Der Präsident vom Bitcoin-Land El Salvador, Nayib Bukele, hat auf Twitter verkündet, dass er heute zu Besuch bei Präsident Erdoğan in der Türkei sein wird. Umgehend heizte diese Nachricht die Gerüchteküche an. Die Türkei hat große Probleme mit ihrer eigenen Währung und könnte mithilfe von Bitcoin den Untergang ihrer Lira entgegenwirken. Die Frage, ob Präsident Erdoğan an der Bitcoin Arbeit von Bukele interessiert ist, sorgte vorwiegend bei Twitter für viel Gesprächsbedarf.

Bukele befeuert die Gerüchte

Der salvadorianische Präsident agierte in den sozialen Medien in der Vergangenheit des Öfteren sehr unkonventionell und wenig staatsmännisch. Vor kurzem gab die Ratingagentur Moody's bekannt, dass sie die Kreditwürdigkeit El Salvadors aufgrund ihrer Bitcoin Investitionen herabstufen werden. Bukele kommentierte diese Meldung mit "El Salvador DGAF" (dt. El Salvador ist das scheißegal).

Ein Tag später kündigte Bukele ein Treffen mit dem türkischen Präsidenten Erdoğan an. Die Hoffnung in der Bitcoin Community war groß, dass Bukele seinem Amtskollegen den Eingang zum metaphorischen Bitcoin-Kaninchenbau zeigen wird. Denn dieser war in der Vergangenheit kein Freund von der Kryptowährung und erklärte Bitcoin in einer Rede vor ein paar Monaten den Krieg.

Nayib Bukele ließ es sich nicht nehmen und befeuerte die Gerüchteküche sogar selbst. Er teilte ein GIF aus dem Film Matrix als Morpheus dem Protagonisten Neo die rote und die blaue Pille anbietet. Diese Metapher wird unter Bitcoinern oft benutzt, um den Eingang in den Kaninchenbau des Geldes zu symbolisieren. Er stellte der Bitcoin Community die offene Frage, ob er den türkischen Präsidenten die rote Pille anbieten und ihm den Eingang zum Kaninchenbau zeigen soll. Die Community bejahte diesen Vorschlag des Präsidenten.

"Soll ich?"

Nayib Bukele

Die Situation in der Türkei

Die Währungskrise in der Türkei verschärfte sich im letzten Jahr. In den letzten 12 Monaten verlor die türkische Lira 44% gegenüber dem US-Dollar. Erdoğan hat mit seiner eigenwilligen Zinspolitik sogar stark dazu beigetragen. Allen ökonomischen Theorien entgegen versuchte er den Wertverfall der Lira mit Zinssenkungen entgegenzuwirken. Das verschlimmerte die Situation jedoch und erst als die türkische Zentralbank damit begann, große Mengen US-Dollar auf dem Devisenmarkt zu verkaufen, stabilisierte sie sich.

Die Lage hat sich aber nicht wirklich verbessert. Erdoğan sieht seine Fehler auch weiterhin nicht ein. Aus seiner Sicht sind es die ausländischen Finanzinstrumente, die das Gleichgewicht des türkischen Finanzsystems stören. Die Suche nach den Schuldigen dürfte den meisten Menschen dort zunächst egal sein, denn im Dezember letzten Jahres erreichte die Inflation in der Türkei einen Wert von 36%.

Die Lira befindet sich seit Jahren auf Talfahrt. Quelle: Tradingview

Was steckt hinter dem Staatsbesuch?

Das Treffen der beiden Präsidenten bietet viel Raum für Spekulation. Die zwei Staatsmänner dürften einige Gemeinsamkeiten haben. Erdoğan kritisierte in der Vergangenheit wiederholt scharf den internationalen Währungsfonds und lehnte dessen Hilfe kategorisch ab. Der IWF unterstützt Länder, die aufgrund von Zahlungsbilanzschwierigkeiten unter Druck geraten. In der Vergangenheit kam der IWF immer wieder unter Bedrängnis. Kritiker äußerten, dass der IWF primär den geopolitischen Interessen der USA diene und nicht den in Not geratenen Ländern.

Auch zeigte sich der IWF besorgt über die Einführung des Bitcoin als Zahlungsmittel neben dem US-Dollar in El Salvador. Bukele hat diesbezüglich bereits Erfahrungen sammeln können und weiß wie mit dem Druck des IWFs umzugehen ist. Ob sich Erdoğan von ihm persönlich beratschlagen lassen möchte? Denn eines ist dennoch klar: Recep Tayyip Erdoğan wird auch weiterhin internationale Hilfen ablehnen, die seine Macht verringern könnten.

Denn eines darf nicht vergessen werden: Erdoğan ist ein Anführer, der gerne allein das Zepter in der Hand hält. Für Bukele stand der Nutzen von Bitcoin für seine Bevölkerung im Vordergrund - zumindest sagt er das. Ob diese Motive auch auf Erdoğan zutreffen, ist fragwürdig. Machtmotive dürften für ihn im Vordergrund stehen. Und hier muss auch die Hoffnung ein wenig gebremst werden. Es ist zunächst unwahrscheinlich, dass Erdoğan mit der Adoption von Bitcoin die Kontrolle über die monetären Entscheidungen aus der Hand geben wird. El Salvador hatte dieses Dilemma ohne eigene Währung nicht. Für Erdoğan steht mehr auf dem Spiel als für Bukele.

Dennoch stehen die Chancen gut, dass Bitcoin auf dem Tagesprogramm stehen wird. Ob es wirklich das Hauptthema auf der Agenda sein wird, ist unklar. Aber vielleicht kann Bukele dazu beitragen, dass Erdoğan seine negative Sicht über den Bitcoin ein wenig ändert. Man kann also gespannt sein, wie das Treffen der beiden Staatsoberhäupter verlaufen wird und welche Details im Nachgang dazu ans Licht kommen.