Die Frage nach dem Energieverbrauch von Bitcoin und wie sich dieser in Zukunft entwickeln wird, ist vor allem in Bullenmärkten ein mediales Thema. Schon im Jahr 2017 veröffentlichte die Newsweek einen Artikel mit dem Titel Bitcoin-Mining auf dem Weg, bis zum Jahr 2020 die gesamte Energie der Welt zu verbrauchen. Diese Befürchtung hat sich nicht bewahrheitet. Laut den Daten des Bitcoin Mining Councils liegt der derzeitige Energieverbrauch des Bitcoin-Netzwerkes bei 0,05% des globalen Energiebedarfs. Nun hat der Bitcoin-Analyst Jaran Mellerud im neuesten Arcane Research Bericht untersucht, von welchen Faktoren der zukünftige Energieverbrauch abhängig ist und wie hoch der tatsächliche Energieverbrauch von Bitcoin im Jahr 2040 sein wird.

Einflussfaktoren des Energieverbrauchs

Nach Mellerud gibt es insgesamt vier Faktoren, die den Energieverbrauch von Bitcoin beeinflussen. Zum einen natürlich der Preis von Bitcoin, denn die Gewinnmarge der Bitcoin-Miner leitet sich direkt aus diesem ab. Die Miner müssen ihre Geschäftskosten decken und verkaufen einen Teil ihrer neu geschürften Bitcoin. Steigt der Bitcoin Preis, steigt auch der Gewinn, den die Miner aus der Blockbelohnung sowie den Transaktionsgebühren erhalten.

Der nächste Punkt sind die Transaktionsgebühren. Neben der Block-Subvention (aktuell 6.25 BTC) erhalten die Miner zusätzlich noch die Transaktionsgebühren aller Transaktionen innerhalb des geschürften Blocks. Steigen die Transaktionsgebühren von Bitcoin, steigt auch die Gewinnmarge der Miner, ähnlich wie es bei dem Bitcoinpreis beobachtet werden kann. Nach aktuellen Daten von CoinMetrics liegt die durchschnittliche Transaktionsgebühr pro Block bei 0,4 BTC. Damit besitzen die Transaktionsgebühren derzeit noch einen geringen Anteil an der gesamten Blockbelohnung. Dieser Anteil wird sich aber in den nächsten Jahrzehnten erhöhen, denn mit dem Halving verringert sich alle 4 Jahre die Block-Subvention und dadurch werden die Transaktionsgebühren für die Miner immer wichtiger.

Der Anteil der Transaktionsgebühren an der gesamten Blockbelohnung.
Quelle: Arcane Research

Die letzten beiden Faktoren basieren auf den Kostenstrukturen der Mining-Unternehmen. Mellerud unterscheidet zwischen den CAPEX (capital expenditures) Ausgaben, wie der Anschaffung von Mining-Geräten und den OPEX (operating expenses) Ausgaben wie den Stromkosten. Bei einem Energieverbrauch von 88 TWh und einem durchschnittlichen Strompreis von 50 US-Dollar pro MWh beträgt der Anteil der OPEX-Kosten derzeit 50%. Aufgrund des technischen Fortschritts der ASIC-Komponenten rechnet Mellerud aber damit, dass sich der Anteil der OPEX-Kosten auf 71% bis zum Jahr 2040 erhöhen wird.

Der letzte Faktor ist der Strompreis, den die Miner für das Schürfen bezahlen müssen. Mellerud rechnet derzeit mit einem Strompreis von 50 US-Dollar pro MWh für die nächsten Jahre. Die Ortsunabhängigkeit des Bitcoin-Minings könnte dazu führen, dass in Zukunft die Strompreise für das Mining weiter fallen. Mellerud wählte aber für seine Berechnungen den aktuellen durchschnittlichen Strompreis der Mining-Industrie.

Die verschiedenen Szenarien

Während sich die zukünftige Blockbelohnung und die Stromkosten bestimmen lassen, ist es sehr schwierig den Bitcoin Preis und die Transaktionsgebühren über denselben Zeitraum zu ermitteln. Mellerud wählte deshalb zunächst drei verschiedenen Preis-Szenarien des Bitcoins und berechnete daraus den entsprechenden Energieverbrauch des Bitcoin-Netzwerkes:

  • Ein bullisches Szenario: Bitcoinpreis bei 2 Millionen US-Dollar im Jahr 2040
  • Ein neutrales Szenario: Bitcoinpreis bei 500.000 US-Dollar im Jahr 2040
  • Ein rückläufiges Szenario: Bitcoinpreis bei 100.000 US-Dollar im Jahr 2040

Der prognostizierte Energieverbrauch unterscheidet sich nach dem jeweiligen Bitcoinpreis massiv. Im bullischen Szenario liegt der Energieverbrauch bei 894 TWh, bei neutralem Szenario bei 223 TWh und beim rückläufigen Szenario bei lediglich 45 TWh.

Energieverbrauch von Bitcoin nach den verschiedenen Szenarien Quelle: Arcane Research

In dem bullischen Szenario würde der Energieverbrauch von Bitcoin im Vergleich zum globalen Energiebedarf erheblich von 0,05% auf 0,35% ansteigen. Vergleicht man diesen Wert aber mit anderen Industrien, ist das Bitcoin-Mining immer noch ein geringer Teil. Laut Daten von Arcane Research beträgt nur der Energieverbrauch der Zementindustrie 6053 TWh und damit 2% des globalen Energieverbrauchs. Apokalyptische Szenarien, in denen das Bitcoin-Mining in Zukunft den gesamten Energiebedarf für sich beansprucht, sind auch in bullischen Szenarien nicht haltbar.

Das neutrale Szenario erwartet eine Verdopplung des Energieverbrauchs. Der Anteil des Bitcoin-Minings würde damit von 0,05% auf 0,1% des globalen Energieverbrauchs steigen. Interessant ist hier zu beobachten, dass der Energieverbrauch von Bitcoin nicht linear mit dem Kursanstieg des Bitcoins anwächst. Im neutralen Szenario verdoppelt sich der Energieverbrauch, während der Bitcoinpreis einen 20-fachen Anstieg verzeichnet. Auch tritt das gleiche Prinzip im rückläufigen Szenario auf. Der Bitcoin Preis verfünffacht sich, während sich der Energieverbrauch halbiert. Der Grund, weshalb der Bitcoinpreis und der Energieverbrauch nicht parallel ansteigen, ist das Halving.

Das Halving als der limitierende Faktor für den Energieverbrauch von Bitcoin

Die Reduzierung der Blockbelohnung sorgt dafür, dass der Energieverbrauch von Bitcoin limitiert ist, denn ein Großteil des Gewinns der Miner wird zukünftig nicht mehr aus den Blockbelohnungen, sondern aus den Transaktionsgebühren stammen. Damit der zukünftige Energieverbrauch des Bitcoin-Minings berechnet werden kann, muss die Transaktionsgebühr abgeschätzt werden.

Unter der vereinfachten Annahme, dass sich die Transaktionsgebühren von Bitcoin auf 0 BTC pro Block belaufen, würde nach Mellerud der Energieverbrauch von Bitcoin nur anwachsen, wenn der Bitcoin-Preis schneller steigt als die Blockbelohnung sinkt. Der Bitcoinpreis müsste sich folglich alle vier Jahre verdoppeln, damit das Bitcoin-Netzwerk dieselbe Menge an Energie verbraucht wie zuvor. Die Blockbelohnung halbiert sich, während der Bitcoinpreis sich verdoppelt und der Energieverbrauch bleibt konstant.

Sollten die Transaktionsgebühren im Jahr 2040 wirklich bei 0 BTC liegen, würde dies bedeuten, dass keine Transaktionen im Bitcoin Netzwerk abgewickelt werden. Bitcoin wäre als ein dezentrales Zahlungsnetzwerk gescheitert, weshalb die obige Annahme unrealistisch ist. Nimmt man die aktuelle durchschnittliche Transaktionsgebühr von 0,4 Bitcoin pro Block, muss sich der Bitcoinpreis nicht alle vier Jahre verdoppeln, um den Halbierungseffekt der Blocksubvention auszugleichen, sondern ein Bitcoinpreis von 200.000 US-Dollar im Jahr 2040 würde den Rückgang der Blockbelohnung kompensieren.

Mit der zunehmenden Adoption von Bitcoin ist anzunehmen, dass die Nachfrage nach Transaktionen auf der Bitcoin-Blockchain zunehmen wird und damit die Transaktionsgebühren einen großen Einflussfaktor darauf besitzen, wie sich der Energiebedarf des Bitcoin-Minings entwickeln wird. Jaran Mellerud stellte eine Szenarioanalyse auf, welche beschreibt, wie hoch der Bitcoinpreis und die Transaktionsgebühr im Jahr 2040 sein müssen, damit der Bitcoin einen bestimmten Teil des gesamten Energiebedarfs für sich selbst beansprucht. Wenn im Jahr 2040 die Transaktionsgebühr pro Block bei einem Bitcoin und der Bitcoinpreis bei 2 Millionen US-Dollar liegen würde, läge der Anteil des Bitcoin-Minings an dem globalen Energiebedarf bei 0,72%.

Der Anteil des Bitcoin-Minings an dem gesamten Energiebedarf, abhängig vom Preis und den Transaktionsgebühren. Quelle: Arcane Research

Fazit

Der Bericht von Jaran Mellerud gibt einen guten Einblick über den zukünftigen Energieverbrauch von Bitcoin und zeigt, dass der Stromverbrauch von Bitcoin nicht linear mit dem Preisanstieg anwächst. Die Sorge, dass Bitcoin eines Tages den globalen Energiebedarf für sich beanspruchen wird, ist faktisch falsch und zugleich kontraproduktiv für eine sachliche Diskussion über den Energieverbrauch von Bitcoin.

Aber auch wenn der Bitcoinpreis und damit der Energieverbrauch steigt, wäre dies kein Problem. Dies würde lediglich zeigen, dass immer mehr Menschen den Wert von Bitcoin erkennen. Die Entscheidung, Bitcoin nutzen zu wollen oder nicht, sollte jedem Menschen selbst überlassen werden. Die Aussage, dass das Bitcoin-Mining verschwendete Energie sei, weil es keinen Nutzen stiftet, ist falsch, denn schließlich wird dieser Nutzen von jedem Individuum selbst festgelegt. Kritiker des Energieverbrauchs von Bitcoin können nach Jaran Mellerud dennoch ganz entspannt bleiben und abwarten:

Und ich habe eine gute Nachricht für diejenigen unter Ihnen, die den Energieverbrauch von Bitcoin sinken sehen wollen: Sie können sich in Ihrem Sessel entspannen, denn Ihre Wünsche werden erfüllt, wenn Bitcoin als Geldsystem versagt. Und Sie glauben, dass Bitcoin scheitern wird, nicht wahr?

Jaran Mellerud