Im Dezember vergangenen Jahres gab es die Meldung, dass El Salvador im Rahmen einer Abmachung mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) Bitcoin als offizielles Zahlungsmittel wieder abschafft. Teil des Deals für einen Kredit von 1,4 Milliarden US-Dollar ist zudem, dass das mittelamerikanische Land die Bitcoin-Käufe einstellt.

Da der offiziellen Wallet des Landes trotzdem kontinuierlich weitere Bitcoin zugeflossen sind, war unklar, ob sich El Salvador überhaupt an diese Abmachung hält. Jetzt gab es jedoch die Bestätigung des IWF, dass die Bitcoin-Akkumulation „über den gesamten fiskalischen Sektor“ gestoppt wurde – im Einklang mit den Anforderungen der Sonderorganisation der Vereinten Nationen.

IWF äußert sich zu El Salvadors Bitcoin-Akkumulation

Am Freitag dieser Woche fand eine Pressekonferenz des IWF statt. Dabei griff Julie Ziegler, leitende Kommunikationsbeauftragte der Organisation, eine über das Internet erhaltene Frage zu El Salvador auf. Diese lautete:

Verschiebt El Salvador Bitcoin von einem Konto zum anderen? Ist das die Art und Weise, wie sie ihre Bitcoin-Reserve aufstocken, anstatt direkt zu kaufen?
Die online erhaltene Frage

Rodrigo Valdés, Direktor der Abteilung Westliche Hemisphäre, äußerte sich schließlich mehrere Minuten später zu der Thematik. Dabei betonte Valdés, dass er bestätigen könne, dass El Salvador die Akkumulation von Bitcoin über den gesamten Fiskalsektor gestoppt habe – aber das Problem des Landes nicht in erster Linie die Kryptowährung sei.

Ich kann bestätigen, dass sie ihre Verpflichtung zur Nichtakkumulation von Bitcoin im gesamten fiskalischen Sektor weiterhin einhalten, was unser Leistungskriterium ist. Aber darüber hinaus denke ich, dass folgendes für die Diskussion in El Salvador sehr wichtig ist: Das Problem von El Salvador hat nichts mit Bitcoin zu tun. Es geht um viel mehr. Es geht viel tiefer.
Rodrigo Valdés, IWF

Info

Die USA halten mehr als 16 Prozent der Stimmrechte beim IWF, womit sie der mit Abstand größte Anteilseigner sind. Ob der IWF aufgrund der Pro-Bitcoin-Politik von US-Präsident Donald Trump, der per Dekret eine strategische Bitcoin-Reserve für die USA etabliert hat, jetzt Bitcoin gegenüber offen eingestellt ist, bleibt noch offen. Die USA und El Salvador sind mittlerweile enge Verbündete, die zusammenarbeiten, um die illegale Migration in die USA zu bekämpfen. Erst vor wenigen Wochen hat Trump Präsident Nayib Bukele im Weißen Haus empfangen.

Wo liegt die Wahrheit?

Da sowohl das „Bitcoin Office“, quasi die Bitcoin-Behörde El Salvadors, als auch Präsident Bukele es so kommunizieren, dass das Land stetig weitere Bitcoin kauft, scheint hier ein Widerspruch vorzuliegen. 

Denn wie soll ein Land Bitcoin kaufen, ohne es über den gesamten fiskalischen Sektor zu tun?

Bukele hat sogar noch im März dieses Jahres im Kontext der vermeintlichen Bitcoin-Käufe betont, dass diese nicht eingestellt werden.

„Das alles hört im April auf.“ „Das alles hört im Juni auf.“ „Das alles hört im Dezember auf.“

Nein, es hört nicht auf.

Wenn es nicht aufgehört hat, als die Welt uns geächtet hat und die meisten „Bitcoiner“ uns im Stich gelassen haben, wird es auch jetzt nicht aufhören, und es wird auch in Zukunft nicht aufhören.

Proof of Work > Proof of Jammern
Nayib Bukele auf 𝕏

Die Bitcoin-Behörde schrieb derweil im jüngsten Post zu dem letzten „Bitcoin-Kauf“: 

Vertraue nicht, verifiziere.
Bitcoin Office auf 𝕏

Mangelnde Transparenz

Wie bereits der IWF betont, mangelt es El Salvador an Transparenz. Zwar ist die Bitcoin-Wallet des Landes offen einsehbar, jedoch ist alles andere als klar, woher die Bitcoin stammen – beziehungsweise ob diese vom Staat gekauft werden.

Vorstellbar wäre, dass das Land noch Bitcoin-Bestände hat – etwa durch den Trust „Fidebitcoin“, der aufgelöst werden muss –, die Schritt für Schritt in die Bitcoin-Reserve des Landes überführt werden. Dies könnte den Anforderungen des IWF entsprechen, wäre aber problematisch, da hierbei fälschlicherweise suggeriert werden würde, dass es sich um Käufe handelt.

Eine andere Option wäre, dass El Salvador über Wege Bitcoin akkumuliert, die außerhalb des Fiskalsektors liegen. Doch dabei bleibt die Frage, wie Bitcoin-Käufe eines Staates funktionieren können, die außerhalb des „gesamten fiskalischen Sektors“ vollzogen werden.

Oder aber die Aussage von Rodrigo Valdés vom IWF ist falsch und El Salvador kauft ganz normal weiter ein. Doch welches Interesse hätte der IWF daran, zu lügen – insofern die Institution nicht von El Salvador selbst hinters Licht geführt wird.

Es bleibt zu hoffen, dass sich der Widerspruch zwischen der Kommunikation des IWF und El Salvadors bald auflöst. Denn das Thema spaltet die Bitcoin-Community: Während die einen sich sicher sind, dass Bukele dem IWF ein Schnippchen schlägt, haben die anderen das Gefühl, vom ersten Bitcoin-Präsidenten der Welt belogen zu werden.

El Salvador hätte als das erste Land, das Bitcoin kauft und die Kryptowährung als gesetzliches Zahlungsmittel deklariert, ein Positivbeispiel werden können. Dass El Salvador Bitcoin als Zahlungsmittel wieder abgeschafft hat, ist jedoch Wasser auf den Mühlen der Bitcoin-Kritiker. Und was die staatliche Bitcoin-Reserve angeht, herrscht maximale Verwirrung in der Außenwahrnehmung, was alles andere als positiv einzuordnen ist.

Tristan

Über den Autor: Tristan

Tristan ist der Chefredakteur bei Blocktrainer.de. Als studierter Volkswirt sammelte er auch außerhalb des Bitcoin-Space journalistische Erfahrungen. Seit 2020 beschäftigt sich Tristan aktiv mit Bitcoin, in den Jahren zuvor schon mit libertärer Wirtschaftstheorie.

Artikel des Autors

Kommentare aus unserem Forum