EZB-Chefin Christine Lagarde bleibt bei ihrer Bitcoin-Kritik
EZB-Chefin immer noch mit Bitcoin-Kritik
Christine Lagarde ist seit geraumer Zeit eine bekennende Bitcoin-Kritikerin. Erst noch im Januar dieses Jahres positionierte sie sich gegen die Idee von Aleš Michl, dem Chef der Tschechischen Zentralbank, Bitcoin in die Währungsreserven aufzunehmen.
Bei der Veranstaltung von „College Leaders in Finance“, die vergangene Woche stattfand, verlieh die Geldhüterin ihrer Bitcoin-Kritik schließlich wieder Nachdruck.
Nachdem der Moderator die aus Studenten bestehende Zuschauerschaft danach fragte, wer Kryptowährungen besitzt, spielte er den bekannten Clip von Lagarde von der „College Tour“ im Mai 2022 ein.
Damals teilte die EZB-Chefin mit, dass ihr Sohn in Kryptowährungen investiert sei. Damals war sie sich sicher, dass Krypto-Investoren alles verlieren würden.
Ich habe immer gesagt, dass Krypto-Assets hochspekulative, sehr riskante Vermögenswerte sind. Ich mache mir Sorgen um diejenigen, die davon ausgehen, dass es sich um eine Chance handelt, die die Risiken nicht verstehen, die alles verlieren werden und die furchtbar enttäuscht sein werden. Deshalb bin ich der Meinung, dass dies reguliert werden sollte.
Christine Lagarde im Jahr 2022
Ihre Argumentation: Kryptowährungen wie Bitcoin seien mit nichts gedeckt und deshalb wertlos.
Meine sehr bescheidene Einschätzung ist, dass es nichts wert ist; es basiert auf nichts. Es gibt keine zugrunde liegenden Assets, die als Sicherheitsanker dienen könnten. An dem Tag, an dem wir die digitale Zentralbankwährung einführen, werde ich für jeden Digitalen Euro garantieren. Die Zentralbank wird also dahinterstehen. Und ich denke, das unterscheidet sich erheblich von all diesen Dingen.
Christine Lagarde im Jahr 2022
Lagarde sagte unmittelbar nach diesem Videoeinspieler: „Ich könnte genau dasselbe wiederholen.“ Überdies teilte sie mit, dass ihr Sohn nicht erfreut darüber war, dass sie seine Investition in die Öffentlichkeit gezogen hatte, und er nicht mehr mit ihr über Kryptowährungen sprechen wolle.
Er möchte mit mir über diese Dinge nicht mehr sprechen. Er war sehr verärgert, dass ich über ihn gesprochen habe.
Christine Lagarde
Dennoch: Nachdem der Moderator sie mit dem seitherigen Anstieg des Bitcoin-Kurses, der jüngst ein neues Allzeithoch erreicht hat, konfrontierte, wählte die EZB-Chefin etwas weniger scharfe Worte. Jetzt betonte sie, dass es auch im Rahmen des Möglichen sei, dass Bitcoin weiterhin erfolgreich ist und nicht zusammenbricht – obwohl sie im Jahr 2022 noch sicher war, dass die Käufer von Kryptowährungen alles verlieren würden.
Die Leute entscheiden, in was auch immer sie investieren wollen. Aber alles, was ich hier sage – und das wiederhole ich –, ist, dass es keinen zugrunde liegenden Wert gibt. Es kann durchaus sein, dass es floriert. Es kann durchaus sein, dass es ewig hält, aber es kann genauso gut sein, dass es zusammenbricht.
Christine Lagarde
Hier wurde @Lagarde vorher mit dem steigenden Bitcoin-Kurs konfrontiert! 😬 pic.twitter.com/rb8qTRdCxf
— Blocktrainer (@blocktrainer) October 7, 2025
„Ich habe keine Angst“
Später, in der Fragerunde mit den Studenten, wurde Christine Lagarde erneut auf Bitcoin angesprochen. Ein Ökonomiestudent namens Jordy, der laut eigener Angabe mehr als 90 % seines Portfolios in BTC hält, sagte, dass er Bitcoin als wertvoll erachte.
Als der Student auf die Nachfrage der EZB-Chefin ausholte, um wohl zu erklären, dass Bitcoin in dem momentanen, inflationären Umfeld für viele die Funktionsweise eines Wertspeichers erfüllt, unterbrach ihn Lagarde. „Wie hoch ist die Inflation jetzt?“, fragte sie, um sich dann dafür feiern zu lassen, dass der Student eingestand, dass die Inflationsrate im Euroraum wieder zurückgelaufen ist.
Tatsache ist jedoch, dass seit der Aufhebung des Goldstandards im Jahr 1971 in jedem Land der Welt die durchschnittliche Inflationsrate nördlich des bekannten 2-%-Ziels liegt, wie die Deutsche Bank jüngst in einem Bericht gezeigt hat.
Der Ökonomiestudent konnte seine Argumentation nicht weiter ausführen – noch nicht einmal räumte man ihm die Zeit ein, auf die Hochinflationsphase nach der Coronapandemie zu sprechen zu kommen.
Schließlich fragte Jordy, ob Lagarde denn Bitcoin als „digitales Gold“ ansehen würde. Die EZB-Chefin antwortete mit einem trockenen „Nein“, womit sie sich deutlich von der Meinung einflussreicher Personen der Finanzwelt wie BlackRock-CEO Larry Fink abgrenzt.
Lagarde prognostizierte in ihrer Antwort zudem, dass sie in den sozialen Medien für ihre Aussagen wieder angegangen werde. „Ich habe keine Angst“, so die 69-Jährige in diesem Kontext.
Christine @Lagarde, Chefin der Europäischen Zentralbank (@ecb) hat jüngst noch einmal auf die Frage eines Ökonomiestudenten hin bekräftigt, dass Bitcoin für sie keine digitale Form von Gold darstelle und keinen inneren Wert habe. 📉🇪🇺 pic.twitter.com/QZmI0Xk2On
— Blocktrainer (@blocktrainer) October 7, 2025
Digitaler Euro soll kommen
Der Moderator fragte die EZB-Chefin – nachdem er die Token-Launches der Trump-Familie ansprach – zudem, wann der Digitale Euro kommen wird. Lagarde erklärte, dass die Vorbereitungsphase jetzt abgeschlossen sei und der EZB-Rat Ende dieses Monats entscheiden werde, ob das Projekt an den Start gehen kann oder nicht. „Meine Hoffnung ist, dass der EZB-Rat uns grünes Licht gibt“, so Lagarde.
Parallel dazu braucht es aber auch die passende Gesetzgebung im Europäischen Parlament, sodass diese neue Geldform gesetzlich verankert werden kann. „Meines Wissens sollte das Parlament seine Arbeit im Mai 2026 abgeschlossen haben, und wir wollen sicherstellen, dass das alles funktioniert“, erklärte die EZB-Chefin, die auch betonte, dass es noch eine Pilotphase geben werde.
Bis zum Ende ihrer Amtszeit, das ziemlich genau in zwei Jahren sein wird, wünscht sich Lagarde, dass der Digitale Euro, den der Moderator scherzhaft „Lagarde-Coin“ nannte, die Pilotphase abgeschlossen hat.
Meine Amtszeit endet im Oktober 2027 –, und man sagt mir, dass die Pilotphase abgeschlossen sein wird, wenn meine Amtszeit endet. Also drücke ich die Daumen – und wir werden alles tun, was wir können.
Christine Lagarde
Digitaler Euro oder Bitcoin?
Die EZB-Chefin, die für den Digitalen Euro bürgt und ihn deshalb von dem für sie wertlosen Bitcoin abgrenzt, scheint grundsätzlich nicht verstehen zu wollen, dass Wert immer und überall subjektiv ist. Die Menschen fragen Bitcoin nach, weil es für sie Probleme löst – unter anderem als zensurresistente und nicht konfiszierbare Geldform, die in der Gesamtmenge verifizierbar begrenzt ist.
Das, was Bitcoin besonders macht, ist insbesondere die Tatsache, dass dahinter keine eine Person respektive zentrale Institution steht, die etwas garantieren kann. Es ist ein dezentrales Netzwerk, das nicht auf Vertrauen angewiesen ist und sich damit fundamental von allen Fiatwährungen wie Euro, US-Dollar oder Yen unterscheidet.
Wie die Debatte um den Digitalen Euro, der die staatliche Überwachung des Geldes vorantreiben könnte, zeigt, interessieren sich die Geldhüter nicht dafür, was die Menschen wirklich haben wollen und was nicht. Unter den Befürwortern individueller Freiheit werden digitale Zentralbankwährungen als große Gefahr angesehen – und in jedem Fall nicht als etwas, das wie Bitcoin einen relevanten Nutzen liefert.
Bis zum heutigen Tag hat es die EZB anscheinend nicht geschafft, den Menschen gute Gründe zu liefern, warum sie sich auf einen Digitalen Euro freuen sollten. Letztlich wäre der „Lagarde-Coin“ ohnehin nur eine andere Form des Euro, der seit der Einführung im Jahr 1999 circa 40 % an Kaufkraft verloren hat.