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Die 6 häufigsten Bitcoin- Missverständnisse

Ob nun in den Mainstream-Medien, wie den Tageszeitungen, diversen Magazinen oder TV-Beiträgen bei RTL und Pro7, oder aber in einschlägigen Foren und auf (Krypto-)Webseiten… fast immer wird beim Versuch Bitcoin zu erklären auf Aussagen zurückgegriffen, die ein falsches Bild vermitteln, schlichtweg inkorrekt sind und deswegen oft zu Missverständnissen bei Neulingen im Krypto-Space führen.

Im folgenden Beitrag möchte ich deshalb mit den sechs häufigsten Bitcoin-Missverständnissen aufräumen und euch die Dinge so erklären, dass sie den tatsächlichen Sachverhalten etwas genauer entsprechen.

1. “Bitcoin ist eine anonyme Währung

Wisst ihr noch? Damals, als man das erste mal von Bitcoin, dieser “magischen Internetwährung” gehört hat, die es Verbrechern erlaubt auf völlig anonyme Weise illegale Geschäfte im Internet zu tätigen? Ob nun Drogen, Waffen oder Kinderpornografie, mit Bitcoin lässt sich im Darkweb alles kaufen und es ist unmöglich erwischt zu werden.

Auch heute vertreten viele sogenannte “NoCoiner” (Menschen die nicht in Bitcoin oder andere Kryptowährungen investiert sind) beziehungsweise “PreCoiner” (Menschen die NOCH nicht in Kryptowährungen investiert sind) noch immer diese Auffassung von Bitcoin.
In modernen Spielfilmen kommen noch immer, beziehungsweise immer wieder, Szenen vor, in denen der Bösewicht das Lösegeld gerne in Bitcoins und nicht in Bargeld hätte.

Fakt ist jedoch, dass die Annahme, Bitcoin sei ein anonymes Zahlungsmittel falsch ist. Genau genommen ist Bitcoin nur pseudonym, was in Zeiten von “Know-Your-Customer (KYC)” jedoch ebenfalls weitestgehend außer Kraft gesetzt ist. Jedes Pseudonym, also jede öffentliche Bitcoin Adresse, ist nur so lange anonym, wie niemand zuordnen kann wem sie gehört.
Der Großteil der Bitcoiner kauft seine BTC jedoch auf regulierten Börsen, welche über das sogenannte KYC-Verfahren genau wissen, wem sie wann etwas verkauft haben. Da Transparenz eine maßgebliche Eigenschaft der Bitcoin-Blockchain ist und alle je getätigten Transaktionen bis hin zur allerersten Bitcoin-Transaktion von Satoshi Nakamoto an Hal Finney öffentlich einsehbar sind, ist es für die Behörden oder darauf spezialisierte Unternehmen (z.B. Chainalysis) ein Leichtes herauszufinden, welche Transaktion von wem an wen ging . Zwar gibt es durch sogenannte Coinjoins und andere Weiterentwicklungen bereits gute Ansätze um Bitcoin zurück zu mehr Privatsphäre zu verhelfen, jedoch sind wir von hundertprozentiger Anonymität, wie sie gerne proklamiert wird, noch meilenweit entfernt.

2. “Man kann seine Bitcoin auf einer Wallet speichern”

“Die Coins liegen nicht in der Wallet sondern in der Blockchain”. Diesen Satz dürfte nahezu jeder von uns schon einmal gehört oder gelesen haben. Zwar ist der Satz an sich auch nicht wirklich korrekt, aber dazu erst später mehr in Punkt 6.
Was jedoch wahr ist, ist der erste Teil der Aussage, nämlich dass die Coins nicht in der Wallet liegen. In der Wallet werden lediglich die Schlüssel aufbewahrt, die es dem Benutzer gestatten, die zugehörigen Bitcoin zu verwalten. Einer der ersten Schritte im Bitcoin-Kindergarten ist der des Begreifens der Bedeutung von Public- und Private-Keys (bzw. Master Seeds/Mnemonic Phrases –> diese 12/24 Wörter) und den Umgang damit. Jeder der einmal verstanden hat, wie die Keys und Seeds funktionieren, der wird in Zukunft auch eher seine Seeds in den Safe sperren, als seinen Trezor oder Ledger.
“Not your Keys, not your Bitcoin” ist mittlerweile ein geflügeltes Wort in der Szene geworden und jeder von euch der diesen Satz und seine Bedeutung noch nicht versteht, sollte sich schnellstmöglich dieses Video von Roman ansehen.

3. “Ein ganzer Bitcoin ist viel zu teuer, deswegen kauf ich mir lieber einen günstigen Shitcoin”

Wenn ich für jedes mal, wenn ich einen Krypto-Neuling habe sagen hören “ein Bitcoin ist mir viel zu teuer, ich kauf mir lieber Shitcoin XY, da bekomm ich viel mehr für mein Geld” einen Satoshi bekommen, hätte ich wohl mittlerweile fast einen ganzen Bitcoin beisammen.

…Womit wir auch direkt beim Punkt wären, den ich versuche euch hiermit klar zu machen:
Ein Bitcoin ist keine unteilbare Einheit sondern kann in insgesamt 100 Millionen Teile aufgespalten werden. Die kleinste dieser Einheiten wird Satoshi genannt und kostet zum Zeitpunkt des Artikels nur den Bruchteil eines Cents.
Wenn also jemand keinen Bitcoin kaufen möchte, weil ihm dieser zu teuer erscheint… ratet ihm doch einfach folgendes: Stand Januar 2020 bekommt man für nur einen €uro etwas mehr als 11.000 Satoshi –> Na wenn DAS mal kein guter Deal ist, oder?

Darüber hinaus ist der Preis, aufgrund des Prinzips von Angebot und Nachfrage, auch immer an diese beiden Faktoren gekoppelt. Bei vermeintlich günstigen Coins ist es meistens so, dass das Angebot entsprechend groß ist und die Rechnung “Bitcoin war mal wenig wert und kostet jetzt 10.000€, also kann ein anderer Coin der jetzt nur wenige Cents kostet auch mal 10.000€ pro Stück wert sein” in der Praxis nicht aufgehen wird. Bei einem Coin, dessen Supply um den Faktor 1000 oder gar 10.000 größer ist als die finalen knapp 21 Millionen BTC (oder um genauer zu sein: 2,099,999,997,690,000 Satoshi), wird dies wohl kaum der Fall sein, sofern besagter Coin nicht derart erfolgreich wird, dass er nahezu den gesamten Wohlstand unseres Planeten abdecken wird.

Wenn euch also mal wieder ein unwissender Bekannter nach einem Investment-Tipp fragt, ratet ihm doch zum Kauf von ein paar Satoshi.. schließlich sind die noch wirklich günstig zu haben 😉 .

4. “Um Bitcoin zu schürfen müssen spezielle Computer komplexe Rechenaufgaben lösen”

Dass das Bitcoin-Mining dadurch funktioniert dass spezielle Computer hoch komplexe Rechenaufgaben lösen müssen, liest bzw. hört man in den Mainstream- Medien und von Menschen die den Prozess des Arbeitsbeweises (“Proof of Work”) nicht wirklich verstanden haben, immer wieder.

Tatsächlich sind die zu lösenden Aufgaben alles andere als komplex. Eine Eigenschaft von sogenannten Hashfunktionen ist es, dass die Berechnung eines Outputs (Hashes) sehr einfach ist, jedoch umgekehrt nur sehr schwer vom Output auf den Input geschlossen werden kann.
Das Mining beim Bitcoin funktioniert grob gesagt nun so, dass ein Hash gefunden werden muss, der eine bestimmte Bedingung erfüllt (z.B. es muss mindestens 5 mal die Ziffer 0 am Anfang des Hashes stehen –> über die Anzahl der Nullen funktionert die Anpassung der Schwierigkeit/”Difficulty”). Der erste, der einen gültigen Hash findet, darf diesen nun in einen neuen Block schreiben, den Block ans Ende der Blockchain hängen und sich damit den sogenannten “Blockreward” (im Moment 6,25 BTC) ausbezahlen.
Als Input für dieses Hashing fungiert immer der Hash des vorherigen Blocks, sowie eine Einmalzahl (Nonce = Number used once). Da der Hash des vorherigen Blocks ein fixer Wert ist, verändern die Miner also diese sogenannte Nonce um den Output anzupassen, dass er einen gültiger Hashwert ausspuckt.

Sie tun also im Grunde nichts weiter als einfach zu “Zählen”. Und zwar so lange, bis als Ergebnis ein gültiger Hashwert herauskommt. Auch wenn es natürlich äußerst schwierig ist eine passende Zahl zu finden, so kann von Komplexität keine Rede sein!

Darüber hinaus möchte ich noch erwähnen, dass auch nicht unbedingt spezielle Hardware, also sogenannte ASIC-Miner dafür notwendig sind. Theoretisch kann man das Hashing auch manuell, mit Stift und Papier machen, wie dieser Herr hier demonstriert:

Allerdings ist es so, dass die ASICs eben deutlich schneller hashen können als man selbst, weswegen die Wahrscheinlichkeit schneller einen gültigen Hashwert zu finden als die Konkurrenz gegen 0 geht.

Hier ein kurzer Vergleich: Während der Herr im Video etwas mehr als 15 Minuten für die Berechnung eines Hashes gebraucht hat, so kann ein moderner ASIC Miner ca. 70 TH/s also 70.000.000.000.000 (= 70 Billionen) Hashes pro Sekunde berechnen. Die Hashrate des gesamten Bitcoin Netzwerks liegt (Stand Februar 2020) bei ca. 120.000.000 TH/s (= 120 Exahashes pro Sekunde = 120 Trillionen Hashes pro Sekunde).

5. “Bitcoin hat keine Zukunft weil es viel zu viel Strom verschwendet”

Wie wir eben in Punkt 4 erfahren haben laufen viele Berechnungen ab, für welche natürlich Strom notwendig ist (sofern man eben nicht Stift und Papier benutzt :-).

Mittlerweile fließen enorme Mengen an Energie in das Bitcoin-Mining und nicht selten ist zu lesen/hören, dass Bitcoin Strom “verschwendet”, schädlich für die Umwelt ist und deswegen keine Zukunft hat. Wie hoch der Verbrauch genau ist lässt sich nicht ganz genau bestimmen, Schätzungen gehen aber davon aus, dass es im Bereich von über 50 Terwawattstunden liegt und somit vergleichbar mit dem Stromverbrauch kleiner Länder ist.

Tatsächlich bedeutet ein hoher Stromverbrauch aber auch nicht zwangsweise eine Schädigung für die Umwelt. Bei Bitcoin wird ein absoluter Großteil der Miner durch erneuerbare Energien betrieben, was schon dadurch begründet ist, dass die Mining-Branche stets den günstigsten Strompreisen hinterher eilt und Strom eben dort besonders günstig ist, wo er “in der Natur vorkommt”. Zum Beispiel in China wo Energie aus Wasserkraft hergestellt wird oder in Island durch Geothermie.

In einer aktuellen Studie von CoinShares, welche das Bitcoin Mining untersucht hat wurde dargelegt, dass z.B. mehr als 50% der globalen Hashrate aus der chinesischen Provinz Sichuan stammt, wo mehr als 90% des Stroms aus erneuerbaren Energien erzeugt wird. Auch bei anderen Top-Mining -Standorten ist die Sachlage ähnlich, was die Autoren zu dem Ergebnis brachte, dass knapp 73% des Minings aus erneuerbaren Energien stammt.

Als weiteren wichtigen Punkt führten die Autoren der Studie an, dass das Mining sogar sehr wahrscheinlich positive Umwelteffekte mit sich bringt, da es den “grünen Stromproduzenten” eine Möglichkeit bietet, ihren Überschuss an Strom zu monetarisieren (Strom, der in entlegenen Gebieten hergestellt wird kann teils nur schwer bzw. verlustreich weiterverteilt werden) um so ihre Kapazitäten weiter auszubauen, was die Energiewende voranbringt.

Zu guter Letzt möchte ich noch anführen, dass auch das Wort “Verschwendung” in diesem Zusammenhang alles andere als angebracht ist. Die Energie, die in das Bitcoin-Mining fließt dient einzig und allein der Sicherung des Netzwerks und somit der Sicherheit eines dezentralen, zensurresisten und freien Geldsystems. Jede Kilowattstunde Strom, die für das Mining aufgewendet wird, macht es ein kleines Stück unwahrscheinlicher, dass jemand bei Bitcoin betrügen und die Blockchain rückwirkend verändern kann und meines Erachtens nach, ist die Energie hierfür wesentlich besser verwendet als für Silvesterfeuerwerk, Zigarettenproduktion oder ähnlich sinnlosen “Verschwendungen”.

6. “Es gibt tatsächlich ‘Coins’ “

Wie in Punkt 2 erwähnt, ist der Satz “Die Coins liegen nicht in der Wallet sondern in der Blockchain” nicht wirklich korrekt. Er suggeriert dem unwissenden Bitcoin-Neuling, dass es tatsächlich Coins also Münzen gibt, die irgendwie bzw. irgendwo abgespeichert sind.

Fakt ist jedoch, dass Bitcoin kein Account-basiertes System ist, sondern auf sogenannten UTXOs (Unspent Transaction Outputs) aufbaut. Diese UTXOs, können aufgrund der Transparenz der Blockchain genau eingesehen werden und sind im Grunde die Summe aller nicht ausgegebenen und somit ausgebbaren Transaktionen die mit Hilfe der dazugehörigen Private Keys transferiert werden können. Sie sind die Folge aller vorangegangen Outputs.

Eine Wallet fügt für euch eure UTXOs zusammen und bildet daraus einen digitalen Kontostand, der wenn er genau 100.000.000 der kleinsten Netzwerkeinheiten (Satoshi) enthält “ein Bitcoin” genannt wird.

Wenn also jemand davon spricht “Bitcoins zu versenden”, überträgt er in Wirklichkeit nur das Recht bestimmte UTXOs zu verwalten an jemand anderes.

Da UTXOs nicht teilbar sind und sozusagen von einer UTXO die beispielsweise 2 BTC groß ist nicht einfach ein BTC “abgebucht” werden kann, kann man sich den Vorgang ähnlich vorstellen wie den Bezahlvorgang mit Bargeld. Wenn ihr nur ein 2-€uro Stück habt, aber nur einen €uro ausgeben wollt, transferiert ihr die 2€ weg und erhaltet 1€ Wechselgeld. Analog funktioniert es mit den UTXOs. Kontrolliert jemand eine einzige UTXO über 2 BTC und er möchte 1BTC versenden, so wird der gesamte Output verschickt und man erhält eine neue UTXO über 1 BTC zurück.

Coins, die irgendwo abgespeichert und verschickt werden können gibt es also faktisch nicht.

Auch Roman hat in einer Frag den Trainer – Episode bereits über das Thema gesprochen, also schaut es euch gerne nochmal an, falls das Konzept noch unklar ist.

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