Straftäter spendet 468 Bitcoin
Im März 2025 erhielt das tschechische Justizministerium eine Spende von 468 Bitcoin, die Ende Mai für 956,8 Millionen Tschechischen Kronen (ca. 40 Millionen Euro) öffentlich versteigert wurden.
Die Spende stammt vom verurteilten Drogenhändler Tomáš Jiřikovský, dem ehemaligen Betreiber des illegalen Darknet-Marktplatzes „Sheep Marketplace“, der nach einem massiven Bitcoin-Diebstahl im Jahr 2013 abrupt geschlossen wurde. Es gibt Hinweise darauf, dass Jiřikovský möglicherweise auch mit dem Darknet-Marktplatz „Nucleus Market“ in Verbindung stand, der am Tag seiner Verhaftung im Jahr 2016 offline ging.
Im Jahr 2017 wurde er wegen Veruntreuung, Drogenhandel und illegalem Waffenbesitz zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt. Nach seiner Freilassung im Jahr 2021 erhielt er Zugriff auf zuvor beschlagnahmte Hardware – darunter eine Wallet mit mehreren Bitcoin. Laut Medienberichten soll er sich verpflichtet haben, 30 Prozent der zurückerhaltenen Bitcoin an den Staat zu spenden.
Weniger Bitcoin als gedacht?
Unabhängige Analysen der Plattformen Arkham Intelligence und WalletExplorer zeigen, dass die einst beschlagnahmte Wallet von Jiřikovský nicht 1.562 BTC, die für die Berechnung des Anteils für den Staat als Grundlage gedient haben, sondern tatsächlich rund 5.366 Bitcoin enthalten hat – im Wert von etwa 12,5 Milliarden Kronen (ca. 536 Millionen Euro). Daraus ergibt sich, dass das Ministerium einen Anspruch auf rund 1.610 BTC oder etwa 3,7 Milliarden Kronen gehabt hätte.
Widersprüchliche Darstellung
Der tschechische Justizminister Pavel Blažek erklärte, dass das Ministerium erst am 7. März 2025 in Anwesenheit eines Notars auf die Wallet mit den 1.562 BTC zugegriffen habe. Dieser Vorgang soll angeblich 30 Stunden gedauert haben. Analysen zeigen jedoch, dass Jiřikovský und sein Anwalt bereits einen Tag zuvor auf die Wallet zugegriffen und Hunderte Bitcoin auf zwei Wallets transferiert haben – eine davon nachweislich im Besitz von Jiřikovský.
Die für das Ministerium bestimmten Bitcoin wurden schließlich am 7. März in fünf Transaktionen überwiesen – vier davon von einem Konto des Darknet-Marktplatzes Nucleus und eine direkt von Jiřikovskýs Wallet, an die er am Vortag selbst Bitcoin überwiesen hatte.
Diese Erkenntnisse werfen Fragen zur Transparenz und Sorgfalt des Justizministeriums auf und verstärken die Kritik an der Regierung, unzureichende Prüfungen vorgenommen und möglicherweise illegale Gelder legitimiert zu haben.
Warum der verurteilte Drogenhändler überhaupt Zugriff auf seine mutmaßlichen „Einnahmen“ erhielt, bleibt fraglich. Ebenso unklar ist, wieso diese Assets nicht als Erlöse aus Straftaten eingestuft wurden, obwohl ihr Ursprung höchstwahrscheinlich bekannt war. Die tschechische Staatsanwaltschaft hat inzwischen Ermittlungen aufgenommen.
Justizminister tritt zurück

Pavel Blažek von der konservativen Demokratischen Bürgerpartei (ODS) von Premierminister Petr Fiala erklärte, alles sei rechtmäßig abgelaufen und er habe sich nichts zuschulden kommen lassen.
Die Spende sei „so ultralegal, dass es nicht legaler sein könnte“, sagte Blažek. Es gebe keine Beweise, dass die Bitcoin aus illegalen Quellen stammen.
Angesichts der Kritik von Opposition und Medien sowie der schlechten Umfragewerte der Regierung vor den Parlamentswahlen im Oktober kündigte Blažek am 30. Mai schließlich seinen Rücktritt an:
In Übereinstimmung mit dem Premierminister Petr Fiala habe ich beschlossen, als Justizminister zurückzutreten. Ich bin mir keines illegalen Verhaltens bewusst. Ich möchte jedoch nicht den Ruf der Regierung oder der Regierungskoalition schädigen.
Pavel Blažek
Po dohodě s předsedou vlády @P_Fiala jsem se rozhodl podat demisi na funkci ministra spravedlnosti. Nejsem si vědom žádného nezákonného jednání. Nechci ovšem poškozovat pověst vlády ani vládní koalice .
— Pavel Blažek (@blazek_p) May 30, 2025
Premier Fiala kündigte umfassende Untersuchungen an, betonte jedoch auch, dass Blažek in gutem Glauben gehandelt habe und mit seinem Rücktritt verantwortungsvoll agiert, um weiteren Schaden von der Regierungskoalition abzuwenden.
Währenddessen versucht die Opposition, diesen Vorfall zu ihrem politischen Vorteil zu nutzen.
Opposition fordert Misstrauensvotum
Die oppositionelle ANO-Partei unter Andrej Babiši, die das Land bereits von 2017 bis 2021 regiert hatte, nutzt den Skandal, um die Regierung anzugreifen. Sie beschuldigte Blažek und die ODS der Geldwäsche und forderte den Rücktritt der gesamten Regierung respektive ein Misstrauensvotum gegen Premierminister Petr Fiala.
Wollen Sie die Menschen auf den Arm nehmen, Herr Premierminister? Sie haben buchstäblich Drogengeld gewaschen! Finanzminister Stanjura muss davon gewusst haben, und Sie müssen auch davon gewusst haben. Das ist der Untergang der ganzen Regierung! Und wenn Sie es nicht gewusst haben, dann sind Sie nutzlos und sollten genauso enden. Sie sind die korrupteste Regierung, die es je gegeben hat.
Andrej Babiši
Děláte si z lidí legraci, pane premiére? Normálně jste prali peníze z drog! Vědět o tom musel ministr financí Stanjura, který měl skončit společně s Blažkem a vědět jste o tom musel i vy. Je to na pád celé vlády! A pokud jste o tom nevěděl, jste tam k ničemu a měl byste skončit… https://t.co/9a9XhQPDwV
— Andrej Babiš (@AndrejBabis) May 30, 2025
Diese Vorwürfe schwächen das Vertrauen in die Regierung nur wenige Monate vor der Wahl. Da die Koalition jedoch über eine knappe parlamentarische Mehrheit verfügt, könnte sie das Misstrauensvotum überstehen – vorausgesetzt, alle Koalitionspartner halten zusammen.
Der Fall unterstreicht, wie wichtig klare gesetzliche Rahmenbedingungen und transparente Verfahren im Umgang der Strafverfolgungsbehörden mit Bitcoin und anderen Kryptowährungen sind – insbesondere dann, wenn diese aus dubiosen Quellen stammen.
Ob die Veräußerung der BTC sinnvoller war als etwa die Überführung in eine staatliche Bitcoin-Reserve, wird sich zeigen. Die tschechische Zentralbank steht der Idee einer solchen Reserve bislang skeptisch gegenüber. Das Beispiel Deutschlands zeigt jedoch, dass ein vorzeitiger Verkauf von BTC-Beständen auch mit erheblichen verpassten Gewinnen verbunden sein kann.