Der US-Dollar schwächelt. Ist jetzt die Zeit gekommen, um den Euro zur globalen Reservewährung zu machen? Dies fordert zumindest die EZB-Präsidentin in einem aktuellen Beitrag. Doch auch Gold und Bitcoin spielen dabei eine Rolle.

Die EZB-Präsidentin Christine Lagarde hat in einem Gastbeitrag in der Financial Times dazu aufgerufen, dem Euro eine deutlich stärkere Rolle im globalen Finanzsystem zu verleihen. Angesichts geopolitischer Spannungen und wachsender Zweifel an der Führungsrolle des US-Dollars müsse Europa seine wirtschaftliche Stärke in geopolitische Stärke umwandeln. Doch während die EU noch über strategische Autonomie diskutiert, nimmt Bitcoin diese Rolle vielerorts längst ein – ungeachtet politischer Prozesse.

Wir erleben einen tiefgreifenden Wandel der globalen Ordnung: Offene Märkte und multilaterale Regeln zerfallen, und selbst die dominierende Rolle des US-Dollars, dem Grundpfeiler des Systems, ist nicht mehr sicher. An ihre Stelle treten Protektionismus, Nullsummendenken und bilaterale Machtspiele. Diese Unsicherheit schadet der europäischen Wirtschaft, die tief in das globale Handelssystem integriert ist.
Christine Lagarde, EZB-Präsidentin

Euro soll Dollar-Paroli bieten

In ihrem Beitrag betont Lagarde, dass protektionistische Maßnahmen, bilaterale Deals und die Instrumentalisierung von Währungen das Vertrauen in den Dollar untergraben hätten. Viele Staaten seien auf der Suche nach Alternativen, doch: „Ein solcher Schritt hin zu einer größeren internationalen Bedeutung unserer Währung wird jedoch nicht automatisch erfolgen – er muss erarbeitet werden“, erklärt die Bankerin.

Die EZB-Präsidentin räumt ein, dass der Euro zwar bereits rund 20 % der weltweiten Währungsreserven stelle, aber nur dann zur echten Leitwährung werden könne, wenn Europa in drei Bereichen aufhole: geopolitischer Glaubwürdigkeit, wirtschaftlicher Tiefe und institutioneller Entscheidungsfähigkeit. Doch gerade hier wird deutlich: Während Europa noch um Einigkeit ringt, entscheiden sich immer mehr Akteure für einen anderen Weg.

Bitcoin & Gold auf dem Vormarsch

Laut aktuellen Daten der EZB hat Gold den Euro ohnehin bereits als zweitwichtigstes Reserve-Asset weltweit überholt. Zentralbanken stocken ihre Goldreserven massiv auf – auch, weil sie als neutraler Wertspeicher außerhalb geopolitischer Abhängigkeiten gelten.

Parallel gewinnt auch Bitcoin an strategischer Bedeutung: Während Staaten wie Bhutan, El Salvador, oder auch einzelne US-Bundesstaaten BTC bereits als langfristiges Absicherungsinstrument betrachten und die USA sogar auf nationaler Ebene eine Bitcoin-Reserve halten und planen, diese auszubauen, investieren auch institutionelle Akteure zunehmend in die digitale Alternative.

Lagarde betont, dass Vertrauen in eine Währung von „rechtlicher Integrität, wirtschaftlicher Resilienz und geopolitischer Stärke“ abhängt. Genau diese Faktoren werden allerdings von vielen Marktteilnehmern beim Euro wie auch beim Dollar zunehmend infrage gestellt.

Bitcoin hingegen ist ein nicht inflationierbares, unzensierbares Asset, das unabhängig von politischen Entscheidern und Krisen funktioniert.

Ein neues geopolitisches und wirtschaftliches Zeitalter?

Bereits in einem in der vergangenen Woche auf der Webseite der EZB erschienenen Beitrag schrieb Lagarde von „Veränderungen in der Landschaft der internationalen Währungen“:

Die Goldreserven der Zentralbanken wurden in Rekordtempo aufgestockt, und einige Länder haben aktiv nach Alternativen zu traditionellen grenzüberschreitenden Zahlungssystemen gesucht. […] Neue Herausforderungen für die internationale Rolle des Euro sind ebenfalls entstanden, darunter Initiativen, die die weltweite Nutzung von Kryptowährungen fördern.
Christine Lagarde, EZB-Präsidentin

Sie verwies darin explizit auf die Rolle digitaler Assets und den strukturellen Wandel der Weltwirtschaft. Der Euro müsse sich in diesem neuen Umfeld behaupten – sowohl gegenüber klassischen Alternativen wie Gold als auch gegenüber digitalen Herausforderern wie Bitcoin.

Euro zwischen Anspruch und Realität

Lagardes Vision, ein starker Euro, der sich auf die oben genannten drei Säulen stützt, hinkt etwas. In der Realität ist Europa noch weit von diesem Ziel entfernt. Uneinigkeit über EU-Anleihen, eine unvollendete Kapitalmarktunion und politische Trägheit bremsen den Fortschritt.

Gleichzeitig handeln andere Marktteilnehmer längst:

  • Goldreserven steigen weltweit – auf Kosten des Euros.
  • Bitcoin entwickelt sich außerhalb des staatlichen Finanzsystems zur digitalen Reserve.
  • Der US-Dollar verliert an Vertrauen – aber nicht automatisch zugunsten des Euro.

Während man in der EU auf den digitalen Euro setzt und auch der „native“ Euro auf politische Reformen angewiesen ist, schreitet Bitcoin unabhängig davon voran. Der „Global-Euro-Moment“ mag gekommen sein – doch Bitcoin ist längst da!

René

Über den Autor: René

René ist bei Blocktrainer.de-Mitarbeiter der ersten Stunde. Als „Chief Operation Officer“ ist er mittlerweile hauptsächlich mit strategischen und organisatorischen Aufgaben betraut, findet jedoch Freude daran, zeitweise redaktionell tätig zu sein. In den vielen Jahren, in denen er im Bitcoin-Kosmos unterwegs ist, hat er sich ein breit gefächertes Know-how in sämtlichen Bereichen rund um die bedeutendste Kryptowährung angeeignet.

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