Die Luna Foundation Guard (LFG) plant sich für die Besicherung ihres Stablecoins UST Bitcoin Reserven in Höhe von 10 Milliarden US-Dollar anzulegen. Seit vergangener Woche kaufte das Unternehmen bisher 30.727 Bitcoins im Wert von 1,4 Milliarden US-Dollar. Mithilfe dieser massiven Bitcoin Reserven versucht die Foundation ihren algorithmischen Stablecoin UST in Krisenzeiten zu stabilisieren.

Was ist Terra?

Terra (LUNA) und TerraUSD (UST) sind zwei native Tokens des Terra-Netzwerkes, einem blockchainbasierten Projekt, das von Terra Labs in Südkorea entwickelt wurde. Laut dem Whitepaper von Terra war es das Ziel der Gründer, das zu erfüllen, was Bitcoin ursprünglich sein sollte: ein elektronisches Peer-to-Peer Zahlungssystem. Um dies zu erreichen, setzt Terra auf ein System von wertstabilen Stablecoins, die an Rohstoffe oder andere Fiat-Währungen gebunden sind.

Der UST Token ist bei Weitem der beliebteste Stablecoin des Terra Ökosystems und bildet den Preis eines US-Dollars ab. Eine Besonderheit des UST Tokens ist, dass er seine Bindung an dem US-Dollar algorithmisch und dezentral mithilfe des LUNA Tokens erreichen möchte.

Während Stablecoins wie Tether oder der USD Coin zur Stabilisierung auf die Reserven ihrer Vermögenswerte zurückgreifen, versucht die LFG einen dezentralen algorithmischen Weg zu gehen. Im Terra-Ökosystem können Teilnehmer über Plattformen wie Terraswap jederzeit LUNA Tokens gegen UST und umgekehrt tauschen.

Fließt Kapital aus dem UST-Markt raus, sinkt der Preis des UST Tokens unter einen US-Dollar. Um diesem Marktmechanismus entgegenzuwirken, werden algorithmisch UST verbrannt und neue LUNA erstellt. Dieser Vorgang wird wiederholt, bis die Dollarbindung des UST Tokens wieder garantiert werden kann. Steigt auf der anderen Seite die Nachfrage und der Preis von UST werden LUNA verbrannt und neue UST Tokens erstellt. Das Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage zwischen LUNA und UST gewährt, dass der Wert eines UST Tokens ohne Vermögensreserven langfristig bei einem Dollar liegt.

Bitcoin Reserven als ein weiteres Werkzeug

Anfang dieses Monats verkündete der CEO von der LFG Do Kwon, dass Terra plane, mit dem Kauf von Bitcoin zu beginnen. Ziel sei es, einen weiteren Mechanismus zu haben, den UST Token in Krisenzeiten zu stabilisieren. Laut Kwon wird die LFG Bitcoin im Wert von mindestens 10 Milliarden US-Dollar kaufen und damit eine neue Ära des Bitcoin-Standards einleiten.

"$UST mit $10B+ in $BTC Reserven wird eine neue monetäre Ära des Bitcoin-Standards eröffnen.

P2P elektronisches Geld, das einfacher auszugeben und attraktiver zu halten ist #btc"

@stablekwon

Gemäß dem aktuellen Vorschlag besteht die Idee darin, einen Bitcoin-Reservepool aufzubauen, der den UST zusätzlich unterstützen soll. Das Zusammenspiel zwischen LUNA und UST hat nämlich einen großen Nachteil. Fällt der Wert von UST, werden neue LUNA Token erstellt. Der steigende Inflationsdruck auf die Währung kann zu einem weiteren Kurssturz von LUNA führen. Daraufhin werden algorithmisch nur noch mehr LUNA ausgegeben, um den Wechselkurs zwischen UST und LUNA zu stabilisieren. Dies lässt den Inflationsdruck zusätzlich steigen und es entsteht eine Preisspirale, die beide Token abwerten würde.

In einem solchen Szenario soll Bitcoin als eine Art sicherer Hafen dienen. Die Annahme der Foundation ist, dass Bitcoin in Zukunft zu einem attraktiven Wertespeicher für Anleger wird, die während der Krise „in Sicherheit fliehen“ wollen. Die Nutzer von Terra würden mithilfe eines Bitcoin-Pools die Möglichkeit haben – und vermutlich einen wirtschaftlichen Anreiz – abgewertete UST gegen eine gleiche Menge an Bitcoin einzutauschen. Damit wird die Abhängigkeit von UST zu LUNA verringert und eine drohende Preisspirale verhindert.

In Krisenzeiten würde die LFG ihre Bitcoin Reserven demnach etwas entleeren, bis der UST Token wieder zu seinem ursprünglichen Preis von einem Dollar zurückkehrt. Bei einer Aufwertung von UST über einen US-Dollar würde die LFG ihre Bitcoin-Reserven dann langsam auffüllen, indem sie die während der Krisenzeit angesammelten UST-Reserven gegen Bitcoin verkaufen.

Eine visuelle Beschreibung der Umsetzung gemäß des Vorschlags von LFG. Quelle: Terra

Die LFG plant den Start des Projekts mit einem Kapital von 3 Milliarden US-Dollar. Das Startkapital setzt sich aus verschiedenen Einnahmequellen der Foundation zusammen. Die Stiftung hat erst kürzlich eine Milliarde US-Dollar durch einen privaten Verkauf von LUNA Token an Risikokapitalgeber aufgebracht, darunter Jump Crypto und Three Arrows Capital. 1,2 Milliarden US-Dollar stammen aus dem Verkauf von UST gegen Tether und die restlichen 800 Millionen US-Dollar wurden aus der Verbrennung von LUNA und der damit gleichzeitigen Entstehung neuer UST-Tokens gewonnen.

Schwachstellen des Projektes

Die Nachfrage nach Stablecoins ist in den letzten zwei Jahren stark angestiegen und die Marktkapitalisierung liegt derzeit bei ca. 177 Milliarden US-Dollar. Es ist daher nicht verwunderlich, dass neue Mechanismen gefunden werden, wie der konstante Wert von Stablecoins garantiert werden soll. Die LFG hat mit dem Zusammenspiel von LUNA und UST einen algorithmischen und dezentralen Weg gewählt.

Allerdings ist es fragwürdig, ob UST wirklich so dezentral ist, wie es das Projekt verspricht. Der Stablecoin besitzt zwar keine Vermögensreserven wie Tether, aber es gibt mit der Luna Foundation Guard eine zentrale Entität, die maßgeblich Einfluss auf das Projekt hat. Wie bei vielen anderen Kryptowährungen, die sich als dezentral vermarkten, aber dann eine zentrale Organisation im Hintergrund besitzen, sollten die Versprechen der Entwickler mit Vorsicht genossen werden.

Auch der Gedanke von Terra, dass Bitcoin seinen eigentlichen Nutzen als Zahlungssystem verfehlt und deshalb ein besseres Reservesystem sei, ist zweifelhaft und wirft ein schlechtes Licht auf das Projekt. Es stimmt zwar, dass Bitcoin in nur wenigen Ausnahmen als ein Tauschmittel benutzt wird und mehr als ein langfristiger Wertespeicher dient, es kann aber argumentiert werden, dass Geld historisch gesehen einer linearen Adoptionsphase folgt. So diente Gold zuerst als ein Sammelstück, bevor es sich zu einem Wertaufbewahrungsspeicher und schließlich zu einem Tauschmittel entwickelte.

Bitcoin durchläuft entsprechend dieselben Phasen wie jedes andere Geld des freien Marktes auch. Zuerst war Bitcoin ein Sammlerstück in der Cypherpunk-Bewegung, bevor es sich zu einem Wertaufbewahrungsspeicher entwickelte. Die Anerkennung von Bitcoin als gesetzliches Zahlungsmittel in El Salvador kann als ein erster Schritt auf dem Weg zur Adoption als Tauschmittel verstanden werden. Auch im Ukraine-Krieg zeigen sich die zensurresistenten Eigenschaften von Bitcoin, von denen Stablecoins wie UST als Tauschmittel aufgrund ihrer Zentralität weit entfernt sind.

Der größte technische Nachteil des Projekts ist aber, dass der Pool nicht aus "echten" Bitcoins bestehen wird, sondern aus sog. "Wrapped Bitcoins" (dt. verpackte Bitcoin). Ähnlich wie die Wrapped Bitcoins als ERC20 Token auf der Ethereum Blockchain fungieren, sollen die Bitcoins des Reservepools als sogenannte CW20 Tokens auf die Luna Blockchain gebracht werden. Bitcoins als CW20 Token sind erforderlich, damit die Terra Blockchain die Smart-Contracts für den Liquiditätsbedarf ausführen kann. Folglich werden Händler, die Werte in und aus dem Pool tauschen, mit verpackten Bitcoin statt mit tatsächlichen Bitcoins handeln.

Gegenüber dem Bitcoin Magazin bestätigte auch ein Sprecher von der LFG, dass technische Einzelheiten noch offen sind. So gibt es noch kein veröffentlichtes Konzept, wie die Verpackung der nativen Bitcoin und die Überbrückung zwischen der Bitcoin und Terra Blockchain aussehen wird.

Gefahr einer Implosion

Die größte Gefahr dürfte für den Bitcoin Markt von einem möglichen Scheitern des Projekts ausgehen. Die Nachhaltigkeit der programmatischen Dollarbindung von UST mithilfe von LUNA wird noch diskutiert. Sogar Terraform Labs räumte in einem Blogpost ein, dass es immer noch Fragen zur Nachhaltigkeit von algorithmischen Stablecoins gebe.

Wenn die LFG Bitcoin Reserven in Höhe von 10 Milliarden US-Dollar besitzt und das Projekt scheitert, wird das auch starke Auswirkungen auf den Bitcoin Markt haben, denn die Foundation wird versuchen, ihre Bitcoin Reserven in liquide Mittel umzuwandeln. Auch der Kryptowährungs-Hedgefonds Galois Capital äußerte Anfang dieses Monats solche Bedenken und bezeichnete eine Implosion von Terra als katastrophales Ereignis, welches sich auf die gesamte Branche ausbreiten könne.

"3/ Wenn es um $LUNA geht, ist der beste Fall, dass es gelingt (unwahrscheinlich); Das zweitbeste wäre, dass es eher früher als später scheitert. Eine späte Implosion von $LUNA wäre für die Branche katastrophal.

4/ Das systematische Risiko würde die gesamte Branche betreffen und uns in einen kalten, bitteren und langen Winter schicken. Schauen Sie sich an, was mit $TIME passiert ist. $LUNA wird um ein Vielfaches größer sein."

Fazit

Der Kauf von Bitcoin durch die Luna Foundation Guard ist zunächst ein positives Signal für den Bitcoin Markt und die LFG hat sehr wahrscheinlich einen Teil zu der positiven Preisentwicklung der letzten Tage beigetragen. Auch ist es möglich, dass weitere algorithmische Stablecoins Bitcoin für ihr Projekt benutzen werden, da Bitcoin als ein sicherer Wertespeicher in Krisenzeiten für diese Projekte dienen kann. Gleichzeitig hat die Vergangenheit aber gezeigt, dass ein Großteil der Projekte auf dem Kryptomarkt misslingen. Sollte dieser Fall eintreten, muss beobachtet werden, was mit den hinterlegten Bitcoins passiert. Sollten die Entwickler der Projekte tatsächlich beginnen ihre Bitcoins wieder zu verkaufen, könnte das Projekt Bitcoin gedeckte Stablecoins für den Markt mehr Schaden anrichten als es Nutzen hatte.