
Südafrika: Staatlicher Energieversorger will mit Bitcoin-Mining die Rentabilität erhöhen
Eskom in der Krise
Der südafrikanische Energieversorger Eskom steht aktuell vor technischen und wirtschaftlichen Herausforderungen: Die Stromerzeugung des Unternehmens basiert zu über 80 % auf 15 Kohlekraftwerken und wird durch Gas-/Dieselturbinen, Kernkraft sowie erneuerbare Energien ergänzt. Aufgrund unzureichender Infrastruktur ist Eskom jedoch regelmäßig gezwungen, die Stromlast zu reduzieren, um das Netz stabil zu halten.
Zwischen dem 13. und 19. Juni 2025 fielen Kraftwerke mit einer Gesamtleistung von über 15.000 Megawatt (MW) ungeplant aus. Um Lastabschaltungen zu vermeiden, musste Eskom große Mengen Diesel einkaufen und in offenen Gasturbinen verbrennen.
Stromausfälle sind in Südafrika keine Seltenheit. Gleichzeitig zählen die industriellen Strompreise von 0,076 bis 0,10 US-Dollar pro Kilowattstunde zu den höchsten in Afrika. Als Reaktion darauf setzen immer mehr Haushalte und Unternehmen auf autarke, erneuerbare Stromquellen – insbesondere Solaranlagen. Dies führte im vergangenen Jahr zu einem Rückgang der Stromverkäufe von Eskom um 4 %.
Das Unternehmen rechnet damit, dass der Wettbewerb durch unabhängige Stromerzeuger weiter zunimmt – und daher auch der Druck auf das eigene Geschäftsmodell. Viele Kommunen, die Strom von Eskom beziehen und an Haushalte und Unternehmen weiterverkaufen, können ihre Rechnungen nicht mehr begleichen. Infolgedessen summieren sich die kommunalen Schulden auf derzeit rund 90 Milliarden ZAR (ca. 5 Milliarden US-Dollar) und könnten laut Energieminister Kgosientsho Ramokgopa bis 2050 auf 3,1 Billionen ZAR (rund 174,5 Milliarden US-Dollar) anwachsen. Hinzu kommen Kreditschulden von etwa 403 Milliarden ZAR (ca. 22,7 Milliarden US-Dollar), die Eskom direkt betreffen.
Bitcoin-Mining als Ausweg
Um die vorhandenen Stromkapazitäten wirtschaftlicher zu nutzen, anstatt Kraftwerke drosseln zu müssen, prüft Eskom derzeit alternative Vermarktungsmöglichkeiten. CEO Dan Marokane sieht insbesondere im Bitcoin-Mining neue Chancen:
Wir müssen uns nach Alternativen umsehen, und es gibt spannende Möglichkeiten im Bereich der KI und der Rechenzentren, aber auch im Bereich von Bitcoin.
Dan Marokane, CEO von Eskom
Diese Branchen zählen zu den größten Stromverbrauchern und können zugleich Arbeitsplätze und Einnahmen schaffen, die zur Stabilisierung der staatlichen Strominfrastruktur beitragen. Strategische Partnerschaften mit diesen Industrien könnten zudem die Abhängigkeit vom klassischen Stromvertrieb verringern, der zunehmend durch dezentrale Stromerzeugung verdrängt wird.
Im Vergleich zu klassischen Rechenzentren und KI-Anwendungen bietet das Bitcoin-Mining dabei zusätzliche Vorteile:
- Mining-Anlagen lassen sich schnell hoch- und herunterfahren und weisen dadurch ein flexibles Energieverbrauchsprofil auf. Sie eignen sich daher besonders gut als Stabilisator im Stromnetz – wie das texanische Demand-Response-Programm von ERCOT zeigt.
- Der Betrieb kann weitaus ressourcenschonender und weniger umweltbelastend sein, insbesondere bei Nutzung erneuerbarer Energiequellen.
Für langfristige Einnahmen und eine stabilere Netzstruktur könnte Eskom entweder selbst Mining-Anlagen betreiben und mit der überschüssigen Energie kostengünstig Bitcoin schürfen oder Stromabnahmeverträge und Demand-Response-Programme mit Mining-Unternehmen vereinbaren, die sich für beide Seiten lohnen.
Regulierung und Anreize
Südafrika bemüht sich um ein investitionsfreundliches regulatorisches Umfeld. Kryptowährungen sind offiziell als „Finanzprodukte“ eingestuft, während Mining unter Einhaltung klarer Vorschriften erlaubt ist. Wenn Mining-Unternehmen für Dritte agieren – zum Beispiel als Mining-Pool –, können sie als Krypto-Dienstleister (CASPs) eingestuft werden, die seit April 2025 eine Lizenz benötigen und strenge Vorgaben zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung (einschließlich der Travel Rule) erfüllen müssen. Das reine Erzeugen von Bitcoin durch den Betrieb der Hardware gilt jedoch nicht als regulierte Krypto-Dienstleistung.
Südafrikas Anteil an der globalen Bitcoin-Hashrate ist derzeit noch gering. Dennoch prognostizieren die „African Bitcoiners“ ein moderates Wachstum bis 2030. Der Markt für Mining-Hardware allein soll bis dahin ein Volumen von über 72 Millionen US-Dollar erreichen.
Ein zentrales Problem bleibt jedoch der hohe Strompreis. Bei den aktuellen Tarifen würde das Mining eines einzelnen Bitcoins in Südafrika mehr als 122.000 US-Dollar an Stromkosten verursachen. Zum Vergleich: Laut einer Studie betragen die Kosten für das Schürfen eines Bitcoins in fünf anderen afrikanischen Ländern unter 10.000 US-Dollar – etwa in Äthiopien, dem Land, das hauptsächlich auf sehr kostengünstige Wasserkraft setzt, kostet es nicht einmal 2.000 US-Dollar pro Coin.

Daher denkt die südafrikanische Regierung über steuerliche Anreize, regulatorische „Sandboxes“ und nachhaltige Mining-Modelle nach. Letztere sollen die Miner durch Investitionen der Unternehmen in Infrastruktur oder soziale Programme direkt in lokale Gemeinschaften einbinden. Die südafrikanische Venture-Capital-Firma Transvaal VC engagiert sich bereits im Bereich von Bitcoin-Mining und erneuerbaren Energien.
Eskoms Zukunft hängt davon ab, ob es gelingt, die Stromkapazitäten flexibel und marktorientiert zu nutzen – nicht trotz, sondern gerade wegen des wachsenden Wettbewerbs durch dezentrale und erneuerbare Energien. Wenn das Unternehmen weiter an alten Strukturen festhält, könnte es in einem Markt, der zunehmend auf Flexibilität und Nachhaltigkeit setzt, untergehen. Mit den notwendigen Anreizen kann Bitcoin-Mining einen potenziellen Ausweg bieten, der es ermöglicht, rentabel zu bleiben, den Schuldenberg in den Griff zu bekommen und die Stromnetze zu stabilisieren.