Die Relevanz der BTCTCs & DATs
Der Bullenmarkt von Bitcoin und ein paar wenigen Altcoins wurde insbesondere dadurch getrieben, dass in den vergangenen Monaten immer mehr Aktiengesellschaften in Kryptowährungen investiert haben. Mittlerweile gibt es eine gute dreistellige Anzahl börsennotierter Unternehmen, die Bitcoin auf der Bilanz halten. Die Bezeichnung „Bitcoin Treasury Companies (BTCTCs)“ etablierte sich für diese Aktiengesellschaften.
Strategy (ehemals MicroStrategy) legte bereits im August 2020 mit dem Kauf von Bitcoin los. Das US-amerikanische Business-Intelligence-Softwareunternehmen erfuhr Ende im vergangenen Jahr einen regelrechten Hype. Infolgedessen sprangen immer mehr Aktiengesellschaften auf den Zug auf. Beispielsweise das japanische Hotelunternehmen Metaplanet, das im Jahr 2024 zur Aktie mit der weltweit besten Performance wurde.
Seit Jahresbeginn vergeht kaum eine Woche, ohne dass ein börsennotiertes Unternehmen verkündet, von nun an auf Bitcoin zu setzen. Der Trend schwappte schließlich auf den Altcoin-Sektor über, sodass es inzwischen auch „Treasury Companies“ für Kryptowährungen wie ETH oder SOL gibt. Sogar die Aktiengesellschaft des US-Präsidenten, Trump Media & Technology Group, investierte in diesem Jahr in Bitcoin.
Der Überbegriff für Unternehmen, deren Ziel es ist, so viele Bitcoin oder Kryptowährungen wie möglich zu kaufen, lautet „Digital Asset Treasury Companies (DATs)“. Damit dieses Geschäftsmodell florieren kann, ist aber nicht nur die Kursentwicklung der jeweiligen Kryptowährung relevant. DATs machen sich nämlich in erster Linie die Kapitalmärkte zunutze, indem sie neue Aktien, Wandelanleihen oder sogar Vorzugsaktien emittieren, um ihre Krypto-Bilanz zu vergrößern.
Demnach ist es für DATs relevant, an großen Börsen gelistet zu sein und Zugang zu frischem Kapital zu haben. Überdies ist ein Ziel der Unternehmen, in große Aktienindizes aufgenommen zu werden, sodass ein Teil der großen Summen, die in ETFs fließen, den Unternehmenswert der DATs anfachen kann. Aktuelle Entwicklungen an dieser Front zeigen jetzt aber, dass Indexherausgeber und große Börsen dem Geschäftsmodell einen Strich durch die Rechnung machen könnten.
Hongkong: Kein grünes Licht für DATs
Die Hong Kong Exchanges & Clearing Ltd. (HKEX) hat in den vergangenen Monaten die Pläne von mindestens fünf Unternehmen angefochten, die zu einer „Treasury Company“ werden wollten. Die HKEX verwies dabei auf Vorschriften, die große liquide Bestände auf Bilanzen verbieten. Dies teilten mit der Thematik vertraute Personen dem Medium Bloomberg mit und erklärten dabei, dass der Übergang zu einem reinen Krypto-Akkumulator für börsennotierte Unternehmen derzeit in Hongkong verboten sei.
In der chinesischen Sonderverwaltungszone, in der Bitcoin- und Ethereum-Spot-ETFs zugelassen sind, gilt ein börsennotiertes Unternehmen, dessen Vermögenswerte hauptsächlich aus Bargeld oder kurzfristigen Anlagen bestehen, gemäß den Börsenvorschriften als „Cash-Unternehmen“. Folglich kann es von der Börsennotierung ausgeschlossen werden. Damit soll verhindert werden, dass Briefkastenfirmen ihren Börsenstatus gegen Geld eintauschen.
Für potenzielle DATs hängt der Erfolg bei der Erlangung der Genehmigung der HKEX davon ab, ob sie „nachweisen können, dass der Erwerb von Krypto-Assets ein wesentlicher Bestandteil ihres operativen Geschäfts ist“, erklärte Simon Hawkins, Partner bei der Anwaltskanzlei Latham & Watkins, gegenüber Bloomberg.
Ein Sprecher der HKEX betonte gegenüber dem Medium, dass das Rahmenwerk der Börse „sicherstellt, dass die Geschäfte und Aktivitäten aller Antragsteller, die eine Notierung anstreben, sowie der bereits notierten Unternehmen rentabel und nachhaltig sind und Substanz haben“.
Nichtsdestotrotz gibt es an der Hongkonger Börse Aktiengesellschaften, die in Bitcoin investieren. Unter anderem Boyaa Interactive, ein Gaming-Unternehmen mit mehr als 4.000 BTC auf der Bilanz.
Indien: Notierung von Jetking blockiert
Das kleine indische IT-Schulungsunternehmen Jetking Infotrain setzt schon seit einigen Monaten auf Bitcoin. Im vergangenen Monat blockierte jedoch die Bombay Stock Exchange eine geplante Kapitalaufnahme zur Akkumulation von Bitcoin. Jetking wollte neue Aktien an der Börse notieren und legte anschließend Berufung ein. Dieser Umstand lässt darauf schließen, dass das Geschäftsmodell der BTCTCs beziehungsweise DATs auch an der indischen Börse ungerne gesehen ist.
DATs an australischer Börse verboten
Die australische Börse ASX Ltd. verbietet börsennotierten Unternehmen explizit, 50 % oder mehr ihrer Bilanzsumme in Bargeld oder bargeldähnlichen Vermögenswerten zu halten. Diese Klausel macht es im Grunde unmöglich, dort eine vollumfängliche „Treasury-Strategie“ zu starten – auch wenn der Kauf von Bitcoin oder Kryptowährungen für die an der ASX notierten Aktiengesellschaften an sich nicht verboten ist.
Ein Sprecher der Börse sagte gegenüber Bloomberg, dass ASX-notierte Unternehmen, die sich auf Investitionen in Bitcoin oder ETH konzentrieren, ermutigt werden, ihre Angebote als börsengehandelte Fonds zu strukturieren. Andernfalls sei es unwahrscheinlich, dass sie für die Aufnahme als geeignet angesehen werden, so der Sprecher weiter.
Locate Technologies, Neuseelands erste „Bitcoin Treasury Company“, befindet sich derzeit in dem Prozess, die Notierung von der ASX an die kleinere neuseeländische Börse NZX, die laut eigenen Angaben offen für die Aufnahme von DATs ist, zu verlagern.
MSCI erwägt Ausschluss von DATs
MSCI Inc., einer der weltweit größten Indexanbieter, hat am 10. Oktober vorgeschlagen, DATs aus seinen globalen Indizes auszuschließen, insofern die Krypto-Bestände mindestens 50 % der Bilanz einer Aktiengesellschaft ausmachen. Der Grund: Diese Unternehmen würden Investmentfonds ähneln.
Im Rahmen der bisherigen Konsultation wiesen einige Marktteilnehmer darauf hin, dass derartige Unternehmen Merkmale aufweisen können, die Investmentfonds ähneln, die derzeit nicht für eine Indexaufnahme in Frage kommen. Dementsprechend schlägt MSCI vor, Unternehmen von den MSCI Global Investable Market Indizes auszuschließen, deren Bestände an digitalen Vermögenswerten 50 % oder mehr ihrer Gesamtaktiva ausmachen. […] Die Konsultation bleibt bis 31. Dezember 2025 offen; die endgültigen Schlussfolgerungen werden bis 15. Januar 2026 bekannt gegeben.
Aus der Pressemitteilung von MSCI Inc.
Der Indexherausgeber veröffentlichte eine vorläufige Liste mit DATs, die davon betroffen sein könnten – darunter auch Strategy.
Dies geschah, nachdem das japanische Unternehmen Metaplanet, das Teil des „MSCI Japan Small Cap Index“ ist, im September Aktien für 1,4 Milliarden US-Dollar an internationale Investoren verkaufte, um die Bitcoin-Bilanz zu vergrößern. MSCI Inc. entschied sich dazu, diese Kapitalerhöhung nicht in den Indizes widerzuspiegeln – selbiges gilt inzwischen für Capital B (ehemals The Blockchain Group) aus Frankreich.
Vor diesem Hintergrund wird MSCI die Kapitalerhöhung von METAPLANET ausnahmsweise nicht zum Zeitpunkt des Ereignisses umsetzen.
Aus einer Pressemitteilung von MSCI Inc.
Ein Ausschluss aus den Indizes von MSCI würde bedeuten, dass DATs nicht mehr von den passiven Zuflüssen über die Fonds, die diese Indizes abbilden, profitieren können. MSCI gehört neben FTSE und S&P zu den drei größten Indexherausgebern. Rund 17 Billionen US-Dollar sind auf Basis von MSCI-Indizes investiert – mehr als 2 Billionen US-Dollar davon entfallen auf Aktienindizes.
Das Ende von „Treasury Companies“?
Die Tatsache, dass größere Börsen den „Treasury Companies“ Steine in den Weg legen, unterstreicht, dass diese Unternehmen immer und überall regulatorischen Risiken ausgesetzt sind. Ein Delisting oder ein Verbot bestimmter Kapitalbeschaffungsmethoden macht dem noch unkonventionellen Geschäftsmodell einen Strich durch die Rechnung. Überdies erschwert die restriktive Haltung bestimmter Börsen die Vision, dass es bald eine vollumfängliche BTCTC an jedem Kapitalmarkt der Welt geben wird.
Die HKEX, ASX und Bombay Stock Exchange fallen im Gesamtbild jedoch nicht allzu sehr ins Gewicht – anders als die Börsen in den USA, Japan, Frankreich, Großbritannien und Deutschland, an denen BTCTCs notiert sind, die vorerst freies Spiel zu haben scheinen.
Ob die Blockade der Kapitalmärkte Hongkongs, Indiens und Australiens von Dauer sein wird, bleibt abzuwarten. Denn auch unter den jeweiligen Börsen herrscht Wettbewerb, wie das Abwandern von Locate Technologies von der ASX an die NZX ins Gedächtnis rufen dürfte.
Der Ausschluss der Unternehmen aus großen Aktienindizes sollte ebenfalls nicht unterschätzt werden. Denn passive Zuflüsse in die Aktie durch ETFs in Bitcoin- oder Krypto-Käufe umzuwandeln, ist ein zentrales Endziel der „Treasury Companies“.
Das Indexkomitee des S&P 500 entschied sich kürzlich bereits gegen die Aufnahme von Strategy, obwohl das Unternehmen alle formellen Anforderungen erfüllt. Strategy ist derzeit noch Teil des Nasdaq 100 und des MSCI World.
Sollte MSCI Inc. tatsächlich DATs kategorisch ausschließen, so dürfte dies den Kurs der Strategy-Aktie entsprechend unter Druck bringen. Nicht nur, weil dann die Aktien, die durch auf diesem Index basierende ETFs gehalten werden, abgestoßen werden müssten, sondern auch wegen der negativen Signalwirkung. Andere Indexherausgeber könnten sich dann nämlich an MSCI Inc. orientieren und ebenfalls Unternehmen wie Strategy oder Metaplanet außen vorlassen.
Letztlich können sich aber nicht nur Börsen, sondern auch Indexherausgeber mit einer restriktiven Haltung selbst schaden. Sollten nämlich weltweit gestreute Aktienindizes, die BTCTCs inkludieren, grundsätzlich besser laufen, als jene, die es nicht tun, so würde dies ein schlechtes Licht auf die Entscheidung der Exklusion werfen. Anleger könnten entsprechend umschichten, wodurch dem BTCTC-kritischen Indexherausgeber Einnahmen verloren gehen würden.
Ob und wo BTCTCs mit offenen Armen empfangen werden und wie erfolgreich das Geschäftsmodell noch in der Zukunft sein wird, bleibt zum aktuellen Zeitpunkt aber noch offen. Eins ist und bleibt aber klar: Der Erfolgskurs dieser Unternehmen hängt bei weitem nicht nur vom Bitcoin-Kurs ab.