Bitcoin hat die Marke von 90.000 US-Dollar zurückerobert, nachdem 1 BTC Anfang des Monats zeitweise weniger als 75.000 US-Dollar gekostet hat. Während dieses Anstiegs ist Bitcoin mit einer relativen Stärke gegenüber dem Aktienmarkt aufgefallen.
Besonders interessant hierbei: BTC hat die Kursverluste seit dem „Liberation Day“ am 2. April 2025 wieder komplett wettgemacht. An diesem Tag erschütterte US-Präsident Donald Trump die Kapitalmärkte nachhaltig mit der Verkündung von Zöllen, die deutlich höher als erwartet ausgefallen sind.
In Euro gemessen liegt der Bitcoin-Kurs jedoch noch ein paar Prozent unter dem Niveau von vor dem „Liberation Day“. Die Diskrepanz rührt daher, dass der US-Dollar seitdem deutlich gegenüber dem Euro abgewertet hat.
Während Bitcoin die Kursverluste wieder aufgeholt hat, handelt der US-amerikanische Technologieaktienindex Nasdaq 100, mit dem Bitcoin in den vergangenen Wochen eine hohe Korrelation aufwies, noch fast 10 Prozent unter dem Niveau vom 2. April.
Hat sich Bitcoin entkoppelt?
Die vergangenen 20 Tage waren von einer hohen Volatilität gekennzeichnet – und das an den gesamten Kapitalmärkten. Als Trump beispielsweise wieder zurückruderte und eine 90-tägige Pause für die neuen reziproken Zölle verkündete – außer für chinesische Importe –, schossen die Aktienmärkte und auch Bitcoin einige Prozent in die Höhe.
Im Rahmen dieser Turbulenzen gab es jedoch mehrere Tage, an denen Bitcoin glänzen konnte, während die Aktienmärkte tief ins Minus rutschten – insbesondere in den vergangenen Tagen war dieses Muster vermehrt zu beobachten.
Am gestrigen Handelstag schloss der Bitcoin-Spot-ETF von BlackRock, IBIT, mit einem Kursplus von 3,03 Prozent, während der Nasdaq-100-ETF (QQQ) 2,47 Prozent verlor. Am Mittwoch vergangener Woche legte IBIT um 0,46 Prozent zu – QQQ sank um 3,02 Prozent.
Mit den mehreren Tagen, an denen eine Entkopplung stattfand, zeichnet sich inzwischen ein deutliches Bild. Bitcoin und der Nasdaq 100 laufen seit geraumer Zeit in die entgegengesetzte Richtung – und das deutlich.
Seit Jahresauftakt ist IBIT inzwischen nur noch weniger als 7 Prozent im Minus. Der Nasdaq 100 handelt mehr als 14 Prozent unter dem Niveau zum Jahresbeginn.
Die Outperformance von Bitcoin gegenüber dem Technologieindex wird auch dadurch deutlich, dass Bitcoin im Nasdaq 100 gemessen schon fast ein neues Allzeithoch erreicht hat.
Wieso die Entkopplung wichtig ist
Für das Narrativ, dass Bitcoin ein „sicherer Hafen“ ist, ist es wichtig, dass der Kurs in Marktphasen, die von Unsicherheit geprägt sind, entgegen des negativen Trends handelt – so wie es derzeit das „Krisenmetall“ Gold tut.
Da Bitcoin als Anlageklasse für viele noch schwer einzuordnen ist, legen Marktbeobachter einen großen Fokus darauf, wie der Kurs der bedeutendsten Kryptowährung auf Krisensituationen reagiert.
Fällt Bitcoin Hand in Hand mit dem Technologieindex Nasdaq 100, dann fühlen sich einige in ihrer Annahme bestätigt, dass Bitcoin nur ein weiteres „Risk-On-Asset“ ist, das wie hochspekulative Technologieaktien handelt.
Doch wenn Bitcoin profitiert, während Risiko-Werte fallen, könnte diese noch überwiegende Einschätzung herausgefordert werden und Anleger dazu gebracht werden, sich tiefergehend mit den Eigenschaften von Bitcoin auseinanderzusetzen.
Großinvestoren dürften nämlich vor allem dann interessiert an Bitcoin sein, wenn sie davon ausgehen, dass sie mit der Kryptowährung das Rendite-Risiko-Profil ihres Portfolios verbessern können. Dies wäre insbesondere dann der Fall, wenn Bitcoin vermehrt unkorrelierte Renditen aufweisen würde.
Fundamentale Gründe für die Kursentwicklungen
Fundamental betrachtet stellen die Zölle auch kein Risiko für Bitcoin dar. Bitcoin ist nämlich kein Unternehmen, das aufgrund höherer Kosten mit Umsatz- oder Gewinnrückgängen konfrontiert sein könnte. Dementsprechend ist es nur nachvollziehbar, dass Bitcoin kein Verlierer des Handelskriegs ist.
Bitcoin könnte sogar von der aktuellen Situation profitieren, da sich das US-Ausland momentan von US-Dollar-Anlagen abzukehren scheint, was Platz für alternative Reserve-Assets schafft. Die Eigenschaften von Bitcoin – Zensurresistenz, Dezentralität, Neutralität – machen die Kryptowährung hierfür besonders attraktiv.
Hinzu kommt, dass die Aktienmärkte in den vergangenen Tagen auch unter Druck geraten sind, da sich Sorgen über die Unabhängigkeit der US-Zentralbank (Fed) breitgemacht haben. Fed-Chef Jerome Powell ist nämlich ein Dorn im Auge von US-Präsident Trump. Dies wird unter anderem dadurch deutlich, wie oft er Kritik an Powell übt und ihn zu Zinssenkungen drängen möchte.
Ich bin nicht glücklich mit ihm. […] Wenn ich will, dass er geht, wird er ganz schnell gehen, glauben Sie mir.
Donald Trump über Jerome Powell
Trump soll überlegt haben, wie er Powell absägen kann. Dies teilte Kevin Hassett, ökonomischer Berater des Weißen Hauses, am Freitag vergangener Woche mit. „Der Präsident und sein Team werden diese Angelegenheit weiter prüfen“, so Hassett. Unter anderem Finanzminister Scott Bessent hat Trump davor jedoch gewarnt.
Powells Amtszeit läuft noch bis zum Mai 2026, und der Fed-Chef machte bereits mehrfach deutlich, dass er nicht zurücktreten werde. Da der US-Präsident jedoch den nächsten Notenbankchef ernennen kann, ist die Befürchtung, dass spätestens dann die Unabhängigkeit der Fed untergraben werden könnte – auch wenn der Senat Powells Nachfolger bestätigen muss.
Bitcoin ist eine Alternative zu einem zentral gemanagten Geldsystem. Sollte das Vertrauen in die US-Zentralbank und folglich in den US-Dollar weiter untergraben werden, könnte Bitcoin auch aus dieser Perspektive einen attraktiven Zufluchtsort darstellen.
Ein Analyst von Standard Chartered, einer multinationalen Investmentbank mit 850 Milliarden US-Dollar an verwaltetem Vermögen, erklärte in einer aktuellen Markteinschätzung, dass Bitcoin in Richtung neuer Höchststände steigen dürfte, wenn die Sorgen über die Unabhängigkeit der US-Zentralbank von Dauer sein werden.
Eine große Chance für Bitcoin
Jetzt ist die Zeit gekommen, in der Bitcoin den Marktbeobachtern beweisen könnte, dass das Asset tatsächlich einen „sicheren Hafen“ in turbulenten Zeiten darstellen kann. Dafür ist es wichtig, dass die derzeitige Entkopplung von Dauer ist und sich Bitcoin auch mittel- und langfristig als Profiteur der aktuellen Situation herauskristallisiert – etwa als das bessere Reserve-Asset. Aus fundamentaler Sicht ist das Umfeld dafür durchaus geeignet.
Matt Hougan, CIO des Vermögensverwalters Bitwise, identifizierte schon kurz nach dem „Liberation Day“, dass Bitcoin sich außerordentlich gut hält. Hougan betonte daraufhin in einem Interview am 8. April, dass dies „der beste risikoadjustierte Moment“ für einen Bitcoin-Kauf sei, den er je gesehen habe. Außerdem prognostizierte er neue Höchststände, sobald sich die Situation wieder beruhigt hat.
Ich denke, [Bitcoin] hat sich außergewöhnlich gut gehalten. Ich denke, dass Bitcoin-Bullen von der Performance inspiriert sein sollten und dem Set-up, um sich deutlich zu erholen, wenn wir eine Periode der Stabilität im breiteren Aktienmarkt bekommen. [...] Sobald sich diese Marktvolatilität stabilisiert, werden wir wahrscheinlich eine Rückkehr zu den Allzeithochs sehen – und darüber hinaus.
Matt Hougan, CIO von Bitwise
Außerdem erklärt er, dass BTC während des Crashs relative Stärke zeigt und neue Allzeithochs erreichen wird, wenn sich die Situation wieder beruhigt hat.
— Blocktrainer (@blocktrainer) April 8, 2025
„Sobald sich die Marktvolatilität stabilisiert, werden wir eine Rückkehr zu neuen Höchstständen und darüber hinaus erleben.“ pic.twitter.com/8jeTeRWaAW
Ob der Bitwise-CEO mit seiner Prognose recht behalten wird, wird die Zukunft zeigen. Zum aktuellen Kurs müsste Bitcoin noch um mehr als 20 Prozent steigen, um das Allzeithoch aus dem Januar von circa 109.360 US-Dollar zu übersteigen.
Eine starke Performance von Bitcoin könnte in diesen Zeiten leicht selbstverstärkende Effekte haben. Denn wenn Bitcoin nicht unter den Unsicherheiten leidet, sondern sogar davon profitiert, dürfte dies weitere potenzielle Käufer auf die Anlageklasse aufmerksam machen, die infolgedessen eine Bitcoin-Position aus Diversifikationsgründen etablieren könnten.