Gestern sorgte ein Artikel in der Financial Times für Schlagzeilen. Aus diesem ging hervor, dass Aleš Michl, Chef der Tschechischen Zentralbank (CNB), den Vorschlag eingebracht hat, bis zu 5 Prozent der Reserven in Bitcoin zu investieren – Blocktrainer.de berichtete.

Heute gab es bei der CNB die Abstimmung. Das Ergebnis: Der Bankenrat hat dafür gestimmt, die Ausweitung der Investitionen auf andere Anlageklassen zu prüfen. Dies geht aus einer offiziellen Pressemitteilung hervor.

Auf Vorschlag von Gouverneur Aleš Michl wird die CNB prüfen, ob eine Ausweitung der Devisenreserven auf Investitionen in andere Anlageklassen unter Diversifizierungs- und Ertragsgesichtspunkten sinnvoll wäre.

Basierend auf den Ergebnissen der Analyse entscheidet der Bankvorstand dann über das weitere Vorgehen. Bis dahin wird es in diesem Bereich keine Änderungen geben. Alle Änderungen an den verwalteten Devisenreserveportfolios werden in unseren regelmäßigen vierteljährlichen Informationen zu Devisenreserven und im Jahresbericht der CNB veröffentlicht.
Aus der Pressemitteilung

Die CNB ist nun also einen Schritt näher daran, die erste Notenbank zu werden, die Bitcoin kauft. Auch wenn in der Pressemitteilung nicht konkret von Bitcoin die Rede ist, ist bekannt, dass es hierbei auch um das vorgeschlagene Bitcoin-Investment geht.

Gegenwind

Bevor das Ergebnis der Abstimmung bekannt war, berichtete Bloomberg bereits darüber, dass der Finanzminister Tschechiens, Zbynek Stanjura, vor dem Vorschlag des CNB-Chefs gewarnt hat. Stanjura verwies auf die Volatilität des Assets und betonte, dass Bitcoin kein stabiler Vermögenswert sei.

Ich persönlich habe da Bedenken. Die Zentralbank sollte Stabilität symbolisieren. Wenn man sich den Bitcoin-Handel anschaut, ist das definitiv kein stabiler Vermögenswert.
Zbynek Stanjura, Finanzminister von Tschechien

Dennoch gab er gegenüber Bloomberg zu verstehen, dass er die Unabhängigkeit der Zentralbank respektiere und sich nicht einmischen werde.

Sogar die Chefin der Europäischen Zentralbank, Christine Lagarde, äußerte sich bei der Pressekonferenz anlässlich der heutigen Zinsentscheidung zu der Causa. 

Angesprochen auf den Vorschlag von Aleš Michl sowie die Entwicklungen hinsichtlich einer strategischen Bitcoin-Reserve in den USA, entgegnete Lagarde, dass sie zuversichtlich sei, dass keine Zentralbank des Euro-Raums Bitcoin in die Währungsreserven aufnehmen werde.

Als Begründung dafür sprach sie die angeblich fehlende Liquidität sowie Sicherheit von Bitcoin an und brachte sogar das Thema der Geldwäsche ins Spiel – obwohl herkömmliche Währungen, die in Notenbankreserven ihren Platz finden, bei kriminellen Aktivitäten viel häufiger das Mittel der Wahl sind.

Außerdem teilte Lagarde mit, dass sie sogar bereits mit Aleš Michl ausgetauscht habe.

Ich hatte ein gutes Gespräch mit meinem Kollegen aus der Tschechischen Republik und ich überlasse es ihm, welche Ankündigung er machen will. Aber ich bin zuversichtlich, dass er – wie wir alle – von der Notwendigkeit überzeugt ist, über liquide, sichere und zuverlässige Reserven zu verfügen.
Christine Lagarde, EZB-Chefin

Aus dem Artikel der Financial Times ging jedoch bereits hervor, dass sich Aleš Michl bewusst ist, dass er bezüglich Bitcoin ein Außenseiter ist. Der CNB-Chef ist dennoch der Meinung, dass eine Investition in Bitcoin eine Überlegung wert sei.

Tschechien ist zwar ein EU-Mitgliedsstaat, dafür aber nicht Teil des Euro-Raums. Das Land setzt mit der Tschechischen Krone auf eine eigene Währung.

Eine Idee verbreitet sich

Dass eine größere Zentralbank überhaupt ein Bitcoin-Investment in Betracht zieht, ist für sich genommen schon einmal positiv zu werten. Bei dem Unternehmen Microsoft stimmten die Aktionäre beispielsweise vergangenen Monat gegen den Aktionärsvorschlag, sich mit der Diversifikation der Bilanz mittels Bitcoin auseinanderzusetzen.

Es bleibt spannend zu beobachten, ob Aleš Michl und seine Kollegen bei der CNB tatsächlich zu dem Ergebnis kommen werden, dass Bitcoin eine Bereicherung für das Portfolio der Notenbank, das auch schon aus Aktien besteht, sein kann.

Die Argumente für eine Bitcoin-Reserve von Zentralbanken sind derweil überzeugend. Dr. Matthew Ferranti, Ökonom der United States Intelligence Community (IC), kam in einer wissenschaftlichen Arbeit zu dem Ergebnis, dass Bitcoin Zentralbanken dabei helfen kann, sich gegen Risiken abzusichern.

In der Arbeit widerlegte er zudem unter anderem die Annahme von Lagarde, dass Bitcoin nicht liquide genug für Notenbankreserven sei und er betonte, dass die Portfoliooptimierung eine Bitcoin-Reserve-Allokation zwischen 2 und 5 Prozent nahelege.

Tristan

Über den Autor: Tristan

Tristan ist der Chefredakteur bei Blocktrainer.de. Als studierter Volkswirt sammelte er auch außerhalb des Bitcoin-Space journalistische Erfahrungen. Seit 2020 beschäftigt sich Tristan aktiv mit Bitcoin, in den Jahren zuvor schon mit libertärer Wirtschaftstheorie.

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