
Trumps Zölle erschüttern die Märkte – Bitcoin bleibt stabil!
Seit mehreren Monaten dominiert das Thema der Zölle die Kapitalmärkte. In dieser Woche war es schließlich so weit: Am Mittwoch fand der heiß erwartete „Liberation Day“ statt, an dem US-Präsident Donald Trump darlegte, welche Nationen er mit welchen Zöllen belegt.
Die tatsächlichen Zahlen erwischten die Aktienmärkte, die in den Wochen zuvor schon in den Korrekturmodus übergegangen sind, auf dem falschen Fuß – die Zölle lagen nämlich deutlich über den Erwartungen. Als dann zwei Tage danach China, einer der wichtigsten Handelspartner der USA, Gegenmaßnahmen verkündete, brach regelrechte Panik aus.
Der US-amerikanische Aktienindex S&P 500 verlor in den letzten beiden Handelstagen der Woche mehr als 10 Prozent. Auch der Bitcoin-Kurs geriet nach den Verkündungen des „Liberation Day“ deutlich unter Druck. Am Freitag konnte BTC jedoch entgegen dem Trend der Aktienmärkte deutlich zulegen.
Ist dies die lang ersehnte Entkopplung, die jetzt genau zum richtigen Zeitpunkt kommt? Und ist Bitcoin aufgrund der Eigenschaften vielleicht sogar der Profiteur eines eskalierenden Handelskriegs?
Handelskrieg geht in die nächste Runde
Am Mittwoch nach Börsenschluss hielt Präsident Donald Trump seine viel beachtete Rede im Rosengarten des Weißen Hauses. Dabei verkündete er, welche Länder er mit welchen Zöllen belegt und dass diese vollumfänglich am 9. April in Kraft treten.
Letztlich präsentierte Trump eine Liste, auf der zu sehen war, dass die neuen Zölle der USA die Hälfte der „Zölle, die den USA in Rechnung gestellt werden, einschließlich Währungsmanipulation und Handelsschranken“ betragen werden – aber immer mindestens 10 Prozent.
Die konkrete Berechnung dahinter laut Reuters: Das Handelsdefizit der USA mit einem Land geteilt durch die Exporte dieses Landes in die USA als Prozentzahl ausgedrückt. Die neuen „reziproken Zölle“ ergeben sich dann nach Halbierung dieses Wertes.
Dies führte letztlich dazu, dass die USA für Importe aus der Europäischen Union (EU) jetzt auf einen neuen Zoll von 20 Prozent kommen, obwohl der durchschnittliche Zoll der EU gegenüber den USA laut der World Trade Organisation (WTO) nur circa 5 Prozent betragen soll.
Für China sollen die neu errechneten reziproken Zölle von 34 Prozent sogar zu den bestehenden von 20 Prozent hinzukommen, was zu einem neuen effektiven Zoll von 54 Prozent führt. Laut Handelsminister Howard Lutnick könnten es sogar bis zu 79 Prozent für bestimmte Produkte aus China sein. Die USA sind das Land, in das China die meisten Waren exportiert.
Die Nachbarländer Mexiko und Kanada, die zu den wichtigsten Handelspartnern der USA gehören, blieben bei den neuen Zöllen vorerst außen vor – ebenso Russland. Dafür verhängte die Trump-Administration Zölle gegen die Heard- und McDonaldinseln, auf denen keine Menschen leben.
Der „Liberation Day“ entpuppte sich letztlich als ein Schock für die Kapitalmärkte, die nicht mit solch hohen Zahlen gerechnet haben. Die großen Analysehäuser hoben in Reaktion allesamt die Wahrscheinlichkeit für eine Rezession in diesem Jahr an. Die Großbank JPMorgan teilte am Donnerstag mit, dass die Wahrscheinlichkeit einer Rezession in den USA nun bei 60 Prozent liegt.
Weiter bergab ging es an den Aktienmärkten, als am Freitag China verkündete, dass Importe aus den USA im Gegenzug mit einem Zoll von 34 Prozent belegt werden. Gegenmaßnahmen der EU – die bereits angekündigt sind – stehen noch aus.
Die Befürchtung vieler Marktteilnehmer ist, dass der Handelskrieg nur noch weiter eskalieren und die Weltwirtschaft in eine große Krise ziehen wird. Gleichzeitig ist die Basisannahme, dass die neuen Zölle die Inflation in den USA in die Höhe treiben werden. Das Horrorszenario einer schrumpfenden Wirtschaft bei hohen Inflationsraten – eine sogenannte „Stagflation“ – wird entsprechend immer wahrscheinlicher.
Fed-Chef Jerome Powell meldet sich zu Wort
Jerome Powell, der Chef der Federal Reserve (Fed), hielt am Freitag schließlich eine Rede, in der er auf die neuen Entwicklungen zu sprechen kam. Dabei betonte er, dass die wirtschaftlichen Auswirkungen wohl größer ausfallen werden als erwartet.
Konkret sieht der Fed-Chef jetzt ein höheres Risiko für eine abflauende Wirtschaft und steigende Inflationsraten in den USA, die nicht mehr zwingend vorübergehender Natur sein müssen.
Die Aussichten sind äußerst ungewiss und es besteht ein erhöhtes Risiko, dass sowohl die Arbeitslosigkeit als auch die Inflation steigen. Es ist sehr wahrscheinlich, dass die Zölle zumindest vorübergehend zu einem Anstieg der Inflation führen werden, aber es ist auch möglich, dass die Auswirkungen dauerhafter sein werden.
Jerome Powell
Vor der Rede von Powell mahnte US-Präsident Trump in einem Post auf Truth Social, dass jetzt die perfekte Zeit sei, die Zinsen zu senken – wobei er sich direkt an den Fed-Chef richtete.
Dies wäre ein PERFEKTER Zeitpunkt für den Fed-Vorsitzenden Jerome Powell, die Zinsen zu senken. Er ist immer „spät dran“, aber jetzt könnte er sein Image ändern, und zwar schnell. Die Energiepreise sind gesunken, die Zinssätze sind gesunken, die Inflation ist gesunken, sogar die Eier sind um 69 % gesunken, und die Arbeitsplätze sind gestiegen, und das alles innerhalb von zwei Monaten – ein großer Gewinn für Amerika. SENKEN SIE DIE ZINSEN, JEROME, UND HÖREN SIE AUF, POLITIK ZU SPIELEN!
Donald Trump
Die Krux an der Sache ist jedoch, dass Zinssenkungen bei wieder steigenden Inflationsraten – mit denen aufgrund der Zollanhebungen zu rechnen ist – eine problematische Außenwirkung haben könnten. Denn eigentlich sind Zinsanhebungen das zentrale Instrument der Zentralbanken, um die Inflation zu bekämpfen.
Nichtsdestotrotz haben die Märkte inzwischen wieder mehrere Zinssenkungen eingepreist. Bis zum Ende des Jahres liegt die Wahrscheinlichkeit, dass es vier oder mehr Zinssenkungen gibt, bei fast 70 Prozent. Eine Woche zuvor waren es nur etwas mehr als 30 Prozent.
Der Leitzins, den die Federal Reserve setzt, ist der kurzfristige Zins in einer Volkswirtschaft. Langfristige Zinssätze ergeben sich hingegen eher durch die Dynamiken am Markt, auch wenn die Zentralbank durch Käufe langfristiger Anleihen oder eine Zinskurvenkontrolle auch hier Einfluss nehmen kann.
Die Zinsen auf 10-jährige US-Staatsanleihen sind im Rahmen der aktuellen Entwicklungen erheblich zurückgelaufen – auf deutlich unter 4 Prozent. Da die USA in den kommenden Monaten eine Rekordsumme an Staatsschulden refinanzieren müssen, ist dies im Sinne des Finanzministeriums, das es sich auch zum Ziel gesetzt hat, die Langfristzinsen herunterzubringen.
Entsprechend liegt die Vermutung nahe, dass es bei den Zöllen auch gewollt in Kauf genommen wird, Unsicherheiten zu verursachen, die dafür sorgen, dass Investoren in die „sichereren“ US-Staatsanleihen umschichten. Steigt die Nachfrage nach US-Staatsanleihen, so sinkt der Zins auf diese, womit sich die USA zu günstigeren Konditionen neu verschulden können.
Markreaktionen: Bitcoin glänzt
Immer wenn es Turbulenzen an den Kapitalmärkten gibt, sehnen sich Anleger nach einem „sicheren Hafen“. Das Edelmetall Gold konnte in diesem Jahr bislang seinem Ruf gerecht werden. Bitcoin, das „digitale Gold“, korrelierte derweil primär mit den Technologieaktien, wodurch sich einige Marktbeobachter in der Annahme bestärkt sahen, dass Bitcoin ein „Risiko-Asset“ sei.
Am gestrigen Handelstag konnte sich Bitcoin jedoch von den Aktienmärkten entkoppeln und deutlich zulegen. Derweil ging sogar Gold in den Korrekturmodus über. Dies ist insofern ungewöhnlich, als der Bitcoin-Kurs normalerweise überproportional leidet, wenn es einen Crash am Gesamtmarkt gibt – so wie es etwa vor fünf Jahren während der Panik aufgrund der Corona-Lockdowns der Fall war.
Die Verkündung der Zölle durch Donald Trump ereignete sich am Mittwoch nach Börsenschluss. Entsprechend lohnt sich ein Blick auf die Handelstage Donnerstag und Freitag. Um hier einen fairen Vergleich ziehen zu können, bietet es sich an, ETFs auf Bitcoin, Gold und die Aktienindizes S&P 500 sowie Nasdaq 100 gegenüberzustellen:
Bitcoin hat zwar auch in unmittelbarer Reaktion auf den „Liberation Day“ deutlich nachgegeben – und das stärker als Gold –, auf Wochensicht konnte das Asset jedoch im Gegensatz zu den anderen Anlageklassen einen Kurszuwachs verzeichnen.
Bei Betrachtung des Zeitraums seit dem Wahlsieg von Trump sticht Bitcoin sogar deutlich heraus. Die Performance liegt mit circa 23 Prozent mehr als doppelt so hoch wie die von Gold – und das, obwohl das Edelmetall nahe dem Allzeithoch handelt und BTC momentan mehr als 20 Prozent davon entfernt notiert. Die Aktienmärkte sind derweil deutlich unter das Niveau vom 5. November 2024 gefallen.
Dass der Aktienmarkt nach Donald Trumps Amtseinführung bislang so schlecht läuft, ist insofern bemerkenswert, als er derjenige war, der wiederholt seine politischen Gegner für Korrekturen während ihrer Amtszeit verantwortlich gemacht hat. Im August vergangenen Jahres schrieb er etwa auf Truth Social:
AKTIENMÄRKTE STÜRZEN AB. ICH HABE ES EUCH GESAGT!!! KAMALA HAT KEINE AHNUNG. BIDEN SCHLÄFT TIEF UND FEST. ALLES VERURSACHT DURCH DIE UNFÄHIGE US-FÜHRUNG!
Donald Trump
Aktuell handeln sowohl der Nasdaq 100 als auch der S&P 500 unter dem Tief des damaligen „Crashs“, auf den sich Trump in seinem Post bezogen hat.
Entkoppelt sich Bitcoin endlich?
Aus fundamentaler Sicht gibt es einige Gründe, die dafür sprechen, dass Bitcoin eigentlich in solchen Marktlagen profitieren dürfte: Bitcoin hat nämlich kein Kontrahentenrisiko und es ist auch kein Unternehmen, dessen Gewinne unter höheren Zöllen leiden können. Dies unterstrich am gestrigen Tag auch noch einmal der Bitcoin-Analyst Dylan LeClair auf der Plattform 𝕏.
Kein Lieferkettenrisiko. Kein Rechtsprechungsrisiko. Kein Ertragsrisiko. Kein Entwertungsrisiko. Kein Kreditrisiko.
$BTC
Dylan LecLair
No supply chain risk. No jurisdictional risk. No earnings risk. No debasement risk. No credit risk.$BTC
— Dylan LeClair (@DylanLeClair_) April 4, 2025
Der Abverkauf an den Aktienmärkten ist derweil begründet, da davon auszugehen ist, dass die Zölle zu höheren Preisen führen, die die Nachfrage und entsprechend die Umsätze reduzieren können. Außerdem besteht die Gefahr, dass der Rest der Welt zunehmend US-amerikanische Produkte und Dienstleistungen boykottieren wird.
Dass Bitcoin sich dennoch bislang eher schwergetan hat, dürfte daran liegen, dass die Anleger noch Gold oder US-Staatsanleihen als sicheren Hafen bevorzugen in Zeiten der allgemeinen Unsicherheit, während Bitcoin überwiegend noch als spekulatives Investment eingeordnet wird.
Ob jetzt allmählich ein Umdenken stattfinden wird, ist noch unklar. Einige aus der Bitcoin-Community kommentierten die gestrige Outperformance von Bitcoin, indem sie darauf verwiesen, dass Bitcoin die Absicherung in solchen Situationen ist.
Bitcoin ist die Absicherung
Paolo Ardoino, CEO von Tether
Das wird zunehmend deutlich.
Vivek Ramaswamy, Unternehmer und Politiker
This is becoming increasingly clear. https://t.co/Nt4RHU74en
— Vivek Ramaswamy (@VivekGRamaswamy) April 5, 2025
Auch Michael Saylor, der Gründer von Strategy, äußerte sich zu Wort. Der Bitcoin-Bulle betonte, dass solche Tage sichtbar machen, welchen Risiken andere Anlagen ausgesetzt sind – und dass Bitcoin hierbei Widerstandsfähigkeit bietet.
Die heutige Marktreaktion auf die Zölle erinnert uns daran, dass die Inflation nur die Spitze des Eisbergs ist. Kapital wird durch Steuern, Regulierung, Wettbewerb, Veralterung und unvorhergesehene Ereignisse verwässert. Bitcoin bietet Widerstandsfähigkeit in einer Welt voller versteckter Risiken.
Michael Saylor
Today’s market reaction to tariffs is a reminder: inflation is just the tip of the iceberg. Capital faces dilution from taxes, regulation, competition, obsolescence, and unforeseen events. Bitcoin offers resilience in a world full of hidden risks.
— Michael Saylor⚡️ (@saylor) April 4, 2025
Ein Tag, an dem Bitcoin wie ein „Risk-Off-Asset“ handelt, ist aber wohl noch nicht Grund genug, die Kehrtwende auszurufen. Dennoch ist die Signalwirkung des gestrigen Handelstags nicht zu unterschätzen.
So war die Aktie von Strategy, dem größten Firmenhalter von Bitcoin, am Freitag der Nasdaq-100-Wert mit der besten Performance. Neben Strategy konnte nur die Aktie von Lululemon, einem US-amerikanischen Einzelhändler für Sportkleidung, ein Kursplus verzeichnen.
Die klare Outperformance von Strategy und Bitcoin in einer Zeit, in der Panik am Gesamtmarkt herrscht, dürfte viele Marktbeobachter dazu bringen, ihre Einschätzung zu Bitcoin zu überdenken. Es bleibt zu hoffen, dass künftig mehr Anleger Bitcoin als das einordnen, was es ist, sodass das Asset in kommenden Krisensituationen dann auch tatsächlich der Zufluchtsort der Wahl wird.
Sollte Bitcoin von nun an vermehrt durch unkorrelierte Renditen auffallen, so dürfte das Asset einen Platz in den eher konservativen Portfolios institutioneller Anleger finden, wie Robert Mitchnick, Leiter der Abteilung für digitale Assets beim Vermögensverwalter BlackRock, neulich erklärt hat. Laut Mitchnick ist es zudem eher als irrational einzuordnen, dass Bitcoin in den vorherigen Wochen überhaupt unter den Unsicherheiten am Markt gelitten hat.
Wieso die Zölle sogar gut für Bitcoin sind
Aus geopolitischer Sicht gibt es darüber hinaus auch einen Grund, wieso Bitcoin der große Gewinner der Zollpolitik von Donald Trump sein könnte. Der Status des US-Dollars als Wertreservewährung geht nämlich insbesondere auch darauf zurück, dass die USA ein so großes Handelsdefizit mit anderen Nationen haben.
Denn wenn die USA mehr aus dem Rest der Welt importieren, als sie exportieren – was Trump ein Dorn im Auge ist –, dann erhalten die Handelspartner im Gegenzug einen Überschuss an US-Dollar, den sie in Form von Staatsanleihen halten. Dies führte dazu, dass der US-Dollar die Währung ist, in der andere Nationen Ersparnisse bilden.
Sollte das Ausland in Reaktion auf die neue Handelspolitik von Trump nun weniger US-Staatsanleihen halten, so stellt sich die Frage, welcher andere Vermögenswert geeignet ist, diesen Platz einzunehmen. Bitcoin ist eine attraktive Alternative, da es niemand kontrollieren oder konfiszieren kann.
Der Status des US-Dollar als Weltreservewährung bröckelt ohnehin schon, da die USA in Reaktion auf den Ukrainekrieg ihre Währung als Waffe missbraucht haben. Die Biden-Administration und ihre Verbündeten haben Russland aus dem SWIFT-System ausgeschlossen und US-Staatsanleihen im Besitz des Landes eingefroren. Wladimir Putin betonte daraufhin erst vor wenigen Monaten, dass Bitcoin nicht verboten werden kann – Blocktrainer.de berichtete.
Hinzu kommt, dass die immer weiter wachsenden Staatsschulden der Vereinigten Staaten das Vertrauen in den US-Dollar untergraben können. BlackRock-CEO Larry Fink warnte aus diesem Grund in dieser Woche erst noch in seinem Brief an die Aktionäre, dass Bitcoin den US-Dollar als Weltreservewährung ablösen könnte, wenn die USA ihr Schuldenproblem nicht in den Griff bekommen.
In den kommenden Monaten dürfte also nicht nur besonders spannend zu beobachten sein, ob sich Bitcoin in der Krisensituation als sicherer Hafen herauskristallisieren kann, sondern auch, ob das Asset zunehmend als alternatives Reserve-Asset wahrgenommen wird. Obwohl die USA schon auf eine Bitcoin-Reserve setzen, die sie sogar vergrößern wollen, könnten insbesondere andere Nationen von der Souveränität profitieren, die Bitcoin als Asset bieten kann.
Die optimale Reservewährung ist aber nicht nur sicher, sondern im besten Fall auch eine Art Anker, der Sicherheit geben kann, wenn an den Märkten Panik ausbricht. Selbst wenn die Eigenschaften von Bitcoin das zulassen würden, steht und fällt alles damit, ob der Markt dies auch erkennt.