Voraussetzungen für den S&P 500
Der Aktienindex S&P 500 von der bekannten Rating-Agentur Standard & Poor's soll grundsätzlich die 500 führenden US-amerikanischen Aktiengesellschaften abbilden – und diese nach der Marktkapitalisierung gewichten.
Um Teil des Index zu werden, ist aber nicht nur der Firmenwert ausschlaggebend. Strategy (ehemals MicroStrategy) ist nämlich schon seit 334 Handelstagen in Folge groß genug für die Aufnahme in den S&P 500 – mit einer Marktkapitalisierung von mehr als 110 Milliarden US-Dollar gehört Strategy momentan sogar zu den 100 größten US-Aktiengesellschaften.
Damit ein Unternehmen sich für die Aufnahme in den Index qualifiziert, muss es noch andere Voraussetzungen erfüllen:
- Unternehmenssitz in den USA
- Notierung an einer US-Börse
- mindestens 50 % der Aktien frei handelbar
- genügend Liquidität der Aktie
- Nettogewinn im letzten Quartal
- Nettogewinn im Durchschnitt der letzten vier Quartale
Die Profitabilität ist die letzte Hürde, die Strategy meistern musste. Für das jetzt abgeschlossene zweite Quartal wird das Unternehmen nun aber den dafür nötigen Milliardengewinn ausweisen – und das dank der Bitcoin-Strategie.
Milliardengewinn in Q2
Seit dem ersten Quartal dieses Jahres bilanziert die Strategy den Bitcoin-Bestand zum aktuellen Marktwert. Im Zuge dieser Umstellung konnte Strategy rückwirkend einen Investitionsgewinn in Höhe 12,7 Milliarden US-Dollar ausweisen – bezogen auf den Wertzuwachs bis Ende 2024. Dieser wurde jedoch nicht im Rahmen der offiziellen Quartalsergebnisse verbucht, sondern als einmalige Eigenkapitalanpassung zum 1. Januar 2025.
Vor der Umstellung auf „Fair Value Accounting“, die ab diesem Jahr verpflichtend wurde, war der Wertzuwachs der Bitcoin auf der Bilanz nach den allgemein akzeptierten Bilanzierungsrichtlinien (GAAP) nicht ersichtlich. Im ersten Quartal dieses Jahres musste Strategy dann sogar einen Milliardenverlust verbuchen, weil der Bitcoin-Kurs vom 1. Januar bis zum 31. März 2025 deutlich gefallen ist.
Damit Strategy einen Gewinn aufweist, der die zusammengenommenen Verluste der vorherigen drei Quartale übertrifft, musste der Bitcoin-Kurs in der heutigen Nacht über circa 95.250 US-Dollar handeln. Dies ist bei einem aktuellen Preis von mehr als 107.000 US-Dollar je BTC locker gelungen.
Strategy hat somit für Q2 2025 einen unrealisierten Bitcoin-Gewinn von circa 14 Milliarden US-Dollar erwirtschaftet. Die Rechnung: Die 528.185 BTC, die das Unternehmen Ende Q1 gehalten hat, sind mittlerweile rund 13,4 Milliarden US-Dollar mehr wert. Hinzu kommen in etwa 600 Millionen US-Dollar Kursgewinn der 69.140 in Q2 gekauften BTC, für die Strategy im Durchschnitt weniger als 100.000 US-Dollar je Coin ausgegeben hat. Abzüglich der latenten Steuerverbindlichkeit wird der bilanzierte Nettogewinn bei circa 11 Milliarden US-Dollar liegen.
- Q2 2025: ~ 11 Milliarden US-Dollar Gewinn
- Q1 2025: 4,217 Milliarden US-Dollar Verlust
- Q4 2024: 670,8 Millionen US-Dollar Verlust
- Q3 2024: 340,2 Millionen US-Dollar Verlust
In das Quartalsergebnis spielt neben der Kursentwicklung der Bitcoin auf der Bilanz auch das operative Geschäft mit rein. Der Einfluss dieses ist jedoch vergleichsweise gering, sodass es nicht viel an dem zweistelligen Milliardengewinn rütteln wird. Das Hauptgeschäft ist und bleibt die Bitcoin-Strategie.
In den vergangenen 12 Monaten hat Strategy 370.994 BTC für mehr als 34 Milliarden US-Dollar gekauft. Insgesamt hält das Unternehmen inzwischen 597.325 BTC im Gegenwert von mehr als 64 Milliarden US-Dollar – rund 21,5 Milliarden US-Dollar davon sind unrealisierte Investitionsgewinne.
Kommt die Aufnahme in den S&P 500?
Obwohl Strategy jetzt alle Bedingungen erfüllt, um Teil des S&P 500 werden zu können, kann die Aufnahme noch am Indexkomitee von S&P Dow Jones Indices scheitern. Hin und wieder kommt es nämlich vor, dass Unternehmen, die sich qualifizieren, nicht (direkt) aufgenommen werden.
So war es etwa bei Tesla der Fall. Nach dem Ergebnis für Q2 2020 erfüllte der Elektroautobauer erstmals alle Kriterien. Bei der Neuausrichtung des Index im September fand die Inklusion jedoch noch nicht statt, wodurch die Aktie zwischenzeitlich einbrach. Erst beim nächsten Rebalancing im Dezember war es dann schließlich so weit und Tesla wurde aufgenommen.
Das Komitee entscheidet sich manchmal gegen die Inklusion von Unternehmen, die es als noch nicht etabliert oder stabil genug einordnet. Dies könnte in den Augen der Entscheidungsträger durchaus auf Strategy zutreffen, wenn sie zu dem Entschluss kommen, dass das Geschäft beziehungsweise die Gewinne der „Bitcoin Treasury Company“ nicht nachhaltig sind.
Doch erst vor wenigen Wochen gab es die Meldung, dass die große Krypto-Börse Coinbase Teil des S&P 500 wird. Mit der generellen Pro-Krypto-Stimmung, die sich in den USA seit der Wahl von Präsident Donald Trump verbreitet, scheinen die Chancen unter dem Strich aber nicht allzu schlecht zu stehen – vor allem auch, weil Strategy inzwischen eines der größten und profitabelsten US-Unternehmen ist.
Strategy wäre neben der Krypto-Börse Coinbase (9.267 BTC), dem Autobauer Tesla (11.509 BTC) und dem Zahlungsdienstleister Block (8.584 BTC) das vierte Unternehmen im S&P 500, das Bitcoin auf der Bilanz hält. Sollte der Bitcoin-Kurs nach der potenziellen Aufnahme aber deutlich fallen, und Strategy entsprechend Verluste einfahren sowie deutlich an Marktkapitalisierung einbüßen, wäre auch vorstellbar, dass das Unternehmen wieder aus dem Index entfernt wird.
Potenzieller Katalysator für MSTR und BTC
Wenn die Aufnahme einer Aktie in so relevante Indizes wie den S&P 500 bevorsteht, reflektiert sich dies im Regelfall im Aktienkurs eines Unternehmens. Denn bei der Inklusion schichten die ETFs, die auf dem Index basieren, Kapital entsprechend um. Je größer die Marktkapitalisierung des Neuankömmlings, desto größer der Kapitalzufluss.
Der größte S&P 500-ETF, VOO von Vanguard, verwaltet knapp 700 Milliarden US-Dollar, während der von Spider (SPY) und BlackRock (IVV) jeweils auch noch einmal auf circa 600 Milliarden US-Dollar kommen. Insgesamt sind es rund 2 Billionen US-Dollar, die in S&P 500-ETFs investiert sind – in etwa so viel wie die aktuelle Marktkapitalisierung von Bitcoin.
Der Kurs der Tesla-Aktie verdoppelte sich binnen weniger Wochen nach der Verkündung der S&P 500-Inklusion am 17. November 2020. Die Rally setzte sich weiter fort, als die Aktie am 21. Dezember aufgenommen wurde.
Doch auch der Kursanstieg zuvor wird zu einem guten Teil auf die Antizipation zurückzuführen gewesen sein – einige hundert Prozent konnte die Aktie im Jahr 2020 zulegen.
Strategy würde – insofern sich das Komitee bereits für eine Aufnahme im September entscheidet – voraussichtlich mit einer Gewichtung von circa 0,2 Prozent aufgenommen, was eine Kaufnachfrage der ETFs in Höhe von 4 Milliarden US-Dollar bedeuten dürfte. Der Tag, der für die Gewichtung ausschlaggebend ist, ist der 15. August.
Am 31. Juli meldet Strategy voraussichtlich die offiziellen Zahlen für Q2. Spätestens dann sollte die traditionelle Finanzwelt für die potenzielle Inklusion sensibilisiert sein. Bislang scheint dort nur ein begrenztes Verständnis für die Auswirkung der Bitcoin-Strategie auf die Quartalszahlen vorhanden zu sein.
Mit einem Quartalsgewinn von circa 11 Milliarden US-Dollar ist Strategy zudem eines der profitabelsten Unternehmen der Welt. Dieser Umstand könnte weitere Marktteilnehmer auf die Lukrativität der Bitcoin-Strategie und den Erfolg des Geschäftsmodells von Strategy aufmerksam machen.
Anleger nehmen im Regelfall die Inklusion in einen großen Index zu großen Teilen vorweg – sogenanntes „Frontrunning“. Ab wann die potenzielle Aufnahme von Strategy eingepreist wird, ist unklar. In den vergangenen Tagen lag die Wahrscheinlichkeit für die Qualifikation bereits bei nahe 100 Prozent, da der Bitcoin-Kurs binnen weniger Tage deutlich hätte einbrechen müssen, um Stategy das Quartalsergebnis zu verhauen.
Als Strategy im Dezember 2024 in den bekannten Technologieindex Nasdaq 100 aufgenommen wurde, war ein solches „Frontrunning“ zu beobachten. Obwohl der größte Nasdaq 100-ETF, QQQ, „nur“ etwas mehr als 300 Milliarden US-Dollar an Kapital verwaltet, konnte die MSTR-Aktie so stark zulegen, dass das mNAV (die Marktkapitalisierung geteilt durch den Nettowert der gehaltenen Bitcoin) auf 4 gestiegen ist. Momentan liegt dieser Wert nur bei circa 2.
Sollte Strategy künftig weiter neue Aktien ausgeben, um Bitcoin zu kaufen, greift zudem ein besonderer Mechanismus: Wenn der Aktienkurs konstant bleibt, dann steigt bei der weiteren Emission von Stammaktien die Marktkapitalisierung. Dies würde die ETFs beim quartalsweise stattfindenden Rebalancing dazu zwingen, weitere Aktien nachzukaufen – bei sonst gleichbleibender Gewichtung.
Außerdem würde immer dann, wenn die S&P 500-ETFs Zuflüsse verzeichnen, auch ein Teil in die MSTR-Aktie fließen. Ein steigender Aktienkurs – beziehungsweise eine hohe Unternehmensbewertung – ist für die „Bitcoin Treasury Company“ von großer Bedeutung, da dies die Ausgabe von neuen Aktien für Bitcoin-Käufe – eine der Hauptmethoden von Strategy, um mehr BTC zu akquirieren – umso lukrativer macht.
Kurzum: Ein höheres mNAV von Strategy hat das Potenzial, den Bitcoin-Kurs durch weitere, mit der Ausgabe von Stammaktien finanzierte Bitcoin-Käufe, in die Höhe zu treiben. Das Unternehmen, das in diesem Jahr alleine mehr als 150.000 Bitcoin gekauft hat, ist momentan von großer Bedeutung für die Kursentwicklung der Kryptowährung – auch weil Strategy derzeit immer mehr Nachahmer anzieht.
Ob Strategy schon zur nächsten Neuausrichtung zum 19. September in den S&P 500 aufgenommen wird, wird am 5. September bekannt sein. Als Bitcoin-Befürworter gilt es darauf zu hoffen, dass sich das Indexkomitee von S&P Dow Jones Indices für die „Bitcoin Treasury Company“ entscheidet.