Auf unserem "Blocktrainer Community Event" (#BTCEvent22), welches Ende Juli veranstaltet wurde, war neben zahlreichen anderen tollen Vorträgen und Panel-Gesprächen der Vortrag von Mattias Malki gewiss einer der Höhepunkte der Veranstaltung. Malki ist Abteilungsleiter bei der Evonik Industries AG und bei dem börsennotierten Chemie-Riesen unter anderem für die Implementation einer Bitcoin-Strategie verantwortlich. In seiner Präsentation mit dem Titel "Bitcoin in deutschen Konzernen - wo stehen wir?" ging er einerseits auf die Reise seines eigenen Arbeitgebers in den "BTC Kaninchenbau" ein, und gab gleichzeitig auch Einschätzungen dazu ab, an welcher Stelle andere M-DAX Unternehmen diesbezügliche derzeit stehen.

Da Malki auch Eindrücke aus Telefonaten und Gesprächen mit anderen (US-amerikanischen) Schwergewichten wie beispielsweise der Großbank Goldman Sachs oder auch dem Konzern Microstrategy wiedergibt, können wir für seinen spannenden Vortrag definitiv eine "Anschau-Empfehlung" aussprechen!

Wir haben uns Malkis Vortrag außerdem zum Anlass genommen, um im Zuge dieses Beitrags noch einmal Revue passieren zu lassen, was aus dem Narrativ "Jetzt kommen die Unternehmen zu Bitcoin" in den vergangenen zwei Jahren eigentlich wurde, wie der aktuelle Stand ist und ob Bitcoin als Teil der Finanzstrategie von Unternehmen überhaupt schon Sinn ergibt.

Bitcoin-Strategie für Unternehmen

Ein Treiber des letzten Bullenmarktes war ohne Frage, dass bekannte börsennotierte Unternehmen mit ihren Cash-Reserven Bitcoin gekauft haben. Rund zwei Jahre nach den ersten prominenten Käufen bietet es sich an zu rekapitulieren und einen Blick auf den Stand der Dinge zu werfen.

Die grobe Timeline:

Im August 2020 kaufte das Softwareunternehmen MicroStrategy in Antizipation einer höheren Inflation erstmals für 250 Millionen US-Dollar Bitcoin – weitere Käufe sollten folgen. Das Fintech-Unternehmen Block (ehemals Square) folgte dem Beispiel und investierte im Oktober 2020 50 Millionen US-Dollar. Anfang Februar 2021 fand die „Bitcoin for Corporations“-Konferenz von MicroStrategy statt, die Unternehmen eine Anleitung geben sollte, es ihnen nachzutun. Nur ein paar Tage später gab der Automobilkonzern Tesla bekannt für rund 1.5 Milliarden US-Dollar Bitcoin gekauft zu haben. Rund zwei Wochen danach kaufte Block für rund 170 Millionen US-Dollar Bitcoin nach. Zu dem Zeitpunkt hätte man denken können, dass jetzt der Stein so richtig ins Rollen kommt und weitere Unternehmen nachziehen werden. Dann aber, im April 2021, verkaufte der Auto-Konzern Tesla 10% seiner Bitcoin-Bestände – nach eigenen Angaben, um die Liquidität des Marktes zu testen. Obwohl MicroStrategy immer wieder nachkaufte, wurde es ruhiger um das Thema. Im Mai 2021 gab dann der CFO von Block in einem Interview gekannt, dass das Unternehmen nicht plant weitere Bitcoin-Käufe vorzunehmen. Und neulich, im Juli 2022, enthüllte Tesla letzten Endes, dass sie im vorherigen Quartal 75% der restlichen BTC verkauft haben, um mit mehr Barmitteln in der aktuell schwierigen Situation ausgestattet zu sein.

MicroStrategy: ~130.000 BTC // Tesla: ~11.000 BTC // Block: ~8.000 BTC

(In diesem Recap lassen wir Unternehmen, die Bitcoin halten aber aus der Krypto-Industrie kommen, wie Krypto-Börsen oder Bitcoin-Mining-Unternehmen, gezielt außen vor.)

Waren die Bitcoin-Käufe der Unternehmen im Nachhinein eine schlechte Idee?

Bei einem aktuellen Bitcoin-Preis von rund ~24.000 US-Dollar sind alle drei Unternehmen mit ihren durchschnittlich gewichteten Einkaufspreisen im Minus. MicroStrategy kaufte im Schnitt bei ~30.000 US-Dollar, Block bei ~27.500 US-Dollar und der Einmalkauf von Tesla fand zu einem Kurs von rund ~32.000 US-Dollar statt.

Spätestens nach dem Bitcoin-Kauf durch Tesla wurde nahezu jedes relevante Unternehmen befragt, ob es nicht plane es ihnen gleichzutun. Die, die sich dagegen entschieden haben dürften sich zum aktuellen Zeitpunkt in der Entscheidung bestärkt sehen. Dazu kommt, dass der Bitcoin in der hochinflationären Phase bisher nicht gut performt hat, obwohl er doch als Absicherung gegen die Inflation, unter anderem auch von Michael Saylor, dem ehemaligen CEO und jetzt Chairman von MicroStrategy, angepriesen wurde.

Für MicroStrategy hat es sich dennoch ausgezahlt. Das Unternehmen ist trotz des Preisverfalls im Bitcoin-Kurs zum aktuellen Zeitpunkt noch rund dreimal so viel wert wie vor der Entscheidung zur Bitcoin-Strategie, was wohl nicht auf die Entwicklung des stagnierenden Kerngeschäftes zurückzuführen ist. Eine Aktie kostete im August 2020 rund 120 Dollar und heute liegt sie in etwa bei 360 Dollar und das trotz der Ausgabe neuer Aktien in diesem Zeitfenster. Gleichwohl ist MicroStrategy aber ein eher unbedeutendes Unternehmen. Mit einer Marktkapitalisierung von rund 4 Milliarden Dollar ist selbst jedes Unternehmen im deutschen Leitindex „DAX40“ größer. Das, was das Unternehmen so bekannt gemacht hat, ist wohl eher die Strategie alle Cash-Reserven in Bitcoin zu stecken und zusätzlich sogar Schulden aufzunehmen, um damit noch mehr Bitcoin zu kaufen. Dadurch fungierte die Aktie auch als Instrument für Marktteilnehmer, um gehebelt auf den Bitcoin-Kurs zu setzen, ohne an Krypto-Börsen aktiv zu werden oder auf teure „Futures“ zu setzen. Das Unternehmen hatte aber auch nicht viel zu verlieren: Die Umsätze und der Aktienkurs stagnierten über mehr als ein Jahrzehnt und das Management wusste nichts mit den Cash-Rücklagen und den erwirtschafteten Gewinnen anzufangen. Solch eine aggressive Bitcoin-Strategie eignet sich derzeit vermutlich aber nicht für viele Unternehmen.

Eine Bitcoin-Strategie konkurriert nämlich mit anderen Möglichkeiten die liquiden Mittel eines Unternehmens einzusetzen. Prominent ist der Rückkauf eigener Aktien. Dies ist in den letzten Jahren eine beliebte Strategie von Unternehmensgiganten wie Apple und Alphabet gewesen. Dadurch steigt der Kaufdruck im Markt und die Anzahl an frei handelbaren Aktien verringert sich, was den Aktienkurs unter sonst gleichen Bedingungen beflügelt. Außerdem zeigt man dadurch den Aktionären, dass man selbst an das eigene Unternehmen und die zukünftige Wertentwicklung von diesem glaubt. Auch kann so die Unternehmensbilanz aufgebessert werden: Eine wichtige Unternehmenskennzahl ist der „Gewinn je Aktie“ („Earnings per share“). Kauft ein Unternehmen eigene Aktien zurück, wird der gesamte Unternehmensgewinn auf eine geringere Anzahl an Aktien aufgeteilt, was den „Gewinn je Aktie“ höher ausfallen lässt als in einem Szenario ohne Aktienrückkäufe. Das Kürzlich in den USA verabschiedete „Anti-Inflations-Paket“ sieht aber vor, dass künftig Aktienrückkäufe mit 1% versteuert werden. Die neue Steuer macht im Endeffekt (wenn auch nur minimal) den Aktienrückkauf unattraktiver im Vergleich zu einem steuerfreien Kauf von Bitcoin. Andere Möglichkeiten die Rücklagen und die erwirtschafteten Gewinne einzusetzen sind unter anderem Übernahmen anderer Unternehmen, Gewinnausschüttungen (Dividenden) und natürlich Investitionen in das eigene Geschäft.

Eine Cash-Reserve kann aber auch sinnvoll sein, um auf schwierige Zeiten vorbereitet zu sein oder um in solchen Zeiten, wie Warren Buffett in der Finanzkrise 2008, zuschlagen zu können. Dafür ist eine Bitcoin-Reserve jedoch noch nicht geeignet, wie das Beispiel von Tesla gezeigt hat. Tesla benötigte liquide Mittel aufgrund des wirtschaftlich schwierigen Umfeldes und musste dafür einen Großteil der Bitcoin-Reserve verkaufen, welche aber selbst aufgrund dieses Umfeldes überproportional an Wert einbüßen musste.

BTC als "Risk-Off-Asset"

Das Wichtigste wird wohl sein, dass der Bitcoin sich von der Wertentwicklung anderer Risiko-Assets, wie den Technologieunternehmen, abkoppeln kann. Ob man ihn jetzt als „Store of Value“, als das beste Geld oder als eine Absicherung gegen den Kollaps des aktuellen Zentralbankensystems einordnen mag – der Bitcoin sollte sich früher oder später als ein „Risk-Off-Asset“ positionieren können und sich als ein „Hafen der Sicherheit“, sowie als ein langfristiger Schutz gegen die unabdingbare Entwertung der Fiat-Währungen beweisen.

Zwei Jahre sind aber auch im Bitcoin-Universum ein zu kurzfristiges Zeitfenster, um eine Bilanz zu ziehen. Bei einem Investment in Bitcoin war man in US-Dollar gemessen immer spätestens nach vier Jahren wieder profitabel. Eine Ausnahme dafür war aber jetzt der Sommer 2022 in dem der Bitcoin-Kurs ein paar Tage lang unterhalb seines Höchststandes aus Ende 2017 notierte.

Wichtig wird es zukünftig auch sein, dass Unternehmen ohne einen großen Aufwand und ohne große Risiken Bitcoin kaufen und verwahren können. Sollten die großen und relevanten Banken diese Dienstleistungen anbieten oder auch ein Spot-Bitcoin-ETF in den USA zugelassen werden, so könnte diese Hürde aus dem Weg geräumt werden. Als großes Unternehmen auf irgendeiner Krypto-Börse für potenziell Milliarden US-Dollar auf Einkaufstour zu gehen, ist angesichts der Vielzahl an Pleiten und Hacks aus Risikogesichtspunkten nicht zu unterschätzen. Eine weitere Hürde ist bilanzieller Natur: Die Kursschwankungen vom Bitcoin können die Quartals- und Jahresergebnisse eines in Bitcoin investierten Unternehmens verzerren. Nach den allgemein akzeptierten Buchhaltungsregeln in den USA („GAAP“) kann die Wertentwicklung von den gehaltenen BTC nicht einfach bilanziell vom operativen Geschäft getrennt werden, was es für Investoren ungemein schwierig macht die reine Unternehmensentwicklung dann gesondert zu betrachten. Die Bilanzierung ist von großer Relevanz für Unternehmen und so behauptete Michael Saylor in einem Interview mit Anthony Pompliano, dass dies der Grund sei, wieso Tesla und Block nicht einen größeren Anteil ihrer Rücklagen in Bitcoin investiert haben. Hilfreich wäre es hier, dass die Regulatorik es zulässt, die Veränderung der Bitcoin-Position eines Unternehmens als ein Gewinn oder Verlust durch Investitionen separat auszuweisen, wie es bei ETFs oder Beteiligungen an anderen Firmen getan werden kann. Auch würde ein Spot-Bitcoin-ETF in den USA diese Problematik lösen, jedoch verbunden mit einem Kontrahentenrisiko („not your keys not your coins“) und jährlichen Gebühren.

Fazit

Dass Unternehmen Bitcoin gekauft haben, hat Schlagzeilen generiert und viele Leute auf das Thema aufmerksam gemacht, was durchaus positiv zu betrachten ist. Vielleicht eignen sich aber eher Unternehmen für eine solche Strategie, die einen Anlagehorizont von mindestens 5 Jahren mitbringen und nicht wie Tesla nach einem guten Jahr wieder an die Reserven ran müssen, um das eigene Geschäft zu stützen.

Sollte der Bitcoin-Kurs in den nächsten Jahren wieder neue Höchststände erreichen und andere Anlageklassen wie in den letzten Jahren deutlich outperformen, dann dürfte das Vertrauen der noch nicht investierten Unternehmen in die noch junge Anlageklasse wohl steigen, sofern die regulatorische Situation mitspielt. Mittel- bis langfristig ist es sehr wahrscheinlich, dass weitere Unternehmen Bitcoin in ihre Finanzstrategie mit aufnehmen.

Nichtsdestotrotz sind vielleicht Unternehmen zum jetzigen Zeitpunkt noch gar nicht die perfekte Zielgruppe für Bitcoin-Käufe. Eine Konkurrenz zu eigenen Aktien oder zu Investitionen ins eigene Geschäft zu sein ist noch sehr schwer. Für Unternehmen, die in gesättigten Märkten operieren könnte es dennoch eine gute Möglichkeit sein, da das erwirtschafte Kapital zumindest nicht mehr für Investitionen in das operative Wachstum benötigt wird.

Grundsätzlich ist es aber wohl das Wichtigste, diejenigen zu erreichen und zu überzeugen, die in Fiat-Währungen oder Fiat-Schuldverschreibungen langfristig sparen, ohne dieses Kapital produktiv nutzen zu wollen, wie es meist Haushalte oder auch Pensionsfonds tun.


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