Die Häufigkeit von Naturkatastrophen in Japan macht die Entwicklung dezentraler Rechenzentren, die zusammen ein riesiges Computernetzwerk bilden – sogenanntes „Distributed Computing“ – erforderlich. Diese verteilten Rechenzentren ermöglichen neuartige Technologien wie Künstliche Intelligenz (KI), das Metaverse, automatisiertes Fahren, 5G-Telekommunikation oder auch Kryptowährungen, die jedoch unterschiedliche Energieverbrauchsmuster aufweisen.

Gleichzeitig wächst der Fokus auf Umwelt- und Energiefragen, die Maßnahmen zur Optimierung des Energieverbrauchs und der Stromnetze sowie zur Reduzierung der Kosten und Emissionen nach sich ziehen. Dabei wird die effektive Nutzung von erneuerbaren Energien, die intermittierenden Charakter besitzen, immer wichtiger.

Leistungsbeschränkung

Die Stromnetzbetreiber, die erneuerbare Energien nutzen, sind oft dazu gezwungen, den Betrieb der Produzenten von intermittierendem Ökostrom in seinem Versorgungsgebiet einzuschränken oder komplett abzuschalten, um ein Überangebot an Strom und somit eine Destabilisierung des Stromnetzes zu vermeiden. Vor allem während der Spitzenzeiten der Solarstromerzeugung soll das Stromangebot im Gleichgewicht mit der Nachfrage sein.

Diese Praxis der Leistungsbeschränkung wurde in Japan vom Energieversorgungsunternehmen Kyushu Electric Power Company eingeführt und bisher von neun weiteren regionalen Energieversorgern übernommen. Dadurch bleiben kostbare Stromerzeugungskapazitäten und somit große Mengen an Energie ungenutzt und werden verschwendet.

Eine der größten Zeitungen in Japan, The Asahi Shimbun, berichtete, dass im Jahr 2023 in ganz Japan „insgesamt 1.920 Gigawattstunden Strom der Leistungskontrolle unterliegen, was dem jährlichen Stromverbrauch von 450.000 Haushalten entspricht“. Weitere Schätzungen gehen davon aus, dass Japan bis zu zweimal so viel Strom aus erneuerbaren Energien erzeugen könnte, als es momentan tut.

Bitcoin-Pilotprojekt

Das Energieversorgungsunternehmen Tokyo Electric Power Company (TEPCO) im Großraum Tokio hat die Leistungsbeschränkung nicht übernommen. Agile Energy X, ein Tochterunternehmen von TEPCO, hat sich der Aufgabe gewidmet, derartiger Energieverschwendung mithilfe des Bitcoin-Minings entgegenzuwirken und die breite Nutzung von erneuerbaren Energien zu fördern.

Kenji Tateiwa, der Präsident von Agile Energy X, hatte sich im Jahr 2018 sowohl mit der Leistungsbeschränkung der japanischen Energieversorger als auch mit dem hohen Energieverbrauch von Bitcoin befasst und erkannt, dass diese beiden Aspekte miteinander verbindbar sind, um ungenutzte Energie nicht zu verschwenden. Um seine Erkenntnisse in der Praxis zu untermauern und das Wissen mit anderen Energieversorgern zu teilen, entschloss sich Tateiwa, im Jahr 2022 Agile Energy X zu gründen. Im November des Jahres startete das Unternehmen ein Pilotprojekt in Kooperation mit TEPCO und dem Halbleiterentwickler TRIPLE-1.

Im Vordergrund stand dabei die effektive und flexible Nutzung des landesweit aus erneuerbaren Energiequellen erzeugten Überschussstroms und der Infrastruktur von TEPCO mithilfe der hochmodernen energiesparenden Halbleiter von TRIPLE-1. Anstatt Strom zu verschwenden, schafft Agile Energy X neue Nachfrage für die Rechenzentren – und zwar durch Bitcoin-Mining.

So errichtete das Unternehmen auf dem Gelände von TEPCO in Tokio ein Rechenzentrum mit 1.300 Computern, darunter auch KAMIKAZE-ASIC-Miner von TRIPLE-1, die mit 7-Nanometer-Chips von TSMC ausgestattet sind. Es wurde untersucht, wie sich das System beim Betrieb mit einer Gesamtleistung von 1.500 Kilowatt verhält und welche Auswirkungen dies auf das Stromnetz hat.

Das Ergebnis war, dass die Anlage normal arbeiten und die Dekarbonisierung des Stromnetzes fördern kann. Gleichzeitig könnten die Anbieter erneuerbarer Energien durch das Mining mehr Gewinne erwirtschaften und dadurch weitere grüne Energieprojekte starten und die Wirtschaft beleben.

Der Erfolg unseres Konzepts würde dazu führen, dass mehr grüne Energie eingeführt wird.
Kenji Tateiwa, Präsident von Agile Energy X, im Interview

Rentabilität steigt mit mehr grüner Energie

Agile Energy X hat sich das Ziel gesetzt, in Japan bis zum Jahr 2030 Rechenzentren in der Größenordnung von 100 Megawatt zu errichten. Das Unternehmen hat bereits jetzt in den Präfekturen Gunma und Tochigi Bitcoin-Mining-Anlagen in der Nähe von Solarparks errichtet, um die erneuerbare Überschussenergie zu verwerten.

Zurzeit sei die Rentabilität des Bitcoin-Minings aufgrund der Leistungsbeschränkung noch begrenzt, doch mit dem Ausbau der Infrastruktur für erneuerbare Energien in Japan würde auch die Praxis, ungenutzte Energie für das Bitcoin-Mining zu verwenden, an Bedeutung gewinnen, erklärt Tateiwa.

Wenn die japanische Regierung bis zum Jahr 2050 mindestens 50 Prozent der gesamten Stromversorgung aus grüner Energie gewinnen will, würden laut dem Experiment von Agile Energy X 240.000 Gigawattstunden Strom verschwendet werden. Diese Menge an Überschussstrom sei für die Speicherung in Akkus zu groß, sodass das Bitcoin-Mining eine praktikable Lösung für diese Energieverschwendung darstellen würde. 

Laut Schätzungen von Agile Energy X könnten mit nur 10 Prozent dieses Stroms jährlich Bitcoin im Wert von 360 Milliarden Yen (2,5 Milliarden US-Dollar) geminet werden. Mit dieser neuen Einnahmequelle wären die Ökostromproduzenten in der Lage, die Infrastruktur erneuerbarer Energien weiter auszubauen. Dadurch stände dann auch mehr überschüssige Energie für das Mining zur Verfügung, sodass derartige Projekte immer rentabler werden.

In Japan wird also medienwirksam darüber berichtet, wie Bitcoin in die Energiestrategie der Nation integriert werden kann, während andere Länder noch immer vermeintlich negative Aspekte von Bitcoin überbetonen.

Während die EU damit beschäftigt war, Bitcoin mit Falschaussagen zu belasten, war Japan damit beschäftigt, es zu erforschen.

Dies stammt aus der Asahi Shimbun (eine der 5 größten Zeitungen Japans):

„Ökostromproduzenten gehen davon aus, dass ein Teil des von ihnen erzeugten Stroms verschwendet wird. Wenn Bitcoin eine neue Einnahmequelle bieten würde, würde das zu mehr grüner Energie führen.“
Daniel Batten auf 𝕏

Stefan

Über den Autor: Stefan

Stefan ist studierter Medienwissenschaftler und Sinologe sowie selbstständig im künstlerisch-publizistischen Bereich. Neben den monetären Eigenschaften interessiert er sich vor allem für die sozialen und ökologischen Aspekte von Bitcoin und dem Bitcoin-Mining.

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