Heute vor drei Jahren trat das Gesetz in Kraft, das Bitcoin zum gesetzlichen Zahlungsmittel in El Salvador machte.

Das „Bitcoin Law“ wurde am 9. Juni 2021 von der gesetzgebenden Versammlung mit einer Mehrheit von 62 der insgesamt 84 Stimmen verabschiedet. Präsident Nayib Bukele kündigte diesen großen Schritt des kleinen mittelamerikanischen Landes zuvor auf der Bitcoin-Konferenz in Miami an. 

Ein historisches und kontroverses Ereignis

Sowohl für El Salvador als auch für Bitcoin stellte der 7. September 2021 einen wichtigen Meilenstein dar. Satoshi Nakamotos Kreation war plötzlich nicht mehr nur das komische Internetgeld oder ein Spekulationsobjekt, sondern wurde auf einmal zu einer Währung, die neben dem US-Dollar in einem souveränen Staat als Zahlungsmittel anerkannt wird.

Die mutige und kontroverse Entscheidung El Salvadors löste eine Welle an Reaktionen aus, die von purer Euphorie in der Bitcoin-Community bis hin zu ernsthafter Skepsis und Besorgnis bei internationalen Wirtschaftsexperten und in Teilen der Bevölkerung El Salvadors reichte. 

So forderte etwa der Internationale Währungsfonds (IWF) das mittelamerikanische Land auf, Bitcoin als gesetzliches Zahlungsmittel wieder abzuschaffen und es gab sogar Anti-Bitcoin-Proteste in der Bevölkerung.

Drei Jahre sind seit der Einführung nun vergangen. Dies bietet die Gelegenheit, Bilanz zu ziehen – auch weil es um El Salvadors Bitcoin-Ausrichtung mittlerweile wieder sehr ruhig geworden ist. 

Der beliebte Bitcoin-Präsident

Der Treiber der nationalen Bitcoin-Adoption ist der salvadorianische Präsident Nayib Bukele – der jüngste Staatsführer des Kontinents. Der 43-Jährige tritt als ein fortschrittlicher, aber auch autoritärer Politiker auf und hat sich selbst humoristisch das Image des „coolsten Diktators der Welt“ verliehen. Bukele ordnet sich persönlich politisch weder als links noch rechts ein.

Die Bevölkerung El Salvadors steht geschlossen hinter dem Staatsführer. Bei seiner Wiederwahl – für die er zeitweilig das Amt der Präsidenten niederlegen musste, um eine zweite Amtszeit antreten zu können – konnte er 84 Prozent der Stimmen für sich gewinnen. Die Zustimmungsrate Bukeles liegt laut einer aktuellen Umfrage sogar bei über 90 Prozent.

Dass die Salvadorianer begeistert sind, kommt auch nicht von Ungefähr. Seit Bukele im Sommer 2019 das Ruder übernommen hat, hat sich El Salvador eindeutig in eine positive Richtung entwickelt: So ist etwa die Mordrate seit seinem Amtseintritt um über 90 Prozent gefallen, womit El Salvador vom gefährlichsten Land zu einem der sichersten Amerikas wurde.

Ein Schritt, um dies zu erreichen, ist der Kampf gegen die Gangkriminalität, der die Aufmerksamkeit der Medien auf El Salvador zieht. Bukele hat über 70.000 Bürger inhaftiert, die mit der Gangkriminalität in Verbindung stehen sollen. Insgesamt hat das Land mit mehr als 110.000 Gefängnisinsassen auf rund 6,3 Millionen Einwohner die höchste Haftquote.

Auch wenn die Kritik weltweit groß war, dass vermutlich auch viele Unschuldige hinter Gitter sitzen, hat die drastische Maßnahme eindeutig eine positive Wirkung gezeigt. Präsidenten anderer Nationen, die mit ähnlichen Problemen zu kämpfen haben, werden die Vorgehensweise El Salvadors und das Resultat dieser gespannt beobachtet haben.

Nachdem der Präsident sich erfolgreich um die Reduktion der Kriminalität in El Salvador gekümmert hat, steht jetzt auf seinem Plan, die Wirtschaft voranzutreiben. Denn noch lebt fast jeder dritte Salvadorianer unterhalb der Armutsgrenze. 

Innerhalb des Fokus auf die Ökonomie könnte auch Bitcoin in dem mittelamerikanischen Land wieder eine größere Rolle spielen. Bisher läuft die Adoption der Kryptowährung eher schleppend voran.

Die Bitcoin-Adoption El Salvadors

Die Adoption von Bitcoin für ein Land wie El Salvador hat viele Argumente auf ihrer Seite. Zum Beispiel, dass die vielen Menschen El Salvadors ohne Bankkonten einen direkten Zugang zu einem digitalen Zahlungsmittel haben oder Gelder aus dem Ausland ohne die hohen Gebühren der Dienstleister empfangen zu können.

Doch die Salvadorianer scheinen sich noch zurückzuhalten. Der Großteil der Bürger hat die staatliche Bitcoin-Bezahl-App „Chivo“ wieder links liegen lassen, nachdem sie den Startbonus von 30 US-Dollar eingesackt haben.

Neben Bitcoin ist nämlich auch der US-Dollar ein offizielles Zahlungsmittel – und zwar schon seit 2001. Die Bevölkerung scheint dem „Greenback“ momentan noch ein größeres Vertrauen entgegenzubringen als Bitcoin.

In dem kürzlich erschienenen Interview mit TIME erklärte Bukele, dass der US-Dollar die Währung sei, die am meisten in El Salvador zirkuliere. Als die Interviewerin ihn gefragt hat, ob die Einführung von Bitcoin als Zahlungsmittel ein Erfolg gewesen sei, zeigte sich der Präsident außerdem zwiegespalten.

Ja und nein; es könnte definitiv noch viel mehr getan werden. Bitcoin hat sich nicht so weit verbreitet, wie wir es uns erhofft hatten. Viele Salvadorianer nutzen es; die meisten großen Unternehmen im Land haben es. Man kann bei McDonalds, im Supermarkt oder in einem Hotel mit Bitcoin bezahlen. Die Akzeptanz ist nicht so groß, wie wir erwartet hatten. Der positive Aspekt ist, dass es freiwillig ist; wir haben nie jemanden gezwungen, es anzunehmen. Wir haben es als Option angeboten, und diejenigen, die sich dafür entschieden haben, haben von dem Anstieg des Bitcoin profitiert.
Nayib Bukele im TIME-Interview

Um die Bevölkerung für das Thema weiter zu sensibilisieren und um Aufklärungsarbeit zu leisten, setzt El Salvador seit geraumer Zeit bei dem Nachwuchs an. Neben dem „Bitcoin-Diplom“ für die Schüler der Abschlussklassen befinden sich derzeit auch Schulbücher für die ganz Kleinen in der Konzeption – Blocktrainer.de berichtete.

Enttäuschungen

Im November 2021 hatte Nayib Bukele angekündigt, in dem Gebiet La Unión die „Bitcoin City“ zu errichten. Die kreisförmige Stadt sollte direkt an einem Vulkan liegen, welcher laut Plan die nötige geothermische Energie für das Projekt bereitstellt.

#BitcoinCity wird die fortschrittlichste Stadt ihrer Art sein, berühmter als die größten Städte und Metropolen der Welt. Sie ist der Beginn dessen, was „Bitcoin City Metropolregion“ genannt werden wird.
Das Präsidentenhaus El Salvadors auf 𝕏

Die Bitcoin-Stadt sollte mithilfe der Ausgabe von „Vulcano Bonds“ in Höhe von einer Milliarde US-Dollar finanziert werden, wovon die Hälfte in BTC fließen sollte, um an potenziellen Wertsteigerungen des Assets zu profitieren.

Bis heute hat El Salvador jedoch weder die Anleihen ausgegeben – obwohl dies ursprünglich für März 2022 geplant war –, noch mit dem Bau der Stadt begonnen.

Das Bitcoin-Investment El Salvadors

Etwas positiver sieht es bei dem Bitcoin-Investment der Nation aus. El Salvador ist nämlich nicht nur das erste Land, das Bitcoin zu einem offiziellen Zahlungsmittel deklariert hat, sondern auch das Erste, das strategisch in das Asset investiert hat. Die nationale Bitcoin-Strategie leitete das mittelamerikanische Land bereits einen Tag, bevor das Bitcoin-Gesetz in Kraft getreten ist, ein.

Am 6. September verkündete Nayib Bukele den ersten Kauf von 200 Einheiten. Wenige Stunden später kaufte El Salvador 200 Einheiten nach und weitere 150, als der BTC-Kurs am 7. September einbrach. Daraufhin tätigte die Nation weitere Einmalkäufe, welche der Präsident über die Plattform 𝕏 kommunizierte.

Nachdem Bitcoin im November 2021 den zwischenzeitlichen Höchststand von 69.000 US-Dollar erreicht hat, kaufte El Salvador auf dem Weg nach unten immer weiter nach. Kurz nachdem das Asset nach dem FTX-Crash im November 2022 seinen Boden gefunden hatte, verkündete Präsident Bukele, dass die Nation jetzt täglich einen Bitcoin kaufen werde, bis dies unbezahlbar mit Fiatwährungen sei.

Das geht so lange weiter, bis #Bitcoin mit Fiatwährungen unbezahlbar wird.
Nayib Bukele am 16. März 2024

Wir kaufen ab morgen jeden Tag einen #Bitcoin.
Nayib Bukele am 7. November 2022

Übersicht über die Bitcoin-Käufe

Offen kommuniziert wurde ein Kauf von 2.381 Einheiten zuzüglich der 658 bisher über den Sparplan eingesammelten Bitcoin. Diese Coins kaufte El Salvador zu einem durchschnittlichen Kurs von etwas über 40.000 US-Dollar je BTC.

Als Nayib Bukele im März dieses Jahres jedoch verkündete, dass „der Großteil“ der staatlichen Bestände jetzt in „Cold Storage“ übertragen wurde, war schließlich ersichtlich, dass die Bitcoin-Position El Salvadors deutlich größer ist, als das, was sich durch die bis dato öffentlichen Käufe ableiten ließ, und zwar waren zu dem Zeitpunkt knapp 5.700 BTC im Besitz des mittelamerikanischen Landes – Blocktrainer.de berichtete.

Mögliche Gründe für die weiteren Einheiten sind staatliche Einnahmen wie Steuern in Bitcoin, Spenden oder Erträge durch das Mining, das El Salvador betreibt.

Im Mai dieses Jahres stellte El Salvador schließlich eine eigene Website live, auf der die staatlichen Bestände in Echtzeit einsehbar sind. Damit konnte das von Nayib Bukele geführte Land der Kritik an der fehlenden Transparenz etwas entgegensetzen – Blocktrainer.de berichtete.

Die Öffentlichkeit hat jetzt Kenntnis über den Großteil der Bitcoin-Position des Landes und wie viele US-Dollar El Salvador in das Asset investiert hat.

El Salvador investierte 135 Millionen Dollar. Jetzt haben wir 400 Millionen Dollar in Bitcoin allein in der öffentlichen Wallet. Wir haben uns als Regierung gut geschlagen. Die Salvadorianer, die Bitcoin genutzt und gespart haben, haben aus offensichtlichen Gründen, wie dem Preisanstieg, sehr gut abgeschnitten.
Nayib Bukele im TIME-Interview

Momentan sind die offen einsehbaren 5.865,76 BTC in der Staatskasse in etwa 320 Millionen US-Dollar wert. Auf das investierte Geld hat El Salvador laut nayibtracker.com einen Gewinn von rund 40 Millionen US-Dollar zum aktuellen Zeitpunkt eingefahren.

El Salvador mit Bitcoin-Zukunft?

Auch wenn Satoshi Nakamotos Kreation momentan keine große Rolle in El Salvador zu spielen scheint, konnte das Land durchaus von Bitcoin profitieren. An dieser Stelle ist nicht nur der Investmentgewinn zu nennen, sondern auch die Zunahme im Tourismus, wie Präsident Bukele betont. Generell hat die Nation laut ihres Präsidenten in jedem Fall nicht unter der Adoption des Assets gelitten.

Meiner Meinung nach hätte es besser funktionieren können, und es ist noch Zeit, einige Verbesserungen vorzunehmen, aber es hat nichts Negatives bewirkt. Im Gegenteil, es hat uns ein Markenzeichen gegeben, es hat uns Investitionen gebracht, es hat uns Tourismus gebracht.
Nayib Bukele im TIME-Interview

Inwieweit der Fokus auf die Wirtschaft zu positiven Veränderungen in dieser Hinsicht führt, gilt es abzuwarten. Bisher gibt es schon sporadisch positive Meldungen, dass El Salvador Staatsschulen begleicht und die Kreditwürdigkeit des Landes hinaufgestuft wird – Blocktrainer.de berichtete. Noch steigen die Staatsschulden des mittelamerikanischen Landes jedoch Jahr für Jahr weiter an.

Ob Bitcoin einen zentralen Platz in ökonomischen Neuausrichtung El Salvadors einnehmen wird, dürften die kommenden Monate und Jahre zeigen. Insbesondere wird spannend zu beobachten sein, ob beziehungsweise wann das geplante Projekt der Bitcoin City Realität wird und ob andere Länder sich hinsichtlich der Bitcoin-Adoption ein Beispiel an dem von Nayib Bukele geführten Land nehmen werden.

Tristan

Über den Autor: Tristan

Tristan ist studierter Volkswirt mit journalistischer Erfahrung außerhalb von Blocktrainer.de. Seit 2020 ist Tristan im Bitcoin-Space aktiv, schon in den Jahren zuvor beschäftigte er sich mit libertärer Wirtschaftstheorie.

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