Die Surinamesin Maya Parbhoe hat sich in den vergangenen Monaten als unkonventionelle Präsidentschaftskandidatin mit einer Bitcoin-Agenda positioniert.

Ihre Botschaft: Reform statt Anpassung. Besonders in internationalen Bitcoin-Kreisen erhielt sie dafür viel Zuspruch – und auch finanzielle Unterstützung durch Spenden.

Doch kurz vor Ostern mehrten sich Zweifel. In sozialen Netzwerken und Foren wurden Stimmen laut, die Parbhoe vorwerfen, mehr Schein als Substanz zu bieten. Es geht um angeblich undurchsichtige Ausgaben, fehlende politische Relevanz im Inland und widersprüchliche Aussagen zwischen lokalen und internationalen Auftritten.

Der Vorwurf: Parbhoe sammle Spendengelder unter dem Vorwand eines politischen Umbruchs, ohne tatsächlich über eine tragfähige Strategie oder politische Basis zu verfügen.

Die Vorwürfe: Widersprüche und „Red Flags“

Besonders viel Aufmerksamkeit erhielt ein Reddit-Beitrag unter dem Titel „Don’t Trust, Verify“, verfasst von einem Bitcoiner, der extra nach Suriname reiste, um sich selbst ein Bild zu machen. Sein Fazit: Parbhoe sei im Land kaum bekannt, ihre Partei spiele politisch eine untergeordnete Rolle, und Bitcoin sei offiziell kein Bestandteil des NPS-Parteiprogramms – trotz angeblich anderslautender Kommunikation seitens Parbhoe.

Weitere Kritikpunkte betreffen die Verwendung von Spendengeldern, Sicherheitsmaßnahmen während Parbhoes Schwangerschaft sowie einige fragwürdige Social-Media-Aussagen. Auch ihre Behauptung, vom U.S. Secret Service geschützt zu werden, sorgte für Stirnrunzeln. Die Kritik gipfelt schließlich in der Forderung nach Transparenz: Wo sind die Spendengelder geblieben, wer profitiert von der Kampagne – und wem nützt das Narrativ?

Die Reaktion von Maya Parbhoe

Maya Parbhoe reagierte öffentlich in einem ausführlichen Statement auf 𝕏. Sie weist die Vorwürfe entschieden zurück. Ihre Kandidatur sei Teil eines grundlegenden Reformprojekts, das sich gegen Korruption und politische Ausbeutung richte. Sie betont, dass sie nicht „Teil des Systems“ werden wolle, sondern dieses verändern möchte.

Zur Verwendung der Spendengelder liefert sie konkrete Angaben: 15.000 Euro seien in Umfragen investiert worden, monatliche Ausgaben für Kampagnenmitarbeiter hätten 17.000 US-Dollar betragen, Sicherheitsmaßnahmen haben anfangs 12.000 US-Dollar betragen, später deutlich mehr. Alle Transaktionen seien dokumentiert, jeder Spender könne sie einsehen.

Wir geben das Geld nicht für Fototermine aus. Wir versorgen täglich Waisenhäuser und strukturschwache Gegenden. Wir bauen. Wir liefern. Wir lehren. Jede gespendete Summe wird dokumentiert. Jede Transaktion ist nachvollziehbar. Jeder Spender kann dies überprüfen.
Maya Parbhoe

Eine genaue Erklärung dazu, wo und wie die Transaktionen genau einsehbar respektive verifizierbar sind, bleibt sie in ihren Ausführungen allerdings schuldig.

Weiter schildert sie ihre Beweggründe als zutiefst persönlich: der Tod ihres Vaters im Kampf gegen Korruption, ihre eigene gesundheitliche Krise während der Schwangerschaft, ihre Motivation als Mutter. 

Sie sei keine Politikerin im klassischen Sinne, sondern Teil einer Graswurzelbewegung – getragen von Idealismus und finanziert von Bitcoinern weltweit.

Dies ist nicht nur eine politische Kampagne. Es ist eine Graswurzelbewegung. Eine Rebellion gegen die Korruption, die unser Volk am Boden gehalten hat. Und sie wird nicht von Unternehmen oder Eliten finanziert, sondern von globalen Bitcoinern, die wie ich daran glauben, dass wahre Freiheit finanzielle Souveränität bedeutet und dass echte Führung bedeutet, zuerst den Menschen zu dienen.
Maya Parbhoe

Ihr Berater äußert sich

Für zusätzliche Aufmerksamkeit sorgte die Einordnung des österreichischen Ökonomen Rahim Taghizadegan, der zeitweise als Berater von Parbhoe tätig war. In einem sehr langen Beitrag auf 𝕏 beschreibt er seine Rolle recht differenziert: Er sei zunächst skeptisch gewesen, habe Maya Parbhoe aber für authentisch gehalten und bei der Ausarbeitung eines realistischen Planes zur Bitcoin-Integration unterstützt – pro bono und ohne finanzielle Zuwendungen.

Taghizadegan betont, dass er keine Hinweise auf Betrug habe, aber sehr wohl „gravierende Defizite in Urteilskraft und Ausführung“ bei Parbhoe festgestellt habe. Ihre Idee, Bitcoin per Regierungsdekret zur Nationalwährung zu erklären, sei ökonomisch nicht tragfähig. Zudem seien ihre Aussagen zuletzt zunehmend launisch beziehungsweise erratisch geworden – möglicherweise auch aufgrund der Belastung durch die Geburt ihres ersten Kindes.

Trotzdem: Ihre Aufrichtigkeit und ihr Wunsch nach Veränderung seien glaubwürdig, betont der Österreicher.

Vor-Ort-Eindrücke von Blocktrainer.de

Um uns ein eigenes Bild der Situation zu machen, reiste kürzlich auch ein kleines Team von Blocktrainer.de nach Suriname. Unsere Eindrücke vor Ort decken sich in vielen Punkten mit denen von Rahim Taghizadegan. Wir hatten die Gelegenheit, Maya Parbhoe persönlich zu treffen und ein ausführliches Interview mit ihr zu führen.

Dabei zeigte sie sich offen – auch im Hinblick auf einige der viel diskutierten „Red Flags“. Sie sprach transparent über das Wahlsystem in Suriname und erklärte klar, dass der Präsident nicht direkt vom Volk gewählt wird. Stattdessen müsse sie zunächst innerhalb ihrer Partei – der NPS – sowie potenzieller Koalitionspartner Unterstützung gewinnen. Den Eindruck, dass Bitcoin offizieller Bestandteil des NPS-Parteiprogramms sei, hat sie uns gegenüber zu keinem Zeitpunkt vermittelt.

Die offiziellen Schätzungen, wie viele Parlamentssitze ihre Partei letztlich gewinnen kann, gehen mit Maya Parbhoes eigener Einschätzung stark auseinander, jedoch sprach sie auch darüber sehr offen mit uns.

Zwischen Idealismus und Realität

Einige ihrer Aussagen aus dem Gespräch lassen sich auch in unserer kurzen Reisedokumentation nachvollziehen, in der wir bereits darauf hingewiesen haben, dass ihre Chancen auf das Amt der Präsidentin derzeit als eher gering einzuschätzen sind. 

Dennoch wurde in den Gesprächen deutlich, dass Maya durch und durch Bitcoinerin ist. Sie verfolgt eine klare Vision, die allerdings in Teilen an der politischen Realität, an systemischen Hürden – und vielleicht auch am eigenen Idealismus und Ego – zu scheitern droht.

Auch ich hatte [zu Beginn] Zweifel. Aber als sie uns sagte, dass sie keine strategische Bitcoin-Reserve will, war für mich klar, dass sie keine Betrügerin ist, die nur Bitcoin-Narrative nachplappert. Sie scheint auch erfrischend tiefgründig über einige Themen nachgedacht zu haben, während sie bei einigen anderen eher illusorisch ist.
Christoph Bergmann, deutscher Blogger und Teil des Teams, das Maya interviewt hat

Zwar konnten wir in der kurzen Zeit weder parteiinterne Strukturen noch alle Vorwürfe unabhängig verifizieren, doch lässt sich zumindest sagen: Die Bitcoin-Graswurzelbewegung vor Ort ist real – und Maya fungiert zweifelsohne als Symbolfigur dieser Bewegung.

Gleichzeitig bekamen wir auch Einblicke in interne Reibungen, insbesondere weil sie unter anderem recht überraschend unseren lokalen Ansprechpartner während unseres Aufenthalts entlassen hat.

Dass Maya, Bitcoin und ihre Vision in der breiten Öffentlichkeit des Landes allerdings keine große Rolle spielen, ist Fakt – aber vielleicht auch nur eine Momentaufnahme, da ihre Kampagne und ihr politischer Weg noch am Anfang stehen.

Ob man daraus tatsächlich „Betrug“ ableiten kann oder ob einfach die Kommunikation schlecht und/oder die Erwartungen in der internationalen Bitcoin-Community zu hoch sind, lässt sich nicht eindeutig sagen.

Doch wie auch Rahim Taghizadegan neigen wir in der Gesamtbewertung dazu, „Hanlons Rasiermesser“ zur Anwendung zu bringen: „Unterstelle nicht Böswilligkeit, wenn auch Unwissenheit oder Inkompetenz als Erklärung ausreichen.“

Die Wahrheit ist oft komplexer – und verdient eine differenzierte Betrachtung. Spätestens Ende Mai, im Anschluss an die Wahlen in Suriname, dürfte ersichtlich werden, wie Mayas Weg weitergeht.

René

Über den Autor: René

René ist bei Blocktrainer.de-Mitarbeiter der ersten Stunde. Als „Chief Operation Officer“ ist er mittlerweile hauptsächlich mit strategischen und organisatorischen Aufgaben betraut, findet jedoch Freude daran, zeitweise redaktionell tätig zu sein. In den vielen Jahren, in denen er im Bitcoin-Kosmos unterwegs ist, hat er sich ein breit gefächertes Know-how in sämtlichen Bereichen rund um die bedeutendste Kryptowährung angeeignet.

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