Wie mehrere US-Medien bereits am gestrigen Abend vermeldeten, soll die Übernahme des Kurznachrichtendienstes Twitter durch den Tesla- & SpaceX-Chef Elon Musk nun doch in trockenen Tüchern sein. Laut den Medienberichten zahlt Musk die Anteilseigner mit 52,20 US-Dollar je Aktie aus. Die Gesamtsumme beläuft sich somit auf rund 44 Milliarden US-Dollar. Das bis dato öffentlich gehandelte Unternehmen Twitter soll nun von der Börse genommen und zu einem reinen Privatunternehmen werden.

Eine offizielle Meldung zum Kauf gibt es noch nicht. Der Unternehmer, der selbst bei Twitter aktiv ist und mit 110,5 Millionen Followern den weltweit drittgrößten Account besitzt (nur Katie Perry und Barack Obama haben mehr Follower) aktualisierte jedoch bereits sein eigenes Profil und fügte diesem die Beschreibung "Chief Twit" und als Standort "Twitter HQ" hinzu. Sein heute Morgen abgesetzter Tweet "the bird is freed", zu Deutsch "der Vogel wurde befreit", ist bereits jetzt mehr oder minder legendär und eine Anspielung auf die Kritik, die Musk in den vergangenen Monaten gegenüber der Twitter-Führung äußerte. Das Twitter-Logo ist, wie die meisten Leserinnen und Leser wissen dürften nämlich ein blauer Vogel.

Führungsriege entlassen

Laut übereinstimmenden Meldungen soll der neue Twitter-Eigentümer in seiner ersten Amtshandlung den bisherigen CEO Parag Agrawal sowie einige weitere Führungspersönlichkeiten des Unternehmens entlassen haben. Berichte, wonach er außerdem plane etwa drei Viertel der gesamten Belegschaft zu kündigen, wies der Tech-Milliardär bereits im Laufe dieser Woche ab. Gleichwohl wird es wohl dennoch zu einem Stellenabbau kommen, denn auch die alte Führung hatte bereits entsprechende Pläne. Um Personalkosten im hohen neunstelligen Bereich einzusparen, sollte bis Ende 2023 etwa ein Viertel der Belegschaft entlassen werden. Ob Musk diese Pläne so oder in ähnlicher Form ebenfalls durchziehen wird, bleibt abzuwarten.

Einfluss auf die Bitcoin-Community

Twitter ist für die Bitcoin-, aber auch die gesamte Krypto-Community in den vergangenen Jahren zu einer sehr wichtigen Austauschplattform geworden. Ein Großteil der relevanten aber auch irrelevanten Diskussionen zu News, geplanten Neuerungen und anderen Geschehnissen im Bitcoin Kosmos findet mittlerweile beim Kurznachrichtendienst statt. Man kann Twitter also durchaus einen großen Einfluss auf die Bitcoin-Community attestieren. Allein in der Woche von 21.10.22 bis heute gab es zum Hashtag #Bitcoin mehr als eine Million Tweets. Fairerweise muss hierbei jedoch angemerkt werden, dass ein Großteil der Tweets vermutlich auch von Bots stammt. Dieses Thema wird im weiteren Verlauf dieses Beitrags ebenfalls noch wichtig werden.

Tweetbinder
Allein in der vergangenen Woche gab es mehr als eine Million Tweets zum #Bitcoin.
Quelle: tweetbinder.com

Fluch oder Segen für die (Bitcoin-)Community?

Ob sich dieser Einfluss in der Hand von Elon Musk zu einem Fluch oder Segen entwickelt ist unklar und die Meinungen dazu gehen stark auseinander. Für die einen ist der Tech-Milliardär ein Heilsbringer, der Twitter zu einer freieren und besseren Plattform entwickeln könnte. Er selbst kritisierte stets, dass der Kurznachrichtendienst zusehends von Zensur und zu starken Einschränkungen der Meinungsfreiheit betroffen sei. Genau an diesem Punkt befürchten Kritiker der Übernahme jedoch, dass diese zu einem Fluch für die gesamte Twitterlandschaft werden könnte. Da Musk immer wieder betonte, Twitter freier zu machen und lebenslange Sperren, wie die vom ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump aufzuheben, fürchten viele User, dass die Plattform bald voll von Hetze, Hassrede und Fake News sein könnte.

Keine Höllenlandschaft

Der neue Eigentümer veröffentlichte jedoch bereits gestern eine Stellungnahme, in der er deutlich machte, dass es ganz und gar nicht in seinem Interesse liegt, Twitter zu einer "frei zugänglichen Höllenlandschaft" werden zu lassen. Anders als viele glauben, gehe es ihm bei der Übernahme in keinster Weise darum, mit Twitter mehr Geld zu verdienen, so Musk.

"In ihrem unerbittlichen Streben nach Klicks haben viele traditionelle Medien diese polarisierenden Extreme angeheizt und bedient, weil sie glauben, dass damit Geld zu verdienen ist, aber dabei geht die Möglichkeit des Dialogs verloren. Aus diesem Grund habe ich Twitter gekauft. Ich habe es nicht getan, weil es einfach wäre. Ich habe es nicht getan, um mehr Geld zu verdienen. Ich habe es getan, um zu versuchen, der Menschheit zu helfen, die ich liebe. Und ich tue dies mit Bescheidenheit, weil ich weiß, dass ein Scheitern bei der Verfolgung dieses Ziels trotz unserer besten Bemühungen eine sehr reale Möglichkeit ist.

Abgesehen davon kann Twitter natürlich nicht zu einer Höllenlandschaft werden, in der alles gesagt werden kann, ohne dass es Konsequenzen hat. Unsere Plattform muss sich nicht nur an die Gesetze des Landes halten, sondern muss auch warmherzig und einladend für alle sein, so dass man sich die gewünschte Erfahrung nach seinen Vorlieben aussuchen kann, so wie man zum Beispiel auch Filme oder Videospiele für alle Altersgruppen bis hin zu erwachsenen Spielern sehen kann."

Elon Musk

Wie in dem Statement zu entnehmen ist, sieht Elon Musk aber auch durchaus die Gefahr des Scheiterns, bei seinem Vorhaben. Die Angst, Twitter könnte zu einer Echokammer für radikalisierten, extremen, intoleranten und hasserfüllten Content werden, ist zumindest nicht komplett unbegründet.

Das Ende für Bots?

Was Musk auch im Vorfeld oft kritisierte und was auch immer wieder Teil der Debatten im Zuge der Übernahme war, ist der bisherige Umgang von Twitter mit Bots. Gerade im Bitcoin- und Krypto-Bereich haben Bots mittlerweile vollkommen überhandgenommen. Sobald ein bekannter Krypto-Influencer eine Message absetzt oder ein Tweet den Hashtag #Bitcoin #BTC oder Ähnliche enthält, fluten zahlreiche Bots die Kommentare und versuchen die Leute in verschiedenen Betrugsmaschen zu verfangen. Damit einhergehen auch Fake-Profile, die sich als bekannte und einflussreiche Personen aus der Bitcoin-Community ausgeben und deren Profil bis ins Detail kopieren, um ahnungslose Nutzer ebenfalls durch Abzocker-Maschen um ihr Geld zu bringen. Für die betroffenen Accounts ist es ohne das Zutun von Twitter leider unmöglich, der Sache Herr zu werden. Dies ist ein enormes Problem, welches das Unternehmen endlich in den Griff bekommen muss, da es zum einen die Nutzererfahrung stark beeinträchtigt und zum anderen Menschen dadurch Opfer von Betrug werden.

Bots
Solchen Bots geht es künftig hoffentlich an den Kragen!

Gerade bei diesem Punkt versprechen sich viele Nutzerinnen und Nutzer eine positive Veränderung nach der Musk-Übernahme, da er selbst seit Langem einer der größten Kritiker der laschen Handhabe gegenüber diesen Bots und Fake-Profilen ist.

DOGE & Musks eigenartiger Humor

In der Vergangenheit nahm Musk mit seinen Tweets zu Bitcoin oder der MEME-Kryptowährung Dogecoin immer wieder Einfluss auf die jeweiligen Kurse. In einer Anwandlung von seltsamem Humor, brachte Musk durch Aussagen und Aktionen zahlreiche ahnungslose Menschen dazu, in den Hundecoin zu investieren. Schließlich ging es sogar so weit, dass sein Unternehmen Tesla mittlerweile DOGE für Bezahlungen im Merchandise-Shop annimmt. Mit völlig abstrusen Aussagen, die technisch in keinster Weise haltbar sind und waren, philosophierte der Milliardär mehrfach über DOGE und essen Zukunft und erklärte, dass er den Hundecoin mehr oder minder nur deswegen promotet, weil er es ironisch fände, wenn eine Spaßwährung zur Weltwährung würde. Einige Twitter-User aus der Bitcoin-Community fürchten bereits, dass Musk auch für den Kurznachrichtendienst bereits Pläne schmiedet, wie er Dogecoin in den Service integrieren könnte.

Oder doch Bitcoin?

Obwohl Elon Musk oft unsinnige und teilweise falsche Aussagen zu Bitcoin brachte, muss man ihm dennoch zugutehalten, dass er durchaus ein Verfechter der größten Digitalwährung ist. Er selbst betonte mehrfach, dass er selbst Bitcoin besitze und dass sein Unternehmen Tesla, ebenfalls relativ groß in Bitcoin investiert ist, ist öffentlich bekannt. Bereits als erste Gerüchte laut wurden, dass er Twitter übernehmen könnte, hatte sich Musk in einem virtuellen Meeting mit der Belegschaft dafür ausgesprochen, digitale Payments sowohl via Fiat als auch Kryptowährungen, wie dem Bitcoin, bei Twitter zu integrieren, da dies einfach „Sinn ergeben würde“. Zwar sind bei dem Kurznachrichtendienst in der "Tipping-Funktion" bereits Bitcoin-Zahlungen integriert, einige Bitcoin-Befürworter versprechen sich durch die Musk-Übernahme eine tiefgreifendere Integration.

Fazit

Ob der neue Twitter-Chef Musk nun Fluch oder Segen für die Twitter- und insbesondere die dort vertretene Bitcoin-Community sein wird, bleibt abzuwarten. Es gibt einige Aspekte, die darauf hindeuten, dass Elon Musk die Twitter-Nutzererfahrung für alle User durchaus verbessern könnte. Durch die Privatisierung von Twitter und das Delisting von der Börse, muss das Unternehmen nicht mehr zwangsweise auf maximalen Profit aus sein. Elon Musk machte deutlich, dass es ihm bei dem Deal nicht um Geld geht und wer ihn bereits länger verfolgt wird dazu neigen, ihm dies auch zu glauben. Trotzdem stehen er und Twitter vor zahlreichen Problemen, die gegebenenfalls nur sehr schwierig zu lösen sind. Ein Scheitern hält auch Musk selbst für möglich.

Die nächsten Monate werden spannend. Es wird spannend, zu sehen, wie Musk sich in seine Rolle als neuer Twitter-Chef einfindet. Spannend, wie das Unternehmen mit den Bots umgehen wird. Spannend, ob die Diskussionskultur wirklich "willkommen und warm" oder doch zu einer "Höllenlandschaft" mutieren wird. Spannend, ob Musk tatsächlich Pläne für eine Bitcoin- oder schlimmer Dogecoin-Integration vorantreiben wird. Spannend, ob die Twitter-Übernahme für den Milliardär nicht vielleicht der teuerste Fehleinkauf aller Zeiten werden wird.