen äquivalenten Produkten, die auch deutlich höhere Gebühren haben, sind in den letzten Tagen ebenfalls Bitcoin abgeflossen.
Ein anderer Grund könnte sein, dass die GBTC-Halter zum ersten Mal seit Februar 2021 nicht zu einem Kurs verkaufen müssen, der nennenswert unter dem tatsächlichen Bitcoin-Preis liegt. Da der vorherige Trust nicht in Bitcoin umwandelbar war, hatte sich der Preis entkoppelt. So konnte man Ende 2022 einen Anteil GBTC für einen Rabatt von knapp 50 % gegenüber Bitcoin kaufen. Entsprechend haben die Halter des Wertpapiers in den letzten Monaten noch deutlich größere Gewinne eingefahren, als Bitcoin-Halter. Vermutlich haben sogar viele die Spekulation auf die Zulassungen über dieses Produkt umgesetzt. So konnten sie neben dem Bitcoin-Preisanstieg in der Erwartung auch noch zusätzlich durch den geringer werdenden Rabatt des GBTC profitieren.
Da die Regulatorik es nicht zulässt, ETF-Anteile in Bitcoin umzutauschen, um diese dann gegen ETF-Anteile eines anderen Anbieters einzutauschen, ist eine Umschichtung weg von GBTC, um Gebühren zu sparen, nicht nur aufwendig, sondern auch teuer. Zu den höheren Handelskosten, die das verursacht, kommt hinzu, dass Steuern auf die Gewinne anfallen – und die dürften bei den GBTC-Haltern aufgrund des besonders starken Kursanstiegs bedeutend ins Gewicht fallen.
Darüber hinaus sorgte für einen Dämpfer, dass Finanzdienstleister, wie das Dickschiff Vanguard, es ihren Kunden nicht gestatten, über ihre Handelsplattform in die Spot-ETFs zu investieren. Und ganz allgemein hatte sich der Bitcoin-Kurs in Antizipation seit dem Antrag von BlackRock im Sommer letzten Jahres bis zur Zulassung schon fast verdoppelt - eine kleine Korrektur sollte also nicht allzu sehr überraschen.
Wie geht es weiter?
Da im Kontext der Bitcoin-Spot-ETFs oft der Vergleich zur Zulassung des ersten Gold-ETFs gezogen wird, lohnt sich hier ein genauerer Blick. Vor der Zulassung des Gold-ETFs in den USA gab es in Antizipation ebenfalls eine kleine Rally im Gold-Preis. Danach kam eine Konsolidierung und es flossen tatsächlich auch wieder Mittel aus dem ETF ab. Fast ein ganzes Jahrzehnt lang gab es im Anschluss dann aber stetige Zuflüsse und der Gold-Preis vervielfachte sich. Ob wir bei Bitcoin etwas Ähnliches sehen werden, bleibt abzuwarten.
Die Schleusen sind jetzt jedenfalls offen, damit die Anleger mit der richtig großen Kaufkraft reguliert und über die etablierten Strukturen der Wall Street in Bitcoin investieren können. Das allein wird vermutlich aber nicht Grund genug sein, Bitcoin auf neue Allzeithochs zu katapultieren.
Ich bezweifle, dass die ETFs den nächsten Bullenmarkt auslösen werden, aber ich denke, dass wenn der Bullenmarkt startet, sie die Zuflüsse erleichtern, was den Bullenmarkt stärker machen kann, als er ohne die ETFs wäre. [...] Ich denke, dass der nächste Bullenmarkt durch dieselben Auslöser gestartet wird, wie die vorherigen.
Lyn Alden, renommierte Analystin und Autorin
Schon bald steht mit dem Bitcoin-Halving die Verknappung der täglich hinzukommenden Menge an. In den ersten und letzten drei Malen hat dies den Kurs immer deutlich beflügelt. Ob sich das in diesem Jahr wiederholt, wird spannend zu beobachten sein. Ebenso, wie viel der noch 23 Milliarden US-Dollar an Bitcoin aus GBTC abfließen werden, und ob das Verkaufsvolumen durch Zuflüsse bei den anderen ETFs aufgefangen werden kann.