Letzte Woche gab der Finanzdienstleister Square bekannt, dass sie Anleihen in Höhe von zwei Milliarden ausgeben. Nachdem MicroStrategy im Dezember Wandelanleihen im Wert von 650 Millionen US-Dollar ausgaben und die Summe im Februar auf 1,55 Milliarden erhöhten, kaufte das Unternehmen von diesem Kapital Bitcoin. Nun ist die Hoffnung groß, dass Square ebenfalls einen solchen Plan verfolgt. Das Besondere ist, dass die Anleihen in US-Dollar bepreist sind. Die Schulden in US-Dollar werden dann benutzt, um eine andere, bessere Währung zu kaufen. Dieser Vorgang wird als eine spekulative Attacke bezeichnet. In diesem Artikel soll genauer erläutert werden, wie eine spekulative Attacke abläuft, die größte bisher stattgefundene Attacke und wieso Bitcoin eine besondere Attacke werden kann.

Was ist das genau?

Veranschaulichen wir das Ganze an einem Beispiel. Wir haben zwei Länder A und B mit ihrer eigenen Währung und Zentralbank. Kommt es im Land B nun zu wirtschaftlichen Schwankungen, wird die Währung gegenüber Land A abgewertet. Das führt dazu, dass der Import von Produkten aus dem Ausland für Land B immer teurer wird. Die Zentralbank wird jetzt eingreifen.

Jede Zentralbank auf der Welt hat eigene Devisenbestände mit Auslandswährungen. Die Zentralbank von Land B wird anfangen die Devisenbestände, die sie von Land A besitzt, auf dem Devisenmarkt zu verkaufen. Im Optimalfall stabilisiert sie damit die eigene Währung, indem sie dafür sorgt, dass auch die Währung von Land A abgewertet wird. Deshalb wird in einem Fiatgeldsystem auch davon gesprochen, dass Zentralbanken sich einen Wettbewerb liefern, wer die Währung zuerst am schnellsten abwerten kann.

Was passiert aber, wenn die Zentralbank von Land B ihre Devisenvorräte von Land A verbraucht hat? Ab diesem Zeitpunkt wird es für Investoren interessant und die spekulative Attacke kann beginnen. Der Investor geht zu einer Bank im Land B und leiht sich beispielsweise 100 Einheiten der Währung von Land B aus. Das ausgeliehene Geld konvertiert er nun auf dem Devisenmarkt zu 100 Einheiten der Währung von Land A.

Der Investor muss nun andere Investoren überzeugen sich ebenfalls in der Währung B zu verschulden und Währung A zu kaufen. Findet sich eine genügend große Anzahl von Investoren, gerät der Wechselkurs ins Schwanken. Wertet die Währung von Land B 50% gegenüber Land A ab, kann der Investor seine 100 Einheiten von Land A für 150 Einheiten von Land B verkaufen. Er zahlt seinen Kredit mit Zinsen zurück und behält sich den restlichen Gewinn.

Der Handeln von Währung wird Devisenhandel genannt.
Quelle: Zinsenvergleich

Die größte spekulative Attacke in der Geschichte

Sehen wir uns an, welche Auswirkungen eine erfolgreiche spekulative Attacke auf ein Land haben kann. Vor der Einführung des Euros hatte jedes Land in Europa seine eigene Währung. Der Vorschlag für eine gemeinsame Währung lag schon lange auf dem Tisch. Viele Länder wollten ihre eigene Währung trotzdem nicht aufgeben. Die Vorteile ihre eigenen monetären Entscheidungen zu treffen überwogen die Vorteile einer gemeinsamen europäischen Währung.

Die Übergangslösung war der ERM. Dieser sorgte dafür, dass jedes Land seine eigene Währung beibehalten darf, die Wechselkurse zueinander aber fix waren. Großbritannien trat dem ERM nicht bei. Die damalige Premierministerin Magarete Thatcher sah die Nachteile für ihr Land und lehnte den ERM ab. Als sich die wirtschaftliche Lage in Großbritannien in den darauffolgenden Jahren verschlechterte, wurde Thatcher durch den konservativen Politiker John Major ersetzt. Eine seiner ersten Amtshandlungen bestand darin, zu verkünden, dass Großbritannien den ERM beitritt.

Großbritannien hatte davor schon mit wirtschaftlichen Problemen zu kämpfen. Sie konnten nun aber nicht mehr die Zinsen senken, um die Wirtschaft anzukurbeln. Dies hätte zu einer Abwertung des Pfunds geführt. Die Wechselkurse waren aber durch den ERM jetzt fix. Die britische Zentralbank sah sich veranlasst ausländische Währungsreserven gegen dem Pfund zu kaufen, um die einheimische Währung zu stabilisieren. Als die Reserven aber aufgebracht waren, war die Zeit gekommen eine spekulative Attacke zu starten.

Es war der bekannte Investor George Soros, der die spekulative Attacke gestartet hat. Er lieh sich von einer britischen Bank eine Milliarde Pfund und verkaufte diese auf dem Währungsmarkt gegen die deutsche Mark. Andere Investoren folgten Soros. Am 17. September 1992 betrug Soros Position 10 Milliarden Pfund.

Die Bank of England versank in Chaos. Die Regierung gab bekannt, dass sie am Währungsmarkt eine Milliarde Pfund kaufen wird. Der Kauf zeigt aber keine Wirkung und die Regierung verdoppelte ihren Kauf. Auch das war zu wenig. Insgesamt kaufte die britische Regierung 27 Milliarden Pfund und erhöhte die Zinsen innerhalb von einem Tag um 5%. Aber auch das konnte den britischen Pfund nicht weiter stabilisieren.

Am Ende des Tages gab die britische Regierung bekannt, dass sie den ERM verlassen wird. Es wurde für Großbritannien unmöglich den festen Wechselkurs zu halten. Der Pfund wertete gegenüber dem deutschen Mark 15% ab, gegenüber dem US-Dollar sogar 25%. Soros verkaufte seine deutschen Mark wieder gegen britische Pfund und machte damit einen Gewinn in Höhe von einer Milliarde.

Die spekulative Attacke mit Bitcoin

Bitcoin hat Eigenschaften, die ihn sehr interessant macht für eine spekulative Attacke. Soros hat für seine Attacke den britischen Pfund und die deutsche Mark benutzt. Beide Währungen sind inflationär. Die Idee eine spekulative Attacke mit einer Währung durchzuführen, die eine geringere Inflationsrate besitzt als Fiatwährungen, wurde in der Vergangenheit oft mit Gold realisiert. Hier ist Gold aber gescheitert. Aufgrund der niedrigen Liquidität des Goldmarktes ist eine spekulative Attacke nicht möglich. Bitcoin kann 24/7 gehandelt werden und ist damit einer der liquidesten Märkte überhaupt. Im Vergleich zu Gold hat Bitcoin dazu noch eine geringere Inflationsrate. Gold hat eine jährliche Produktionsrate von 2%. Bitcoin dagegen 1,8%. Das Besondere ist, dass die Inflationsrate von Bitcoin dynamisch ist. Sie sinkt mit der Zeit. Bitcoin eignet sich deshalb auf inflationärer Sicht besser für eine spekulative Attacke als Gold.

Eine spekulative Attacke mit Bitcoin kann seitens der Zentralbank nur sehr schwer aufgehalten werden. Sie besitzen keine Bitcoin Reserven. Wie oben beschrieben, verkauft die unter Druck geratene Zentralbank zuerst ihre Fremdwährungsreserven, um die eigene Währung zu stabilisieren. Betrachten wir das Dilemma der Zentralbank aus spieltheoretischer Sicht. Auf der einen Seite sollten sie Bitcoin kaufen, um vorbereitet zu sein, wenn eine spekulative Attacke auf sie zukommt. Auf der anderen Seite würden sie ihre eigene Währung damit schwächen. Für die Zentralbanken macht es am meisten Sinn ihre Reserven von Auslandswährungen gegen Bitcoin zu tauschen. Wenn ein paar Zentralbanken damit aber anfangen, kann dies zu enormen Konflikten zwischen den Ländern führen. Sie beginnen sich gegenseitig zu misstrauen.

Eine Möglichkeit eine laufende spekulative Attacke abzuwenden ist, die Zinsen zu erhöhen. Hier treten aber zwei Probleme auf für die Zentralbanken. Zuerst ist das Anheben der Zinsen sehr schwierig für die meisten Länder. Ihre Schuldenbestände dafür sind zu hoch. Die steigenden Zinslasten würden sie erdrücken. Der zweite Grund ist, dass Bitcoin eine Anlageklasse ist, die einmalig ist. Mit einer jährlichen durchschnittlichen Wertsteigerung von 200% in den letzten zehn Jahren, stoßen die Zentralbanken an ihre Grenze. Damit das Geschäft des spekulativen Angriffs nicht mehr gewinnbringend sein kann, muss der Zinssatz auf 200% angehoben werden. Erst dann übersteigen die Kosten für die Kredite den potenziellen Gewinn.

Der US-Dollar genoss großes Ansehen weltweit. Auf den ersten Blick erscheint deshalb eine spekulative Attacke auf den US-Dollar als sehr riskant. Die Zentralbanken andere Länder könnten versuchen den USA dabei zu helfen den Dollar zu stabilisieren. Werden sie das machen? Immer mehr Länder fangen an dem US-Dollar zu misstrauen. Viele Länder, die selbst Schwierigkeiten haben einen stabilen Wechselkurs zu halten, koppelten ihre Währung an den Dollar. Verliert nun der US-Dollar an Wert leiden auch diese Länder daran. Die Corona-Geldschwemme der USA in letzten 14 Monaten hat diesen Ländern besonders zugesetzt. Es kann sehr gut sein, dass wenn eine spekulative Attacke auf die USA gestartet wird, diese Länder nicht mehr den US-Dollar schützen, sondern die Attacke sogar unterstützen.

Die stark steigende M2-Geldmenge der USA. Quelle: Trading Economics

Fazit

Das Konzept der spekulativen Attacken gibt es schon lange. Staaten mit ihren Zentralbanken fürchten sich davor. Im Fall von Großbritannien konnte beobachtet werden, wie gefährlich eine erfolgreiche spekulative Attacke werden kann. Nur ein großer Investor hat gereicht, um den Stein ins Rollen zu bringen. MicroStrategy setzt mit ihrer Bitcoin Strategie genau das um. Die Regierungen schauen wahrscheinlich sehr genau hin, was Michael Saylor in Zukunft noch plant. Auch Jack Dorsey kann mit Square der nächste sein, der eine spekulative Attacke auf den US-Dollar plant. Die amerikanische Regierung sollte aber nicht versuchen das zu verhindern. Eine spekulative Attacke, die mit Bitcoin durchgeführt wird, ist nicht aufzuhalten. Vor allem, wenn andere Zentralbanken anfangen diese zu unterstützen. Eine bessere Strategie hat Satoshi Nakamoto beschrieben:

„Es könnte sinnvoll, nur ein paar (Bitcoins) sich davon zu besorgen, fall es sich durchsetzt. Wenn genug Menschen genauso denken, wird es eine selbsterfüllende Prophezeiung.“

Satoshi Nakamoto