Gestern ist in dem renommierten britischen Medium Financial Times ein Meinungsartikel erschienen, in welchem sich der Autor Vitaliy Katsenelson mit den Nachteilen der von US-Präsidentschaftskandidat Donald Trump angekündigten staatlichen Bitcoin-Reserve auseinandersetzt. 

In dem Artikel mit der Überschrift „Trumps Forderung nach einer strategischen Bitcoin-Reserve ist eine sehr schlechte Idee“ geht es darum, wie Bitcoin die Vormachtstellung des US-Dollars gefährden und die hohen Staatsausgaben unfinanzierbar machen könnte.

Gefahr für den US-Dollar

Der Autor Vitaliy Katsenelson ist ein US-amerikanischer Staatsbürger mit russischer Herkunft und seit 1997 CEO einer Investmentfirma namens „Investment Management Associates“, die sich auf die Bewertung von Aktiengesellschaften konzentriert. 

Der Aufhänger für den kritischen Bitcoin-Artikel ist das Versprechen des derzeit laut den Wettmärkten wahrscheinlich nächsten US-Präsidenten, eine strategische Bitcoin-Reserve zu etablieren. Diese Ankündigung machte Donald Trump im Rahmen seiner Rede auf der Bitcoin-Konferenz in Nashville Ende Juli dieses Jahres – Blocktrainer.de berichtete.

Katsenelson räumt ein, er verstehe, warum Trump sich als Freund von Bitcoin und Co. positioniere – und zwar weil er so Stimmen für sich gewinnen könne.

Ich verstehe, warum Trump dies tut; er ist Politiker und die Unterstützung von Kryptowährungen bedeutet, dass er von Krypto-Bros unterstützt wird.
Aus dem Artikel

Doch der gebürtige Russe sieht ein großes Problem darin, dass der potenziell nächste US-Präsident Bitcoin fördert. Laut Katsenelson könnte dies den US-Dollar als Reservewährung weiter unter Druck setzen und somit die USA gefährden.

Wer weiß schon, ob eine politische Idee, die er im Wahlkampf versprochen hat, im Falle seiner Wiederwahl ins Weiße Haus Wirklichkeit werden würde? Aber wenn dies der Fall wäre, wäre es gefährlich für die USA. Es handelt sich nicht um ein Spiel, bei dem Stammesunterstützung über den gesunden Menschenverstand gestellt werden sollte. Lassen Sie mich erklären warum. 

Die Förderung des Bitcoin durch das Weiße Haus würde den Status des Dollars zu einem Zeitpunkt angreifen, an dem die Stimmung gegenüber der Währung auf dem Prüfstand stehen dürfte.
Aus dem Artikel

Wie Katsenelson richtig erkennt, verliert der US-Dollar – wenn auch noch nicht allzu rasant – zunehmend seine Vormachtstellung. Spätestens seit den Sanktionen der USA gegen Russland in Reaktion auf die Invasion der Ukraine scheinen immer mehr Nationen zu hinterfragen, ob sie wirklich in großem Maße noch auf die Weltleit- und Weltreservewährung setzen wollen.

Die BRICS-Nationen spielen derweil schon seit geraumer Zeit mit dem Gedanken, eine alternative, mit unter anderem Gold gedeckte, Währung für den internationalen Handel zu etablieren. 

Im Angesicht dieser aktuellen Entwicklungen ist es laut Katsenelson demnach der falsche Weg, dass das Weiße Haus einen Wettbewerber des US-Dollars legitimiert.

In einem solchen Umfeld sollten der US-Präsident und die Präsidentschaftskandidaten die größten Befürworter des Dollars sein, anstatt eine Alternative zu unterstützen. Die Bitcoin-Geschichte sollte nicht gefördert werden – sie sollte nicht einmal als eine Form der Spende an Kandidaten für das Amt des US-Präsidenten akzeptiert werden.
Aus dem Artikel

Der Autor betont zudem, es würde die Argumente für die Verwendung von Bitcoin als Reservewährung stärken, wenn Donald Trump als US-Präsident einen strategischen Bitcoin-Bestand etabliert.

„Bitcoin wird Amerika nicht helfen“

Vitaliy Katsenelson kritisiert die ausufernden Staatsschulden der USA und gibt dem undisziplinierten Haushalt die Hauptschuld an dem zunehmenden Vertrauensverlust in den „Greenback“. 

Eine Reservewährung ist eine globale Geschichte. Viele Menschen in vielen Ländern, die die USA besucht oder mit ihnen Geschäfte gemacht haben, haben die Geschichte geglaubt, dass die USA eine Demokratie sind und dass ihre kapitalistische, freie Marktwirtschaft sie zur stärksten der Welt macht. Und hey, wir sind verantwortungsvoll mit unseren Finanzen umgegangen - unsere Schulden waren überschaubar, und obwohl wir Haushaltsdefizite hatten, waren sie nicht riesig.

Das ist vorbei. Heute hat unsere 27-Billionen-Dollar-Wirtschaft 35 Billionen Dollar Schulden. Wir nehmen 4,4 Billionen Dollar an Steuern ein, geben aber 6,3 Billionen Dollar aus – wir haben ein Haushaltsdefizit von 5,6 Prozent. Schon jetzt erwecken unsere Finanzen kein großes Vertrauen in den Dollar. Da wir jedes Jahr mehr Dollar drucken, um unsere wachsenden Haushaltsdefizite zu finanzieren, verliert die Geschichte des Dollars als allmächtige Reservewährung ihren Glanz.

Der Autor macht auch darauf aufmerksam, dass Bitcoin eine wohl zu attraktive Alternative ist, die keiner staatlichen Kontrolle unterliegt und nicht beliebig vermehrbar ist.

Bitcoin wird von niemandem kontrolliert, auch nicht von der US-Regierung. Wir können nicht mehr davon drucken, um den Erlass von Schulden bei Studenten oder Ärzten zu finanzieren, Erstkäufern von Häusern bei der Anzahlung zu helfen oder Steuersenkungen zu gewähren, wenn wir riesige Haushaltsdefizite haben. Ebenso wenig können unsere Politiker mehr davon drucken, um ihre Wahlversprechen zu finanzieren, die wir uns als Land nicht leisten können, nur um sich mehr Stimmen zu kaufen. Dennoch glänzt Bitcoin, genau wie Gold, mit jedem leeren Wahlversprechen und jeder Billion Dollar, die wir zu unseren Schulden hinzufügen. Was wird passieren, wenn sich Fremde in eine andere Geschichte verlieben, die nicht grün ist und keine Bilder der US-Präsidenten enthält?
Aus dem Artikel

Info

Mit der Frage, ob es von Vorteil ist, dass sich der Staat mit Bitcoin als Geld nicht mehr durch das Geldmonopol quasi unbegrenzte Mittel beschaffen kann, beschäftigt sich der Artikel „MMT vs. Bitcoin = Tyrannei vs. Freiheit?“ ausführlich.

Auch wenn dieser Absatz eins zu eins von einem Bitcoin-Befürworter stammen könnte, konkludiert Katsenelson zum Ende des Artikels, dass Bitcoin den USA nicht helfen werde. Wieso er zu diesem Fazit kommt, führt er nicht weiter aus.

Bitcoin wird Amerika nicht wieder stark machen. Was diesem Land helfen wird, weiterhin großartig zu sein, ist, unsere Schulden und Defizite unter Kontrolle zu bekommen.
Aus dem Artikel

Mehr zu gewinnen als zu verlieren?

Vitaliy Katsenelson erkennt, dass Bitcoin durch eine zunehmende Legitimierung des Assets durchaus dazu in der Lage ist, den großen Fiatwährungen Konkurrenz hinsichtlich des Status als Reservewährung zu machen. Die Frage, welche sich an diesem Zeitpunkt jedoch schon stellt, ist, ob eine Nation mittlerweile nicht sogar mehr damit zu gewinnen hat, wenn sie sich für Bitcoin öffnet – selbst wenn dadurch eine Alternative des Staatsgeldes gestärkt wird.

Bitcoin ist gekommen, um zu bleiben – das dürfte spätestens seit der Zulassung der Bitcoin-Spot-ETFs in den USA deutlich sein. Und verschließt sich ein Land vor dieser potenziell weltverändernden Innovation, so besteht die Gefahr, dass sie ins Hintertreffen gerät und den Wettbewerbern das Spielfeld überlässt. 

Donald Trump führt als Hauptgrund für seine Unterstützung des Sektors immer wieder an, dass es ihm darum gehe, sich einen Vorteil gegenüber China zu verschaffen. Die Volksrepublik ist laut dem Republikaner nämlich „sehr stark daran interessiert“ – Blocktrainer.de berichtete.

Eine Bitcoin-Reserve könnte aber nicht nur die Wirtschaft stärken, sondern auch genau das zur Folge haben, was sich der Autor eigentlich für die USA wünscht – und zwar einen disziplinierteren Staatshaushalt und die Reduktion der immer weiter ausufernden US-Staatsschulen.

Donald Trump spielt sogar mit dem Gedanken, das 35-Billonen-US-Dollar-Staatschuldenproblem der USA mittels Bitcoin zu lösen. Dies teilte der Präsidentschaftskandidat in einem Interview mit FOX Business mit – Blocktrainer.de berichtete. Die republikanische Senatorin Cynthia Lummis hat dafür bereits den passenden Gesetzentwurf vorgelegt.

Ein weiteres potenzielles Szenario wäre, dass eine Nation durch eine Bitcoin-Reserve sogar das Vertrauen in die eigene Fiatwährung stützen kann, insofern diese mit dem „digitalen Gold“ abgesichert ist. In diesem Fall bleibt dann nur abzuwarten, ob die Menschen nicht dann doch zu dem Entschluss kommen, dass sie auch einfach Bitcoin anstelle eines Papiergeldes nutzen können, wenn sogar große Staaten schon darauf vertrauen.

Wie auch immer sich die USA oder weitere Nationen Satoshi Nakamotos Kreation zunutze machen werden, mittel- und langfristig dürfte kein Weg daran vorbeiführen, auf Bitcoin zu setzen. Bitcoin hat bereits gewonnen und entsprechend wird es vermutlich die überlegene Strategie sein, einer der „First Mover“ bei diesem Thema zu sein.

Tristan

Über den Autor: Tristan

Tristan ist studierter Volkswirt mit journalistischer Erfahrung außerhalb von Blocktrainer.de. Seit 2020 ist Tristan im Bitcoin-Space aktiv, schon in den Jahren zuvor beschäftigte er sich mit libertärer Wirtschaftstheorie.

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