Die Grayscale LLC ist der weltweit größte Vermögensverwalter für digitale Assets und kämpft nun bereits seit einiger Zeit darum, seinen Bitcoin-Treuhandfonds (Grayscale Bitcoin Trust - GBTC) in einen börsengehandelten Fonds (ETF) umwandeln zu können. Bisher lehnte die US-amerikanische Börsenaufsichtsbehörde SEC sämtliche Anträge für sogenannte Bitcoin Spot-ETFs (diese sind tatsächlich mit echten BTC und nicht nur mit Derivaten hinterlegt) ab. Auch der Wunsch auf Umwandlung des GBTC in einen Spot-ETF wurde nach mehrmaliger Vertagung der Entscheidung durch die SEC zurückgewiesen. Grayscale hat den Antrag auf Umwandlung seines Grayscale Bitcoin Trust in einen an den Spot-Markt gekoppelten Bitcoin-ETF erstmals 2016 gestellt. Da sich das Unternehmen ungerecht behandelt fühlte und die Entscheidungen der Börsenaufsicht auch von zahlreichen Experten stark infrage gestellt wurden, zog der Vermögensverwalter gegen die SEC vor Gericht.

In einer Anhörung am gestrigen Dienstag zweifelten die zuständigen Richter nun tatsächlich die Entscheidung der Securities and Exchange Commission an und äußerten Kritik in deren Richtung. Dies könnte einen Wendepunkt in dem inzwischen einige Jahre andauernden Streit um einen Bitcoin Spot-ETF einläuten.

Kritik an der SEC-Argumentation

Die mündlichen Verhandlungen im U.S. Berufungsgericht für den D.C. Bezirk wurden von den Richtern Sri Srinivasan, Neomi Rao und Harry Edwards geleitet. Ein zentraler Punkt der Argumentation der SEC war, dass der Antrag von Grayscale nicht genügend Daten enthielt, um "zuverlässig zu bestimmen, ob Betrug und Manipulation im Spot-Markt Futures-Märkte in gleicher Weise beeinflussen". Die SEC hatte argumentiert, dass Futures-ETFs widerstandsfähiger gegen Manipulation seien als Spot-Märkte. Die Richter des Berufungsgerichts zweifelten an der Logik der SEC, einen Unterschied zwischen den Spot- und Futures-Marktpreisen von Bitcoin zu ziehen.

Die Richterin Rao fragte, wie die SEC das Verhältnis zwischen Bitcoin-Futures und Spot-Preisen verstehe und wo der Unterschied ihrer Meinung nach liege, wenn die beiden fast immer parallel verlaufen. Sie forderte die SEC auf, Beweise dafür vorzulegen, dass die Behauptungen von Grayscale falsch sind, und erklärte, dass es viele Informationen darüber gebe, wie diese Märkte zusammenwirken.

"Es scheint, als gäbe es ziemlich viele Informationen darüber, wie diese Märkte zusammenarbeiten. [...] Sie bewegen sich in 99,9 % der Fälle gemeinsam. Wo ist also der Unterschied nach Ansicht der Kommission? [...] die Kommission muss wirklich erklären [...], wie sie die Beziehung zwischen Bitcoin-Futures und dem Spotpreis von Bitcoin interpretiert."

Richterin Neomi Rao

Richterin Neomi Rao.
Foto: Dcwonkywonk (CC BY-SA 4.0)

Ablehnung willkürlich?

Das Unternehmen Grayscale argumentierte, dass die Ablehnung seines ETF-Antrags "willkürlich" sei, und betonte, dass es durch die Umwandlung von GBTC in einen ETF von der SEC reguliert werden möchte. Vertreten wurde Grayscale durch den ehemaligen US-Generalstaatsanwalt Don Verrilli. Dieser erklärte, dass die Entscheidung der SEC, den Antrag von Grayscale abzulehnen, im Widerspruch zu früheren Entscheidungen stehe, futuresbasierte ETFs zum Handel in den USA freizugeben. Er bezeichnete die Ablehnung des Antrags als "Definition willkürlicher Entscheidungsfindung" und argumentierte, dass ein Spot-Markt-ETF von Grayscale dasselbe "Risiko von Betrug und Manipulation" aufweisen würde wie derzeit bereits zugelassene Bitcoin-Produkte.

Fazit

Derzeit werden GBTC-Anteile aufgrund der Produktstruktur zu einem erheblichen Discount zum tatsächlichen Wert der darin gehaltenen Bitcoin gehandelt. Wenn das Produkt in einen Spot-Markt-ETF umgewandelt würde, würden die Anteile wahrscheinlich näher am Bitcoin-Preis notieren.

Insgesamt lässt sich sagen, dass die mündliche Verhandlung im Fall von Grayscale gegen die SEC ein wichtiger Meilenstein ist und das Potenzial hat, sowohl den Kryptowährungsmarkt als auch den ETF-Markt zu beeinflussen. Die Richter stellten kritische Fragen zur Entscheidungsfindung der SEC und betonten die Notwendigkeit einer Erklärung der Behörde zu der Beziehung zwischen Bitcoin-Futures und dem Spot-Preis von Bitcoin. Auf der anderen Seite argumentierte die SEC, dass Grayscales Anwendung nicht ausreichend Daten enthielt, um festzustellen, ob Betrug und Manipulation auf dem Spot-Markt Futures-Märkte in gleicher Weise beeinflussen.

Es bleibt abzuwarten, wie die Richter in diesem Fall entscheiden werden. Wenn Grayscale gewinnt, könnte dies die Türen für weitere Bitcoin-ETFs öffnen und den Preis von Bitcoin langfristig in die Höhe treiben. Andererseits befürchten einige, der Preis könnte kurzfristig durch Arbitrage-Handel stark abfallen, da sich die Preise von dem GBTC-ETF und dem aktuellen Spot-Preis angleichen würden. Allerdings wären die Effekte vermutlich relativ gering, da der aktuelle Discount auf den GBTC-Preis primär durch eine hohe Unsicherheit entsteht, die Anteile wieder verkaufen zu können. Diese könnte bei der Umwandlung in einen ETF schlagartig verschwinden und sich der Preis für GBTC Anteile stärker dem Spot-Preis annähern als umgekehrt. Das neue Preis-Equilibrium entstünde vermutlich deutlich näher am Spot- als am GBTC-Preis.

Ferner könnte eine Entscheidung zugunsten der SEC bedeuten, dass es weiterhin keine genehmigten Bitcoin-ETFs auf dem US-Markt geben wird, was den Preis von Bitcoin ebenfalls kurzfristig beeinflussen könnte. In jedem Fall wird dieser Prozess voraussichtlich Auswirkungen auf den Kryptowährungsmarkt und die Regulierung von ETFs haben.

Vom Markt wurde die von den Richtern geäußerte Kritik jedenfalls positiv aufgenommen. Der GBTC-Preis ist seit gestern Abend um fast 10% gestiegen und liegt derzeit bei etwa 13 US-Dollar pro Anteil.

Leider ist die Tonqualität nicht die allerbeste, aber wer die Anhörung verfolgen möchte, kann sich diese hier anhören.

Video


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