Gestern fand im Digitalausschuss des deutschen Bundestages eine Anhörung zum Thema "Web 3.0 und Metaverse" statt, zu der ein nicht unumstrittenes Aufgebot an "Sachverständigen" eingeladen wurde. Dem Expertengremium gehörte beispielweise der als "Tante" und für seine polemischen Aussagen zum Bitcoin bekannte Vorzeigekritiker Jürgen Geuter an. Mit dabei waren außerdem zahlreiche weitere Personen, die sich in der Vergangenheit mal mehr und mal weniger kritisch zur "Krypto-Industrie" äußerten. Obwohl Bitcoin per se kein Thema dieser Anhörung sein sollte und die meisten Bitcoin-Enthusiasten den Hype um Web 3.0, Metaverse und Krypto-NFT-Economy ebenfalls für absoluten Schwachsinn befinden, befürchteten viele von ihnen, dass jene bekannten Kritiker wohl kaum differenzieren werden. Die Bedenken, dass Bitcoin mit in den Metaverse-Sumpf gezogen wird, wurden leider bestätigt.

Experten machen Bitcoin zum Thema

Anders als von "Tante" im Vorfeld erklärt, trat genau der Fall ein, den der Rechtsanwalt Markus Büch prophezeite. Fast alle Experten erwähnten bereits in ihren anfänglichen Stellungnahmen den Bitcoin und machten diesen damit zum Thema. Und dies, wie erwartet, hauptsächlich im negativen Sinne, mit viel Polemik und kaum differenzierten Aussagen.

Bitcoin verbrauche zu viel Energie, sei nicht dezentral, diene nur der Spekulation, liefere keinen Mehrwert und sei Ausdruck radikaler, rechts-extremer Ideologien, war der Tenor der Experten.

"Der Bitcoin sollte von der Abhängigkeit von Banken und Kreditkartenfirmen befreien, er sollte frei von staatlicher Regulierung sein und nur den Nutzern gehören, die damit untereinander und dezentral Zahlungen abwickeln. Keine dieser Erwartungen hat sich erfüllt."

Prof. Dr. Boris Hollas, HTW Dresden

Keine Differenzierung

Wie eingangs erwähnt, gehen die Meinungen der meisten Bitcoiner und die der Experten in Bezug auf das Metaverse, NFTs oder Web 3.0 gar nicht weit auseinander. Es ist vielmehr der Fakt, dass Bitcoin immer und immer wieder mit dem generellen Kryptomarkt in einem Atemzug erwähnt wird, der die BTC-Community so stört. Betrachten wir beispielsweise Tantes Stellungnahme zu den Chancen und Risiken von Kryptowährungen:

"Als unregulierte Finanzprodukte haben Cryptowährungen bis auf die Bereiche Steuerhinterziehung und den Handel mit illegalen Waren wenige Chancen. [...] Der Cryptomarkt ist durchsetzt mit Schneeballsystemen, Insiderhandel, Pump-And-Dump-Betrug und damit nicht geeignet für irgendwelche seriösen Investitionen. Wenn das Ziel ist, Endkund*Innen in ihren Rechten zu schützen und eine Basis zu schaffen, auf der Unternehmen sicher handeln und investieren können, sind Cryptowährungen toxische Assets, deren Verwendung idealerweise untersagt würde."

Jürgen Geuter, "Tante"

Dass der Kryptomarkt durchzogen ist von Schneeballsystemen, Insiderhandel, Pump-and-Dump-Betrug und allerlei illegaler und unethischer Konzepte, das ist den allermeisten Bitcoin-Enthusiasten durchaus bewusst und wird von diesen auch stets und energisch moniert. Umso bedauerlicher ist es, dass Bitcoin, obwohl sich dessen Community sehr gegen jene Betrugsprojekte stark macht, als ein Teil dessen wahrgenommen wird. Leider wird der Begriff "Blockchain" selbst von vermeintlichen Experten heute noch als Überbegriff und ohne eine angemessene Differenzierung verwendet.

"Es stimmt, dass öffentliche Blockchains wie Bitcoin, Ethereum und andere mit einem Netzwerk arbeiten, das aus Tausenden weltweit verteilten Knotenpunkten besteht und daher ziemlich dezentralisiert ist. Das unterscheidet sich jedoch nicht allzu sehr von Diensten wie Amazon Web Services, die ebenfalls ein Netzwerk aus vielen Tausenden Servern in Dutzenden geografisch
verteilten Rechenzentren nutzen und das normalerweise niemand in demselben Sinne als „dezentralisiert“ bezeichnen würde, wie Blockchain-Befürworter den Begriff verstehen. Das liegt daran, dass die Machtverteilung von Bedeutung ist. Bei Blockchain-Projekten bleibt die Machtverteilung enorm zentralisiert."

Molly White, Harvard University

Rückfragen aus dem Ausschuss

Nachdem alle Sachverständigen ihre Stellungnahmen vorgetragen hatten, durften Mitglieder des Ausschusses Rückfragen an die Experten stellen, die von diesen anschließend beantwortet wurden. Auch in einigen der Antworten wurde die fehlende Differenzierung der Experten mehr als deutlich.

Die mittlerweile fraktionslose Abgeordnete Joana Cotar richtete eine Frage an Dr. Malte Engeler, seines Zeichens Richter am Verwaltungsgericht in Schleswig-Holstein, der in seinem Statement erklärte, dass es außer Spekulation und Geldwäsche praktisch keinerlei Einsatzgebiete für Krypto-Assets gebe.

Frau Cotar erwiderte, dass diese Ansicht aus einer sehr privilegierten Position heraus vorgetragen wurde, schließlich hätten wir alle Zugang zu Bankkonten und Finanzdienstleistungen, was für einen wesentlichen Teil der Weltbevölkerung nicht gelte. Sie machte deutlich, dass selbst gehostete Wallets für Menschen in oppressiven Staaten oft die einzige Möglichkeit darstellen, ein dezentrales Tauschmittel wie zum Beispiel Bitcoin zu halten. Sie wollte von Dr. Engeler wissen, ob er denn seine Aussagen für allgemeingültig erachte.

Und wie zu erwarten war, tat er dies. Während er zunächst zwar die Grundannahme von Frau Cotar infrage stellte, fuhr er fort, dass die Analyse des Problems, nämlich eine ungleiche Machtverteilung und mangelnden Zugang zu Teilhabe in unserer digitalen Welt, grundsätzlich richtig sei.

Dann tätigte er jedoch eine Aussage, die Bände über das eigentliche Problem spricht, das er und viele Menschen, in privilegierten Positionen, mit Bitcoin und freien Netzwerken prinzipiell haben: "Machtverlust".

"[Die Probleme] über eine Technologie zu lösen, die uns auf Individuen reduziert, die vertraglich miteinander agieren, ohne gesellschaftlich kontrollierbare Gewalt ist der Export einer toxischen Ideologie auf Menschen, die jetzt schon am Ende der sozialen Nahrungskette stehen."

Dr. Malte Engeler

Seine Aussage lässt sich also kurz gesagt als "was wir nicht kontrollieren können, ist schlecht und gefährlich!" zusammenfassen.

Dem Ganzen die Krone setzte dann übrigens wieder "Tante" auf, der eine Frage zur Stabilität des Bitcoin- und der Geschwindigkeit des Lightning-Netzwerks nicht beantwortete, weil er eine persönliche Abneigung gegen Frau Cotar hegt. Als Experte im Bundestag, keine Antwort auf eine berechtigte Frage zu geben, aufgrund persönlicher Differenzen, ist an Lächerlichkeit kaum zu überbieten.

Fazit

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Quelle: Deutscher Bundestag

Im Grunde ist genau der Fall eingetreten, der von Bitcoinern erwartet wurde. Die Sachverständigen zeigten, dass sie entweder wenig von der Sache verstehen, oder bewusst Dinge falsch darstellen respektive ignorieren und nicht differenzieren.

Bitcoin, Krypto, Metaverse und Web 3.0 in einen Topf zu werfen, wird dem Kern des Ganzen nicht im Geringsten gerecht.

Weniger Polemik, mehr Differenzierung, mehr Fakten und weniger eigene Meinung, wären in solchen Debatten wünschenswert. Denn dass der ganze Wirbel, um die Metaverse-Märchen, die von zentralen Unternehmen als Bauernfängerei gestreut werden, nichts mit Bitcoin und dem Ethos der Community zu tun hat, das sollte auserkorenen Experten zu diesem Thema eigentlich bewusst sein.


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