In einem großen Interview mit dem Nachrichtensender Bloomberg, das am 16. Juli erschienen ist, erklärt Präsidentschaftskandidat Donald Trump, dass seine Unterstützung für den Bitcoin- beziehungsweise Krypto-Sektor primär daher rührt, sich einen Vorteil gegenüber China zu verschaffen. Die Volksrepublik ist, so Trump, nämlich „sehr stark daran interessiert“ und „ziemlich fortgeschritten in diesem Bereich“.

Ist mittlerweile der Punkt erreicht, an dem die größten Volkswirtschaften dieser Welt um Bitcoin kämpfen und nimmt China tatsächlich im Verborgenen an diesem Wettlauf teil? 

Und könnten die USA unter Trump tatsächlich strategisch Bitcoin kaufen? Neben Spekulationen inmitten des Mainstreams gibt es diesbezüglich auch die ersten Gerüchte. Es heißt, der Präsidentschaftskandidat verkünde auf der Bitcoin-Konferenz in Nashville kommende Woche den Plan, eine staatliche Bitcoin-Reserve aufzubauen.

Der Kampf um Bitcoin

Donald Trump hat bereits mehrfach betont, dass es ihm bei der angekündigten politischen Offenheit gegenüber Bitcoin- und Kryptowährungen auch darum geht, sich einen Vorteil gegenüber konkurrierenden Ländern zu verschaffen. Beispielsweise in seinem Post auf Truth Social, in dem er auch den Wunsch zum Ausdruck brachte, dass alle künftigen Bitcoin in den USA geschürft werden – Blocktrainer.de berichtete.

Bidens Hass auf Bitcoin hilft nur China, Russland und der radikalen kommunistischen Linken. Wir wollen, dass die gesamten verbleibenden Bitcoin in den USA hergestellt werden!!! 
Donald Trump

Ein kleiner, aber relevanter Zusatz war auch der Hinweis „sonst werden es andere Länder haben“, wenn er in seinen Wahlkampfreden betonte, sich für Bitcoin und Krypto einzusetzen.

Um die Zukunft Amerikas weiter zu sichern und Chancen für junge Menschen zu schaffen, werde ich Joe Bidens Krieg gegen Krypto beenden. Wir werden sicherstellen, dass die Zukunft von Krypto und Bitcoin in Amerika gemacht wird. Sonst werden es andere Länder haben.
Donald Trump

Das Bloomberg-Interview

In dem Bloomberg-Interview führt der Präsidentschaftskandidat dies ein wenig weiter aus. Als er auf seinen Sinneswandel bezüglich Kryptowährungen angesprochen wird, kommt er direkt auf den Wettbewerb mit China zu sprechen.

Wenn wir es nicht tun, wird China es aufgreifen und haben – oder jemand anderes, aber am wahrscheinlichsten China. China ist sehr stark daran interessiert. Außerdem wird es nicht verschwinden. Es ist erstaunlich. […] Es wird von einem anderen Land aufgegriffen werden, höchstwahrscheinlich China – sie sind auf diesem Gebiet ziemlich fortschrittlich.
Donald Trump

Dass die Volksrepublik hinsichtlich Bitcoin und Kryptowährungen ein Wettbewerber für die USA sein könnte, wirkt auf den ersten Blick eher unplausibel. Im Jahr 2021 ist die Regierung gegen dort ansässige Mining-Unternehmen vorgegangen. Auch hieß es, der Handel mit Bitcoin- und Kryptowährungen sei nun für illegal deklariert.

Hinzu kommt, dass China über die vergangenen Monate so viel Gold gekauft hat, wie noch nie. Zwar hat die Bank of China im Mai und Juni die Goldkäufe pausiert, doch Experten gehen davon aus, dass der Appetit nach dem gelben Metall nicht abreißen wird.

Es schien also so, als hätte sich das totalitärere China gegen Bitcoin und für Gold entschieden. Doch ist dem wirklich so? Und hat Donald Trump diesbezüglich eventuell Insider-Information, die ihn diese Aussagen treffen lassen?

Setzt China heimlich auf Bitcoin?

Die Volksrepublik China ist für Außenstehende nicht leicht zu durchdringen. Den Tenor in den westlichen Medien war, dass Peking im Jahr 2021 das Bitcoin-Mining und sogar den Handel mit digitalen Assets verboten hat.

Ganz so eindeutig war dies jedoch nicht. Laut internen Daten, die dem Wall Street Journal vorlagen, handeln Chinesen noch in großen Volumina über die Krypto-Exchange Binance.

Binance, die größte Kryptobörse der Welt, sollte China hinter sich lassen, als das Land 2021 den Handel mit Kryptowährungen illegal machte. Fast zwei Jahre später handelten die Nutzer in einem einzigen Monat in China mit Kryptowährungen im Wert von 90 Milliarden US-Dollar, wie aus internen Zahlen hervorgeht, die von The Wall Street Journal und aktuellen und ehemaligen Mitarbeitern eingesehen wurden. Die Transaktionen machten China zum mit Abstand größten Markt von Binance, der 20 % des weltweiten Volumens ausmachte, wenn man die Trades einer Untergruppe von sehr großen Händlern ausschließt.
Wall Street Journal am 2. August 2023

Auch rund um die 20 Prozent der Bitcoin-Hashrate soll trotz des vermeintlichen Mining-Verbotes noch aus dem „Reich der Mitte“ stammen. Berichten zufolge sollen sogar Regierungsbeamte mit Mining-Unternehmen zusammenarbeiten.

Währenddessen kommen Gerüchte auf, dass sich die Volksrepublik schon bald wieder verstärkt für Bitcoin und Co. öffnen könnte. Justin Sun, ein bekannter Krypto-Unternehmer und Gründer der Kryptowährung Tron, äußerte sich erst vor wenigen Tagen hierzu. Sun, dem auch die Krypto-Börse Poloniex gehört, errang einen Sieg vor Gericht in Festlandchina. Gegen ihn wurde wegen Insiderhandel ermittelt.

„Dies ist ein großer Sieg, nicht nur für mich, sondern auch für die Branche selbst, da Kryptowährungen in China lange Zeit als Grauzone betrachtet wurden“, sagte Sun gegenüber Forbes und er fügte hinzu, dass das Gericht in China Kryptowährungen eine gewisse Legitimität verliehen habe. Er kam zu dem Schluss, dass China jetzt bereit sei, eine Kehrtwende gegenüber Bitcoin und Kryptowährungen hinzulegen.

Vor wenigen Wochen hat sich darüber hinaus die Industrial and Commercial Bank of China (ICBC) in einem Report positiv gegenüber Bitcoin geäußert. Neben der voranschreitenden Evolution von digitalen Assets ging die nach Bilanzsumme größte Bank der Welt auch auf die positiven Eigenschaften von Satoshi Nakamotos Kreation ein.

Bitcoin behält die Knappheit ähnlich wie Gold durch mathematischen Konsens bei, löst aber gleichzeitig das Problem, dass es schwer zu teilen, schwer zu identifizieren und unbequem zu tragen ist.
Aus dem ICBC-Report

Interessant ist zudem die Entwicklung in der chinesischen Sonderverwaltungszone. Hongkong hat sogar Bitcoin- und Ethereum-Spot-ETFs zugelassen und sich auf die Fahne geschrieben, ein „Hub“ für digitale Assets zu werden. Die ETFs können Festlandchinesen derweil nicht kaufen, aber die Bloomberg-Analysten gehen davon aus, dass dies in gar nicht so weiter Zukunft der Fall sein könnte.

Laut Bitcoin Treasuries hält China selbst momentan rund 190.000 Bitcoin, die das Land konfisziert hat. Dies wäre nur ein minimal weniger als die mehr als 213.000 BTC, welche sich im Besitz der Vereinigten Staaten befinden. Es ist jedoch unklar, ob China die Bitcoin mittlerweile nicht – zumindest teilweise – schon wieder verkauft hat.

Bislang ist es vermutlich selbst für Festlandchinese höchst undurchsichtig, wie der aktuelle Kurs von Peking gegenüber Bitcoin und Co. ist. Auch wenn leichte Annäherungsversuche zu erkennen sind und weder das Mining noch der Handel mit Bitcoin gänzlich verboten scheinen, sind die USA wohl noch weit voraus.

Aber wenn sich China wirklich einen Vorteil damit verschaffen wollen würde, auf Bitcoin zu setzen, wäre es nicht schlauer, dies im Verborgenen zu tun und den Westen im Glauben lassen, man interessiere sich nicht dafür?

USA kurz davor Bitcoin als Reserve einzuführen?

Sollte an Trumps Aussagen etwas dran sein, dann könnte die Herangehensweise von China eine gänzlich andere sein als die der USA. Der Bitcoin- und Krypto-Sektor fühlt sich momentan primär in den Staaten zu Hause. Auch haben viele Mining-Unternehmen damals ihre Operationen aus China in die USA verlagert, was dazu führte, dass momentan rund 40 Prozent der Bitcoin-Hashrate aus den Vereinigten Staaten stammt.

Die Wall Street beziehungsweise US-amerikanische Großbanken und Vermögensverwalter wie BlackRock setzen auf Bitcoin und sogar der erste staatliche Pensionsfonds aus den USA hat über die Spot-ETFs in das Asset investiert – Blocktrainer.de berichtete.

Derweil gibt es momentan immer mehr US-Politiker, die dafür plädieren, den US-Dollar mit Bitcoin zu decken oder eine strategische Bitcoin-Reserve aufzubauen. Entsprechend nehmen Spekulationen zu, dass die USA bald diesen großen Schritt gehen könnten.

Da der Bitcoin-Befürworter Donald Trump allem Anschein nach im November ins Weiße Haus gewählt wird und er sogar einen Bitcoin-Halter zum Vizepräsidenten machen möchte, ist dies auch gar nicht mehr so unwahrscheinlich. David Bailey, der CEO von Bitcoin Magazine und ein Berater des Präsidentschaftskandidaten, hat in einer Audiodiskussionsrunde auf 𝕏 sogar behauptet, Trump habe ihn gefragt, ob sich mit Bitcoin das Staatsschuldenproblem der USA lösen lasse.

Ganz aktuell kommen zudem Gerüchte auf, dass der 78-Jährige bei seinem Auftritt auf der Bitcoin-Konferenz in Nashville Samstag kommende Woche über dieses Vorhaben sprechen wird. Dennis Porter, CEO einer Non-Profit-Organisation im Bitcoin-Mining-Sektor in den USA, schrieb gestern auf 𝕏, dass er von vertrauenswürdigen Quellen gehört hat, dass Trump in Nashville den Plan der strategischen Bitcoin-Reserve verkünden wird. Simon Dixon, ein ehemaliger Investmentbanker mit einem großen 𝕏-Account, meldete, dass er immer mehr Informationen bekommt, die dies bestätigen.

Sollte das sich bewahrheiten, dann wäre dies ein unfassbarer Katalysator für den Bitcoin-Kurs. Der Markt hat gestern jedoch nicht positiv auf die Gerüchte reagiert, was darauf schließen lässt, dass er derzeit noch als höchst unwahrscheinlich abgetan wird.

Es stellt sich an dieser Stelle auch die Frage, ob es überhaupt schlau wäre, dass Trump – insofern er das überhaupt vorhat – dies ankündigt, ohne bereits im Amt zu sein. Letztlich würde dies nur dafür sorgen, dass der Bitcoin-Kurs immens steigt, wodurch es für die USA immer schwieriger wird, sich noch einen großen Anteil an dem Asset zu sichern. Womöglich wäre es smarter, im Verborgenen Bitcoin-Bestände aufzubauen und die Bombe erst dann platzen zu lassen, wenn die Bitcoin-Position bereits groß genug ist.

Ob die USA unter Trump tatsächlich strategisch Bitcoin kaufen werden und ob der Präsidentschaftskandidat diesen Schritt im Vorhinein ankündigen wird, gilt es noch abzuwarten. Auch dürften die kommenden Monate und Jahre Aufschluss darüber bieten, wie die Herangehensweise von China hinsichtlich Bitcoin ist und ob sich die Volksrepublik tatsächlich schon länger intensiv für die Thematik interessiert und bereits weiter vorangeschritten ist, als es momentan den Anschein erweckt.

Tristan

Über den Autor: Tristan

Tristan ist der Chefredakteur bei Blocktrainer.de. Als studierter Volkswirt sammelte er auch außerhalb des Bitcoin-Space journalistische Erfahrungen. Seit 2020 beschäftigt sich Tristan aktiv mit Bitcoin, in den Jahren zuvor schon mit libertärer Wirtschaftstheorie.

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