SEC Chef Gensler spricht über Satoshi, Bitcoin-ETFs, DeFi & mehr

Dass Gary Gensler, der neue Vorsitzende der Amerikanischen Börsenaufsichtsbehörde SEC, im Gegensatz zu vielen anderen seiner Kollegen durchaus etwas von Bitcoin, Blockchain und Co. versteht, könnte für seine offene Haltung durchaus förderlich sein. Als er noch an der Eliteuniversität Massachusetts Institute of Technology (MIT) doziert hat, gab er unter anderem Vorlesungen zu genau diesen Themen, nämlich Bitcoin, Blockchain, Finanzen und (digitalem) Geld. Er kann also durchaus als Fachmann auf dem Gebiet der Kryptowährungen und von digitalem Geld angesehen werden.

Gensler sprach heute in einer Rede beim Aspen Security Forum mehrere Aspekte aus dem Bereich der Kryptowährungen an und signalisierte unter anderem grünes Licht für börsengehandelte Bitcoin-Fonds (ETFs). Wir wollen euch in diesem Beitrag Genslers Aussagen und Meinungen natürlich nicht vorenthalten.

Alles begann mit Satoshi

Seine Rede begann er analog zur Geschichte von Bitcoin und Kryptowährungen mit Sathoshi Nakamoto und den Cypherpunks. Er erklärte wie aus einer Idee von Satoshi eine Innovation und ein Markt entstand, der über eine Billion US-Dollar wert ist und sogar eine Behörde wie die SEC in Aktion ruft.

"Einige werden sich vielleicht fragen: Was hat die SEC mit Krypto zu tun? Und warum hat mich eine Organisation wie das Aspen Security Forum gebeten, über die Überschneidung von Kryptowährungen und nationaler Sicherheit zu sprechen?

Lassen Sie mich ganz am Anfang beginnen.

Es war in der Halloween-Nacht 2008, mitten in der Finanzkrise, als Satoshi Nakamoto ein achtseitiges Papier auf einer Cypherpunk-Mailingliste veröffentlichte, die seit 1992 von Kryptographen betrieben wurde. Nakamoto - wir wissen immer noch nicht, wer sie, er oder die Gruppe war - schrieb: "Ich habe an einem neuen elektronischen Geldsystem gearbeitet, das vollständig auf Peer-to-Peer-Basis arbeitet und keine vertrauenswürdige dritte Partei braucht.

Nakamoto hatte zwei Rätsel gelöst, die diese Kryptographen und andere Technologieexperten seit Jahrzehnten beschäftigten: Erstens, wie man etwas Wertvolles im Internet ohne einen zentralen Vermittler bewegen kann und zweitens, wie man das "doppelte Ausgeben" dieses wertvollen digitalen Tokens verhindert.

In der Folge gab seine Innovation den Anstoß für die Entwicklung von Krypto-Assets und der zugrunde liegenden Blockchain-Technologie.

Auf der Grundlage von Nakamotos Innovation hat sich etwa ein Dutzend Jahre später die Klasse der Krypto-Anlagen explosionsartig entwickelt. Mit Stand vom Montag ist diese Anlageklasse angeblich etwa 1,6 Billionen US-Dollar wert, wobei 77 Token jeweils mindestens 1 Milliarde US-Dollar wert sind und 1.600 Token eine Marktkapitalisierung von mindestens 1 Million US-Dollar aufweisen."

Gary Gensler, Vorsitzender SEC

Und der vielleicht wichtigste Satz in diesem Zusammenhang:

"Ich bin zu der Überzeugung gelangt, dass es zwar im Kryptobereich eine Menge Hype gibt, der sich als Realität ausgibt, aber Nakamotos Innovation wirklich real ist. Außerdem war sie ein Katalysator für Veränderungen in den Bereichen Finanzen und Geld und könnte dies auch weiterhin sein."

Gary Gensler, Vorsitzender der SEC

Gary Gensler - Quelle: Handelsblatt

Digitales Geld

Im weiteren Verlauf seiner Rede ging der SEC-Vorsitzende auf (digitales) Geld und dessen Eigenschaften ein. Er machte aber auch klar, dass noch keine Kryptowährung alle Funktionen von Geld erfüllen könne - auch Bitcoin nicht.

"Wir leben bereits in einem Zeitalter des digitalen öffentlichen Geldes - Dollar, Euro, Pfund, Yen, Yuan. Wenn das vor der Pandemie nicht offensichtlich war, so ist es im letzten Jahr überdeutlich geworden, dass wir zunehmend Online-Transaktionen durchführen. Solche öffentlichen Fiat-Gelder erfüllen die drei Funktionen von Geld: Wertaufbewahrungsmittel, Rechnungseinheit und Tauschmittel.

Kein einzelnes Krypto-Asset erfüllt jedoch alle Funktionen des Geldes im Großen und Ganzen.

In erster Linie bieten Krypto-Assets digitale, knappe Vehikel für spekulative Investitionen. In diesem Sinne kann man sie als hochspekulative Wertaufbewahrungsmittel bezeichnen."

Gary Gensler, Vorsitzender SEC

Die SEC & Investorenschutz

Um zu erklären, wie nun die SEC in all das hinein passt ging Gensler auf den dreiteiligen Auftrag der Aufsichtsbehörde ein.

"Die SEC hat einen dreiteiligen Auftrag: den Schutz der Anleger, die Erleichterung der Kapitalbildung und die Aufrechterhaltung fairer, geordneter und effizienter Märkte dazwischen. Wir konzentrieren uns auch auf die finanzielle Stabilität. Aber im Kern geht es uns um den Schutz der Anleger.

Wenn Sie in ein digitales, knappes, spekulatives Wertaufbewahrungsmittel investieren wollen, ist das in Ordnung. Gutgläubige Akteure haben seit Tausenden von Jahren mit dem Wert von Gold und Silber spekuliert.

Im Moment ist der Anlegerschutz bei Kryptowährungen einfach nicht ausreichend. Ehrlich gesagt, ist es derzeit eher wie im Wilden Westen.

In dieser Anlageklasse wimmelt es nur so von Betrug, Schwindel und Missbrauch bei bestimmten Anwendungen. Über die Funktionsweise von Kryptowährungen wird viel spekuliert und getrickst. In vielen Fällen sind die Anleger nicht in der Lage, strenge, ausgewogene und vollständige Informationen zu erhalten.

Wenn wir diese Probleme nicht angehen, befürchte ich, dass viele Menschen zu Schaden kommen werden."

Gary Gensler, Vorsitzender SEC

ICO's & Security Token

Auch zu ICO's und deren teilweise Einstufung als Wertpapier gab Gensler seine Gedanken preis und stimmte zu großen Teilen mit seinem Vorgänger Jay Clayton überein.

"Ich denke, der ehemalige SEC-Vorsitzende Jay Clayton hat es gut ausgedrückt, als er im Jahr 2018 aussagte: "In dem Maße, in dem digitale Vermögenswerte wie [Initial Coin Offerings, oder ICOs] Wertpapiere, sogenannte Securities, sind - und ich glaube, dass jedes ICO, das ich gesehen habe, ein Wertpapier ist - sind wir zuständig, und unsere Bundeswertpapiergesetze gelten.

Ich kann dem Vorsitzenden Clayton nur zustimmen. Die Leute, die diese Token kaufen, erhoffen sich in der Regel Gewinne, und es gibt eine kleine Gruppe von Unternehmern und Technologen, die sich für die Projekte einsetzen und sie vorantreiben. Ich glaube, dass wir heute einen Kryptomarkt haben, auf dem viele Token nicht registrierte Wertpapiere sein können, ohne die erforderlichen Angaben oder Marktaufsicht.

Das macht die Preise anfällig für Manipulationen. Das macht die Anleger verwundbar.

Im Laufe der Jahre hat die SEC Dutzende von Klagen in diesem Bereich angestrengt, wobei sie sich vorrangig mit Token-bezogenen Fällen befasst hat, bei denen es um Betrug oder andere erhebliche Schäden für Anleger ging. Wir haben noch keinen einzigen Fall verloren."

Gary Gensler, Vorsitzender SEC

DeFi Plattformen

"Als Nächstes möchte ich auf Krypto-Handelsplattformen, Kreditplattformen und andere Plattformen für "dezentrale Finanzen" (DeFi) eingehen.

In der Welt der Kryptofinanzierung gibt es jetzt Plattformen, auf denen man mit Token handeln kann, und andere Orte, an denen man Token verleihen kann. Ich glaube, dass diese Plattformen nicht nur die Wertpapiergesetze, sondern auch die Warengesetze und die Bankgesetze berühren können.

Auf einer typischen Handelsplattform gibt es mehr als 50 Token. Viele haben sogar weit mehr als 100 Token. Auch wenn der rechtliche Status jedes Tokens von den jeweiligen Fakten und Umständen abhängt, ist die Wahrscheinlichkeit, dass eine Plattform mit 50 oder 100 Token keine Wertpapiere besitzt, recht gering.

Die amerikanische Öffentlichkeit kauft, verkauft und leiht Kryptowährungen auf diesen Handels-, Leih- und DeFi-Plattformen, und es gibt erhebliche Lücken im Anlegerschutz.

Machen Sie keinen Fehler: Soweit es auf diesen Handelsplattformen Wertpapiere gibt, müssen sie sich nach unseren Gesetzen bei der Kommission registrieren lassen, es sei denn, sie erfüllen eine Ausnahmeregelung.

Machen Sie keinen Fehler: Wenn eine Leihplattform Wertpapiere anbietet, fällt sie ebenfalls in die Zuständigkeit der SEC."

Gary Gensler, Vorsitzender SEC

Facebook-Coin "Diem"

Auch auf die Bedenken der Zentralbanken und Regulierungsbehörden zum Stablecoin "Diem", der ehemals Libra hieß und von einem Konglomerat aus Facebook und anderen großen Firmen herausgegeben werden soll, ging Gensler ein.

"Viele von Ihnen haben von den Bemühungen von Facebook gehört, einen Stablecoin namens Diem (früher bekannt als Libra) zu etablieren.

Aufgrund der globalen Reichweite der Facebook-Plattform haben Zentralbanker und Regulierungsbehörden diesem Vorhaben große Aufmerksamkeit geschenkt. Dies liegt nicht nur an der allgemeinen Politik und den Bedenken gegenüber Kryptowährungen, sondern auch an den potenziellen Auswirkungen von Diem auf die Geldpolitik, die Bankenpolitik und die Finanzstabilität."

Gary Gensler, Vorsitzender SEC

Bitcoin-ETFs

Zum Abschluss signalisierte Gensler mehr oder minder grünes Licht für Bitcoin-ETFs und sagte, dass er sich darauf freue, kommende Einreichungen zu überprüfen.

"Als Nächstes möchte ich mich den Anlageinstrumenten zuwenden, die ein Investment in Kryptowährungen repräsentieren. Solche Anlagevehikel gibt es bereits, wobei das größte von ihnen seit acht Jahren existiert und mehr als 20 Mrd. USD wert ist [Anm. d. Redaktion er mein den Grayscale Trust]. Außerdem gibt es eine Reihe von Investmentfonds, die in Bitcoin-Futures an der Chicago Mercantile Exchange (CME) investieren.

Ich rechne damit, dass im Rahmen des Investment Company Act ('40) Anträge in Bezug auf börsengehandelte Fonds (ETFs) gestellt werden. In Verbindung mit den anderen Bundeswertpapiergesetzen bietet der '40 Act einen bedeutenden Anlegerschutz.

In Anbetracht dieses wichtigen Schutzes freue ich mich auf die Überprüfung solcher Einreichungen durch die Mitarbeiter, insbesondere, wenn diese auf an der CME gehandelten Bitcoin-Futures beschränkt sind."

Fazit

Gary Gensler bringt einiges an Fachwissen mit und seine Aussagen klingen in Anbetracht seiner Position durchweg vernünftig. Der frische Wind der durch ihn in die Securities and Exchange Commission gelangte, lässt uns hoffen, dass die Vorgaben und Richtlinien, welche die Aufsichtsbehörde künftig entwickeln und erlassen wird, nicht auf übereifrigem Aktionismus basieren werden. Wir sind gespannt, was Herr Gensler in den kommenden Jahren als Vorsitzender der mächtigsten Aufsichtsbehörde der Welt noch so alles bewegen kann.