Der Start der Bitcoin-Spot-ETFs war trotz fehlendem Kursanstieg ein Erfolg, doch die Abflüsse von Bitcoin aus dem Grayscale-ETF (GBTC) wurden von vielen unterschätzt. Der US-amerikanische Hedgefonds-Manager Anthony Scaramucci hat in einem Interview mit Yahoo Finance während des Jahrestreffens des Weltwirtschaftsforum (World Economic Forum, WEF) in Davos die Regulierung von Kryptowährungen in den USA kritisiert. Dabei thematisierte er auch kurz die 30-Tage-Frist, die Käufer des Bitcoin-Trusts von Grayscale (GBTC) beim Verkauf ihrer Anteile einhalten müssen, um den Vermögenswert erneut zu erwerben und gleichzeitig die Verluste steuerlich geltend machen zu können. 

Wash-Sale-Regeln

Die 30-Tage-Frist ist in den USA Bestandteil der sogenannten Wash-Sale-Regeln. Steuerlich kann es von Vorteil sein, wenn man Vermögenswerte mit einem Verlust verkauft, denn man kann die Verluste von den realisierten Gewinnen abziehen. Ohne realisierte Kapitalgewinne könnte man pro Jahr bis zu 3000 US-Dollar Verluste vom steuerpflichtigen Einkommen abziehen und somit die Steuerzahlungen reduzieren.

Theoretisch könnten Anleger ihre Vermögenswerte mit Verlust verkaufen, nur um diese Steuervorteile zu erzielen und kurz darauf den gleichen Vermögenswert erneut zu kaufen. Dadurch würde sich ihr Engagement in dieser Anlage bzw. der Zustand ihres Portfolios nicht wirklich verändern – durch den Verkauf und Kauf des Vermögenswerts würde die Anlage „gewaschen“ und die Kapitalverluste steuerlich geltend gemacht.

Genau das soll durch die Wash-Sale-Regeln verhindert werden. Wenn die Anleger ihre Verluste von dem steuerpflichtigen Anteil abziehen wollen, dürfen sie 30 Tage vor und nach dem Verkauf eines Vermögenswertes den gleichen Wert nicht erneut kaufen. Bei Aktien könnte man einfach die Aktien eines anderen Unternehmens (auch aus der gleichen Branche) erwerben, um diese Regel zu umgehen. Bei den Bitcoin-ETFs sieht das jedoch anders aus, weil hier der zugrunde liegende Basiswert entscheidend ist: Die Bitcoin-ETFs der verschiedenen Emittenten sowie Spot-BTC-Käufe gelten als ein und derselbe Vermögenswert. Somit können diejenigen, die die Verluste beim Verkauf von GBTC steuerlich geltend machen wollen, erst nach 30 Tagen erneut Bitcoin oder andere Bitcoin-ETFs kaufen.

Erhöhte Nachfrage nach 30 Tagen?

In Anbetracht der Wash-Sale-Regeln und der 500 Millionen US-Dollar, die in den letzten Handelstagen täglich aus dem Grayscale-ETF abflossen, könnte man im nächsten Monat enorme Käufe erwarten. Doch letztlich hängt dies von den GBTC-Verkäufen ab, die tatsächlich auch Verluste gemacht haben. Die meisten Verkäufe stellen zwar eine Umschichtung weg von GBTC dar, um Gebühren zu sparen, doch aufgrund des Kursanstiegs und der Rabatte beim Kauf von GBTC verzeichnen die meisten GBTC-Halter sehr gute Gewinne und bräuchten demnach nicht auf die Wash-Sale-Regeln zu achten.

Bitcoin-Urgestein Adam Back hat das Thema in einem Post auf 𝕏 aufgegriffen. Seinen Einschätzungen zufolge kommt nur eine geringe Anzahl von Anlegern infrage, die durch den Kauf von GBTC momentan im Minus sind und somit mit einem Verkauf Verluste realisieren würden.

Es betrifft die Leute, die das Top im Feb-Mai 2021 gekauft haben. Ich schätze, dass das spätere ATH von Aug 2021 - April 2022 jedoch innerhalb des Zeitraums der starken Rabatte für $GBTC lag. Also würden sie wahrscheinlich trotz des Kaufs eines Tops einen Gewinn erzielen. […]

Adam Back auf 𝕏

Es geht also um die Anleger, die GBTC zwischen Februar und Mai 2021 gekauft haben. Wenn sie ihre Anteile jetzt mit Verlust verkaufen und diesen steuerlich geltend machen wollen, müssten sie 30 Tage warten, um ihr Geld in andere Bitcoin-ETFs zu investieren. Die Anzahl der Anleger, die in diesem Zeitfenster gekauft haben, müsste jedoch sehr gering sein, schätzt Back. Dementsprechend gering dürften dann auch die erneuten Käufe von Bitcoin oder Bitcoin-ETFs sein, die die betroffenen Anleger nach 30 Tagen tätigen könnten. Alternativ könnten die Anleger über eine Investition in MicroStrategy-Aktien nachdenken. Dies würde nämlich ein Kauf eines anderen Vermögenswerts darstellen, der aber trotzdem stark an Bitcoin gebunden ist. Dabei müssten sie die 30-Tage-Frist nicht beachten.