Die University of Cambridge veröffentlichte gestern ihren neuesten Bericht zur Entwicklung der Miningindustrie und fand dabei heraus, dass die Volksrepublik China trotz des letztjährigen Bitcoin-Mining-Verbots noch immer der zweitgrößte Mining-Standort weltweit ist. Die USA bauten ihren Vorsprung als Mining-Hotspot indessen aus, aber auch aus Kasachstan und Russland gab es neue spannende Entwicklungen zu vermelden.

Cambridge bestätigt die Widerstandsfähigkeit von Bitcoin

Die Datenerhebung erfolgte von September 2021 bis Januar 2022. Dafür verwendete die Cambridge Universität die zur Verfügung gestellten Daten der Mining-Pools BTC.com, Poolin, ViaBTC und Foundry. Zuerst betonte der Bericht die Widerstandsfähigkeit des Bitcoin-Netzwerkes. Beim letzten veröffentlichten Bericht im August 2021, hatte das Bitcoin-Netzwerk mit den Folgen des chinesischen Mining-Verbots zu kämpfen. Die Hashrate erreichte bei der damaligen Datenerhebung einen Tiefststand von 57,47 Exahashes pro Sekunde (EH/s).

Der Trend kehrte sich jedoch schnell um, als die Miner begannen, ihren Geschäftsbetrieb ins Ausland zu verlagern. Bis Ende des Jahres hatte sich die Rechenleistung fast vollständig auf das Niveau vor dem Verbot erholt und erreichte am Jahresende wieder mehr als 190 EH/s. Auch nach der Datenerhebung des Berichtes setzte sich der Trend fort. Aktuell liegt die Hashrate des Bitcoin-Netzwerkes in etwa bei 225 EH/s. Dies bedeutet, dass von den Minern in jeder Sekunde 225 000 000 000 000 000 000 Hashes für neue Blöcke berechnet werden.

Die USA bauen ihre Führung aus

Als Nächstes sahen sich die Cambridge-Forscher die globale Verteilung der Hashrate an. Nach dem Mining-Verbot in China entwickelten sich die USA zum größten Standort für das Schürfen von Digitalwährungen, allen voran natürlich Bitcoin. Die Vereinigten Staaten bestätigten ihre Position als größter Mining-Standort und bauten ihren Vorsprung sogar aus. Laut der Cambridge Universität stieg der Anteil der Hashrate von amerikanischen Minern von 42,74 EH/s im August 2021 auf 70,97 EH/s im Januar 2022. Hochgerechnet auf das gesamte Netzwerk stieg damit der Anteil der amerikanischen Hashrate von 35,4% auf 37,84%.

Zum ersten Mal untersuchte das Forscherteam auch die Aufteilung der Netzwerkleistung innerhalb der USA. Die Daten zeigen, dass zwar in einer Vielzahl von Bundesstaaten Mining betrieben wird, jedoch alleine Georgia (30,76 %), Texas (11,22 %) und Kentucky (10,93 %) mehr als die Hälfte der gesamten Hashrate des Landes ausmachen. Vor allem der Bundesstaat Georgia ist hier eine Überraschung, denn bisher galt Texas als der wichtigste Mining-Standort. Die günstigen regulatorischen Umstände und die niedrigen Stromkosten dürften der ausschlaggebende Grund für die Beliebtheit Georgias sein.

Die Hashrate-Aufteilung nach US-Bundesstaaten. Quelle: Cambridge Universität

China feiert Comeback

Die größte Überraschung des Berichts ist die Rückkehr von China als Mining-Standort. Nach dem Verbot im Juni 2021 sank die gemeldete Hashrate für das gesamte Land in den Monaten Juli und August effektiv auf null. Doch die Hashrate stieg ab September 2021 plötzlich wieder auf 30,47 EH/s an. China liegt damit weltweit sogar auf dem zweiten Platz in Bezug auf die Mining-Kapazität (22,29 % des Gesamtmarktes).

Diese Entwicklung deutet stark darauf hin, dass sich in China eine illegale Mining-Untergrund-Bewegung geformt hat. Im Dezember letzten Jahres berichtete CNBC über das chinesische Bitcoin-Mining im Untergrund. Cambridge bestätigt die Daten und stellt fest, dass die Miner mit netzunabhängigem Strom weiterhin Bitcoins schürfen.

Cambridge bezieht die Zahlen aus den übermittelten Daten der Mining-Pools und kann daher nicht die genaue Netzwerkleistung Chinas bestimmen, denn um sich besser zu schützen, versuchen die chinesischen Miner ihre Identität mithilfe von VPNs oder anderen Proxy-Diensten zu verbergen. Der Anteil Chinas am Bitcoin-Netzwerk könnte demnach noch größer sein als bisher angenommen. Vor allem die Proxy-Dienste bieten den Miner einen zuverlässigen Schutz vor der chinesischen Strafverfolgungsbehörde, so die Cambridge-Forscher:

"Mit dem Eintreten des Verbots und dem Verstreichen der Zeit scheint es, dass die Miner im Untergrund selbstbewusster geworden sind und mit dem Schutz zufrieden sind, den lokale Proxy-Dienste bieten."

- Cambridge Universität

Weitere globale Entwicklungen

Aus dem letzten Cambridge Bericht ging hervor, dass sich Kasachstan zu einem Bitcoin-Mining-Zentrum entwickelte. Der günstige Strom und die Nähe zu China begünstigen den Umzug der Miner. Im September letztes Jahres stieg die Hashrate Kasachstans auf 27,31 EH/s und stellte damit 18,10% der gesamten Hashrate des Bitcoin-Netzwerks. Gegen Ende des Jahres kam es dann in Kasachstan zu wiederholenden Stromausfällen. Aufgrund der Stromknappheit im Lande nahm die Regierung eine strengere Haltung gegenüber Mining-Aktivitäten ein, indem sie die Steuern erhöhte und begonnen hatte, gegen nicht registrierte Bitcoin-Miner vorzugehen. Infolgedessen ist die Hashrate in Kasachstan im Januar 2022 auf 24,79 EH/s gesunken, was dazu führte, dass der Marktanteil des Landes auf 13,22% zurückging.

Neben Kasachstan ist Russland ein weiterer großer Verlierer und verzeichnet einen Rückgang der Hashrate von 13,56 EH/s im August 2021 auf 8,74 EH/s im Januar dieses Jahres. Diese Entwicklung erscheint zunächst überraschend, denn schließlich hat Russland im Norden viele günstige Energiequellen. Ein Grund für die Abwanderung der Miner könnte laut Cambridge die regulatorische Unsicherheit sein. Vor allem die russische Zentralbank äußerte sich in der Vergangenheit mehrmals negativ über Bitcoin und forderte sogar ein Verbot. Wichtig ist hierbei noch zu beachten, dass der Cambridge Bericht noch nicht den Ukraine-Krieg miteinbezogen hat. Amerikanische Mining-Unternehmen wie Compass-Mining mussten ihre Aktivitäten in Russland komplett einstellen. Deshalb ist mit einer weiteren Abnahme der Netzwerkleistung russischer Miner zu rechnen.

Kanada verzeichnete hingegen einen moderaten Anstieg seiner Hashrate von 11,54 EH/s im August 2021 auf 12,15 EH/s im Januar 2022, was aber zu einem Verlust des Marktanteils von 9,55% auf 6,48% führte, da die gesamte Netzwerk-Hashrate im selben Zeitraum deutlich schneller wuchs. Der einstige Top-10 Mining-Standort Iran meldete einen starken Rückgang der Hashrate von 3,75 EH/s (3,11 %) auf 0,23 EH/s (0,12 %) und fällt somit aus der Liste der wichtigsten Mining-Standorte.

Die Weltkarte des CBECI, Quelle: University of Cambridge

Fazit

Der Bericht von Cambridge zeigt, wie schwierig ein effektives Verbot des Bitcoin-Minings durchzusetzen ist. Selbst ein autoritärer und zentralistischer Staat wie China schafft es nicht, einen derartigen Bann durchzusetzen. Die Schattenwirtschaft der chinesischen Bitcoin-Miner operiert seit mehr als einem halben Jahr und es scheint, als könnte die chinesische Regierung wenig dagegen unternehmen. Auch betont der Cambridge Bericht die Flexibilität des Bitcoin-Netzwerkes. Länder wie Kasachstan und Russland mussten aufgrund des Regulierungsdrucks große Verluste im Hinblick auf die Hashrate hinnehmen. Andere Länder wie die USA verstehen dagegen die Chancen der Mining-Industrie für die heimische Wirtschaft und versuchen die Miner in das Land zu holen. Sollte der Bitcoin sich tatsächlich durchsetzen und die Mining-Industrie einen wirtschaftlichen Stellenwert bekommen, könnten die aktuellen Bemühungen der Regierungen die weiteren wirtschaftlichen Entwicklungen der Länder beeinflussen.