Der Insolvenzverwalter von der bankrotten Kryptobörse FTX hat am Sonntag bei einem Gericht in Delaware eine milliardenschwere Klage gegen Binance und dessen Gründer und ehemaligen CEO Changpeng „CZ“ Zhao eingereicht. Dabei fordert FTX unter anderem 1,76 Milliarden US-Dollar von den Angeklagten.

Betrügerischer Aktiendeal?

Im November 2019 hat der FTX-Gründer Sam Bankman-Fried (SBF) 20 Prozent der Unternehmensanteile von FTX für 1.002.739 BNB mit einem damaligen Wert von 18,3 Millionen US-Dollar an Binance verkauft.

Drei Monate später hat Binance zudem für nur zwei US-Dollar 18,4 Prozent der Anteile des Unternehmens West Realm Shires (WRS) erworben, das als Mutterunternehmen für die US-Geschäfte von FTX fungierte. SBF hielt 52,9 Prozent von WRS.

Aufgrund von persönlichen Ressentiments haben Binance und die involvierten Mitarbeiter im Juli 2021 sämtliche Unternehmensanteile an FTX zurückverkauft. Der Rückkauf der Anteile wurde vom FTX-Schwesterunternehmen Alameda Research in FTT (dem Token von FTX), BNB (dem Token von Binance) und BUSD (dem Stablecoin von Binance) bezahlt. Der Wert der BNB und BUSD allein betrug mindestens 1,76 Milliarden US-Dollar.

Da FTX und Alameda Research zu diesem Zeitpunkt jedoch schon insolvent waren, wurde der Rückkauf laut den Angaben der FTX-Mitarbeiterin Caroline Ellison insgeheim mit den Geldern der FTX-Kunden finanziert, während SBF öffentlich die Solvenz der Unternehmen beteuerte, um – wie er selbst meinte – den Markt nicht zu verunsichern. Demnach sei der Rückkauf der Anteile eine „konstruktive betrügerische Übertragung“, heißt es in der Anklage.

CZs angeblicher FTX-Vernichtungsplan

Nachdem der damalige Binance-CEO CZ Zhao seine Beteiligung an dem Konkurrenten FTX abgestoßen hatte, kam es zu einer Fehde zwischen CZ und SBF. CZ begann, FTX „zu zerstören“, so der Vorwurf in der Anklageschrift.

Am 1. November 2022 wurden vertrauliche Daten über die finanzielle Situation von Alameda an CoinDesk übermittelt. Bei FTX kam damals bereits intern der Verdacht auf, dass der Binance-CEO für den Leak verantwortlich sein könnte. Wenig später folgten Tweets von CZ und dem Binance-Account mit angeblich vorsätzlichen Falschdarstellungen zu dem Verkauf der von Binance gehaltenen FTT, der Hilfe für oder der geplanten Übernahme von FTX.

Ab dem 6. November 2022 verschickte Zhao eine Reihe falscher, irreführender und betrügerischer Tweets, die böswillig darauf abzielten, seinen Konkurrenten FTX zu zerstören, ohne Rücksicht auf den Schaden, der den Kunden und Gläubigern von FTX entstehen würde.
Auszug aus der Anklageschrift

CZ soll gewusst haben, dass die Tweets zu massenhaften Abhebungen der FTX-Kunden führen und alternative Finanzierungsmöglichkeiten für FTX erschweren sollten, was letztlich im Zusammenbruch von FTX mündete. Der FTX-Insolvenzverwalter wirft CZ also vor, die Werte der FTX-Kunden wissentlich und mit betrügerischen Methoden vernichtet zu haben, während er sich selbst bereicherte.

Rückzahlung von 1,76 Milliarden US-Dollar

Aufgrund des finanziellen Schadens beim Aktienrückkauf im Jahr 2021 sowie den Auswirkungen der „falschen“ Tweets von CZ fordert der Insolvenzverwalter von FTX, die mindestens 1,76 Milliarden US-Dollar, die bei der vermeintlich betrügerischen Transaktion gezahlt wurden, zugunsten der FTX-Gläubiger zurückzuerhalten – zuzüglich Schadensersatz. Zudem werden Binance und CZ Betrug, vorsätzliche Falschdarstellung und ungerechtfertigte Bereicherung vorgeworfen.

Bereits im Oktober hat ein Gericht den Rückzahlungsplan von 16 Milliarden US-Dollar an die FTX-Gläubiger genehmigt. Mit der Klage gegen Binance erhofft sich der FTX-Insolvenzverwalter weitere finanzielle Mittel zur Entschädigung der geprellten Kunden. Binance ist jedoch nicht das einzige Unternehmen, das FTX jüngst verklagt hat. Insgesamt hat der Insolvenzverwalter von FTX 25 Klagen gegen verschiedene Individuen und Unternehmen eingereicht. 

Laut Medienberichten streitet Binance die Vorwürfe ab. Die Klage sei unbegründet und das Unternehmen werde sich „energisch verteidigen“, heißt es in einer Stellungnahme. Es bleibt somit abzuwarten, wie das Gericht entscheiden wird und welche Konsequenzen die Klage gegebenenfalls für Binance und den Ex-CEO haben wird. CZ hat erst kürzlich seine 4-monatige Haftstrafe unter anderem aufgrund von Verstößen gegen das US-Geldwäschegesetz abgesessen, während SBF derweil seine 25-jährige Haftstrafe wegen Betrugs im Kontext des Kollapses seiner Börse verbüßt.

Stefan

Über den Autor: Stefan

Stefan ist studierter Medienwissenschaftler und Sinologe sowie selbstständig im künstlerisch-publizistischen Bereich. Neben den monetären Eigenschaften interessiert er sich vor allem für die sozialen und ökologischen Aspekte von Bitcoin und dem Bitcoin-Mining.

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