Jerry Brito und Peter van Valkenburg vom Washingtoner Coin Center, einem Think Tank, der sich mit rechtlichen und politischen Fragen rund um Bitcoin und den gesamten Kryptomarkt beschäftigt, haben in der vergangenen Woche einen sehr spannenden Beitrag veröffentlicht. In diesem warnen die beiden Autoren vor einem neuen Gesetzesentwurf im Rahmen des America COMPETES Act 2022 (ACA) der dem amerikanischen Finanzministerium quasi einen "Blankoscheck" ausstellen würde, um Kryptowährungen an Börsen zu verbieten. Genau genommen würde es eine Bestimmung im ACA dem Finanzministerium sogar ermöglichen, jede Art von Transaktion (nicht nur Krypto-Transaktionen) zu verbieten, die es als "bedenklich" betrachtet. Und das einfach durch die Hintertür und ohne die Öffentlichkeit davon in Kenntnis setzen zu müssen.

Brito und Van Valkenburg schreiben:

"Wir haben gerade eine Formulierung im America COMPETES Act 2022 entdeckt, die alle Verwaltungsverfahren und Sicherheitsvorkehrungen durch die Verhängung sogenannter "Sondermaßnahmen" im Bank Secrecy Act entfernen und gleichzeitig die Befugnis für solche Verbote auf Kryptowährungsaktivitäten ausweiten würde. Kurz gesagt, würde es dem Finanzminister einen unkontrollierten Ermessensspielraum geben, um Finanzinstitutionen (einschließlich Kryptowährungsbörsen) zu verbieten, ihren Kunden Zugang zu Kryptowährungsnetzwerken anzubieten. Der Minister wird diesen Ermessensspielraum vielleicht nicht sofort nutzen, aber es ist keine Macht, die das Ministerium haben sollte."

- Jerry Brito & Peter Van Valkenburgh

Worum geht es?

Kern der Bedenken um den neuen Gesetzesentwurf sind die Befugnisse für den Finanzministerium im Rahmen sogenannter "Sondermaßnahmen" im 31 U.S. Code § 5318A. Insgesamt fünf dieser Maßnahmen werden im genannten Artikel definiert.

Die ersten vier "Special measures" erlauben es dem Finanzministerium, Finanzinstitute anzuweisen, die Transaktionen ihrer Kunden außerordentlich zu überwachen und aufzuzeichnen (denken Sie daran, dass jedes Detail Ihrer Transaktionsaktivitäten jetzt direkt in eine Strafverfolgungsakte einfließt). Die Fünfte erlaubt es dem Finanzministerium, Finanzinstitute anzuweisen, ihren Kunden jegliche Transaktionen zu untersagen. Sobald der Finanzminister eine Aktion mit "Geldwäscheverdacht" begründet, stehen ihm diese Befugnisse zur Verfügung.

Wenn der Finanzminister zum Beispiel der Meinung ist, dass entweder ein anderes Land, eine ausländische Kryptobörse, alle Kryptowährungstransaktionen, die von einem Miner außerhalb der USA validiert werden, oder alle selbstverwalteten Wallets "von primärem Interesse für die Geldwäsche" sind, dann kann er es jedem US-Finanzinstitut (einschließlich regulierter Kryptowährungsbörsen) schnell verbieten, Konten für Kunden zu führen, die diese "Bedenken" betreffen.

"Es handelt sich um einen (absichtlichen oder nicht absichtlichen) Versuch, die moralische Panik im Zusammenhang mit der kriminellen Nutzung von Kryptowährungen (wie die Ergebnisse der Bestimmung zeigen) zu nutzen, um unsere Überwachungsgesetze von allen öffentlichen Verfahren zu befreien. Selbst wenn man sich nicht besonders für Kryptowährungen interessiert, muss dieser Eingriff in die grundlegenden Rechte der Privatsphäre abgelehnt werden."

- Jerry Brito & Peter Van Valkenburgh

Zusammengenommen bedeuten diese Änderungen, dass der Sekretär in der Lage wäre, Maßnahmen gegen Finanzinstitute durch jedes beliebige Verfahren zu verhängen (selbst ein Telefonanruf eines stellvertretenden Staatsanwalts würde angesichts dieser nicht vorhandenen Verfahrensgarantien wahrscheinlich ausreichen). Außerdem kann er jegliche öffentliche Bekanntmachung und Kommentierung vermeiden, um die Öffentlichkeit nicht auf die Maßnahmen aufmerksam zu machen. Obwohl diese Maßnahmen nicht durch eine rechtliche Verordnung erlassen wurden, würden sie permanent und auf unbestimmte Zeit gelten.

Kurz gesagt, die Formulierung ermächtigt den Minister faktisch dazu, irgendwelche (oder sogar alle) Kryptowährungstransaktionen bei Finanzintermediären zu verbieten, ohne dass ein Verfahren, ein Regelwerk oder eine Begrenzung der Dauer des Verbots erforderlich ist.

Verstoß gegen Rechtsstaatlichkeit

Dies ist ein gefährlich autoritärer Ansatz zur Lösung des Problems der Geldwäsche und die beiden Autoren Brito und van Valkenburg sehen einen Verstoß gegen die US-amerikanische Gewaltenteilung und die Rechtsstaatlichkeit.

"Der Kongress und nur der Kongress, ist durch unsere Verfassung ermächtigt, Gesetze zu erlassen; nicht gewählten Beamten des Finanzministeriums die unklare Befugnis zu erteilen, zu entscheiden, dass bestimmte Kundenaktivitäten bei Banken und anderen Finanzinstituten an einem Tag gesperrt werden können und am nächsten nicht, ist verfassungswidrig, ungerecht und genau das, was man von einem totalitären Regime erwarten würde, nicht von einer gut funktionierenden Demokratie."

- Jerry Brito & Peter Van Valkenburgh

Nach Ansicht der zwei Coin Center-Experten hat der Gesetzesentwurf leider relativ gute Chancen, um beide Häuser im Kongress zu passieren und verabschiedet zu werden. Brito und van Valkenburg wollen sich dafür einsetzen, dies zu verhindern und bitten um die Mithilfe der Bitcoin- und Kryptocommunity in den Vereinigten Staaten von Amerika. Die Leserinnen und Leser des Beitrags sollen sich mit der Bitte, sich dafür auszusprechen, die entsprechenden Passagen im ACA zu streichen, an ihr jeweils zuständiges Kongressmitglied wenden.

Die Aussicht auf Erfolg ist leider relativ gering. Es bleibt wohl nur die Hoffnung, dass das Finanzministerium die ihm zur Verfügung gestellte Macht nicht leichtfertig ausnutzt oder dass im Zuge der sich anbahnenden Regulierungswelle in den USA neue Gesetze geschaffen werden, die die Verordnung im ACA übertrumpfen können.