Den meisten Menschen ist die Stiftung Warentest insbesondere für deren Testberichte zu Konsumgütern und Haushaltsgeräten wie Staubsaugern, Matratzen oder Waschmaschinen bekannt. Doch schon seit einiger Zeit widmet sich die Stiftung auch Geldthemen wie Kreditkarten, Fonds und Festgeldkonten. Im Zuge des massiven Kurszuwachses seit Jahresbeginn wurde nun unter der Onlinepräsenz test.de ein „Testbericht“ zu Bitcoin veröffentlicht. Schon der Titel „Bitcoin ist kein sicherer Hafen“, lässt bereits erahnen, dass das Urteil eher ernüchternd ausfällt. Doch auf welchen Begründungen basiert dieses überhaupt? Blocktrainer.de hat sich den Artikel einmal genauer angesehen.

Einseitige Perspektive

Zunächst fällt auf, dass der Beitrag von Stiftung Warentest eine recht einseitige Perspektive auf Bitcoin einnimmt, ganz so als ob das Urteil bereits vor dem eigentlich „Test“ feststand. Es wird auf verschiedene „Mythen“ verwiesen und hervorgehoben, dass Bitcoin ein „umstrittenes Spekulationsobjekt“ sei. Die Autoren warnen die Leser sogar ganz explizit vor einer Investition, basierend auf der Annahme, dass diese „hochriskant sei und extreme Kurseinbrüche bis hin zum Totalverlust möglich sind“. Obwohl es unbestreitbar ist, dass Bitcoin und andere Kryptowährungen volatil sind, vernachlässigt und übersieht der Artikel jedoch wichtige Aspekte.

Bitcoin als Spekulationsobjekt

Zum einen wird die Volatilität per se als etwas Schlechtes betrachtet. Diese Sichtweise ignoriert jedoch, dass Volatilität in der Finanzwelt nicht nur Risiken, sondern auch Chancen birgt. Für informierte und risikobewusste Anleger war die Volatilität von Bitcoin stets eine Quelle für überdurchschnittliche Renditen und wird dies vermutlich auch zukünftig noch sein. Langfristig betrachtet hat Bitcoin, trotz seiner Schwankungen, schließlich eine beeindruckende Wertsteigerung gezeigt. Diese langfristige Perspektive wird in der Analyse der Stiftung Warentest weitgehend außer Acht gelassen.

Vielmehr stellt man Bitcoin als hochriskantes Spekulationsobjekt dar und mit Sätzen wie „wer zu einem ungüns­tigen Zeit­punkt, etwa im November 2021, einge­stiegen ist, sitzt aktuell immer noch auf einem dicken Minus“, wird suggeriert, dass für viele Menschen Bitcoin-Investments bisher ein ziemlicher Fail waren. Dass wir aktuell wieder fast am Allzeithoch stehen und insbesondere Menschen, die regelmäßig per Sparplan Bitcoin akkumuliert haben, schon seit längerer Zeit wieder mit ihrem Portfolio im Plus sind, wird ebenfalls ignoriert. Der Anteil an Personen, die BTC seit November 2021 gehalten haben und sich derzeit mit ihren Bitcoin-Investments im Minus befinden, bewegt sich wohl im niedrigen Prozent- oder gar Promille-Bereich.

Bitcoin kein Inflationsschutz?

Die Behauptung, dass Bitcoin keinen Inflationsschutz bietet, ist ebenfalls eine deutlich vereinfachte und verkürzte Betrachtung. Während Bitcoin, wie die Stiftung Warentest feststellt, in bestimmten Zeiträumen keine direkte Korrelation mit Inflationsraten aufweisen mag, bietet BTC langfristig durch seine begrenzte Menge und dezentrale Natur dennoch einen Schutz gegen Inflation im eigentlichen Sinne, nämlich die Ausweitung der Geldmenge und die daraus resultierende Verwässerung der Kaufkraft. Aber auch die Entwertung der Fiat-Währungen und steigende Verbraucherpreisindizes übertraf Bitcoin über längere Zeiträume stets.

Seitens der Autoren des Bitcoin-Tests wurde explizit das Bärenmarkt-Jahr 2022 hervorgehoben und im Rahmen des Artikels unter dem Zwischentitel „Schutz vor Inflation funk­tioniert nicht immer“ auch nur dieses betrachtet.

Gerade 2022 stieg die Inflation stark an, der deutsche Verbraucher­preis­index legte in diesem Kalender­jahr um 8 Prozent zu. Seine Wirkung als Inflations­schutz konnte der Bitcoin damit zumindest in diesem Jahr kurz­fristig nicht belegen, wie der Jahres­abschnitts­vergleich mit dem deutschen Verbraucher­preis­index unten zeigt. Im Gegen­teil: In Bitcoin gerechnet sind Waren und Dienst­leistungen in diesem Jahr deutlich teurer geworden als in Euro oder Dollar. Seitdem die Inflation sich wieder etwas normalisiert, steigt der Bitcoin wieder.
Stiftung Warentest

Die Notwendigkeit eines „Tests“ für Bitcoin

Die Frage, warum Bitcoin überhaupt einem „Test“ unterzogen werden muss, ist an dieser Stelle wohl angebracht. Bitcoin ist, ähnlich wie andere Rohstoffe (z.B. Gold oder Öl) ein Marktprodukt, dessen Wert durch Angebot und Nachfrage bestimmt wird. Ein Test durch eine Verbraucherorganisation scheint daher nicht wirklich angemessen und zweckdienlich, da Bitcoin keine Dienstleistung oder ein Produkt im herkömmlichen Sinne ist. Der Artikel von Stiftung Warentest scheint von Anfang an darauf abzuzielen, eine negative Meinung über Bitcoin zu verbreiten, anstatt eine ausgewogene und umfassende Analyse zu bieten. Wenn man schon testet, dann bitte sowohl die Risiken als auch die Chancen.

Ironischerweise vermarktet Stiftung Warentest außerdem seinen eigenen „Krypto-Broker-Vergleich“. Man rät den Leuten zwar davon ab, Geld in Bitcoin und Co. zu stecken. Aber trotzdem verkauft man den Leuten Hinweise und Erklärungen dazu, wie man eben jene „hochvolatilen Spekulationsobjekte“ kauft. Eine gewisse Scheinheiligkeit schwingt dabei definitiv mit.

Alles in allem hat die Stiftung Warentest natürlich recht damit, dass Bitcoin für risikoaverse Anleger, oder welche mit kurzem Zeithorizont eher weniger gut als Investment geeignet ist. Gleichwohl wäre etwas mehr Neutralität und ein Blick auch auf die Stärken anstatt nur auf die Schwächen, für eine renommierte Verbraucherorganisation wünschenswert.