In China wächst die Menge an Bitcoin und anderen Kryptowährungen, die im Rahmen von Strafverfahren beschlagnahmt wurden. Da einige lokale Regierungen diese digitalen Assets mithilfe privater Unternehmen veräußern – was rechtlich umstritten ist –, diskutieren Richter, Anwälte, Polizisten und Professoren auf verschiedenen Veranstaltungen über den Umgang der Behörden mit beschlagnahmten Kryptowährungen. Sie fordern klare Regeln und einheitliche Verfahren sowie die Schaffung einer nationalen Krypto-Reserve.
Kryptowährungen: Die Rechtslage in China
Auf dem chinesischen Festland ist der institutionelle Handel mit Bitcoin und Co. nicht gestattet. Kryptowährungen wurden jedoch als Eigentum anerkannt und für einfache Bürger ist der Handel auf eigenes Risiko grundsätzlich nicht verboten. Trotzdem gelten digitale Assets weder als gesetzliches Zahlungsmittel noch als offizielle Vermögenswerte. Auch das Mining wurde im Jahr 2021 – unter anderem aufgrund von Umweltbedenken – zumindest temporär stark eingeschränkt.
Straftaten im Zusammenhang mit Kryptowährungen – etwa Online-Betrug, Geldwäsche oder illegales Glücksspiel – sind in China seit dem Jahr 2023 deutlich angestiegen. Laut Reuters teilte der oberste Staatsanwalt Chinas mit, dass im Jahr 2024 mehr als 3.000 Personen wegen Geldwäsche mit Kryptowährungen angeklagt wurden.
Dies führte letztlich auch zu einem Anstieg der beschlagnahmten Assets durch den chinesischen Staat. Die Blockchain-Sicherheitsfirma SAFEIS wies im Jahr 2023 beschlagnahmte Krypto-Gelder im Wert von 430,7 Milliarden Yuan (59 Milliarden US-Dollar) aus. Laut den offiziellen Haushaltsdaten sind die Einnahmen der lokalen Regierungen aus Beschlagnahmungen im Jahr 2023 sprunghaft angestiegen. Sie erreichten einen Rekordwert von 378 Milliarden Yuan (51 Milliarden US-Dollar).
Keine Regeln für beschlagnahmte Kryptos
In China gibt es jedoch keine eindeutigen Regeln für den Umgang der Behörden mit beschlagnahmten Krypto-Assets. Das hat zu uneinheitlichen und intransparenten Ansätzen sowie zu einem erhöhten Risiko von Korruption und Rechtsverstößen geführt.
Laut den Recherchen von Reuters haben die lokalen Regierungen von Städten wie Xuzhou, Hua'an und Taizhou in der ostchinesischen Provinz Jiangsu private Unternehmen wie Jiafenxiang beauftragt, die beschlagnahmten Kryptowährungen auf ausländischen Börsen gegen US-Dollar zu verkaufen. Die Erlöse wurden dann letztlich in Yuan umgewandelt und auf die Konten der Städte überwiesen. Unter Experten besteht jedoch Uneinigkeit, ob solche Verkäufe mit den Regeln zum Krypto-Handel vereinbar sind.
Debatte über Richtlinien und Kontrolle
Da die Liquidierung der beschlagnahmten Assets im Konflikt mit den Regeln des Krypto-Handels stehen könnte, haben verschiedene Experten aus dem Rechtsbereich – wie Richter, Professoren, Polizisten und vor allem Anwälte – Diskussionen zu alternativen Ansätzen und Vorschlägen für ein neues Regelwerk zur Verwaltung und potenziellen Liquidierung beschlagnahmter Kryptowährungen angestoßen.
Unter den Experten besteht ein Konsens über die Notwendigkeit der offiziellen Anerkennung von Kryptowährungen als Vermögenswerte sowie der Schaffung einer einheitlichen Praxis für den Umgang mit beschlagnahmten Assets. Dabei wurde auch die Aufsicht aller konfiszierten Kryptowährungen durch eine zentrale Instanz vorgeschlagen, die sämtliche Assets verwaltet, gegebenenfalls veräußert und Drittunternehmen prüft.
Ein souveräner Krypto-Fonds in Hongkong – wo der Handel offiziell erlaubt ist – oder die Chinesische Zentralbank kämen für diese zentrale Verwaltung infrage. Beide Varianten würden laut den Ausführungen der Experten die Verwaltung der digitalen Assets im Vergleich zu den einzelnen lokalen Regierungen verbessern und den Wert der Assets maximieren.
In diesem Zusammenhang äußerten einige Experten auch die Idee, die beschlagnahmten Vermögenswerte in eine nationale Krypto-Reserve zu übertragen – so wie es Donald Trump per Dekret für die USA getan hat.
Chinas Bitcoin-Reserve?
Ob die chinesische Regierung sich für die Etablierung einer nationalen Bitcoin-Reserve entscheiden wird, bleibt jedoch fraglich. Laut der Bitcoin-Investmentfirma River besaßen die lokalen Regierungen Chinas Ende 2024 insgesamt schätzungsweise 15.000 BTC im Wert von 1,4 Milliarden US-Dollar.
Laut bitcointreasuries.net hält China sogar circa 190.000 BTC, wobei jedoch unklar ist, ob diese nicht bereits veräußert wurden.
Ki Young Ju, Gründer und CEO des Blockchain-Analyseunternehmens CryptoQuant, geht davon aus, dass China die Bitcoin bereits verkauft hat und vorerst wahrscheinlich keine Bitcoin-Reserve etablieren wird.
China hat meiner Meinung nach bereits 194.000 Bitcoin verkauft.
Die 2019 von PlusToken beschlagnahmten BTC wurden an chinesische Börsen wie Huobi geschickt. Die Kommunistische Partei Chinas erklärte, sie seien „an die Staatskasse überwiesen“ worden, ohne zu klären, ob sie verkauft wurden.
Ein Zensurregime, das über zensurresistentes Geld verfügt, erscheint unwahrscheinlich.
Ki Young Ju auf 𝕏
🇨🇳 China sold 194K #Bitcoin already, imo.
— Ki Young Ju (@ki_young_ju) January 23, 2025
PlusToken's seized BTC in 2019 was sent to Chinese exchanges like Huobi. The CCP said it was "transferred to the national treasury" without clarifying if it was sold.
A censored regime holding censorship-resistant money feels unlikely. pic.twitter.com/ODHD9rSR0d
Ob aus der Debatte letztlich eine staatlich kontrollierte Bitcoin- beziehungsweise Krypto-Reserve oder ein rechtssicherer Umgang mit digitalen Vermögenswerten hervorgehen wird, dürfte die Zukunft zeigen. Das Engagement der Experten deutet in jedem Fall darauf hin, dass es nicht mehr um die Frage geht, ob die chinesische Zentralregierung eingreifen muss, sondern wie. Denn ohne einheitliche Regeln droht China, mit seinen eigenen „Verboten“ in Konflikt zu geraten.