Kochender See in den USA - Blocktrainer vs. Bitcoin Bullshit

Als langjähriger Bitcoin-Fan ist man normalerweise daran gewöhnt, dass von Zeit zu Zeit Artikel und Beiträge in den Mainstream Medien erscheinen, die entweder schlecht recherchiert sind oder gar einer (politischen?) Agenda folgen und bewusst Lügen verbreiten. Man hat in der Vergangenheit schon so einige Texte gelesen und Reportagen gesehen, die Bitcoin und/oder Kryptowährungen im Allgemeinen in vielerlei Hinsicht verteufelten und versuchten in ein schlechtes Licht zu rücken. Während man vor einigen Jahren im Zusammenhang mit Bitcoin hauptsächlich auf Schlagworte wie "Schneeballsystem", "Nur für Kriminelle", "Kinderpornografie", "Drogen", "Lösegeldforderungen" oder "Steuerhinterziehung" stieß, sind es dieser Tage die angeblich stark negativen Umweltaspekte des Bitcoin-Netzwerks, die von Kritikern gerne angeführt werden. Vom "Klimakiller Bitcoin" und "bitcoin boils the oceans" ist die Rede.

Ein See wird zum Whirlpool

Seit ca. zwei Tagen macht allerdings eine neue Story die Runde, die anfangs nur in den USA thematisiert, mittlerweile aber auch hierzulande von einigen Zeitungsverlagen aufgegriffen wurde und von einigen Bitcoin-Gegnern, wie dem Linken-Politiker Fabio De Masi als Argumentationsgrundlage verwendet wird.

Wie beispielsweise Beiträgen aus dem Stern oder von t3n zu entnehmen ist, soll eine Bitcoin-Mining-Anlage von Greenidge Generation an den Ufern des Seneca Sees im US-Bundesstaat New York daran schuld sein, dass sich dessen Wassertemperaturen kürzlich stark aufheizten. Von Temperaturen "wie in einem Whirlpool" ist sogar die Rede.

Tatsächlich nutzt Greenidge Seewasser zur Kühlung seiner rund 8.000 ASIC-Miner. Dafür werden über 500 Millionen Liter Seewasser pro Tag angesaugt und anschließend wieder in den See abgeben. Laut der örtlich geltenden Umweltschutzbestimmungen darf im Sommer das abgegebene Wasser bis zu 42 Grad Celsius warm sein, im Winter immer noch 30 Grad. Wie NBC News berichtete, kam es deswegen im kleinen Städtchen Dresden, NY, welches direkt am See und unweit der Mining-Anlage gelegen ist, zu einem Protest einiger Anwohner, da diese wohl fürchten, dass das etwas wärmere, in den See zurückgeführte, Wasser dafür verantwortlich sei, dass der See mittlerweile Badewannen-Temperatur hat. Genaue Angaben wie etwa die tatsächliche Wassertemperatur werden nicht gemacht.

„Der See ist so warm, dass man sich fühlt, als wäre man in einem Whirlpool“

Adi Buddington, Bewohnerin Dresden, NY, zu NBC News

Ernstzunehmender Umweltaspekt oder Fake News?

Der oberflächliche Leser könnte aufgrund dieser Aussagen natürlich direkt annehmen, dass der "Klimakiller Bitcoin" wieder zugeschlagen hat und alle Pflanzen, Fische und andere Seebewohner bald verenden oder sich ein neues Zuhause suchen müssen. Wir wollen in diesem Beitrag jedoch etwas genauer hinsehen. Ist die Angst von Adi Buddington berechtigt? Ist ihre Aussage, dass der See mittlerweile stark aufgeheizt ist überhaupt wahr oder handelt es sich nur um Unfug oder gar eine Schmutzkampagne aufgebaut auf übertriebenen Ansichten und Falschinformationen?

Einige Bitcoiner, wie z.B. @Level39 vom Bitcoin Maganzine versuchten direkt den Fake News mit Fakten entgegen zu treten. Der bekannte und beliebte Bitcoin-Advocat Nic Carter bezeichnete "diese Whirpoolsache als einen der dümmsten Angriffe gegen Bitcoin, die es je gab."

"Jeder, der an der Verbreitung dieses offensichtlichen Unsinns beteiligt ist, sollte sich ernsthaft den Kopf durchchecken lassen."

Nic Carter

Fakten vs. Fake News

Level39 recherchierte einige Fakten zur Vergangenheit der Anlage von Greenidge und fasste diese in einem Twitter-Thread zusammen. Gebaut wurde sie im Jahr 1937 - zunächst als Kohlekraftwerk. Im Jahr 2011 wurde die Anlage dann jedoch vom Netz genommen und still gelegt, bis sie im Jahr 2017 von der Atlas Holding übernommen und zum Mining-Betrieb mit Erdgas umgebaut wurde. Wie bereits weiter oben erwähnt arbeitet Greenidge Generation innerhalb der Rahmenbedingungen der Umweltbehörden. Seit Januar 2020 ist die Anlage nun wieder in Betrieb und im Übrigen durch den Kauf sogenannter "Carbon Credits" auf dem besten Weg nahezu vollständig CO2-Neutral zu arbeiten.

Die Temperatur im See

Wenn man bedenkt, dass der See knapp 16 Kubikkilometer groß ist und entsprechend fast 16.000.000.000.000 Liter Wasser fasst, würde ein Austausch von den angegebenen 500 Millionen Litern Wasser pro Tag nur einen Anteil von 0,00003125 also nur ca. 0,003% ausmachen. Reicht das wirklich, um den See zu erhitzen? Wir haben da doch so unsere Zweifel, denn das ganze wäre damit vergleichbar, ca. drei Tropfen aus einem 10-Liter-Eimer herauszunehmen, diese drei Tropfen um sechs bis sieben Grad zu erwärmen und wieder in den Eimer zurück zu geben. Ob sich der Eimer dadurch tatsächlich signifikant erhitzen würde, das kann sich jeder selbst denken.

Um den Wahrheitsgehalt der oben getroffenen Aussagen zu den whirlpoolähnlichen Wassertemperaturen zu überprüfen, wäre es natürlich hilfreich einen Blick auf die tatsächlichen Temperaturen werfen zu können. Glücklicherweise ist uns genau dies möglich, denn diese Daten werden öffentlich vom, in der Finger-Lakes Region ansässigen, Hobart and William Smith College zur Verfügung gestellt.

Lasst uns zunächst einen Blick auf die aktuellen Wassertemperaturen der vergangenen Tage und Wochen werfen:

Wassertemperaturen Lake Seneca 2021

Die Durchschnittstemperatur seit April 2021 lag zwischen 15° Celsius und 27° Celsius. Einerseits kenne ich kein Whirpool oder Badewanne, die lediglich 27° Celsius "warmes" Wasser eingefüllt hat, andererseits sollte man bedenken, dass die USA in denen letzten Tagen unter einer enormen Hitzewelle zu leiden hatten und auch diese für die derzeitigen Wassertemperaturen verantwortlich sind. Um dies zu bestätigen, sollten wir uns entsprechend die See-Daten aus den vergangenen Jahren ansehen. Wir erinnern uns, im Jahr 2020 wurde die Greenidge Anlage wieder für das Bitcoin Mining in Betrieb genommen. Schauen wir nun also auf die Jahre 2019 und früher:

2019
2018

Die Wassertemperatur in den beiden Jahren 2019 und 2018 waren in der Tat etwas (wenn auch nicht signifikant) niedriger als das Jahr 2021 bisher. Auch hier lag die Jahreshöchsttemperatur zwischen 25° Celsius und 27° Celsius. Interessant wird es jedoch, wenn wir uns die beiden Jahre 2017 und 2016 näher ansehen.

2017
2016

Die beiden Jahre 2017 und 2016 waren so heiß, dass die Extremwerte buchstäblich nicht mehr auf die Temperaturskala passten. Die maximalen Durchschnittstemperaturen lagen damals jenseits der 30° Celsius und das alles obwohl die Greenidge Anlage damals noch still gelegt war und auch die Außentemperaturen im vergleich zu diesem Jahr eher niedriger waren.

Fazit

Sowohl die Mathematik, als auch die öffentlichen Daten und Fakten haben uns gezeigt, dass diese Meldung mal wieder nichts weiter als Stimmungsmache gegen Bitcoin sind. Der See wurde weder wärmer, noch hätte die Mining-Anlage daran auch nur in irgendeiner Form Einfluss darauf, wenn es denn so wäre. Aus diesem Grund gilt, wenn ihr mit derlei Aussagen konfrontiert werdet immer: "Don't trust, verify" - "Nicht blind glauben, sondern selbst die Fakten checken!"